"Trans-Begriffe", "Paradoxie" und "Intersektionalität" : Notizen zu Veränderungen im Vokabular der Gesellschaftsanalyse
Titelübersetzung:"Trans-concepts", "paradox" and "intersectionality" : comments on changes in the vocabulary of social analysis
Autor/in:
Knapp, Gudrun-Axeli
Quelle: Erkenntnis und Methode: Geschlechterforschung in Zeiten des Umbruchs. Brigitte Aulenbacher (Hrsg.), Birgit Riegraf (Hrsg.). Wiesbaden: Springer VS (Geschlecht und Gesellschaft), 2012, S. 309-323
Inhalt: Gesellschaftstheoretische und zeitdiagnostische Ansätze und Arbeiten der Frauen- und Geschlechterforschung sehen sich seit einiger Zeit zu neuen Begriffswahlen veranlasst. Die Verfasserin zeigt, in welcher Weise sich hier die gesellschaftlich komplexer gewordenen Formen von Herrschaft, Ungleichheit und Differenz niederschlagen beziehungsweise die kategoriale Neuorientierung darüber hinausweist. Sie geht aus von dem Phänomen einer Zunahme von "Trans"-Begriffen und einer zunehmenden Öffnung gegenüber Fragen komplexer und vermittelter Formen von Herrschaft, Ungleichheit und Differenz. Der Vorschlag, den strukturtheoretisch ausgerichteten Begriff des Widerspruchs durch den der Paradoxie zu ersetzen, wird zurückgewiesen. Bezogen auf das Geschlechterverhältnis haben wir es nach wie vor sowohl mit spezifischen Widerspruchskonstellationen zu tun als auch mit Paradoxien, die sich vor allem als gegenläufige Folgen gesellschaftsverändernder Handlungsabsichten manifestiert. Abschließend wird die grundlagenkritische Frage nach den räumlichen Implikationen von Gesellschaftstheorie auf die Diskussion um intersektionelle Formen von Herrschaft, Ungleichheit und Differenz bezogen, um die Herausforderung, vor der feministische Theorie steht, zu konturieren. (ICE2)
Riskante Leben? : Geschlechterordnungen in der Reflexiven Moderne
Titelübersetzung:Risky life? : gender systems in the reflexive modern age
Herausgeber/in:
Moser, Vera; Rendtorff, Barbara
Quelle: Opladen: B. Budrich (Jahrbuch der Frauen- und Geschlechterforschung in der Erziehungswissenschaft), 2012. 202 S.
Inhalt: "Individualisierungsprozesse und die Umverteilung sozialer Risiken lassen auch die tradierten Geschlechterverhältnisse nicht unberührt. Welche Veränderungen sich für Geschlechtsidentitäten, Geschlechterbeziehungen und geschlechtstypische Positionierungen in der Gesellschaft ergeben (können), untersuchen die Beiträge im vorliegenden Band. Nach dem von Ulrich Beck geprägten Schlagwort von der 'Risikogesellschaft' wirken die von modernen westlichen Gesellschaften produzierten Risiken individualisierend und führen typischerweise dazu, dass die entstehenden Gefährdungslagen von den einzelnen Individuen selbst getragen und bewältigt werden müssen. Das wachsende Gefühl, dass die Ungleichheit erzeugenden Umstände zwar in die eigene Verantwortung fallen, sich aber dem individuellen Zugriff entziehen und von der einzelnen Person nicht mehr beeinflussbar sind, nivelliert jedoch tendenziell sowohl das Bewusstsein möglicher Ungerechtigkeit gesellschaftlicher Umstände wie auch von individuellen und gesellschaftlichen Verantwortlichkeiten. Spezifisch für die Reflexive Moderne ist gerade, dass 'Verursacher' ungünstiger Lebensumstände nicht mehr erkennbar sind, die Strukturen der Verteilung dieser ungünstigen Umstände auf die Individuen verdeckt und tendenziell undurchschaubar werden. Damit wird auch die Geschlechterordnung, der 'Geschlechtervertrag', schwerer durchschaubar. Eine geschlechterbezogene Betrachtung muss deshalb danach fragen, welche Wirkungen diese Prozesse auf die Ausgestaltung der Geschlechterbeziehungen haben, nach den je unterschiedlichen Wirkungen auf die Lebensumstände von Frauen und Männern und danach, wer was erhält und nicht erhält, wer welche Rechte und Verpflichtungen übertragen bekommt, wer woran gemessen, wem was abverlangt, wer woran gehindert wird und welche Konsequenzen das hat - für die Einzelnen, ihre jeweilige geschlechtstypische Positionierung, für die Positionierung von Geschlechtergruppen und für die Gesellschaft insgesamt." (Autorenreferat). Inhaltsverzeichnis: Einleitung: Vera Moser, Barbara Rendtorff: Riskante Leben? Geschlechterordnungen in der Reflexiven Moderne (9-12); Einführender Essay: Hildegard Maria Nickel: Individualisierung und Subjektivierung aus der Geschlechterperspektive: Riskante Chancen (15-24); Hauptbeiträge: Christine Thon: Individualisierte Geschlechterordnungen? Feministische und hegemonieanalytische Kritik eines modernisierungstheoretischen Konzepts (27-43); Barbara