"Für mich war das schon immer klar, dass wir eigentlich den Namen von meinem Mann annehmen" - Inwiefern verhandeln heterosexuelle Paare die Bestimmung ihres Ehenamens?
Titelübersetzung:"It's Been Always Clear to Me That We Actually Take My Husband's Name": (How) Do Heterosexual Couples Negotiate the Determination of Their Surname at Marriage?
Autor/in:
Wutzler, Michael
Quelle: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 21 (2020) 3, 47 S
Inhalt: Die Entwicklung der Geschlechterverhältnisse zeigt zugleich eine zunehmende Gleichstellung und eine Persistenz männlicher Dominanz. Der staatlichen Ehe werden hierbei perpetuierende Effekte zugeschrieben, da sie zwischen Öffentlichem und Privatem vermittelt. Am Beispiel der Bestimmung des Ehenamens kann dem Zusammenspiel von patriarchalen Strukturen und individuellen Handlungsmustern nachgegangen werden. Die Bestimmung des Ehenamens ist weder ausschließlich eine Frage bürokratischer Ordnung noch ist sie als rein persönlicher Entschluss zu verstehen. Nicht nur wurden restriktive Regelungen aufgebrochen, zugleich erwuchs die egalitäre Beziehungsführung zu einem Leitbild. Doch Gleichberechtigung setzt sich nicht umfassend durch: In Deutschland bestimmen ca. 75% der heiratenden Paare ausschließlich den Nachnamen des Mannes zum Ehenamen. Im Artikel wird anhand von narrativen Paarinterviews der Frage nachgegangen, wie die Kontinuität dieses Ungleichgewichts zu erklären ist. Dafür wurden sequenzanalytisch und orientiert am Kodierverfahren der Grounded-Theory-Methodologie Aushandlungsmuster von Paaren und die zugrundeliegenden Argumentationslinien rekonstruiert. Zwar kann ein Wandel ausgemacht werden, gleichwohl werden die Dominanz hegemonial-männliche Praktiken deutlich. Für einen Großteil der Paare zeigte sich ein Spannungsverhältnis, in dem ungeachtet der rechtlichen Offenheit die Paarwirklichkeit von Geschlossenheit bezüglich der Bestimmung des Ehenamens geprägt war. Dabei unterlagen die Frauen einem höheren Rechtfertigungsdruck und die Herausforderung, die identitätsverändernden Effekte eines Namenswechsels zu bewältigen, wird von Männern nicht gleichermaßen erwartet.
Quelle: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 20 (2019) 1, 37 S
Inhalt: Despite the social normalisation and moral de-problematisation of separation and divorce, they are usually anything but normal or unproblematic events for those affected. The events have to be ordered, the separation needs to be legitimised and one's own identity requires rehabilitation; this can result in striking narrative dynamics in qualitative interviews dealing with separation. Previous research has revealed the connection between the form, content, and function of separation talk as well as social differentiation: role, gender, and socio-structural factors. To the functional analyses of the narratives, of 46 interviews (23 ex-couples) in our study "Couples after separation", we add, as a further and superordinate differentiation, the category of social milieu. We exemplify our argument that separation talk varies depending on this dimension by exploring the contrasting individualised and traditional milieus. They differ in a fundamental way in their relationship models and corresponding separation legitimations, and in their plausibility strategies and in their conception of what constitutes a desirable identity. Beyond the concrete subject of separation and separation talk, we also touch on two important aspects of qualitative research: the differentiation of milieus and the relationship between performance and representation in interviews.
