Gender Bias in der Wissenschaft
Forschungsüberblick
Die folgenden Abschnitte fassen einschlägige Studien zu Gender Bias in der Wissenschaft zusammen. Es handelt sich um eine Auswahl an wichtigen Studienergebnissen ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die einzelnen Abschnitte führen führen in die jeweiligen Schwerpunkte ein und geben eine kurze Zusammenfassung der Forschungslage. Zu Gender Bias forschen – mit wenigen Ausnahmen – vor allem Wissenschaftler*innen aus dem angelsächsischen Sprachraum, dementsprechend ist die Forschungsliteratur größtenteils auf Englisch verfasst.
Als Einstieg empfiehlt sich der Beitrag von Horvath und Blackmore (2021). In ihrem Artikel „Nicht mit ihnen und nicht ohne sie: Implizite Biases in der Wissenschaft“ erläutern sie den Bias-Begriff, geben einen Überblick über existierende Biases und formulieren Empfehlungen für die Wissenschaft. Als englischsprachiges Pendant geben Llorens et al. (2021) in dem Artikel „Gender bias in academia: A lifetime problem that needs solutions“ einen Überblick über Gender Bias in der Wissenschaft mit den Themen Autorenschaft und Peer-review, Zitation, Finanzierung, Lehre, Auswahlverfahren, Konferenzen, sexuelle Belästigung und Familienplanung. Auch dieser Beitrag enthält Empfehlungen zur Reduktion von Gender Bias in der Wissenschaft.
Empfehlungsschreiben
Empfehlungsschreiben können durch die verwendete Sprache einen Gender Bias aufweisen: Frauen werden häufiger als gemeinschaftsorientiert und kommunikativ beschrieben, Männer hingegen als leistungsstark und entscheidungsfreudig. Die Frauen zugeschriebenen Attribute wirken sich dabei negativ auf Einstellungsentscheidungen aus. Ebenso werden Lehrfähigkeiten von Frauen in Empfehlungsschreiben betont, während in jenen von Männern deren Forschungsfähigkeiten hervorgehoben werden. Sprachlich zeigt sich zudem in Empfehlungsschreiben für Frauen die häufigere Verwendung von negativen und Zweifel äußernden Wörter, Wörtern, die weniger zusprechen, sowie negativer, unergründlicher Aussagen. Auch ist der Anteil an Textstellen mit explizitem Bezug auf intellektuelle Brillanz in Empfehlungsschreiben für Frauen weitaus geringer als in jenen für Männer.
Folgende Studien haben Gender Bias in Empfehlungsschreiben untersucht:
- Khan et al. (2023): Gender bias in reference letters for residency and academic medicine: a systematic review. In: Postgraduate medical journal 99 (1170), S. 272–278.
- Hentschel/Braun/Peus/Frey (2020): Sounds like a fit! Wording in recruitment advertisements and recruiter gender affect women's pursuit of career development programs via anticipated belongingness
- Judson/Ross/Glassmeyer (2019): How Research, Teaching, and Leadership Roles are Recommended to Male and Female Engineering Faculty Differently
- Madera et al. (2019): Raising Doubt in Letters of Recommendation for Academia: Gender Differences and Thier Impact
- Dutt et al. (2016): Gender differences in recommendation letters for postdoctoral fellowships in geoscience
- Trix/Psenska (2003): Exploring the Color of Glass: Letters of Recommendation for Female and Male Medical Faculty
Auswahlverfahren
Gender Bias in Auswahlverfahren tritt vor allem dadurch in Erscheinung, dass die Lebensläufe und Leistungen von Frauen und Männern unterschiedlich wahrgenommen und bewertet werden. So zeigte eine grundlegende Studie von Moss-Rascusin, bei der identische Lebensläufe mit unterschiedlichen Vornamen verschickt wurden, dass Bewerbern ein höheres Einstiegsgehalt sowie öfter die Teilnahme an Mentoringprogrammen angeboten wurden. Gender Bias beeinflusst insbesondere die frühen Karrierestufen von Frauen, die stark von Gruppenzugehörigkeiten und akademischen Netzwerken geprägt sind. Entscheidend sind die Bewertungen durch Mitglieder von Auswahlkommissionen, die durch Gender Bias geprägt sein können, indem sie Kandidat*innen aus der eigenen Gruppen- und Netzwerkzugehörigkeit präferieren und Bewerber trotz identischer Lebensläufe im Vergleich zu Bewerberinnen generell als fähiger beurteilen. Aufgrund von Gender Bias in Auswahlverfahren müssen sich Frauen besser präsentieren, um gleichwertige Beurteilungen wie Männer zu erhalten. Dabei trägt eine geschlechterparitätische Besetzung der Auswahlkommissionen nicht automatisch zu geschlechtergerechteren Beurteilungen bei. Auch Frauen können in ihren Bewertungen durch einen Gender Bias bei beeinflusst sein.
