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Seit 100 Jahren wählen Frauen - Matinee im Schloss Bellevue


Kategorien: Geschlechterverhältnisse; Gleichstellungspolitik; Wissenschaft Aktuell

Vor fast genau 100 Jahren, am 19. Januar 1919, konnten Frauen zum ersten Mal wählen und gewählt werden, ein Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung der Geschlechter. Der Bundespräsident und Elke Büdenbender gaben am 15. Januar zu diesem Anlass gemeinsam mit dem Deutschen Juristinnenbund e.V. (djb) eine Matinee im Schloss Bellevue "100 Jahre Frauenwahlrecht - Parität in der Politik". In seiner Ansprache betonte der Bundespräsident: "Es kann keine Demokratie als Idee von Freiheit und Gerechtigkeit geben, an der Männer und Frauen nicht gleichberechtigt beteiligt sind."

Das historische Jubiläum bedeutet auch einen Auftrag für die Zukunft. Denn Frauen sind in deutschen Parlamenten massiv unterrepräsentiert. "Gleiche Rechte auf dem Papier führen eben nicht automatisch zu gleichen Chancen und gleichen Entfaltungsmöglichkeiten. Das haben wir mühsam lernen müssen. Gleichberechtigung ist ein Versprechen, das eingelöst werden muss, täglich aufs Neue! Gerade auch, wenn es um politische Partizipation geht. Das aktive und passive Wahlrecht, von Frauen vor 100 Jahren hart erkämpft, ist dafür die Voraussetzung. Aber verbriefte Rechte müssen auch gelebt werden können.", so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb in ihrer Begrüßungsansprache.

Die Schauspielerin Esther Schweins las Auszüge aus Reden mutiger Kämpferinnen für das Frauenwahlrecht, wie Anita Augspurg, Juristin und Aktivistin, und Marie Juchacz, Politikerin, Sozialreformerin und erste weibliche Abgeordnete. In der anschließenden Podiumsdiskussion, hochkarätig besetzt mit Elke Büdenbender,
Dr. Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Barbara Stamm, Landtagspräsidentin a.D., PD Dr. Hedwig Richter, Historikerin und Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb, wurde darüber debattiert, wie gleiche politische Teilhabe 100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts endlich zur Realität werden kann. "Wir müssen Erfolgsgeschichten erzählen, um Frauen Mut zu machen. Erfolge feiern heißt aber nicht, sich mit dem Erreichten zufriedengeben.", so Elke Büdenbender.

Im Vorfeld der Veranstaltung hat der djb in einem Forderungspapier erste Schritte vorgeschlagen, wie Parität - den entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt - gefördert werden kann. Im Parteiengesetz könnten Parteien verpflichtet werden, geeignete Maßnahmen zur Herstellung von Chancengleichheit zu ergreifen, wie beispielsweise quotierte Wahllisten. Auch dürfen Parteien, deren Wahllisten einen Frauenanteil von 35 Prozent aufwärts enthalten, im Rahmen der staatlichen Parteienfinanzierung begünstigt werden. Zudem fordert der djb eine Frauenquote von 40 Prozent für die Besetzung von parlamentarischen Ausschüssen und Unterausschüssen.

Frauen leisten 60 Prozent mehr an unbezahlter Arbeit als Männer. Ihre Unterrepräsentanz in der Politik liegt nicht an ihrem fehlenden Engagement. Das zeigte schon ein Blick in den Saal, bis auf den letzten Platz besetzt mit hoch engagierten Vertreterinnen aus Politik und Zivilgesellschaft. »Es geht um Macht. Wer den Frauen die Verantwortung für ihre strukturelle Benachteiligung zuschreiben will, dem geht es letztlich um die Verteidigung des Status quo.«, so Wersig.

Quelle und weitere Informationen: PM - djb, 15.01.2019

https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K5/pm19-03/