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Werdegänge von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen zehn Jahre nach Abschluss


Kategorien: Geschlechterverhältnisse; Karriereentwicklung; Hochschulen, Hochschulforschung; Wissenschaft Aktuell

Das DZHW hat die Absolventinnen und Absolventen des Jahrgangs 2005 zehn Jahre nach Studienabschluss zu ihrer weiteren beruflichen Entwicklung befragt. Die Studie zeigt, dass dieser Absolventenjahrgang trotz schlechterer Bedingungen beim Berufsstart langfristig genauso erfolgreich ist wie frühere Kohorten. Außerdem analysiert die Studie auch erstmals die konkreten Arbeitstätigkeiten von Hochqualifizierten.

Die Hochschulabsolventinnen und -absolventen des Jahrganges 2005 starteten unter vergleichsweise schwierigen Bedingungen in ihr Berufsleben. In den ersten Monaten nach dem Abschluss zeigte sich dies vor allem durch erhöhte Erwerbslosenanteile und einen verzögerten Berufseinstieg. Maßgeblicher Grund dafür waren die damals schlechten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und eine hohe Anzahl an Absolventinnen und Absolventen, die neu in den Arbeitsmarkt eintraten. Eine Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) zeigt nun, dass der Jahrgang 2005 zehn Jahre nach dem Abschluss die Nachteile des schwierigen Berufseinstiegs in puncto Erwerbsbeteiligung, angemessener Beschäftigung und Einkommen überwunden hat. Im Vergleich zu früheren Kohorten bestehen keine bedeutenden Einbußen mehr.

Mit einem für diesen Prüfungsjahrgang typischen Diplom-, Magister- oder Staatsexamensabschluss beträgt das mittlere nominale Bruttojahreseinkommen zehn Jahre nach dem Erstabschluss ca. 61.300 Euro. Dabei besteht, wie bei den Vorgängerkohorten auch, eine weite Spannbreite je nach Fachrichtung. Sie reicht von einem durchschnittlichen Jahreseinkommen für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in Höhe von ca. 40.200 Euro bis hin zu Humanmedizinerinnen und -medizinern mit etwa 108.200 Euro. Die durchschnittliche jährliche Einkommensdifferenz zwischen Frauen und Männern beläuft sich unter Berücksichtigung von Fachrichtung und Hochschulart auf ca. 9.000 Euro. Das inflationsbereinigte Bruttojahreseinkommen aller Hochschulabsolventinnen und -absolventen von durchschnittlich etwa 57.100 Euro (Basisjahr 2010) liegt ungefähr auf dem Niveau der Jahrgänge 2001 (ca. 56.500 Euro) und 1997 (ca. 59.100 Euro).

Die meisten Absolventinnen und Absolventen des Jahres 2005 haben einen Beruf, der entweder fachlich oder im Hinblick auf die berufliche Position und das Niveau der Arbeitsaufgaben ihrem Hochschulabschluss entspricht. Auch hier ist kein negativer Trend zu beobachten. Jahrgangsübergreifend liegt der Anteil inadäquat Beschäftigter zehn Jahre nach dem Abschluss bei unter zehn Prozent. „Die Ergebnisse zeigen, dass Hochqualifizierte auf dem Arbeitsmarkt stark nachgefragt sind. Inwieweit ein Hochschulstudium auch für die Anforderungen der Digitalisierung rüstet und ob die zunehmende Zahl von Akademikerinnen und Akademikern auch in Zukunft vom Arbeitsmarkt aufgenommen werden kann, ist Gegenstand der laufenden Forschung“, ergänzt Prof. Dr. Monika Jungbauer-Gans, die wissenschaftliche Geschäftsführerin des DZHW, die vorliegenden Studienergebnisse.

