Doing Gender im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich
Titelübersetzung:Doing Gender in science and engineering
Autor/in:
Solga, Heike; Pfahl, Lisa
Quelle: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH; Berlin (Discussion Papers / Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Forschungsschwerpunkt Bildung, Arbeit und Lebenschancen, Abteilung Ausbildung und Arbeitsmarkt, 2009-502), 2009. 57 S
Inhalt: Der Beitrag beruht auf einer Expertise, die im Rahmen der "Plattform zur Förderung des Nachwuchses in Technik und Naturwissenschaft" von acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, verfasst worden ist. Im Einzelnen werden unter Berücksichtigung von empirischem und statistischem Datenmaterial von 2002 und 2006 folgende Fragen beantwortet: (1) Wodurch lässt sich das Doing Gender in Schule, Studium und Beruf erklären? Über welche Maßnahmen kann es verringert werden, so dass mehr junge Frauen als Nachwuchs in den Technikwissenschaften gewonnen werden können? (2) Was bewegt Studienanfängerinnen dazu, ein technisches Studium zu wählen - und was hält sie davon ab? (3) Was wissen wir über das Studienverhalten von Studentinnen in naturwissenschaftlichen und Ingenieurberufen (z. B. zu Studienalltag, Abbruchquoten, Abbruchgründen, Erfolgsquoten), und welche Fördermaßnahmen sind aufgrund der Erkenntnisse sinnvoll? (4) Wodurch sind Frauen - gegenüber Männern - beim Berufseinstieg und in beruflichen Karrieren in den Technikwissenschaften benachteiligt? Was könnte getan werden, um Frauen hier zu fördern und ihre beruflichen Bedingungen zu verbessern? Die in der Expertise dargestellten Befunde verdeutlichen dreierlei: (1) In den Natur- und Technikwissenschaften 'verliert' man Frauen sehr früh im Lebensverlauf. (2) Wie beim Durchlauf eines Trichters (leaking pipeline) verringert sich mit jeder Bildungs- und Karrierestufe die Anzahl von Frauen in diesen Fächern und Berufen. (3) Die Erhöhung des Interesses für Technikwissenschaften von Mädchen und Frauen ist nicht nur ein Problem für das Bildungssystem, sondern ganz wesentlich auch des Arbeitsmarktes. Die Befunde der Expertise zeigen, dass es unbedingt notwendig ist, jungen Frauen, die in technischen Berufen gut ausgebildet sind, eine höhere Chance als bisher zu geben, (a) ihren Beruf aus dem Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik (MINT) auszuüben und (b) dies auch mit den gleichen Gratifikationen wie Männer. (ICG2)
Schlagwörter:choice of studies; gender relations; study conditions; Kindergarten; Student; student; Studienabbruch; Hochschulbildung; Studiensituation; Federal Republic of Germany; Studienanfänger; female student; man; Geschlechterverteilung; first-year student; technical education; studies (academic); abandonment of studies; Studienverlauf; study situation; advancement of women; Studium; Schule; kindergarten; technische Bildung; school; sex ratio; woman; Mann; Geschlechterverhältnis; natural sciences; course of academic studies; Naturwissenschaft; Frauenförderung; Studentin; university level of education; Studienbedingung; Studienwahl
SSOAR Kategorie:Bildungs- und Erziehungssoziologie, Bildungswesen tertiärer Bereich, Frauen- und Geschlechterforschung
Mit zweierlei Maß - Studium zahlt sich für Frauen weniger aus
Autor/in:
Leuze, Kathrin; Strauß, Susanne
Quelle: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH; Berlin (WZBrief Arbeit, 02), 2009. 5 S
Inhalt: Das Bildungsniveau der Frauen hat sich dem der Männer angeglichen. Das Gehaltsniveau nicht. Akademikerinnen verdienen fünf Jahre nach dem Abschluss durchschnittlich 20 Prozent weniger als Akademiker des gleichen Jahrgangs. Ein hoher Anteil von Frauen in einem Studienfach oder Beruf geht einher mit niedrigeren Einkommen.
Schlagwörter:academic (female); employment history; Akademikerin; income; Erwerbsverlauf; Einkommensunterschied; Federal Republic of Germany; Mann; woman; difference in income; Einkommen; man; Ungleichheit; inequality
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
In search of gender differences in access to continuing training: is there a gender training gap and if yes, why?
