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Vierter "Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs" veröffentlicht


Kategorien: Außerhochschulische Forschung; Wissenschaftspolitik; Geschlechterverhältnisse; Hochschulen, Hochschulforschung; Karriereentwicklung; Statistik; Wissenschaft Aktuell

Am 22. Februar 2021 hat Bundesforschungsministerin Anja Karliczek gemeinsam mit der brandenburgischen Forschungsministerin Dr. Manja Schüle für die Länderseite den Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021 (BuWiN) entgegengenommen. Der Bericht zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland erscheint alle vier Jahre und wird von einem unabhängigen wissenschaftlichen Konsortium erstellt und verantwortet.

Der BuWiN ist das Standardwerk zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland. Er liefert Daten und aktuelle Forschungsbefunde zu Qualifikations- und Karrierewegen, zu Beschäftigungsbedingungen sowie zu beruflichen Perspektiven Promovierender und Promovierter.

Die Beschäftigungsbedingungen sind insgesamt stabil. 76 Prozent des hauptberuflichen wissenschaftlichen Personals waren 2018 wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gegenüber 2010 ist der Anteil in etwa gleichgeblieben. 77 Prozent des promovierten wissenschaftlichen Nachwuchses an Hochschulen (ohne Professorinnen und Professoren) waren 2018 auf Zeit beschäftigt. Das sind 3 Prozentpunkte weniger als 2015.

Für das Jahr 2018 nennt der Bericht 519 Tenure-Track-Professorinnen und ‑Professoren. Das Tenure-Track-Programm des Bundes und der Länder zielt auf die breite und bundesweit koordinierte Einführung der Tenure-Track-Professur, um für verlässliche und transparente Perspektiven in der Qualifizierungsphase nach der Promotion zu sorgen. 2018 waren erst 11 Tenure-Track-Professorinnen und ‑Professoren über das Programm finanziert, das dem promovierten wissenschaftlichen Nachwuchs Selbständigkeit und Planungssicherheit ermöglicht. Anfang 2021 waren es bereits 363. Mittelfristig werden es 1.000 sein, die allein über das Programm gefördert werden und dauerhaft im Wissenschaftssystem bleiben.

Den Übergang zur jeweils nächsten Karrierestufe in der Wissenschaft vollziehen nach wie vor mehr Männer als Frauen, insbesondere auf den Karrierestufen nach der Promotion. Die Frauenanteile haben sich insgesamt nur minimal vergrößert. Der Anteil der Frauen unter den 2018 erfolgreich Habilitierten lag bei 32 Prozent, unter den neuberufenen Junior-, W2- und W3-Professorinnen und ‑Professoren lag er bei 43 Prozent, 34 Prozent bzw. 27 Prozent. Das Professorinnenprogramm des Bundes und der Länder erhöht die Anzahl der Professorinnen nachhaltig und stärkt durch spezifische Maßnahmen die Gleichstellungsstrukturen an Hochschulen auf Dauer. In der aktuellen dritten Phase des Professorinnenprogramms liegt ein Fokus auf dem Bereich "Personalentwicklung und ‑gewinnung auf dem Weg zur Professur" und damit auf der Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen. Im Tenure-Track-Programm sind 48 Prozent der bislang geförderten Professuren mit Frauen besetzt (Stand: 01.01.2021).

Das wissenschaftliche Konsortium, das den BuWiN 2021 erstellt hat und verantwortet, setzt sich zusammen aus dem - federführenden - Institut für Innovation und Technik (iit) in der VDI/VDE Innovation und Technik GmbH, dem Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF), dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), dem Institut für Hochschulforschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HoF), dem International Centre for Higher Education Research Kassel (INCHER-Kassel) und dem Statistischem Bundesamt. Das Konsortium wurde von einem wissenschaftlichen Beirat unter dem Vorsitz von Herrn Prof. Karl Ulrich Mayer beraten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert den BuWiN.

Zum Thema Frauen in der Wissenschaft stellte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek in der am 22.02. veröffentlichten Pressemitteilung weiter fest:

"Auch beim Thema Chancengerechtigkeit für Frauen im Wissenschaftssystem müssen wir alle am Ball bleiben. Hier unterstützt die Bundesregierung die Hochschulen mit dem Professorinnenprogramm des Bundes und der Länder, in dessen Rahmen bisher 761 mit exzellenten Wissenschaftlerinnen besetzte Professuren gefördert werden konnten (Stand: 31.12.2020). Ein Lichtblick ist auch hier das Tenure-Track-Programm. Denn etwa die Hälfte der bislang im Tenure-Track-Programm geförderten Professuren sind mit Frauen besetzt. Unsere Investitionen in die Tenure-Track-Professur sind eine Investition in die Zukunft - auch in die Zukunft von Chancengerechtigkeit und Familienförderung."