Die Ergebnisse der Studie geben auch Auskunft über die Art der Tätigkeiten von Hochschulabsolventinnen und -absolventen. 63 Prozent der Befragten mit einem traditionellen Abschluss befassen sich mindestens einmal in der Woche mit Problemen, die komplex und nicht einfach zu lösen sind und damit als schwer automatisierbar gelten. Die Hälfte der Befragten analysiert mindestens einmal pro Woche Daten und Informationen, um Aufgaben im beruflichen Kontext zu erfüllen. Immerhin noch 36 Prozent wenden wöchentlich wissenschaftlich basierte Verfahren und Methoden an. Eine besondere Rolle spielen Absolventinnen und Absolventen mit abgeschlossener Promotion, die deutlich häufiger als Nicht-Promovierte an angewandter und Grundlagenforschung beteiligt sind.

Das DZHW, beziehungsweise seine Vorgängerorganisation HIS, führt bereits seit 1989 Absolventinnen- und Absolventenbefragungen in Deutschland durch. Jeder vierte Prüfungsjahrgang wird seither durch das DZHW befragt. Die Befragungen jedes Jahrgangs erfolgen in der Regel ein Jahr, fünf Jahre und zehn Jahre nach Abschluss des Studiums. Diese bundesweiten Erhebungen ermöglichen z. B. die Beantwortung von Fragen zum Studienverlauf, zur Arbeitsmarktintegration und zum weiteren beruflichen Werdegang. Aufgrund der Vielzahl der befragten Jahrgänge sind auch Vergleiche zwischen verschiedenen Kohorten möglich. Die Befragungsdaten werden über das Forschungsdatenzentrum des DZHW als Scientific Use File (SUF) für wissenschaftliche Forschung zur Verfügung gestellt. Gefördert wurde die Studie mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Quelle:  Download Pressemitteilung DZHW

Publikation

Euler, T., Trennt, F., Trommer, M., Schaeper, H. (2018).
Werdegänge der Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen 2005: Dritte Befragung des Prüfungsjahrgangs 2005 zehn Jahre nach dem Abschluss. (Forum Hochschule 1|2018). Hannover: DZHW.
ISBN 978-3-86426-060-5

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Ausgewählte Ergebnisse nach Geschlecht (S: 2-4; Zusammenfassung der Studie)

„Während sich die Erwerbstätigenanteile unter Frauen und Männern in den ersten Monaten nach dem Studienabschluss auf einem vergleichbaren Niveau bewegen, entwickeln sie sich danach deutlich auseinander. Im Zuge der vermehrten Familiengründung geht im Beobachtungszeitraum die Erwerbsbeteiligung von Hochschulabsolventinnen zugunsten von Familien- und Elternzeiten zurück, während sie bei Hochschulabsolventen einen gleichbleibend hohen Wert aufweist. Zum Befragungszeitpunkt gehen 81 Prozent der Frauen mit einem traditionellen oder Bachelorabschluss einer Erwerbstätigkeit nach; bei den Männern sind es 98 Prozent (traditioneller Abschluss) bzw. 99 Prozent (Bachelorabschluss).

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Wie in den älteren Examenskohorten weisen die Einkommen der Absolvent(inn)en 2005 eine große Streuung auf. Bei einem mittleren nominalen Bruttojahreseinkommen der vollzeitbeschäftigten Befragten mit einem traditionellen Abschluss in Höhe von 61.300 Euro reicht die Spannbreite von 40.200 Euro für Sozialarbeiter(innen) bis 108.200 Euro für Humanmediziner(innen). Die Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen wird unter Kontrolle der Fachrichtung und der Abschlussart des absolvierten Studiums auf 9.000 Euro geschätzt. Die Unterschiede zwischen Befragten mit einem Bachelor- und einem traditionellen Abschluss, die vergleichbare Fächer studiert
haben, sind gering.