Das Paarinterview in der soziologischen Paarforschung: method(olog)ische und forschungspraktische Überlegungen
Titelübersetzung:Joint Couple Interviews in Sociological Research on Couples: Methodological and Practical Considerations
Autor/in:
Wimbauer, Christine; Motakef, Mona
Quelle: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 18 (2017) 2, 35 S
Inhalt: Paarinterviews erlauben die Erfassung von Interaktionen, Aushandlungen, Performances und Präsentationen des Paares und als Paar in situ. Sie liefern Einblicke in die konkrete Paarpraxis und in die Darstellung der Praxis im Interview als doing couple, aber auch als doing gender, doing family, doing recognition oder doing inequality. Mit dem Blick auf Individuen in Paarbeziehungen mittels Paarinterviews können Macht- und Ungleichheitsverhältnisse im Paar sowie die Prozesshaftigkeit und Dynamik des Sozialen ausschnitthaft beobachtet werden. Paarinterviews werden in der nichtstandardisierten Sozialforschung zunehmend, jedoch weitaus seltener als Einzelinterviews verwendet. Bisher gibt es im deutschsprachigen Raum kaum systematische methodische und methodologische Überlegungen zum gemeinsamen Paarinterview. Basierend auf der Fassung von Paarbeziehungen als Realität sui generis und als eigenständigem Analysegegenstand zeigen wir - verortet im interpretativen Paradigma - Erkenntnisinteressen, Anwendungsbereiche und Stärken von Paarinterviews für die soziologische Paarforschung auf. Zudem präsentieren wir neben ausgewählten soziologischen Paarforschungen methodische Aspekte der Durchführung und Anwendung, method(olog)ische Grenzen von und offene method(olog)ische Fragen zum Paarinterview (nicht nur) in der soziologischen Paarforschung.
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Erhebungstechniken und Analysetechniken der Sozialwissenschaften, Familiensoziologie, Sexualsoziologie
Fathering and Gender: Transformation in Zimbabwean Transnational Families
Titelübersetzung:Vaterschaft und Gender: Transformation in transnationalen simbabwischen Familien
Autor/in:
Chereni, Admire
Quelle: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 16 (2015) 2, 21 S
Inhalt: Die südafrikanische Migrationsforschung hat der Beziehung von Migranten zu ihren Familien und insbesondere den emotionalen und kognitiven Aspekten dieser Beziehung im Lichte von Gender-Transformation bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Ausgehend von einer qualitativen Studie, an der sechs simbabwische Migranten, die in Johannesberg leben, und drei derer in Simbabwe verbliebenen Frauen teilnahmen, versuche ich zu zeigen, welche Potenziale und Hemmnisse aus transnationaler Migration für die Rekonstitution gender-normativer Beziehungen in solchen Familien erwachsen: Die Analyse der Interviews mit den Migranten und ihren Frauen verdeutlichte, dass Letztere -obwohl mütterliche und väterliche Rollenbilder im Zuge transnationaler Trennung immer verschwommen werden- angesichts erheblicher häuslicher Herausforderungen gender-normative Erwartungen an ihre abwesenden Männer richten. Auf diese Weise werden gender-normative Erziehungsstile in diesen transnational getrennten Familien intensiviert. (Autorenreferat)
Inhalt: Migration research in Southern Africa has paid little attention to migrant men's involvement in the family, including their emotional and cognitive work, as well as associated gender transformations. Based on a qualitative study of six Zimbabwean migrant fathers in Johannesburg and three non-migrant women in Zimbabwe, this article argues that transnational migration at once presents opportunities for and obstacles to the reconstitution of gender-normative forms of parental involvement in migrant families. The analysis of the narratives of migrant men and their spouses demonstrates that, although maternal and paternal roles may become considerably indistinct in the context of transnational separations, non-migrant women may emphasize gender-normative expectations in their negotiations with distant fathers when faced with huge responsibilities at home. Such negotiations tend to reinforce gender-normative parenting in transnational split families. (author's abstract)
Schlagwörter:Vaterschaft; fatherhood; Gender; gender; Familie; family; Migration; migration; Migrant; migrant; Erziehungsstil; parenting style; Transnationalität; transnationality; Geschlechtsrolle; gender role; Mutterschaft; motherhood; Republik Südafrika; Republic of South Africa; Simbabwe; Zimbabwe; südliches Afrika; Southern Africa; Afrika südlich der Sahara; Africa South of the Sahara; anglophones Afrika; English-speaking Africa; Entwicklungsland; developing country; Afrika; Africa; Interview; interview
Gender, reflexivity, and positionality in male research in one's own community with filipino seafarers' wives
Titelübersetzung:Gender, Reflexivität und Positionalität als Forscher in der eigenen Gemeinschaft mit Frauen philippinischer Seeleute
Autor/in:
Galam, Roderick G.
