GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften: Homepage aufrufen
Kompetenz­zentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung

Politeia-Preis zur Frauen- und Geschlechterforschung der HWR Berlin – Rechte des Samenspenders und des Spenderkindes


Kategorien: CEWS Kategorien; CEWS News Kategorien; Wissenschaft Aktuell; Frauen- und Geschlechterforschung

Die rechtlichen Regelungen zur Samenspende in Deutschland sind unzureichend, Leihmutterschaft verboten und dennoch Teil der Lebenswirklichkeit – auch hierzulande. Adrian Raiser ist diesen komplexen Themen in seiner Diplomarbeit an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin auf den Grund gegangen. Seine herausragende Abschlussarbeit zeichnet die HWR Berlin mit dem diesjährigen POLITEIA-Preis zur Frauen- und Geschlechterforschung aus.

Die Zulässigkeit von Samenspenden hat vor dem Hintergrund vielfältiger Lebensentwürfe mit zunehmendem Kinderwunsch eine neue Tragweite erhalten. Dennoch fehlt es in Deutschland an ausreichend demokratisch legitimierten Gesetzen, stellt Adrian Raiser in seiner wissenschaftlichen Arbeit fest. Die Bundesärztekammer unterbreitet zwar Vorschläge, welche Rechte Spendern und Spenderkindern eingeräumt werden sollen, letztendlich bleiben die juristischen Ausführungen nach wie vor Ländersache. Viel mehr noch, so zeigt der HWR-Absolvent in seinem umfassenden analytischen Exkurs auf, wird letztendlich den Ärztinnen und Ärzten ein großer Entscheidungsspielraum eingeräumt.

Vor einem Jahr verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, das Kindern aus künstlicher Befruchtung Auskunft über ihre biologische Abstammung garantiert. Die personenbezogenen Angaben von Samenspendern und Empfängerinnen einer Samenspende werden 110 Jahre in einem zentralen Register für Samenspender gespeichert. Gleichzeitig wird ausgeschlossen, dass Sorge-, Unterhalts- und Erbrechtansprüche gegenüber dem Samenspender geltend gemacht werden können. Auch bei diesem Gesetz gibt es Nachbesserungsbedarf. Denn der Bereich der nicht ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung bleibt weiter eine rechtliche Grauzone. „Als ich begann, mich mit spezifischen Problemstellungen des Zivilrechts auseinanderzusetzen, war ich erstaunt, dass der deutsche Gesetzgeber auf einem so existenziellen und emotional folgenreichen Gebiet wie dem Familienrecht so viele Fragen offen lässt“, sagt der Konsulatssekretär, der seit seinem Ausbildungsabschluss für die Laufbahn im gehobenen Auswärtigen Dienst in der Botschaft in Islamabad, Pakistan, arbeitet.

Eine ähnliche rechtliche Lücke tut sich bei Leihmutterschaft auf. In Deutschland ist es illegal, dass Frauen bereits befruchtete Eizellen eingepflanzt werden und sie mit ihnen genetisch nicht verwandte Kinder für andere austragen. Die Vermittlung und medizinische Behandlung, sprich eine künstliche Befruchtung mit der Folge einer Leihmutterschaft, ist hingegen in einigen europäischen Ländern und in Indien nicht verboten. Deutsche Wunscheltern nutzen diese Möglichkeit. Adrian Raiser hat herausgearbeitet, wie die rechtlichen Zuordnungen des mittels Leihmutterschaft geborenen Kindes zu Mutter und Vater sind, unterscheidet dabei zwischen einer Leihmutterschaft im Inland und im Ausland. Trotz des Verbots gehören durch ausländische Leihmütter ausgetragene Kinder in Deutschland zur Lebenswirklichkeit und deshalb bedarf es „in Bezug auf das Familienrecht einer gesetzlichen Regelung, die über das reine Verbot hinaus geht“, fordert Raiser in seiner Arbeit.

Die Arbeit ist in der Schriftenreihe des Fachbereichs Rechtspflege der HWR Berlin veröffentlicht: www.hwr-berlin.de/fachbereich-rechtspflege/profil/veroeffentlichungen/

Mit einer Politeia-Medaille ausgezeichnet wurden die Arbeiten von Anne Hartmann zum Thema „Gender-Marketing – Darstellung und kritische Analyse“, Constance von Oppeln-Bronikowski unter dem Titel „E-Learning in der Hochschullehre: Und was ist mit Gender?“ und Julia Tondorf, sie forschte zu „Trans*Identität in der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika“.

Politeia-Preis zur Frauen- und Geschlechterforschung der HWR Berlin

Seit 2001 prämiert die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin die besten Studierendenarbeiten zur Frauen- und Geschlechterforschung mit dem mit 1 000 Euro dotierten Politeia-Preis und lobt zusätzlich bis zu drei Politeia-Medaillen aus, die mit 400 Euro dotiert sind. Der Wettbewerb ist neben Stipendienprogrammen und einem Promotionsprogramm für Fachhochschulabsolventinnen, vorgezogenen Berufungen für Professorinnen, einer Reihe von familienpolitischen  Serviceangeboten und der Genderforschung einer der Bausteine der praktizierten und auf Chancengleichheit orientierten Hochschul- und Personalpolitik. Dafür erhielt die HWR Berlin mehrmals in Folge das Total-E-Quality-Prädikat.

Quelle und weitere Informationen: PM-HWR Berlin, 11.06.2018