Titelübersetzung:Auf der Suche nach Geschlechterunterschieden im Zugang zu beruflicher Weiterbildung: besteht ein geschlechtsspezifisches Teilnahmedefizit und wenn ja warum?
Autor/in:
Dieckhoff, Martina; Steiber, Nadia
Quelle: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH; Berlin (Discussion Papers / Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Forschungsschwerpunkt Bildung, Arbeit und Lebenschancen, Abteilung Ausbildung und Arbeitsmarkt, 2009-504), 2009. 25 S
Inhalt: "Geschlechterunterschiede im Zugang zu beruflicher Weiterbildung gelten weiterhin als wichtige Ursache weiter bestehender Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in Bezug auf deren Chancen am Arbeitsmarkt und deren beruflichen Erfolg. Allerdings schaffen empirische Studien bis dato keine Klarheit darüber, ob bzw. welche Geschlechterunterschiede im Weiterbildungsverhalten tatsächlich bestehen. Die vorliegende Analyse untersucht, auf Basis harmonisierter Survey-Daten des European Social Survey 2004, berufsbezogene Weiterbildungsaktivitäten in Europa und testet eine Reihe von mikroökonomischen und soziologischen Theorien (z.B. Humankapitaltheorie, Geschlechtersegregation am Arbeitsmarkt, Diskriminierung durch den Arbeitgeber etc.), die häufig zur Erklärung von Geschlechterunterschieden in der Teilnahme an Weiterbildung herangezogen werden. Der Beitrag untersucht die Mechanismen, die einem potenziell geschlechtsspezifischen Teilnahmeverhalten an beruflicher Weiterbildung zugrunde liegen. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass männliche Arbeitnehmer, ceteris paribus, häufiger an berufsbezogener Weiterbildung teilnehmen als weibliche Arbeitnehmer. Als Fazit kann festgestellt werden, dass die vorherrschenden theoretischen Ansätze mehr Erklärungskraft für das Weiterbildungsverhalten von Männern als für jenes von Frauen haben. Vor allem in Bezug auf weibliches Weiterbildungsverhalten bei Präsenz von Betreuungspflichten für kleine Kinder zeigen sich vorherrschende Erklärungsmodelle als wenig valid." (Autorenreferat)
Inhalt: "Gender differences in access to continuing training are often argued to be a central cause of persisting gender inequalities in occupational attainment. Yet, existing empirical work has presented rather mixed evidence regarding a potential gender gap. With the aim to gain a better understanding of the mechanisms underlying training participation, this paper carries out an empirical test of the central theoretical models commonly used to explain the (alleged) gender gap. Using data from the European Social Survey, we find that working men are more likely to train than working women, controlling for worker and job characteristics. Moreover, common theoretical approaches to understanding gendered training behaviour show some explanatory power for male workers, while they largely fail to predict women's training incidence." (author's abstract)
Beantwortung des Fragenkatalogs zu der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Thema "Entgeltgleichheit zwischen Frauen
und Männern"
Autor/in:
Ziegler, Astrid
Quelle: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut in der Hans-Böckler-Stiftung; Düsseldorf, 2009. 15 S
Schlagwörter:Federal Republic of Germany; Lohnunterschied; wage difference; gender-specific factors; woman; Mann; man; Einkommensunterschied; difference in income; Diskriminierung; discrimination
SSOAR Kategorie:Arbeitsmarktforschung, Frauen- und Geschlechterforschung
The European Union's idea of gender equality and its support among citizens of 27 European countries
Titelübersetzung:Das Konzept der Geschlechtergleichheit in der Europäischen Union und dessen Unterstützung durch die Bürger der 27 Mitgliedstaaten
Autor/in:
Gerhards, Jürgen; Kämpfer, Sylvia; Schäfer, Mike S.