Quelle: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 16 (2015) 3, 26 S
Inhalt: In diesem Beitrag reflektiere ich epistemologische, methodologische und ethische Fragen, die aus einer Cross-Gender-Forschung (als Forscher mit weiblichen Studienteilnehmerinnen) in meinem eigenen Herkunftsland erwuchsen. Ich beschäftige mich auch mit Fragen der Analyse und Repräsentation, die mit der Gender-Perspektive in dieser Untersuchung zum Leben und zu den Alltagserfahrungen dieser zuhause gebliebenen Frauen philippinischer Seeleute einhergingen. Vier miteinander verbundene Ebenen der Reflexivität werden erörtert: theoretische Reflexivität, Gender und Beziehungen im Untersuchungsfeld, Positionalität und die Insider-/Outsider-Dynamik sowie Repräsentation. Am Ende reflektiere ich ethische Verpflichtungen, die mit Forschung in der eigenen Gemeinschaft verbunden sind und Konsequenzen hieraus auf Fragen der Repräsentation. (Autorenreferat)
Inhalt: This article reflects on the epistemological, methodological, and ethical issues related to undertaking a cross-gender research (male researcher with female participants) in one's own community. It also examines issues of analysis and representation germane to taking a gendered perspective in this study of the lives and experiences of left-behind women. The article frames the discussion of these issues within four interrelated sites or levels of reflexivity: theoretical reflexivity, gender and fieldwork relations, positionality and the insider/outsider dynamic, and representation. The conclusion reflects on the ethical obligation a researcher conducting a study in one's own community bears and the consequences of this ethical burden on representation. (author's abstract)
Quelle: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 15 (2014) 1, 49 S
Inhalt: "Die soziologische Forschung hat die Spielfilmanalyse als Erkenntnismittel zur Gesellschaftsanalyse bisher weitgehend vernachlässigt. Die vorliegende Analyse reiht sich in die aktuellen Bemühungen ein, eine visuelle Soziologie, einschließlich einer Filmsoziologie zu etablieren. Anhand der Ergebnisse eines Forschungsprojektes zur kulturellen Fundierung der Familien- und Geschlechterordnung wird diskutiert, welchen Beitrag Spielfilmanalysen für die soziologische Forschung leisten können. Dafür wird eine Analyse der Filme 'Das doppelte Lottchen' (1950, Regie: Josef v. Baky) und einer seiner Remakes 'Charlie und Louise. Das doppelte Lottchen' (1994, Regie: Joseph Vilsmaier) vorgestellt. Die Spielfilme werden als 'diskursive Ereignisse' in öffentlichen Diskursen verstanden. Die entwickelte Methode knüpft an die wissenssoziologische Diskursanalyse (WDA) an und erweitert sie um audiovisuelle Methoden, insbesondere dient die dokumentarische Videoanalyse als 'Werkzeugkasten'. Herausgearbeitet wird, welche diskursiven Deutungsangebote die Filme dem Publikum hinsichtlich der Lebensform anbieten: Trotz Pluralisierung der Lebensformen konstruieren beide Filme die vollständige Kernfamilie als Ideal und schreiben damit die kulturelle Leitidee einer vermeintlich universellen und vollständigen Eltern-Kind-Familie fort. Die Scheidung der Eltern wird im 1950er-Jahre-Film tabuisiert, im 1990er-Jahre-Film fungiert sie hingegen als Ausgangspunkt der filmischen Erzählung. In dieser Hinsicht lassen sich diskursive Verschiebungen hin zu einer Institutionalisierung und Normalisierung von Trennung und Scheidung aufzeigen, die kulturelle Leitidee der intakten und harmonischen Kernfamilie wird jedoch nicht hinterfragt, sondern im Diskurs aktualisiert." (Autorenreferat)