Studien zu Auswahlverfahren in der Wissenschaft und Forschung sind nachfolgend aufgelistet:
- Brommesson/Erlingsson/Ödalen/Fogelgren (2022): “Teach more, but do not expect any applause”: Are Women Doubly Discriminated Against in Universities’ Recruitment Processes? In: J Acad Ethics 20 (3), S. 437–450.
- Carlsson/Finseraas/Midtbøen/Rafnsdóttir (2021): Gender bias in academic recruitment? Evidence from a survey experiment in the Nordic region
- Ginther/Kahn (2021): Women in Academic Economics: Have We Made Progress?
- Orupabo/Mangset (2021): Promoting diversity but striving for excellence: Opening the ‘Black Box’of academic hiring
- Eaton/Saunders/Jacobson/West (2020): How gender and race stereotypes impact the advancement of scholars in STEM: Professors’ biased evaluations of physics and biology post-doctoral candidates
- Quadlin (2018): The Mark of a Woman’s Record. Gender and Academic Performance in Hiring
- Leslie et al. (2015): Expectations of brilliance underlie gender distributions across academic disciplines
- Kaatz/Guerrez/Carnes (2014): Threats to objectivity in peer review: the case of gender
- Moss-Racusin at al. (2012): Science faculty's subtle gender biases favor male students. In: PNAS 109 (41), S. 16474–16479.
- Bertrand/ Mullainathan (2004): Are Emily and Greg More Employable Than Lakisha and Jamal? A Field Experiment on Labor Market Discrimination
- Steinpreis/Anders/Ritzke (1999): The Impact of Gender on the Review of the Curricula Vitae of Job Applicants and Tenure Candidates: A National Empirical Study
Forschungsförderung
Der Beitrag von Wenneras und Wold (1997) „Nepotism and sexism in peer-review“ untersuchte als eine der ersten Studien den Gender Bias in der Forschungsförderung und erregte damit großes Aufsehen innerhalb der Wissenschaft. Die Studie zeigte, dass Wissenschaftlerinnen bei der Beantragung von Forschungsstipendien beim schwedischen Medical Research Council bei gleicher wissenschaftlicher Produktivität schlechtere Bewertungen als Männer erhielten. Einerseits das Geschlecht und andererseits die Bekanntschaft der*des Antragsteller*in mit einem Ausschussmitglied hatten einen signifikanten Einfluss auf Förderentscheidungen und führten zu einer Begünstigung von männlichen Antragstellern. Als Klassikerin der Gender-Bias-Forschung in der Forschungsförderung wurde diese Studie intensiv diskutiert. Eine frühe Studie von Ward und Donnelly (1998) kommt zu gegenteiligen Ergebnissen. Ihre Studie zeigt für Forschungsstipendien des australischen National Health and Medical Research Council keinen geschlechterspezifischen Unterschied. Die erste Meta-Analyse von Bornmann et al. (2007) zeigt dagegen, dass die Bewilligungswahrscheinlichkeit für Wissenschaftler um 7% höher ist als für Wissenschaftlerinnen. Die Replikation der Wenneras-und-Wold-Studie von Sandström und Hällsten (2008) zeigte, dass Wissenschaftlerinnen nicht mehr schlechter beurteilt wurden, möglicherweise auch eine Folge von Änderungen im Begutachtungssystem. Das Problem des Nepotismus bestand jedoch weiterhin. Neuere Studie, die den Ergebnissen von Wenneras/ Wold widersprachen, waren Anlass für Samjeske (2012) einen Forschungsüberblick zu verfassen. Sie fokussierte dabei auf die deutsche Forschungslandschaft, vor allem Studien zur DFG, mit widersprüchlichen Ergebnissen, jeweils abhängig von Fächern, Förderjahren oder Förderinstitutionen. Eine aktuelle Studie von Löther, Freund und Lipinsky (2022) zur Humboldt-Stiftung zeigt keine Geschlechterungleichheiten im Begutachtungsprozess, aber mögliche ausschließende Praktiken und Strukturen im Vorfeld von Bewerbungen und Nominierungen.
