"Gendering the mainstream" - eine Herausforderung an die Geschichtswissenschaft : Erinnerungen an den Aufbruch '68
Titelübersetzung:"Gendering the mainstream" - a challenge for the science of history : recollections of the uprising in 1968
Autor/in:
Kuhn, Annette
Quelle: metis : Zeitschrift für historische Frauen- und Geschlechterforschung, Jg. 10 (2003) H. 20, S. 82-92
Inhalt: Auf dem Hintergrund der Entwicklungen der 68er-Bewegung befasst sich der Beitrag entlang des Begriffes "Gender Mainstreaming" mit der erkenntnis- und geschichtstheoretisch relevanten Frage nach dem biologischen bzw. kulturell konstruierten Geschlecht. Dabei geht es der Autorin darum, die Spezifik der Frauengeschichte in ihrer Unterscheidbarkeit von der Männergeschichte sichtbar zu machen und aus einer feministischen, historisch argumentierenden Perspektive patriarchale Diskursregeln kritisierbar und in ihrem Vernunftanspruch widerlegbar zu machen. Ziel ist es, aus einer fraueneigengeschichtlichen Sicht eine Umkehrung der männlichen Diskurslogik zu erreichen, um begreiflich zu machen, dass die Bestimmung der Frau als das Andere, als die Ausnahme von der Regel und die Verwendung des Feminismusbegriffs als Ausschlusskategorie zu dieser frauen- und geschlechtergeschichtlich erweiterten Perspektive ein historisch nachgeordnetes Phänomen darstellt. (ICH)
Quelle: Weinheim: Dt. Studien Verl., 1996, 2. Aufl.. 270 S.
Inhalt: "Aus der Sicht von Frauen, interdisziplinär und methodenpluralistisch, verorten sich zwölf Wissenschaftlerinnen in der Frauen und Geschlechterforschung. Mosaikartig untersuchen sie soziale Verhältnisse, die Ungleichwertigkeit produzieren. Von jeher rechtfertigt Schwarz-Weiß-Denken Dominanzverhältnisse. Neben den Konstruktionen 'Ethnie' und 'Schicht' geht es vorrangig um die Geschlechterdifferenz. Einführend wird ein Bezug hergestellt zu feministischen Debatten, die aktuell z.B. um De- und Rekonstruktion stattfinden. Die Autorinnen plädieren für 'Geschlecht' als wissenschaftliche Strukturkategorie und für einen anderen Arbeitsbegriff, der nicht auf Erwerbsarbeit verengt ist. Der erste Teil ist NS-Täterinnen und Opfern gewidmet. Über dieses Thema würden wir am liebsten schweigen, müssen jedoch weiterschreiben, solange die NS-Politik transgenerationell nachwirkt. Mikroskopisch geht es im zweiten Teil um sichtbare und um tabuisierte Frauenarbeit sowie deren (Neu-)Bewertung. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln decken im dritten Teil vier Autorinnen heikle Verwicklungen zwischen sozial hergestellter Zwiegeschlechtlichkeit und psychischen Konflikten auf." (Autorenreferat)
Frauengeschichtsforschung : zeitgemäße und unzeitgemäße Betrachtungen zum Stand einer neuen Disziplin
Titelübersetzung:Research on the history of women : contemporary and non-contemporary observations on the state of a new discipline
Autor/in:
Kuhn, Annette
Quelle: Aus Politik und Zeitgeschichte : Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, (1990) B 34/35, S. 3-15
Inhalt: "Im letzten Jahrzehnt hat es in der Bundesrepublik vielfältige und erfolgreiche Versuche gegeben, die Frauengeschichte, sei es als Teilgebiet der Sozialgeschichte, sei es als historische Frauenforschung oder als feministische Geschichtswissenschaft im außer- und inneruniversitären Bereich, voranzutreiben und in ihrem Selbstverständnis und ihrer Beziehung zu anderen Disziplinen, zu neuen wissenschaftlichen Ansätzen und gesellschaftlichen Bewegungen näher zu bestimmen. Diese theoretische sowie bildungs- und gesellschaftspolitische Suchbewegung, die dazu dient, Frauengeschichte als unverzichtbaren Teil unserer historischen Tradition sichtbar zu machen, ist noch im Gange. In der gegenwärtigen Situation geht es in der Frauengeschichtsforschung vor allem darum, die Skepsis der Sozialhistoriker gegenüber der Frauengeschichte zu überwinden, ohne unverzichtbare Prämissen preiszugeben. Hierzu gehört nicht nur eine überzeugende, empirisch fundierte Forschungspraxis, sondern auch eine feministisch geleitete Methodologie, die uns auf der Basis neuer Erkenntnisse aus einer historischen Patriarchatskritik und der frauengeschichtlichen Forschung zu einer neuen Perspektive unserer allgemeinen Geschichte verhilft." (Autorenreferat)