Inhalt: "Sociological research has so far largely underestimated the potential of film analysis as a means of analyzing societal change. The findings presented in this article are part of current efforts to establish a visual sociology, and specifically a sociology of film. Based on a research project on the cultural foundations of the family and gender order, the article is centered on the potential contribution of film analysis for sociological enquiry. For this purpose, it introduces research on the films Das doppelte Lottchen ('Two Times Lotte', 1950, director: Josef von Baky) and its remake Charlie und Louise. Das doppelte Lottchen (1994, director: Joseph Vilsmaier). Both movies are understood as 'discursive events' within broader public discourses. The author's methodology draws on a sociology of knowledge approach to discourse analysis and takes it further by applying audio-visual methods. Documentary video analysis serves as a particularly important toolkit. The article examines the interpretative options with respect to different ways of private life that these movies discursively offer. Both films deny the widely observed social developments towards a pluralization of ways of private life and support an ideal image of the nuclear family. In the 1950 film, the parents' divorce is considered unacceptable, whereas the 1994 remake takes the separation as the starting point of its narration. This discursive transformation can be interpreted as an institutionalization and normalization of separation and divorce. However, the general cultural principle of an intact and harmonious family is not challenged, but rather discursively updated, affirmed and reproduced." (author's abstract)
SSOAR Kategorie:Kultursoziologie, Kunstsoziologie, Literatursoziologie, andere Medien, Frauen- und Geschlechterforschung, Erhebungstechniken und Analysetechniken der Sozialwissenschaften, Familiensoziologie, Sexualsoziologie
Researching Reproduction: Reflections on Qualitative Methodology in a Transforming Society
Titelübersetzung:Reproduktionsforschung: Reflexionen zur Anwendung qualitativer Methodologien in einer Übergangsgesellschaft
Autor/in:
Naidoo, Kammila
Quelle: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 9 (2008) 1, 16 S
Inhalt: In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit dem Einsatz qualitativer Verfahren im Rahmen von Untersuchungen zu Reproduktions- und Sexualpraktiken. In der südafrikanischen demografischen Forschung kommen derzeit vor allem Survey-Verfahren zum Einsatz, die ihren Status als Quelle "reliabler" und "wissenschaftlicher" Daten etabliert haben. Der Drang in der Nach-Apartheid-Gesellschaft, möglichst viele verlässliche Daten für politische und Planungszwecke zu generieren, hat wenig Raum gelassen für die Diskussion "weicher", qualitativer Verfahren. Zwar spielen auch qualitative Verfahren im Forschungsalltag eine Rolle, aber nicht als Alternative zu den Groß-Erhebungen in der demografischen Forschung, die sich mit weiblicher Fertilität beschäftigt, sondern um die subjektive Bedeutung des Zusammenhangs zwischen AIDS und Fertilität nachzuvollziehen, weil Südafrika mit hohen Mortalitätsraten im Kontext AIDS zu kämpfen hat; es fehlen aber "echte" und exklusive qualitative Designs. In diesem Zusammenhang wird in dem vorliegenden Beitrag eine Langzeit-Feldstudie reflektiert und es werden alternative und "mixed method"-Ansätze diskutiert, die helfen können, die unterschiedlichen persönlichen, sozialen und kulturellen weiblichen Existenzweisen in der südafrikanischen Übergangsgesellschaft zu beleuchten.