Eine Veröffentlichung der League of European Research Universities zu Implicit Bias in Academia (Stand 2018) errechnet im EU-Durchschnitt eine 4 Prozent höhere Erfolgsrate von Antragstellern gegenüber Antragstellerinnen. Das 2019 gestartete EU-Projekt „Grant Allocation Disparities from a Gender Perspective“ (GRANteD) untersucht das Vorhandensein und die Gründe für Gender Bias in der Forschungsförderung in Europa. Dafür werden Peer-Review-Praktiken innerhalb von Auswahlgremien in den Blick genommen. Van den Besselaar und Mom (2020) stellen in einer ersten Studie dieses Projektes ein konsistentes Muster im Hinblick auf Gender Bias bei Vergabe von Punktzahlen fest. Während es im ersten Entscheidungsschritt mehr Vorbehalte gegen Wissenschaftlerinnen gibt, so dass 75% der Bewerbungen abgelehnt werden, hat die geschlechterspezifische Voreingenommenheit im zweiten und endgültigen Entscheidungsschritt positive Auswirkungen zugunsten der Frauen. Inwieweit Frauen gegenüber Männern geringere Chancen auf eine Forschungsförderung haben, hängt maßgeblich von den einzelnen Panels ab. Die Studie liefert Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung von Kommissionen und der geringeren Punktzahl für Anträge von Forscherinnen.
Literaturangaben
- Löther/Freund/Lipinsky (2022): Zugänge, Barrieren und Potentiale für die internationale Mobilität von Wissenschaftlerinnen. Eine Untersuchung im Auftrag der Alexander von Humboldt-Stiftung.
- Van den Besselaar/Mom (2020): Gender bias and grant allocation – a mixed picture. In: Preprint, S. 1–21.
- League of European Research Universities (LERU) (2018): Implicit bias in academia. A challenge to the meritocratic principle and to women's careers - and what to do about it.
- Sandström/Hällsten (2008): Persistent nepotism in peer-review. In: Scientometrics 74 (2), S. 175–189.
- Bornmann/Mutz/Daniel (2007): Gender differences in grant peer review. A meta-analysis. In: Journal of Informetrics 1 (3), S. 226–238.
- Wenneras/Wold (2001): Nepotism and sexism in peer-review. Beitrag aus: Nature /Vol 387/22 May 1999. In: Dalhoff (Hg.): Frauenförderung in Wissenschaft und Forschung - überholter Ansatz oder zukunftsweisende Politik? Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS). Bonn (cews.publik, No. 1), S. 14–20.
- Ward/ Donnelly (1998): Is there gender bias in research fellowships awarded by the NHMRC? In: The Medical journal of Australia 169 (11-12), S. 623–624.
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Publikationen
Gender Bias kann im gesamten Veröffentlichungsprozess auftreten, beispielsweise in der Auswahl der Gutachter*innen und deren Bewertungspraktiken, der Qualitätsbewertung und der Wahrnehmung und Bewertung von Relevanz durch Zitationspraktiken.
Zur Geschlechterverteilung im Publikationsprozess zeigt die Analyse des Frontier Journals von Helmer (2017), dass nur jeweils 37 %, 28 % nd 26 % der Autor*innen, Begutachter*innen und Herausgeber*innen weiblich waren. Außerdem wählen Herausgeber*innen eher Gutachter*innen des gleichen Geschlechts. Auch Fox et al. (2016) weisen auf diese Homophilie hin: Herausgeberinnen wählen 5-10 % mehr Frauen zur Begutachtung von Fachartikeln aus als ihr männliches Pendant. Im Gegensatz dazu stellen Bransch und Kvasnicka (2017) für fünf Wirtschaftsjournals fest, dass bei Herausgeberinnen der Anteil der Artikel, die von Frauen (mit-)verfasst werden, eher geringer ist als bei Herausgebern.
