Körper und Behinderung im Diskurs: empirisch fundierte Anmerkungen zu einem kulturwissenschaftlichen Verständnis der Disability Studies
Titelübersetzung:Bodies and handicap in discourse: empirically based comments on a cultural science comprehension of disability studies
Autor/in:
Bruner, Claudia Franziska
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 29 (2005) 1, S 33-53
Inhalt: Der Beitrag befasst sich mit sozialen und kulturellen Produktionsbedingungen, denen Körper unterliegen, mit Herstellungsprozessen des Körpers, in denen sich gesellschaftliche Macht- und Dominanzverhältnisse manifestieren. Empirische Basis der zugrunde liegenden Untersuchung sind narrativ-biografische Interviews mit Frauen, die als 'körperbehindert' gelten. Über die Erzählungen der Interviewten sollen Ambivalenzen in Identifikationsprozessen sichtbar werden und die Neu-Territorialisierungen und Verschiebungen der Schnittfelder von class, gender, race und body offen gelegt werden. In einer diskursanalytischen Interpretation ausgewählter narrativer Interviewpassagen werden Lesarten des Körpers sowie ein strategischer Einsatz des behinderten Körpers dargestellt, wobei sich die vorliegenden Interpretationen als unabgeschlossene Diskursbeiträge verstehen. Hintergrund dieser Überlegungen bildet eine kritische Betrachtung der Implikationen eines sozialen Modells von Behinderung, wie es sich im Diskurszusammenhang der Disability Studies teilweise wiederfindet.
Titelübersetzung:Women and other alienated persons
Autor/in:
Tißberger, Martina
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 25 (2001) 2, S 95-124
Inhalt: In psychoanalytischen Auseinandersetzungen mit dem 'Fremden' interessiert dieses in aller Regel in seiner Bedeutung, als auch in seinem Nutzen für das 'Eigene'. In seinem eigenen Recht wird dem, was das 'Fremde' genannt wird, meist keine Existenz gewährt. Solch eine Perspektive läuft Gefahr, das Machtverhältnis, welches dieser Situation zugrunde liegt, auszublenden und das 'Fremde' als gesetztes zu sehen anstatt nach der Geschichte der Bemächtigung zu fragen - danach, wie und wer jeweils zum Fremden, zum Anderen gemacht wird und warum. Abendländische Weiblichkeitskonstruktionen, in denen Frauen als das 'andere Geschlecht' zum Referenzpunkt des 'Eigenen' - dem männlichen Subjekt - gemacht werden, weisen seltsame Übereinstimmungen mit dem rassistisch konstruierten Fremden/Anderen als 'Außerhalb' der Grenzen des weißen, Eigenen auf. In einer Betrachtung der Schnittstelle von Rassismen und weißen Feminismen kann schließlich der Prozess der (Selbst)Ent-fremdung als auch der (Selbst)Entmächtigung verdeutlicht werden.
Totalitäre Konstrukte und unheilbare Pluralität: Entwicklungen feministischer Kritik
Titelübersetzung:Totalitarian constructs and incurable plurality: trends in feminist criticism
Autor/in:
Thürmer-Rohr, Christina
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 25 (2001) 4, S 11-33
Inhalt: Die Geschichte der feministischen Kritik lässt sich als eine Geschichte der Veränderung des Unrechtsbewusstseins beschreiben. Die Selbstkritik, die Auflösung von Konsensen, die vielen ungleichzeitigen Versuche des Umdeutens und Weiterdenkens verweisen auf einen Prozess, der sich von der anfänglichen Patriarchatskritik zur Infragestellung aller 'totalen' Kategorisierungen bewegt, damit auch der Kategorie Geschlecht. Entscheidend für diese Veränderungen waren multikulturelle Öffnungen, Einflüsse postmodernen Denkens und die erneute Konfrontation mit der Geschichte des Totalitarismus im 20. Jahrhundert. 'Die Frau' und 'das Weibliche' werden als totalitäre Reflexe einer totalitären Geschlechterpolitik erkennbar und Pluralität für das zur Einheit gezwungene Geschlecht 'Frau' eingefordert. Dabei taucht das Problem auf, dass eine Position sich um so durchsetzungsfähiger zeigt, je eindimensionaler sie ist. Die Entwicklung soll exemplarisch an feministischen Diskursen zur Gewalt nachgezeichnet werden.
