Männer im oberen Management lehnen Frauenquote in Aufsichtsräten besonders stark ab


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Wer unterstützt die Frauenquote in Aufsichtsräten? Wer lehnt sie ab? Ein Forschungsteam der Universitäten Mannheim und Göttingen ist dieser Frage nachgegangen. Die Ergebnisse zeigen eine starke Diskrepanz in der Unterstützung zwischen Männern und Frauen. Im europäischen Vergleich gehört Deutschland zu den Ländern mit der geringsten Unterstützung der Geschlechterquote.

Erstmalig kann nun beurteilt werden, welche Faktoren dazu beitragen, dass die 2016 eingeführte Geschlechterquote unterstützt oder abgelehnt wird. Die höchste Unterstützung findet sich unter alleinstehenden Frauen, die selbst in einer Führungsposition tätig sind. Dagegen lässt sich bei verheirateten Frauen und jungen Männern die geringste Unterstützung finden. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Zeitschrift für sozialwissenschaftliche Forschung Soziale Welt veröffentlicht.

Professorin Katja Möhring und Dr. Christopher Buss von der Universität Mannheim haben zusammen mit Professorin Céline Teney vom Institut für Soziologie der Universität Göttingen anhand der Daten des German Internet Panels* von März 2017 individuelle und arbeitsplatzspezifische Faktoren für die Unterstützung der Frauenquote untersucht. Insgesamt wurden Daten von 2544 Befragten ausgewertet.

„Die Daten zeigen, dass die Geschlechterquote auf die stärkste Ablehnung bei jenen stößt, die sich durch diese Maßnahme ausgegrenzt fühlen oder ihre zukünftigen Arbeitsmarktchancen gefährdet sehen“, erläutert Teney. Männer im Top-Management lehnen die Quote stärker ab als Männer, die im mittleren Management tätig sind oder keine Führungsposition innehaben. Im Gegensatz dazu unterstützen Frauen, die selbst in einer Führungsposition tätig sind, die Quote besonders stark.

Neben dem Geschlecht und der eigenen Position auf dem Arbeitsmarkt zählen auch die Wahrnehmung der Ungleichbehandlung von Frauen sowie bei Männern das Alter zu den entscheidenden Faktoren. Insbesondere jüngere Männer lehnen die Quote eher ab. Sowohl Frauen als auch Männer unterstützen die Frauenquote stärker, wenn sie eine Ungleichbehandlung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt wahrnehmen. „Die eigene Wahrnehmung von Ungleichheiten und persönliche Erfahrungen spielen eine wesentliche Rolle bei der Bewertung von Gleichstellungsmaßnahmen“, stellt Möhring fest.

Geschlechterquote in Unternehmen – wie stehen die Europäer dazu? In einer weiteren Studie haben die Forscherinnen aus Mannheim und Göttingen erstmals auch die Einstellung der europäischen Bevölkerung zur Geschlechterquote in Vorständen und Aufsichtsräten untersucht. Das Ergebnis der Studie: Die Zustimmung zur Geschlechterquote zwischen den europäischen Mitgliedsstaaten variiert stark. Die stärkste Unterstützung findet sich in Zypern, Portugal und Malta. Deutschland, Schweden und Dänemark gehörten dagegen zu den Ländern mit der geringsten Zustimmung. Der Unterschied lässt sich vielleicht mit der tatsächlichen Geschlechtergerechtigkeit in diesen Ländern erklären: Je höher die formelle Gleichstellung der Geschlechter im Hinblick auf ökonomische, politische und soziale Aspekte in einem Land ist, desto niedriger ist die Zustimmung für eine Geschlechterquote.

Originalpublikationen:
Katja Möhring, Céline Teney und Christopher Buss. Wer unterstützt die Geschlechterquote für Aufsichtsräte? Soziale Welt (2019). doi: 10.5771/0038-6073-2019-2-121

Katja Möhring and Céline Teney. Equality prescribed? Contextual determinants of citizens’ support for gender boardroom quotas across Europe. Comparative European Politics (2019). doi: 10.1057/s41295-019-00199-w

*Das German Internet Panel ist eine repräsentative Bevölkerungsbefragung, die vom Sonderforschungsbereich 884 der Universität Mannheim durchgeführt wird. Das GIP basiert auf einer Zufallsstichprobe der Bevölkerung in Deutschland im Alter von 16 bis 75 Jahren. Die in dieser Studie verwendete GIP-Welle wurde im März 2017 durchgeführt.

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin: Prof. Dr. Katja Möhring, Fakultät für Sozialwissenschaften, Universität Mannheim, Tel. +49 621 181-2031, E-Mail: moehring(at)uni-mannheim(dot)de

Quelle und weitere Informationen: PM - Universität Mannheim, 09.01.2020