Allmendinger und Hinz (2002) stellten für die Soziologie in Deutschland fest, dass Frauen niedrigere Chancen zur Veröffentlichung eines Fachartikels als Männer haben. Dagegen ergab die Studie von Squazzoni et al. (2021) eine höhere Publikationswahrscheinlichkeit sowohl Manuskripte von Frauen als von geschlechterübergreifenden Autorenteams. Ein Grund für die höhere Annahmequote könnte laut den Autor*innen sein, dass Frauen generell seltener veröffentlichen und Frauen möglicherweise mehr Arbeit in die jeweilige Veröffentlichung investieren, um einen erwarteten Gender Bias zu umgehen. Auch Kranak et al (2021) finden in ihrer Analyse einer Zeitschrift keine höhere Ablehnungsquote für Publikationen von Frauen. Der Einfluss eines möglichen Gender Bias zeigt sich bei einer Änderung in der Form des Begutachtungsverfahrens. Mit dem Wechsel von einem Blind Review - nur Begutachter*innen sind anonym - zu einem Double Blind Review - auch die Identität der Autor*innen ist unbekannt - stieg der Frauenanteil bei den Veröffentlichungen der Fachzeitschrift Behavioral Ecology um 7,9 %, dreimal schneller als der generelle Anstieg von Wissenschaftler*innen in diesem Fachbereich (Budden et al, 2008).
In der Bewertung von Artikeln oder der Ablehnungsquote finden Fox et al. (2016) keine Unterschiede zwischen männlichen oder weiblichen Gutachter*innen. Im Gegensatz dazu schreiben nach einer Studie von Ortega (2017) Frauen seltener Peer Reviews als Männer und akzeptieren als Gutachterinnen weniger Artikel; was auf einen höheren Anspruch seitens der Wissenschaftlerinnen hindeuten könnte. Die Geschlechterunterschiede in der Review-Praxis könnten mit der Karrierestufe zusammenhängen: Junge Wissenschaftler*innen sind kritischer, möglicherweise wegen eines aktuelleren Überblicks über Methodik und eines größeren Konkurrenzdrucks, und weibliche Gutachterinnen sind häufiger auf einer niedrigeren Karrierestufe als männliche.
Auch Gender Bias bei Zitierpraktiken kann zur Benachteiligung unterrepräsentierter Gruppen führen. Die Anzahl der Publikationen sowie ihre Zitation stellen wichtige Kriterien in Rekrutierungsverfahren dar und beeinflussen, ob und wie Wissenschaftler*innen als Expert*innen wahrgenommen werden. Studien von Maliniak et al. (2013) und Knobloch-Weserwich et al. (2013) weisen darauf hin, dass Artikel von Wissenschaftlerinnen als weniger relevant wahrgenommen werden. Letztere zeigen experimentell, dass Artikel von männlichen Wissenschaftlern, vor allem bei männlich konnotierten Themen, eine höhere wissenschaftliche Qualität zugesprochen wird. Auch das Interesse an einer Kooperation war bei Forschern größer, wenn es sich um ein männlich-dominierendes Feld handelte. West et al. (2013) untersuchen in den Fachbereichen Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaft, dass Artikel von männlichen Erst- und Letztautoren deutlich öfter, Beiträge von Soloautorinnen dagegen seltener zitiert werden als erwartbar wäre. Chan und Torgler (2020) zeigen, dass Forscherinnen in den Fächern Mathematik und Statistik, Ingenieurwissenschaften sowie Physik und Astronomie am wenigsten zitiert werden. Diese Ergebnisse sind in verschiedenen Fächern zu erkennen, beispielsweise in den Studien von Dworkin et al. (2020) in den Neurowissenschaften, Wang et al. (2021) in der Kommunikationswissenschaft, Chatterjee & Werner (2021) in Medizin und Maddi & Gingras (2021) in Wirtschaft und Management.
Literaturangaben
- Allmendinger/Hinz (2002): Die Verteilung wissenschaftlicher Güter - Publikationen, Projekte und Professuren zwischen Bewerbung und Bewilligung. In: Zeitschrift für Frauenforschung und Geschlechterstudien 20 (3), S. 18–29.