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Ähnlich wie bei der Adäquanz der Erwerbstätigkeit sind auch bei der Art des Arbeitsverhältnisses deutliche Unterschiede zwischen den Fachrichtungen festzustellen. So haben sich Befragte mit einem traditionellen Abschluss in Psychologie (36 %), Rechtswissenschaft (20 %) oder einem Magisterstudiengang (19 %) vergleichsweise häufig selbstständig gemacht. Naturwissenschaftler (innen) dagegen sind relativ häufig im Wissenschaftssystem beschäftigt, in dem unbefristete Positionen unterhalb der Professur wenig verbreitet sind. Dementsprechend hoch fallen hier die Anteile derjenigen aus, die sich in einem befristeten Arbeitsverhältnis befinden (zwischen 30 % und gut 40 %). Wenn die Fachrichtung kontrolliert wird, sind die geschlechtsspezifischen Differenzen nur gering. Signifikante Unterschiede sind insgesamt nur im Hinblick auf befristete Beschäftigungsverhältnisse (häufiger unter den Frauen zu finden) und Selbstständigkeiten (häufiger bei Männern) festzustellen. Fast ein Drittel der 2005er-Absolvent(inn)en mit einem traditionellen Hochschulabschluss befindet sich zehn Jahre nach dem Studienabschluss in einer leitenden Position, entweder als leitende Angestellte (15 %) oder als wissenschaftliche Angestellte mit mittlerer Leitungsfunktion (16 %). Der entsprechende für die befragten Bachelorabsolvent(inn)en ermittelte Anteilswert unterscheidet sich nicht wesentlich davon. Deutliche Differenzen zeigen sich aber wiederum zwischen den Studienrichtungen sowie − unabhängig davon − zwischen Frauen und Männern. So bekleiden insgesamt 37 Prozent der Männer mit traditionellem Abschluss gegenüber 25 Prozent der Frauen leitende Positionen. Hinsichtlich des Fachgebiets des abgeschlossenen Erststudiums fallen die wirtschafts(ingenieur)wissenschaftlichen Studiengänge auf, die Anteile von 28 Prozent (Wirtschaftswissenschaften an Fachhochschulen), über 31 und 32 Prozent (Wirtschaftsingenieurwesen und Wirtschaftswissenschaften an Universitäten) bis 35 Prozent (Wirtschaftsingenieurwesen an Fachhochschulen) an leitenden Angestellten aufweisen. Erhebliche Geschlechterunterschiede treten auch beim Erwerbsumfang auf und sind hier größtenteils für die fachspezifischen Differenzen verantwortlich. Während 76 Prozent der Befragten 2005 mit einem traditionellem Abschluss insgesamt − und damit gleich viele wie unter den Absolvent(inn)en 1997 und 2001 − einer  Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehen, beträgt dieser Anteilswert unter den Männern 94 Prozent und unter den Frauen 61 Prozent. Insgesamt zeigen die Analysen nicht nur, dass die Absolvent(inn)en des Examensjahrgangs 2005 zehn Jahre nach dem Studienabschluss im Großen und Ganzen beruflich vergleichbar gut situiert sind wie diejenigen der Prüfungskohorten 1997 und 2001. Sie machen auch deutlich, dass berufliche Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern, die zum Teil im Zusammenhang mit der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung nach einer Familiengründung zu sehen sind, weiterhin bestehen. Auch die Unterschiede zwischen den Fachrichtungen des abgeschlossenen Studiums sind nach wie vor stark und größtenteils in ähnlicher Weise wie in den älteren Examensjahrgängen ausgeprägt. Abweichungen davon können mit unterschiedlichen Entwicklungen in den fachspezifischen Teilarbeitsmärkten sowie − wie in der Humanmedizin, wo die Ausbildungsphase als Ärztin/Arzt im Praktikum entfallen ist − mit neuen Ausbildungsregelungen in Zusammenhang stehen.

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Promotionen: 15 Prozent der Absolvent(inn)en 2005 mit einem traditionellen Abschluss haben bis zehn Jahre nach dem Examen eine Promotion abgeschlossen. Dieser Anteilswert bewegt sich auf dem Niveau der Vorgängerkohorten und fällt unter den Befragten, die ihr Studium an einer Universität abgeschlossen haben, mit 23 Prozent deutlich höher aus als unter den Fachhochschulabsolvent(inn)en (3 %). Wenn auch die zum Befragungszeitpunkt noch laufenden, unterbrochenen oder geplanten Promotionsvorhaben bis zu einem Abschluss geführt werden, kann sich die Promotionsquote langfristig auf insgesamt 21 Prozent erhöhen. Dabei unterscheiden sich die Promotionsquoten deutlich zwischen Männern und Frauen und den Fachrichtungen des abgeschlossenen Erststudiums..."