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Wie Postdocs das deutsche Wissenschaftssystem wahrnehmen


Kategorien: Außerhochschulische Forschung; Vereinbarkeit; Geschlechterverhältnisse; Hochschulen, Hochschulforschung; Karriereentwicklung; Wissenschaft Aktuell

Die Postdoc-Phase im deutschen Wissenschaftssystem ist bisher nur wenig erforscht. Dabei ist diese Phase ein wesentlicher und auch kritischer Abschnitt der wissenschaftlichen Laufbahn. Eine neue Studie der Graduierten-Akademie der Friedrich-Schiller-Universität Jena versucht nun, die Postdoc-Phase näher zu beleuchten und zu klären, wie Postdocs selbst ihre Arbeitssituation und ihre berufliche Zukunft einschätzen. Dafür wurden über 400 Postdoktorandinnen und Postdoktoranden der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Jena befragt. Sie haben Auskunft gegeben über ihre beruflichen Ziele innerhalb und außerhalb des Wissenschaftssystems, über die Einschätzung ihrer Karrierechancen, die Unterstützung durch Vorgesetzte und nicht zuletzt über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Original-Publikation:

Die "Zweite Jenaer Postdoc-Studie. Analysen zu Arbeitssituation, Qualifizierungsbedingungen und Karrierewegen von Jenaer Postdoktorandinnen und Postdoktoranden" ist im Internet abrufbar unter: http://www.jga.uni-jena.de/jgamedia/-p-3589.html.

Kontakt: Dr. Hanna Kauhaus, Graduierten-Akademie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, +49 3641 9-30396, hanna.kauhaus(at)uni-jena(dot)de

Quelle und weitere Informationen: PM - Universität Jena, 19.03.2019

Bitte beachten Sie Kapitel 9. Chancengleichheit und Diversität (ab S.125)

Auszug (Zusammenfassung S. 135/136) : „Der Anteil der weiblichen Postdocs liegt in dieser Studie bei 45 Prozent. Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen verändert sich in den Abschnitten der Postdoc-Phase. Mit größerem zeitlichen Abstand zur Promotion verlassen mehr Frauen als Männer das Wissenschaftssystem: Gibt es in den ersten sechs Jahren nach der Promotion noch zwischen 55 und 60 Prozent Frauen, so sind es sieben und mehr Jahre nach der Promotion nur noch etwa 35 Prozent. Im Vergleich zur Erhebung 2010 liegt der Zeitpunkt jedoch später, in dem ein deutlich größerer Anteil der weiblichen Postdocs das Wissenschaftssystem verlässt. Das deutet darauf hin, dass das Problem der „leaky Pipeline“ tendenziell abnimmt. In Bezug auf die Beschäftigungssituation und Finanzierung der Postdocs gibt es unter den männlichen und weiblichen Postdocs immer noch Unterschiede, auch wenn diese nicht sehr groß sind. Der Beschäftigungsumfang von weiblichen und männlichen Postdocs hat sich im Vergleich zur Befragung 2010 angenähert. Die mittlere Vertragslaufzeit ist bei männlichen und weiblichen Postdocs 2016 im Unterschied zu 2010 gleich – in der Befragung 2010 hatten die weiblichen Befragten im Durchschnitt kürzere Vertragslaufzeiten als ihre männlichen Kollegen. Auch in Bezug auf die Befristung bzw. Entfristung sind die weiblichen Postdocs 2016 nicht benachteiligt, denn bei gleichem akademischen Alter seit der Promotion sind Männer und Frauen gleich häufig entfristet. Entsprechend ist auch die Arbeitszufriedenheit von weiblichen und männlichen Postdocs fast gleich. Dasselbe gilt für die Zufriedenheit mit der eigenen Work-Life-Balance und der Familienfreundlichkeit, die im Unterschied zu 2010 von männlichen und weiblichen Postdocs nun gleich bewertet wird. Lediglich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird von weiblichen Postdocs kritischer gesehen als von männlichen, und dieser Unterschied ist gegenüber 2010 sogar etwas größer geworden. In den Natur- und Lebenswissenschaften wird die Universitätsprofessur von Frauen und Männern als unterschiedlich attraktiv bewertet: Während die Hälfte der Männer die Universitätsprofessur attraktiv findet, ist dies nur bei 40 Prozent der Frauen der Fall. In den Geistes- und Sozialwissenschaften gibt es diesen Unterschied hingegen nicht. Dort ist es sogar so, dass Frauen ihre Chancen auf eine Professur besser einschätzen als ihre männlichen Kollegen. Trotzdem gilt in beiden Fächergruppen, dass es unter den Frauen stärker verbreitet ist, nicht habilitieren zu wollen.“