- Bransch/Kvasnicka (2017): Male Gatekeepers Gender Bias in the Publishing Process? IZA Institut of Labor Economics (IZA Discussion Paper, 11089)
- Budden et al.(2008): Double-blind review favours increased representation of female authors. In: Trends in Ecology & Evolution 23 (1 (January 2008)), S. 4–6.
- Chan, Ho Fai; Torgler, Benno (2020): Gender differences in performance of top cited scientists by field and country. In: Scientometrics 125, S. 2421–2447.
- Chatterjee/Werner (2021): Gender Disparity in Citations in High-Impact Journal Articles. In: JAMA network open 4 (7), S. 1–8.
- Dworkin et al. (2020): The extent and drivers of gender imbalance in neuroscience reference lists. In: Nature neuroscience 23 (8), S. 918–926.
- Fox/Burns/Meyer (2016): Editor and reviewer gender influence the peer review process but not peer review outcomes at an ecology journal. In: Funct Ecol 30 (1), S. 140–153.
- Helmer et al. (2017): Gender bias in scholarly peer review. In: eLife 6, S. 103.
- Knobloch-Westerwick/Glynn/Huge (2013): The Matilda Effect in Science Communication: An Experiment on Gender Bias in Publication Quality Perceptions and Collaboration Interest. In: Science Communication 35 (5), S. 603–625.
- Kranak et al. (2021): Evaluation of accepted and rejected submissions in the Journal of Applied Behavior Analysis: Gender and experience. In: Journal of applied behavior analysis 54 (3), S. 1175–1187.
- Maddi/Gingras (2021): Gender diversity in research teams and citation impact in Economics and Management. In: Journal of Economic Surveys 35 (5), S. 1381–1404.
- Maliniak/Powers/Walter (2013): The Gender Citation Gap in International Relations. In: International Organization 67 (4), S. 889–922.
- Ortega (2017): Are peer-review activities related to reviewer bibliometric performance? A scientometric analysis of Publons. In: Scientometrics 112 (2), S. 947–962.
- Squazzoni et al. (2021): Peer review and gender bias: A study on 145 scholarly journals. In: Science Advances 7 (2), S. 1–12.
- West et al. (2013): The Role of Gender in Scholarly Authorship. In: PLoS ONE 8 (7).
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Konferenzen
Nur wenige Studien beschäftigten sich mit Gender Bias bei wissenschaftlichen Konferenzen und Tagungen. So untersuchen Hinsley et al. (2017), wer sich an Diskussionen – in Form von Fragen – an Fachkonferenzen beteiligt. Trotz einem höheren Frauenanteil der Teilnehmenden stellen Wissenschaftler mehr Fragen als Wissenschaftlerinnen und haben somit mehr Möglichkeiten, die Diskussion mitzugestalten. Im Fall einer Konkurrenz-Situation zwischen einer Teilnehmerin und einem Teilnehmer, der*die eine Frage stellen möchte, wurden Wissenschaftler öfter ausgewählt, um die Frage stellen zu können. Dabei spielte das Geschlecht der Moderator*innen keine Rolle. Aufenvenne et al. (2021) zeigen Geschlechterunterschiede sowohl bei der Beteiligung als auch beim Kommunikationsverhalten. Sie bestätigen, dass Männer die Diskussionsrunden dominieren, da sie häufiger und länger sprechen. Auch erreichen Vorträge von Männern aufgrund eines selektiven Teillnahmeverhaltens der Männer höhere Teilnahmezahlen: Männer besuchen häufiger Vorträge von Männern als von Frauen. Des Weiteren sind Frauen unterrepräsentiert, wenn es um Leitungsaufgaben geht.