Inhalt: In this article, the researcher considers ways in which qualitative methods could be used when engaging in research on reproductive and sexual practices. The primary method in South African demographic research is the sample survey, which has entrenched its status as a source of "reliable" and "scientific" data. The drive, in the post-apartheid context, for increasing quantities of credible data for policy and planning purposes has not created considerable space for discussion on the role of "softer" or qualitative approaches. Whilst qualitative studies do hold importance as ad hoc contributions, they are rarely considered by demographers studying women's fertility to be viable alternatives to large-scale survey research. As South Africa braces itself for higher levels of mortality due to AIDS-related deaths, qualitative methods are being utilised to build subjective understandings of the AIDS-fertility relationship but rarely in terms of exclusively qualitative research designs. The article reflects on longitudinal fieldwork and focuses on alternative and "mixed" approaches in which qualitative methods could be drawn upon to illuminate the various facets of women's personal, social and cultural existences.
Schlagwörter:research; quantitative Methode; AIDS; fertility; AIDS; quantitative method; Afrika südlich der Sahara; Sexualverhalten; sexuality; kulturelle Faktoren; Sexualität; Africa; sex behavior; reproduction; Reliabilität; soziale Faktoren; Southern Africa; Republik Südafrika; reliability; Afrika; Fruchtbarkeit; südliches Afrika; cultural factors; sexology; mortality; Sexualforschung; woman; research approach; Sterblichkeit; Forschungsansatz; Entwicklungsland; Republic of South Africa; Reproduktion; social factors; Africa South of the Sahara; developing country; fertility; qualitative methodology; mixed methods; Winterveld; South Africa; Fertilität; qualitative Methodologie; mixed methods
SSOAR Kategorie:Forschungsarten der Sozialforschung, Familiensoziologie, Sexualsoziologie
Narrative Acts: Telling Tales of Life and Love with the Wrong Gender
Titelübersetzung:Erzählhandlungen: Geschichten vom Leben und Lieben (in) der falschen Geschlechtsrolle
Autor/in:
Valentine, James
Quelle: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 9 (2008) 2, 34 S
Inhalt: Dieser Beitrag illustriert die Möglichkeiten performativer Sozialwissenschaft am Beispiel des weltweit ersten Projektes öffentlicher multimedialer Erzählungen einer nationalen LGBT-Community (LGBT = Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender). Zumeist werden Stimmen aus dieser Community nicht gehört, verborgen oder unterdrückt, Bilder und Darstellungen bleiben oft stereotyp und diskriminierend – eben Konstruktionen "von außen". Viele, die dieser Gemeinschaft zugehören, haben soziale Exklusion und Marginalisierung erfahren, ihre Geschichten wurden ignoriert oder verzerrt. Ihr Leben und ihr Lieben wurde vielfach als "falsch" charakterisiert, "falsch" in medizinischer und moralischer Hinsicht. OurStory Scotland wurde initiiert, um die Geschichte(n) und die Erfahrungen von Menschen aus der LGBT-Community in deren eigenen Worten und mit deren eigener Stimme zu erforschen, festzuhalten und zu präsentieren. Hierzu werden Action Research und performative Socialwissenschaft verbunden. Der Ansatz ist partizipativ und emanzipatorisch; er legt das Wissen einer Community frei und entwickelt es zugleich in unterschiedlichen Weisen erzählerischer Performances. Hierzu wurden (Erzähl-) Methoden inspiziert, die für Mitglieder marginalisierter Gruppen und für deren Coming-out bedeutsam sein könnten. Die Erzählhandlungen, die dann für die Präsentation der eigenen Stimme(n) hinzugezogen wurden, kommen aus unterschiedlichsten Traditionen und gehören verschiedenen Gattungen zu. Hierzu gehören beispielsweise Einzeiler ebenso wie Niederschriften längerer Episoden, Oral-History-Interviews, Gruppenerzählungen, Geschichten, die mit und durch Bilder erzählt werden, Formen visuell-textlichen Coming-outs, "Supporting Stars"-Modelle als Alternative zu konventionellen Familienstammbäumen, Dramatisierungen und Ceilidh Dancing. Die Geschichten, die so entstanden sind, wenden sich gegen fixierte und stereotype Identität(en) und enthüllen die Zentralität des Erzählens für das eigene Leben. Sie illustrieren zugleich die Nützlichkeit eines performative action social research sowohl für eine Gemeinschaft, die über sich selbst forscht als auch für die Präsentation und Verbreitung dieser Forschung und ihrer Ergebnisse.