Frauengeschichte - Geschlechtergeschichte : der Preis der Professionalisierung
Titelübersetzung:Women's history - history of the genders : the price of professionalization
Autor/in:
Kuhn, Annette
Quelle: Feministische Erneuerung von Wissenschaft und Kunst. Symposium "Frauenforschung und Kunst von Frauen - Feministische Beiträge zu einer Erneuerung von Wissenschaft und Kunst"; Pfaffenweiler: Centaurus-Verl.-Ges., 1990, S. 81-99
Inhalt: Die Autorin befaßt sich in dem Aufsatz mit dem gegenwärtigen Stand der Frauengeschichtsforschung. Zunächst zeigt sie die Fortschritte in der bundesdeutschen Frauengeschichtsforschung auf. Dabei stellt sie fest, daß es unerläßlich ist, ein eigenes Wissenschaftsverständnis zu formulieren, das gegenwärtig noch aussteht. Festzustellen ist lediglich die Tendenz, daß der Begriff "Geschlechtergeschichte" die Bezeichnung "Frauengeschichte" zunehmend verdrängt. Sie geht dann der Gefahr der "falschen Aufhebung der Frauengeschichte im Prozeß der Professionalisierung" nach. "Hierzu dient als Beispiel die Tendenz zur Favorisierung der Geschlechtergeschichte und die Frage der Sichtbarkeit der Frauen in den jüngsten Bemühungen um eine Sozialgeschichte der bürgerlichen Gesellschaft." Sie stellt fest, daß die aus J. Kockas Sicht bereits erledigte Frage der Bedeutung des Geschlechtsunterschiedes als Gegenstand einer eigenständigen Disziplin in der Geschichtsforschung auch weiterhin auf der Tagesordnung stehen muß. Es gilt, aus feministischer Perspektive einen Maßstab von Gleichheit zu entwickeln, "deren Maß nicht die Männlichkeit, sondern Menschlichkeit ist". Insofern handelt es sich um einen "neuen, maßlosen Maßstab". Abschließend liefert sie allgemeine Aussagen zu Ansätzen einer Grundlegung der Frauengeschichte, woraus Merkmale einer feministischen Geschichtssicht abgeleitet werden. Das innovatorische Potential der Frauengeschichtsforschung liegt in der Erforschung einer Fraueneigengeschichte, einer ideologiekritischen Perspektive sowie daraus abgeleitet in einer revidierten Gesamtsicht unserer Geschichte. (AG)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Identitätsgewinnung durch Frauengeschichte - Gefahren, Grenzen, Möglichkeiten
Titelübersetzung:Establishment of identity by women's history - risks, limits, possibilities
Autor/in:
Kuhn, Annette
Quelle: Geschichtsdidaktik : Probleme, Projekte, Perspektiven, Jg. 10 (1985) H. 2, S. 117-128
Inhalt: In dem Aufsatz wird der Frage nachgegangen, ob "angesichts des gegenwärtigen Standes der Frauengeschichtsforschung und der feministischen Theoriebildung" das "Lernziel der individuellen und sozialen Identitätsbildung" im Geschichtsunterricht einlösbar ist. Dazu wurden zunächst die Begriffe "Feminismus", "weibliche Produktionsweise" und "weibliche Kultur" als Elemente einer feministischen Theoriebildung diskutiert. Dann wurden "im Umgang mit neueren Ansätzen in der Frauengeschichtsforschung, vor allem mit den ethnologischen Forschungen, der Kontroverse um die Stellung der Frau im Mittelalter und der 'Neuentdeckung' der Volkskultur der frühen Neuzeit Spuren einer identitätsstiftenden Frauengeschichte und einer feministischen Geschichtstheorie" nachgegangen. Die Autorin kommt zu dem Schluß, daß bestimmte historische Wertsysteme gekoppelt sind mit jeweils bestimmten historischen Produktionsweisen. Unter diesem Aspekt kann von einer "feministischen Produktionsweise im Kapitalismus" gesprochen werden, "der eine Handlungslogik von erstaunlicher Kraft und Kontinuität zukommt, die für die Aufrechterhaltung unserer Gesellschaft, zugleich aber auch für die Überwindung der Dominanz von kapitalistischen und patriarchalischen Normen in dieser Gesellschaft von Bedeutung ist." In diesem Sinne hat die Aufdeckung von Normen und Werten in der Frauengeschichte identitätsstiftende Funktion im Geschichtsunterricht. (AG)