"Umgekehrte Welt"? Macht, Sexualität und Geschlechterhierarchie im Fastnachtsspiel des späten Mittelalters
Titelübersetzung:"Opposite world"? Power, sexuality and gender hierarchhy in Shrovetide plays during the late Middle Ages
Autor/in:
Roth, Margit
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 21 (1997) 3/4, S 99-117
Inhalt: Die literarische Gattung "Fastnachtsspiel" war im Mittelalter eine beliebte Spielform, die in den Wochen vor Beginn der Fastenzeit insbesondere in Handwerker-Kreisen zur Aufführung kam. Inhaltlich setzt man sich im Fastnachtsspiel mit dem Herrscher-Bürger Verhältnis, der Kirche und der Sexualität auseinander. Während die gängigen Herrschaftsstrukturen im Fastnachtsspiel kritisiert und pervertiert wurden, wurde das Geschlechterverhältnis bestätigt. Anhand eines Vergleichs der Lebensrealität von Frauen im Mittelalter, ihrem sozialen und rechtlichen Status und der Darstellung der Frau im Fastnachtsspiel wird aufgezeigt, wie sich das bestehende Geschlechterverhältnis durch sexuelle Metaphern, durch Spott und Hohn fortschreibt. Eine "umgekehrte Welt", wie sie im Fastnachtsspiel entworfen werden soll, spart den Aspekt der Geschlechterhierarchie folglich aus.
Schlagwörter:Literatur; gender relations; gender; Macht; Hierarchie; middle ages; domination; power; playing; life situation; sexuality; sozialer Status; Sexualität; woman; Geschlechterverhältnis; Lebenssituation; hierarchy; literature; Herrschaft; Spiel; Mittelalter; social status
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Sozialgeschichte, historische Sozialforschung
Nicht die Mutter ist schuld, sondern "nur" ihr Geschlecht: Nancy Chodorows Analyse weiblichen Mutterns
Titelübersetzung:Not the mother is guilty, but "merely" her gender: Nancy Chodorow's analysis of female mothering
Autor/in:
Großmaß, Ruth
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 13 (1989) 1/2, S 51-82
Inhalt: In dem Beitrag werden kritische Überlegungen zu Chodorows Analyse weiblichen Mutterns zur Diskussion gestellt, die das methodologische Problem in den Mittelpunkt stellen, das sich ergibt, wenn Erklärungsansätze, die dem psychotherapeutischen Diskurs entstammen, in sozialwissenschaftliche Untersuchungen übernommen werden. Die drei Argumentationsschritte von Chodorow werden nachgezeichnet: (1) Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Mütterlichkeit und sozialer Organisation der Geschlechter; (2) Reinterpretation der Ergebnisse der Psychoanalyse zur Individualgenese in der Familie; (3) Integration der Erkenntnisse in ein soziologisch-psychologisches Konzept von Geschlechterpolarität und Familie. Diese Argumentation wird auf drei Ebenen der Kritik unterzogen: (1) Kurzschlüssigkeiten innerhalb der Argumentation Chodorows werden benannt. (2) Einige der von Chodorow ausgelassenen Aspekte kindlicher Sozialisation verändern das von ihr gezeichnete Bild. (3) Die Argumentation wird anhand der von ihr zu Beginn vorgenommenen methodischen Reduktion überprüft. Ausgehend von der Inhaltsanalyse werden abschließend die Möglichkeiten einer psychoanalytisch begründeten Subjekttheorie als wenig sinnvoll eingeschätzt. (KW)