Quelle: Freie Universität Berlin, FB Politik- und Sozialwissenschaften, Institut für Soziologie Arbeitsbereich Makrosoziologie; Berlin (Berliner Studien zur Soziologie Europas / Berlin Studies on the Sociology of Europe (BSSE), 10), 2008. 23 S
Inhalt: "This article first describes the European Union’s idea of gender equality and its im-plementation into European policies. The second section analyses the extent to which citizens of different European countries support the idea of gender equality. The em-pirical basis for our analysis is the “Eurobarometer 63.1” from 2005. The descriptive findings show that while a majority of European citizens support the idea of gender equality, there are substantial differences between individual countries. In the third section we explain these differences by referring to the country’s level of moderniza-tion and degree of politically institutionalised gender equality, as well as the respon-dents’ religious orientation and level of education, among other factors." [author's abstract]
Diskurstheorie als Werkzeugkiste: eine Analyse der Effekte diskursiver Praxen im Kontext familialer Geschlechterarrangements
Titelübersetzung:Discourse theory as a toolbox: an analysis of the effects of discursive practices in the context of family gender arrangements
Autor/in:
König, Tomke
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 4787-4795
Inhalt: "Ausgangspunkt des Beitrags ist die Annahme, dass der Glaube an die Natürlichkeit der Geschlechtsunterschiede für die binäre Geschlechterordnung und die Identifizierung von Subjekten als 'Frauen' und 'Männer' konstitutiv ist. Aus einer diskurstheoretischer Perspektive stellen sich im Anschluss hieran zwei Fragen: Wie und wo wird dieses unproblematische Wissen zum Gegenstand von diskursiven Ereignissen? Und welche Vorstellungen von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen sind in solchen Ereignissen sag- und damit auch lebbar? Im Beitrag sollen diese Fragen anhand selbst erzeugten empirischen Materials beantwortet werden. Es sind dies Interviews, die die Verfasserin mit gleich- und gegengeschlechtlichen Paaren geführt habe, die unterschiedlichen sozialen Milieus angehören und mit kleinen Kindern zusammen leben. Dabei soll auch aufgezeigt werden, welche Implikationen eine diskurstheoretische Position für die Analyse qualitativer empirischer Daten haben. Statt nach den Begründungszusammenhängen zu fragen, die eine Aussage plausibel machen und in der 'Tiefe zu graben', so wie es in den klassischen hermeneutischen Verfahren geschieht, werden Handlungs-, Denk- und Gefühlspraktiken auf der 'Oberfläche' dekonstruiert. Leitend ist die Frage, wie im Reden durch die Signifikationspraxis Wahrnehmungs- und Handlungsmuster konstruiert, Relevanzen festgelegt und Sinnhorizonte verschoben werden. Damit bekommen die interpretierten Texte einen anderen Status. Das, was die befragten sagen, wird nicht als Ausdruck der Tatsache verstanden, dass jemand eine Frau oder ein Mann ist, die oder der als solche/r bestimmten Interessen verfolgt. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass Individuen in der Kette von Äußerungen, in denen sie Konventionen anrufen, vergesellschaftet und Frau oder Mann werden. Individuen handeln diesem Ansatz zufolge also weniger unter dem sozialen Druck einer Norm als vielmehr unter der Vorstellung, überhaupt nur dann als Subjekt existieren zu können, wenn sie sich von den Normen appellieren lassen." (Autorenreferat)
Die Errichtung von Gleichstellungsfassaden und die Natur des männlichen Kämpfers im Zuge des Wandels der Streitkräfte
Titelübersetzung:Construction of equality facades and the nature of the male soldier during the change in the armed forces
Autor/in:
Apelt, Maja
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 2302-2313
