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Gesetzliche Geschlechterquote in Deutschland aktuell nur auf Rang 10 im Europa-Vergleich


Kategorien: Europa und Internationales; Geschlechterverhältnisse; Gleichstellungspolitik; Wissenschaft Aktuell

Zehn Länder in Europa verfügen über gesetzlich bindende Regeln, um in Führungsgremien von Unternehmen für eine ausgewogenere Beteiligung von Männern und Frauen zu sorgen. Unter diesen zehn ist die gesetzliche Geschlechterquote in Deutschland aktuell die schwächste.

Das ergibt eine neue Analyse des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung.

Die deutsche Position im Ranking könnte sich spürbar verbessern, wenn der Geltungsbereich der Geschlechterquote in dreifacher Hinsicht ausgeweitet würde: Statt wie bisher nur die Unternehmen gesetzlich zu verpflichten, die zugleich börsennotiert sind und einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat haben, könnte Deutschland die Quotenpflicht auf alle börsennotierten und staatlich kontrollierten Unternehmen ausdehnen – so wie in mehreren anderen Ländern auch. Damit könnte die bislang sehr begrenzte Reichweite von derzeit nur 107 Unternehmen auf ungefähr tausend erhöht werden. Würde man sogar alle privaten Kapitalgesellschaften einbeziehen, wären mehrere Tausend Unternehmen erfasst. Weiter aufschließen im europäischen Vergleich würde Deutschland, wenn zudem die Quote nicht nur für Aufsichtsräte, sondern auch für die Besetzung von Vorständen gelten würde. Ebenfalls positiv auswirken würden sich schärfere Sanktionen für Unternehmen, welche die Quote mißachten.

Für ihre Studie haben I.M.U.-Expertin Marion Weckes sowie Dr. Jörg Weingarten, Anna-Lena Karl und Sebastian Schwidder von der PCG Project Consult GmbH für die 27 EU-Länder sowie Großbritannien, Norwegen, Island und die Türkei ermittelt, ob es verbindliche Regeln für mehr Geschlechterdiversität auf den Führungsetagen von Unternehmen gibt, und wie stark diese ausgestaltet sind.

Ergebnis: Zehn Staaten – acht osteuropäische EU-Mitglieder sowie Zypern und Malta – verfolgen dieses Ziel auf politischer Ebene gar nicht. Elf weitere belassen es bei rechtlich unverbindlichen Empfehlungen. Darunter sind die Türkei, Rumänien, Polen, Großbritannien, Griechenland, Schweden, Irland oder Dänemark. Rechtlich bindende Quoten für mehr Geschlechtergleichstellung an der Unternehmensspitze besitzen zehn Länder. Die nach Analyse der Forscherinnen und Forscher wirksamste Regelung hat Norwegen...Deutschland befindet sich mit einem Indexwert von 1,85 auf dem zehnten und letzten Platz.

Quelle und weitere Informationen: PM - Hans-Böckler-Stiftung, 26.05.2020

Publikation:
Anna-Lena Karl, Sebastian Schwidder, Jörg Weingarten, Marion Weckes:  Ambition oder Symbolpolitik? Europäische Geschlechterquoten für Führungspositionen im Vergleich. Mitbestimmungsreport Nr. 59, Mai 2020.