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Kompetenz­zentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung

Karrierestudie belegt Diskriminierung von berufstätigen Müttern in der Arbeitswelt


Kategorien: Wissenschaft Aktuell; Frauen- und Geschlechterforschung; Geschlechterverhältnisse; Gleichstellungspolitik; Karriereentwicklung; Vereinbarkeit; Arbeitswelt und Arbeitsmarkt

Die vollständigen Ergebnisse der 1. Frankfurter Karrierestudie „Karriereperspektiven berufstätiger Mütter“ liegen an der Frankfurt University of Applied Sciences (FRA-UAS) nun vor. Die Studie, die auf einer Online-Befragung von 1.801 Teilnehmerinnen in Fach- und Führungspositionen gründet, untersucht Lebenssituation und Interessen beruflich engagierter Mütter und leitet daraus Schlüsse und Forderungen zu einer Verbesserung ihrer beruflichen Situation ab.

Die Studie ergab, dass jede dritte schwangere Mitarbeiterin von der/dem Vorgesetzten nicht ermutigt wurde, frühzeitig in die Firma zurückzukehren. Zum Wiedereinstieg nach Schwangerschaft und Auszeit gaben 68 Prozent der Frauen an, dass sie zu ihrem alten Arbeitgeber zurückgekehrt waren. Jedoch konnte jede vierte Mutter die alte Position nicht übernehmen und war mehrheitlich damit nicht zufrieden. Der Arbeitsplatz wurde dauerhaft durch eine/-n andere/-n Mitarbeiter/-in besetzt (25 Prozent) oder langfristig gestrichen (5 Prozent). Zwei Drittel (66 Prozent) mussten sich mit einem niedrigeren Tätigkeitsniveau, geringeren Einflussmöglichkeiten, schlechterer Bezahlung und/oder schlechteren Aufstiegschancen abfinden. „Gesellschaftspolitisch ist dies ein fatales Signal. Beruflich engagierten Frauen wird vor Augen geführt, welche negativen Folgen eine Schwangerschaft für die eigene Karriere haben kann“, so Prof. Dr. Yvonne Ziegler, die die Studie zusammen mit Prof. Dr. Regine Graml und Caprice Weissenrieder von der Frankfurt UAS durchführte. Verbesserungsmöglichkeiten sehen die befragten Mütter bei z.B. der gemeinsamen Suche einer Vertretungsregelung für die Abwesenheit, Einladungen zu Firmenevents und Einbindung in das Kommunikationsnetzwerk des Unternehmens, Optionen der Netzwerkpflege während der Elternzeit sowie Weiterbildungsmöglichkeiten. 

70 Prozent der Mütter, insbesondere diejenigen in Führungspositionen, fürchteten durch eine längere Auszeit beruflich benachteiligt zu werden, 12 Prozent dieser Frauen meinten sogar, ihren Arbeitsplatz dadurch zu riskieren. Die Mütter reagierten darauf, indem sie die berufliche Pause entsprechend verkürzten. So haben ein Drittel der befragten Frauen nur sechs Monate und kürzer pausiert. 

Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern, hatten die befragten Mütter mehrheitlich bei der Wiederaufnahme ihrer Beschäftigung andere Bedürfnisse – insbesondere wünschen sie sich flexiblere (50 Prozent) oder kürzere Arbeitszeiten (31 Prozent), Arbeitszeitkonten (47 Prozent) oder das Jobsharing-Modell (42 Prozent). Die Unternehmen erfüllen diese Wünsche zum Teil, bei immerhin 16 Prozent der Befragten allerdings kommt keines der Modelle zum Tragen. Darüber hinaus legen erwerbstätige Frauen mit Kindern besonderen Wert auf „Qualifizierte Teilzeittätigkeit“ (82 Prozent). „Allerdings ist es mir wichtig davor zu warnen, Teilzeit als DIE Lösung für das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sehen. Frauen in Deutschland dürfen sich eben gerade nicht in die Teilzeit-Ecke drängen lassen. Vielmehr müssen sich hier dringend die gesellschafts- und unternehmenspolitischen Rahmenbedingungen ändern“, so Prof. Dr. Regine Graml.

Den befragten berufstätigen Müttern gelingt zwar zu 80 Prozent eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie; sie ist aber auch das größte Hindernis ihrer Karriere. Dies lässt sich insbesondere mit der gesellschaftlichen und zeitlichen Doppelbelastung erklären. Frauen mit Führungsverantwortung fühlen sich stärker durch etablierte Männernetzwerke behindert. Für Frauen ohne Führungsverantwortung ist es eher die Herausforderung, überhaupt Aufstiegsmöglichkeiten zu bekommen. 42 Prozent der Studienteilnehmerinnen gaben an, dass ihnen Beruf und Familie gleich wichtig sind. Die Befragung entkräftet somit das Vorurteil, dass Beruf und Karriere für Frauen durch ihre Mutterschaft unwichtig wird. Es geht also nicht um die Frage „Karriere oder Kinder“, sondern um die Verknüpfung von „Karriere und Kindern“. „Angesichts des demografischen Wandels, der einen steigenden Mangel an Fach- und Führungskräften schon jetzt aufzeigt, müsste das Thema Karriereperspektiven und Förderung berufstätiger Mütter längst an erster Stelle erfolgreicher Personalplaner in deutschen Unternehmen stehen“, betont Caprice Weissenrieder.

Quelle: PM-FRA-UAS, 22.07.2015 und weitere Informationen