Inhalt: "Im Militär treffen drei soziale Konstruktionen aufeinander, Krieg, Geschlecht und Organisation: Mit der Zunahme sog. Kleiner Kriege bzw. der zunehmenden öffentlichen Wahrnehmung kriegerischer Auseinandersetzungen geht sowohl im öffentlichen wie im sozialwissenschaftlichen Diskurs eine Naturalisierung von Kriegen einher. Kriege erscheinen als dem Menschen wesenseigen. Im Unterschied ist die Naturalisierung von Geschlecht keine neue Entwicklung, sondern Grundbestand des Alltagswissens. Moderne Organisationen werden im Alltagsbewusstsein als rationale Systeme begriffen. Wenn das Handeln in Organisationen nicht zweckrational begründbar ist, erscheint es als organisationsfremd und wird sinnhaft aus der Organisation ausgeschlossen. Die Modernisierung militärischer Organisationen ging logisch und historisch mit dem Ausschluss von Frauen einher. Mit der Durchsetzung der Wehrpflicht für Männer wurde das Militär zugleich zu einer Schule der Nation und zur Schule der Männlichkeit. Die moderne Konstruktion der Geschlechterdifferenzen hat ihre Wurzeln damit auch im Militär. Männlichkeit steht nunmehr für Rationalität, Vernunft und Fortschritt aber auch für Mut und Kämpfertum. Weiblichkeit steht für Emotionalität, Naturhaftigkeit, Friedfertigkeit und Schutzbedürftigkeit. Diese Geschlechterkonstruktion ist bestimmend für die Struktur von Kriegen. In der Gegenwart haben sich die Kriege in Struktur, Zielen und Mitteln verändert. Dazu gehört, dass die Geschlechterverhältnisse in Kriegen in Bewegung geraten sind. Gendersensible Analysen von Kriegen zeigen, dass der Zusammenhang von Männlichkeit, Militär und Krieg immer noch (oder mehr denn je) wichtige Legitimationsfunktion besitzt, dass die Geschlechterverhältnisse dahinter aber weit differenzierter sind und die Grenzen zwischen Tätern und Opfern beständig neu gezogen werden. Ausgehend von diesen Beobachtungen und am Beispiel der Bundeswehr soll aus neoinstitutionalistischer Perspektive untersucht werden, wie die Konstruktionen von Kriegen, Geschlecht und rationaler Organisation in der Ausrichtung von Streitkräfte auf die veränderten Einsätze gegeneinander in Anschlag gebracht werden." (Autorenreferat)
Homosexuelle Männlichkeit und Körperlichkeit im Alter(n): eine Gender-theoretische Perspektive (work in process)
Titelübersetzung:Homosexual masculinity and corporeality in old age/during aging: a gender theoretical perspective (work in process)
Autor/in:
Reimann, Katja
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 1401-1408
Inhalt: "Viele der heute alten homosexuellen Männer haben aufgrund von Diskriminierungen und Kriminalisierungen über weite Teile ihres Lebenslaufes ihre Homosexualität versteckt gelebt. Erst langsam mit dem Altern der vermehrt offen lebenden Kohorten werden auch alte homosexuelle Männer sichtbarer. Lebenslagen, Problembereiche und Bedarfe alter homosexueller Männer werden inzwischen von Betroffenen thematisiert, sind jedoch im deutschsprachigen Raum noch weitgehend unerforscht. Homosexuelle Subkulturen sind geprägt von identitätsstiftenden Normen, wie z.B. dem in großen Teilen der Subkultur herrschenden Jugend- und Körperkult, der sich in einem an der Attraktivitätserwartung von Männern ausgerichteten Schönheitshandeln spiegelt. Mit Schönheitshandeln wird dabei einerseits die Abwertung homosexueller Männer als weiblich contrakariert und andererseits dieses 'weiblich' konnotierte Verhalten als identitätsstiftendes und sich von Heterosexuellen abgrenzendes Merkmal genutzt. Die körperlichen 'Attraktivitätsverluste' des Alterns stellen homosexuelle Männer vor die Herausforderung, ihren alternden Körper in ihr Selbstbild und ihre homosexuelle Identität zu integrieren. Zunehmend gewinnen Schönheitsnormen, Körperpflege und -styling jedoch auch für heterosexuelle Männer - zurzeit noch eher der jüngeren Generation - an Bedeutung. Wie sich unterschiedliche Männlichkeitskonstruktionen auf Einstellungen und Umgangsweisen mit dem Körper auswirken, ist bislang im deutschsprachigen Raum nicht untersucht worden. In dem Vortrag sollen erste Überlegungen zur Untersuchung von Auswirkungen unterschiedlicher Männlichkeiten (im Sinne Connell's Konzept der Hegemonialer Männlichkeit) auf Einstellungen und Umgangsweisen mit dem Körper anhand homosexueller Männer im Alter vorgestellt und diskutiert werden. Im Zentrum des Arbeitsberichtes soll daher der vielzitierte Jugend- und Körperkult homosexueller Subkulturen und seine Implikationen für altwerdende homosexuelle Männer stehen. Dazu wird die Verfasserin Falldarstellungen aus eigenen problemzentrierten Interviews mit älteren homosexuellen Männern aus Deutschland mit der angloamerikanische Diskussion um ein 'beschleunigtes' soziales Altern homosexueller Männer verbinden." (Autorenreferat)
