Zu Ehren von Gabriele Dietze und Dorothea Dornhof
Anmeldung bis zum 15. Dezember 2016
Feministinnen in Ost und West haben im Kontext marxistischer Diskurse schon früh darauf hingewiesen, dass Geschlecht keineswegs einen untergeordneten ‚Nebenwiderspruch‘ zumvermeintlichen Hauptwiderspruch des Klassengegensatzes darstellt. Vielmehr seien soziale Ungleichheitsachsen miteinander verwoben. Zuvor hatten PoC-Feministinnen auf den Zusammenhang von Sexismus und Rassismus aufmerksam gemacht. Im Zuge der ersten und zweiten ‚Welle‘ des Feminismus begannen feministische Künstler_innen und Aktivist_innen, transgressive Weiblichkeitsbilder auf der Folie binärer Geschlechterbilder zu entwerfen: Figuren wie die hartgesottene Detektivin, ermächtigende Monster oder kaltblütige Mörderinnen wurden zu notwendigen Gegenstrategien von Dämonisierung, Pathologisierung, Abwertung und Ausblendung des Weiblichen. Die Gender Studies haben Geschlecht als eine „wissensgenerierende und (wissens-)kritische Kategorie“ (Dietze/Hark 2006) in Bewegung definiert. Interventionen von Feministinnen of Color, postkoloniale Perspektiven und queere Kritiken wiederum haben die Einheitlichkeit der Kategorie Geschlecht fundamental verunsichert. Sie machen für die Gender Studies die Notwendigkeit deutlich, Allianzen mit weiteren macht- und herrschaftskritischen Erkenntnisperspektiven zu suchen, und fordern ein, die eigenen Ausschlüsse und Hegemonietendenzen zu reflektieren. In diesem Zusammenhang spielen künstlerische Praktiken, kulturelle Artefakte und Ästhetiken sowie Popkultur eine entscheidende Rolle für die Sichtbarmachung marginalisierter Positionen. Dies erfordert eine (Selbst-)Kritik „okzidentaler (sexueller) Exzeptionalismen“ (Dietze), die über Geschlechterverhältnisse funktionieren, um den eigenen Kontext als emanzipiert darzustellen. Ebenso wichtig ist eine kritische Reflexion der Kategorie Gender selbst und ihr intersektionales Weiterdenken. Für die Dezentrierung von Macht und Wissen, auch über den akademischen Elfenbeinturm hinaus, sind Kollaborationen und Solidaritäten, strategische Essentialismen, Allianzen und Dialoge mit aktivistischen Kontexten und anderen Diskursen und Öffentlichkeiten unerlässlich.
Die Konferenz zu Ehren von Gabriele Dietze und Dorothea Dornhof thematisiert ein breites Spektrum an Formen und Praktiken von und Perspektiven auf Gender, in Verbindung mit Hegemonie(selbst)kritik. Mit besonderem Augenmerk auf die wachsenden Ungleichheiten unter gegenwärtigen neoliberalen globalen Bedingungen und im Anschluss an zentrale Aspekte der herausragenden Arbeit der beiden Genderforscherinnen nehmen die Beiträge Genealogien, Konkurrenzen, Transformationen und innere Spannungen von Gender als hegemoniekritische Kategorie in den Fokus.