Inhalt: This presentation provides an illustration of performative social science through the world's first project to focus on multi-media storytelling with a nationwide LGBT community for public representation and museum archiving. Where voices are unheard, hidden or suppressed, the images and representations of a community may be stereotyped and discriminatory, constructed about the community by those on the outside. LGBT (lesbian, gay, bisexual and transgender) people have experienced social exclusion and marginalisation, and their stories have been neglected or distorted. Their lives and loves have been characterised as wrong: mistaken in medical or moral terms. OurStory Scotland was established to research, record and celebrate the history and experiences of the LGBT community through their own words. Our approach combines action research and performative social science: it is participatory and emancipatory, developing the knowledge of a community through various modes of storytelling performance. This presentation reviews storytelling methods and themes, that have relevance for marginalised communities where disclosure may be problematic. The narrative acts that make up our stories range from one-liners, through written episodes, to oral history recordings, stories shared in group storytelling and narrative exchange, tales told with and through images, "text out" visual displays, "supporting stars" mapping support as an alternative to the conventional family tree, dramatisation and ceilidh performance. The stories challenge fixed and stereotyped identities, and reveal the centrality of storytelling to leading our lives. They also illustrate the rewards of performative action social research, both for a community researching itself and for dissemination more widely.
Titelübersetzung:Arbeit und Familie: eine Mixed-Methods-Anwendung
Autor/in:
Pacheco, Edith; Blanco, Mercedes
Quelle: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 9 (2008) 1, 9 S
Inhalt: Um die Bedeutsamkeit von Mixed-Methods-Ansätzen zu verdeutlichen, greifen wir auf eine eigene Untersuchung zurück, in die verschiedene Datenquellen eingegangen sind, die üblicherweise einem eher qualitativen und einem eher quantitativen Forschungsstil zugeordnet werden. Wir entschieden uns damit bewusst für eine andere Herangehensweise als die traditionell, zumindest in Mexiko, zur Untersuchung von Arbeit übliche: anstelle der Hauptbezugnahme auf statistische Daten analysierten wir zunächst qualitatives Datenmaterial zu einer Gruppe mexikanischer städtischer Mittelschichtfrauen. Zur Integration der unterschiedlichen Datenquellen konstruierten wir eine Typologie mittels quantitativer Daten, die zuvor in der qualitativen Studie erarbeitet worden war und die es erlaubte, Bezüge zwischen vier Verlaufskurven (Schule, Arbeit, Heirat, Kindererziehung) zu verdeutlichen.
Inhalt: In order to present an exercise showing the importance of mixed methodology, this paper offers an exploratory approach to the simultaneous use of data sources clearly identified with qualitative and quantitative research styles. In doing so we took as a starting point a different platform than the one traditionally used in the field of labor studies, at least in Mexico. Instead of having as a main frame of reference a statistical database, we first analyzed qualitative information on a group of Mexican urban, middle-class women. One of the means we have found of linking the two sources has been to construct a typology—with quantitative data and similar to one previously elaborated in a qualitative study—to describe the possible links between four life trajectories (school, work, marriage and child-bearing). Combining a quantitative analysis with the results of a previous qualitative study was precisely what made it possible to both enrich and reinforce the proposal of the existence of diversity within homogeneity.