Schlagwörter:discrimination; social construction; alter Mensch; Selbstbild; self-image; Diskriminierung; social attraction; Federal Republic of Germany; deutscher Sprachraum; Konstruktion; soziale Anziehung; soziale Konstruktion; body; subculture; Körperlichkeit; man; Subkultur; Körper; Homosexualität; masculinity; homosexuality; life career; Auswirkung; attitude; Norm; Weiblichkeit; identity; standard; femininity; Identität; Mann; impact; corporeality; elderly; Männlichkeit; Lebenslauf; German-speaking area; construction; Einstellung
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Gerontologie, Alterssoziologie
Natürlich normal: Schmerz, Normalität und Argumente aus der Steinzeit
Titelübersetzung:Naturally normal: pain, normality and arguments from the stone age
Autor/in:
Degele, Nina
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 3149-3155
Inhalt: "Warum können Frauen nicht einparken und Männer nicht zuhören? Spätestens eine solche Frage (und noch mehr ihre Antworten) hat ein vorsichtiges Beschnuppern von sozial- und naturwissenschaftlichen Denkweisen und Forschungspraxen fast unmöglich gemacht. Gleichzeitig gilt das soziologische Diktum, Soziales nur mit Sozialem zu erklären, für alltägliches Wissen immer weniger. Das mag daran liegen, dass naturwissenschaftliche Erklärungsangebote - mehr als sozialwissenschaftliche - von Verantwortung entlasten, in ihrer Quintessenz einfach klingen und im Zuge gesellschaftlicher Verunsicherung noch einen vermeintlichen Hort von Sicherheit bieten. Die Soziologie nimmt das nur widerwillig und recht zögernd zur Kenntnis. Eine höhere Wertschätzung naturwissenschaftlichen Wissens (wie ungesichert und vermittelt dies auch konstruiert sein mag) kommt etwa in alltäglichen Wissensbeständen und Diskursen rund um Fitness und Fun (Konjunktur neuer Trend- und Risikosportarten), Sexualität (Enttabuisierung 'perverser' Sexualpraktiken und Lebensweisen) und arbeitszeitkompatibler Mutterschaft (Möglichkeiten einer planbaren und schmerzfreien Geburt) zum Ausdruck. Wie dies am Beispiel von Schmerzdiskursen geschieht und sich mit einer Anpassung an Imperative von Autonomie wie auch von Flexibilität verbindet, ist Thema des Beitrags: Im ersten Schritt rekonstruiert die Verfasserin die vermeintlich individuelle und biologische Empfindung von Schmerz als zutiefst soziales Phänomen (Vergesellschaftung von Schmerz). Dies geschieht anhand empirischen Materials aus einem laufenden interdisziplinären Projekt zur 'intersubjektiven Konstruktion und sprachlichen Codierung von Schmerz.' Dann zeichnet sie die Instrumentalisierung von Schmerz für die Konstruktion von Normalität und damit auch Identität nach (Naturalisierung von Schmerz). Dies geschieht mithilfe des impliziten oder expliziten Verweises auf vermeintlich sicheres naturwissenschaftliches Wissen wie etwa das Steinzeitargument (Männer als Jäger, Frauen als Sammlerinnen) und auf willentlich nicht beeinflussbare körperliche, genauer: hormonelle Prozesse (wie etwa die Ausschüttung von Endorphinen), denen die 'Verantwortung' für spezifischen Handlungs- und Erlebnisweisen aufgebürdet wird. Schließlich knüpft sie daran die These der Konstruktion von 'Normalitätskorridoren', die es AkteurInnen erlauben, Ansprüche gesellschaftskonformen Funktionierens und identitätsstiftender Exklusivität miteinander zu verbinden und bette dies in Überlegungen zu sich möglicherweise wandelnde Wissenskonfigurationen ein (sozialer Wandel)." (Autorenreferat)