Quelle und weitere Informationen: PM - BMBF, 22.02.2021

Online-Version Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021:
https://www.buwin.de/dateien/buwin-2021.pdf

Kurzfassung:
https://www.buwin.de/dateien/buwin-2021-kurzfassung.pdf

(Ergebnisse wurden nach Möglichkeit getrennt nach Fächergruppen, Qualifizierungs- und Karrierephase sowie nach Geschlecht ausgewiesen.)

https://www.buwin.de/


Weitere Stellungnahmen und Veröffentlichungen zum BuWiN:

Stellungnahme DZHW: "Mit der Promotion nach wie vor gute Karrierechancen"

"Die Ergebnisse deuten an, dass für Promovierte häufig das Jahr ihres Abschlusses und die Zeit unmittelbar danach mit einer Vielzahl von beruflichen Veränderungen verbunden ist“, erklärt Johannes König, Wissenschaftler am INCHER-Kassel. „Zwar wechseln viele Promovierte in dieser Zeit von einer Teilzeit- auf eine Vollzeitstelle und erzielen deutliche Einkommenszuwächse, diese Änderungen sind jedoch oft auch mit einer sektoralen Neuorientierung hin zur Privatwirtschaft verbunden“, kommentiert Johannes König. Viele Promovierte sind nach der Promotion außerhalb von Hochschule und Forschung beschäftigt. Nur jeder fünfte bis sechste Promovierte arbeitet langfristig im Wissenschaftssystem. „Eine Promotion ist somit nicht nur ein Wegbereiter für eine Hochschulkarriere, sondern bietet auch gute Beschäftigungsaussichten in anderen Bereichen“, sagt Kolja Briedis, Projektleiter am DZHW."
https://www.dzhw.eu/services/meldungen/detail?pm_id=1570

GEW: „Kein Ende der Misere in Sicht – Bund und Länder müssen handeln!“

...„Bedenklich sei auch der hohe Anteil an Teilzeitbeschäftigung von 44 Prozent bei Wissenschaftlerinnen und 31 Prozent bei ihren männlichen Kollegen an Hochschulen, in der außeruniversitären Forschung von 41 bzw. 26 Prozent, sagte Keller: „Es spricht nichts gegen Teilzeit, wenn diese auf Wunsch der Beschäftigten vereinbart wird. Laut Bundesbericht liegt aber die tatsächlich geleistete Arbeitszeit von Promovierenden im Durchschnitt 13 Stunden, die von Postdocs zehn Stunden pro Woche über der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Teilzeit in Verbindung mit unentgeltlicher Mehrarbeit ist nichts anderes als ein Dumpinglohn auf kaltem Wege, der überdies Frauen stärker trifft als Männer. Damit müssen die Hochschulen und Forschungseinrichtungen endlich Schluss machen und allen Beschäftigten, die das wünschen, eine Vollzeitbeschäftigung anbieten“, stellte der GEW-Sprecher fest.

Besorgt äußerte sich Keller über die fehlende Vereinbarkeit von Familie und wissenschaftlicher Qualifizierung. „Leider hat sich seit dem jüngsten Bundesbericht 2017 nichts zum Guten gewendet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Qualifizierungsphase sind häufiger kinderlos als Akademikerinnen und Akademiker in anderen Branchen – obwohl ihr Kinderwunsch keineswegs geringer ausgeprägt ist. Als Hauptgründe dafür werden die berufliche Unsicherheit und die mangelnde Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben angegeben. Es ist ein fatales Signal, wenn mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen ausgerechnet öffentliche Arbeitgeber mit rund einer Million Beschäftigter ein völlig falsches familienpolitisches Vorbild sind“, kritisierte der GEW-Vize.“...

Quelle: PM - GEW, 19.02.2021

IHF-Begleitstudie "Fachkulturen" zum Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs veröffentlicht

"Für eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere braucht es in allen Disziplinen Begeisterung, Beharrlichkeit, viel harte Arbeit, einen gelassenen Umgang mit Unsicherheit und ein bisschen Glück. Dies zeigte sich in einer aktuellen Studie des IHF zum Einfluss fachkultureller Besonderheiten auf wissenschaftliche Karrierewege in vier Fächern (Biologie, Geschichte, Betriebswirtschaftslehre und Elektro- und Informationstechnik), die als Begleitstudie zum Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN) veröffentlicht wurde."

https://www.ihf.bayern.de/aktuell