Schlagwörter:urban population; quantitative Methode; Mexiko; Latin America; Mittelschicht; quantitative method; Ehefrau; Familie-Beruf; work-family balance; Mutter; Central America; berufstätige Frau; Mexico; empirische Sozialforschung; Stadtbevölkerung; middle class; life career; mother; qualitative method; working woman; empirical social research; Mittelamerika; typology; woman; research approach; Forschungsansatz; wife; qualitative Methode; Entwicklungsland; Typologie; Lebenslauf; developing country; Lateinamerika; mixed methodology; life trajectories; typology; middle-class women; Mixed Methods; Verlaufskurven; Mittelschichtfrauen
SSOAR Kategorie:Arbeitsmarktforschung, Erhebungstechniken und Analysetechniken der Sozialwissenschaften, Familiensoziologie, Sexualsoziologie
Das frühe homosexuelle Selbst zwischen Autobiografie und medizinischem Kommentar
Titelübersetzung:The Early Homosexual Self Between Autobiography and Medical Commentary
Autor/in:
Walter, Tilmann
Quelle: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 6 (2005) 1, 24 S
Inhalt: Die Geschichte des frühen homosexuellen Selbst lässt sich in drei Phasen unterteilen: eine Zeit "latenter" Selbstzeugnisse, die bis ca. 1865 andauerte, dann eine Phase der Aktivierung des "homosexuellen" Wissens durch medizinische Experten und eine seit ca. 1895 andauernde Phase der zunehmenden Entmündigung dieser Stimme im Expertendiskurs. Um 1900 war Homosexualität als Verhalten bereits auf das "Skript" "homosexuelles Selbst" festgelegt: In den Augen der meisten Experten handelte es sich dabei um eine behandlungsbedürftige Krankheit, in den Augen der betroffenen Personen meistens nicht. In historischen Darstellungen werden "die Homosexuellen" deshalb häufig als Opfer medizinischer Machtausübung dargestellt. Hier soll demgegenüber argumentiert werden, dass sich Subjekte im Rahmen einer "flexiblen Normalisierung" selbst gesellschaftlichen Normen unterworfen haben. Historische Dokumente werden von mir mit Hilfe eines Modells der Persönlichkeitsentwicklung in der therapeutischen Beziehung interpretiert. Inzwischen hat die Einheitsanthropologie, die die Scientia sexualis anfangs geprägt hat, stark an Bedeutung verloren: Geschlecht und Sexualität gelten weithin als "Verhandlungssache", die Lebensweisen "heterosexueller" und "homosexueller" Männer – und inzwischen auch vieler berufstätiger Frauen – unterscheiden sich immer weniger deutlich. Von entscheidendem Einfluss scheint dafür der Wandel von der Produktions- hin zur Konsumtionsgesellschaft gewesen zu sein: "Die Homosexuellen" um 1900 können als "Avantgarde" des konsumistischen Habitus interpretiert werden.
Inhalt: The history of the "early homosexual self" can be divided into three phases: the time of "latent" autobiographies (until ca 1865), then the time of the activation of "homosexual knowledge" by medical experts and (since ca 1895) the time of silencing homosexual voices within experts' discourse. Around 1900 homosexual behavior was already bound to the "script" of the "homosexual" self and considered thereby a "disease" by most experts, what was not often confirmed by the people concerned. Within historical publications the "homosexuals" therefore were often presented as "victims" of medical science. I argue that subjects submitted themselves to valid social norms by "flexible normalization." Pertinent historical sources are interpreted in the light of a model for a personal development within therapeutical relationships. In the meantime, the unified anthropology of scientia sexualis has significantly lost importance: sexuality and gender are now considered to be "negotiated," and the difference in the lives of "heterosexual" and "homosexual" men—and of many working women—has become negligible. One can interpret this as an outcome of the change from a producing society to consuming society during the time when (ca 1900) the "homosexual" male functioned as a social "avant-garde.
Schlagwörter:homosexuality; 19. Jahrhundert; personality development; soziale Norm; gender; social construction; therapy; Selbstbild; self-image; Medizin; Fremdbild; medicine; social norm; stereotype; Biographie; soziale Konstruktion; Persönlichkeitsentwicklung; biography; Therapie; Homosexualität; nineteenth century; Geschichte der Homosexualität; Geschichte der Psychotherapie; history of homosexuality; history of psychotherapy