Nittrouer et al. (2018) zeigen in ihrer Untersuchung von wissenschaftlichen Kolloquien an 50 US-amerikanischen Colleges, dass Wissenschaftler häufiger als ihre weiblichen Kolleginnen eingeladen werden. Forscherinnen werden erst dann häufiger als Rednerinnen eingeladen, wenn Frauen in Kolloquiums-Ausschüssen vertreten sind. Dumitra et al. (2019) stellen in ihrer Untersuchung fest, dass der Anteil der Forscherinnen an medizinischen Fachkonferenzen zwar gewachsen ist, diese jedoch eher als Moderatorinnen und weniger als Panelsprecherinnen und damit Expertinnen eingeladen werden. Larson et al. (2020) kamen in ihrer Studie zu einem ähnlichen Ergebnis. Auch sie zeigen einen Anstieg von Forscherinnen als Teilnehmerinnen, jedoch bleibt der Anteil von Frauen als Hauptrednerinnen weiterhin gering. Roeser et al. (2020) bestätigen, dass insbesondere bei der Vergabe von verantwortungsvollen Positionen innerhalb der Konferenzen wie Präsident*innen oder Plenarsitzungsredner*innen ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern besteht. Sie weisen darauf hin, dass entsprechende Aufgaben durch Einladungen vergeben werden; was wiederum auf einen Gender Bias hindeutet. Auch Burford et al. (2020) widmen sich in ihrer qualitativen Studie den geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Konferenz-Aufgaben. Ihr Augenmerk liegt dabei auf der Organisation von Konferenzen. Sie beschreiben die Aufgabe, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen als „academic housekeeping“ und vergeschlechtlichte Aufgabe, die vorwiegend Frauen zugewiesen wird.
Literaturangaben:
- Aufenvenne/Haase/Meixner/Steinbrink (2021): Participation and communication behaviour at academic conferences–An empirical gender study at the German Congress of Geography 2019
- Larson et al. (2020): Representation of women among invited speakers at medical specialty conferences
- Roeser/Bouillet/Papo/Cohen‐Aubart (2020): Women’s representation in French Internal Medicine meetings: gender distribution among speakers, moderators and organisers
- Dumitra/Trepanier/Lee/Fried/Mueller/Jones/Feldman (2019): Gender distribution of speakers on panels at the Society of American Gastrointestinal and Endoscopic Surgeons (SAGES) annual meeting
- Nittrouer/Hebl/Ashburn-Nardo/Trump-Steele/Lane/Valian (2018): Gender disparities in colloquium speakers at top universities
- Hinsley/Sutherland/Johnston (2017): Men ask more questions than women at a scientific conference.
Studentische Lehrevaluationen
Fundierte Erkenntnisse zahlreicher Studien weisen Gender Bias in Evaluationen von Lehrenden durch Studierende nach. Dieser Gender Bias bei Lehrevaluationen wird für die wissenschaftliche Karriere relevant, wenn weibliche Lehrende aufgrund der Relevanz dieser Evaluationen in Bewerbungsverfahren benachteiligt sind . Nicht nur Bias aufgrund des Geschlechts, sondern weitere Eigenschaften der Lehrpersonen wie deren subjektive Schönheit beeinflussen Lehrevaluationen, wie Hamermesh und Parker 2003 in „Beauty in the Classroom: Professors‘ Pulchritude and Putative Pedagogical Productivity“ darlegen.
Nachfolgend aufgelistet sind Studien zur Lehrevaluation durch Studierende:
- Hoorens/Dekkers/Deschrijver (2021): Gender bias in student evaluations of teaching: Students’ self-affirmation reduces the bias by lowering evaluations of male professors.
- Cannon/Cipriani (2021): Gender differences in student evaluations of teaching: Identification and consequences.
- Fan/Shepherd/Slavich/Waters/Stone/Abel/Johnston (2019): Gender and cultural bias in student evaluations: Why representation matters.
- Mengel/Sauermann/Zölitz (2019): Gender Bias in Teaching Evaluations
- Peterson et al. (2019): Mitigating gender bias in student evaluations of teaching
- DeSantis (2015): How Reviews on ‘Rate My Professors’ Describe Men and Women Differently. In: The Chronicle of Higher Education, 09.02.2015
- Miller (2015): Is the Professor Bossy or Brilliant? Much Depends on Gender. In: The New York Times, 06.02.2015
- Schmidt (2015): Gendered Language in Teacher Reviews
- MacNell/Driscoll/Hunt (2014): What’s in a Name: Exposing Gender Bias in Student Ratings of Teaching
- Titus (2008): Student ratings in a consumerist academy: leveraging pedagogical control and authority
- Sprague/Massoni (2005): Student Evaluations and Gendered Expectations: What We Can't Count Can Hurt Us
- Harlow (2003): ‘Race Doesn’t Matter, But…’: The Effect of Race on Professors’ Experiences and Emotion Management in the Undergraduate College Classroom