Pichler: Die flexible Frau und der gebrochene Mann. Geschlechterformationen im sozialpädagogischen Alter(n)sdiskurs (45-63); Michèle Amacker: "Und seit dann bin ich einfach daheim, Modell Hausmann." Prekäre Konstellationen: Lebensführung von Haushalten in prekären Lebenslagen zwischen Erwerbs- und Care-Arbeit (65-80); Aus der Forschung: Carola Iller, Jana Wienberg: Altern und Geschlecht - Gesundheit und Wohlbefinden im Alter in einer geschlechterdifferenziellen Perspektive (83-92); Regina Heimann: Bildungsentscheidungen zwischen milieubedingtem Aufstiegswunsch und geschlechtsbezogener Traditionalisierung (93-105); Sandra Glammeier: "Sonst eine ganz toughe Frau". Erwartete und verhinderte Selbstbestimmung von Frauen - Paradoxien im Kontext von Geschlechterkonstruktionen im Modernisierungsprozess (107-116); Michael Ley: Geschlechterordnung als institutionelle Abwehr. Untersuchungen zur Einführung der Koedukation an einer katholischen Mädchenschule (117-130); Marion Ott, Rhea Seehaus: "Es ist halt durchs Stillen, dadurch ergibt es sich einfach." Familiale Arbeitsteilungsmuster und Naturalisierungseffekte von Stilldiskursen (131-140); John Litau, Barbara Stauber: Riskante Identitätsarbeit? Zur Herstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit in jugendkulturellem Rauschtrinken (141-153); Tagungsberichte: Anna Eggers: Bericht zur ersten Jahrestagung der Fachgesellschaft Geschlechterstudien/Gender Studies Association "Verletzbarkeiten. Geschlechterwissenschaftliche Perspektiven" (157-160); Selma Haupt: Bericht zur Jahrestagung der Sektion Frauen- und Geschlechterforschung in der DGfE an der Universität Paderborn 2011 (161-167); Rezensionen: Selma Haupt: Rezension zu: Power: Die eindimensionale Frau (171-174); Vera Moser: Rezension zu: Haker: Hauptsache gesund? Ethische Fragen der Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik (174-177); Edith Glaser: Rezension zu: Hoffmann: Weibliche Arbeitswelten in der Wissenschaft. Frauen an der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1890-1945 (177-180); Claudia Nikodem: Rezension zu: Rendtorff: Bildung der Geschlechter (181-183); Sigrid Schmitz: Rezension zu: Fine: Delusions of Gender. The Real Science Behind Sex Differences (184-187); Markus Gippert: Rezension zu: Mergl: Der Terror der Selbstverständlichkeit. Widerstand und Utopien im Neo-Individualliberalismus (188-189); Sabine Toppe: Rezension zu: Dackweiler/Schäfer (Hrsg.): Wohlfahrtstaatlichkeit und Geschlechterverhältnisse aus feministischer Perspektive (190-195).
Inhalt: Die Autorin beschäftigt sich mit der Frage, was aus den auf der Ebene der Strukturierung von Identität gefundenen Zusammenhängen über die symbolische, und somit gesellschaftliche Ordnung und ihre Wirkung auf die Geschlechterverhältnisse gelernt werden kann. Sie bezieht sich insbesondere auf die psychoanalytischen Arbeiten von Jacques Lacan, um die besondere Bedeutung von Geschlechtszugehörigkeit und Geschlechtlichkeit für die Konstitution des Subjekts zu untersuchen. Vor diesem theoretischen Hintergrund erscheint eine Parallelisierung von Kategorien wie Rasse, Ethnizität, Klasse und Geschlecht, wie sie in der Intersektionalitätsdiskussion vorgenommen wird, nach Meinung der Autorin nicht nur unplausibel, sondern sie kann auch als Element einer Beschwichtigungs- und Verdrängungsstrategie verstanden und kritisiert werden. Gestützt auf Überlegungen aus der französischen Philosophie der Differenz und deren radikalem Verständnis von Alterität, erörtert sie die spezifische Bedeutung und subjektstrukturierende Funktion der Geschlechterordnung und lotet Ähnlichkeiten, aber auch grundsätzliche Unterschiede in der Bedeutung von Fremdheit und Geschlecht als Repräsentanten von "Differenz" aus. (ICI2)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Geschlechterverhältnisse und -beziehungen
Titelübersetzung:Gender relations and relationships
Autor/in:
Breckner, Roswitha
Quelle: Forschungs- und Anwendungsbereiche der Soziologie. Rudolf Forster (Hrsg.). Wien: WUV Facultas, 2008, S. 56-71
Inhalt: Feministische Theoriebildung sowie die soziologische Frauen- und Geschlechterforschung sind mit den politischen Frauenbewegungen seit dem 18. und 19. Jahrhundert eng verbunden. Gemeinsam war allen Frauenbewegungen, Erklärungen für die Verfasstheit der Geschlechterbeziehungen und -verhältnisse in der jeweiligen Gesellschaft zu finden sowie Kritik an Macht- und Herrschaftsverhältnissen als Basis und Ausgangspunkt zur Veränderung gesellschaftlicher Ungleichheitsverhältnisse zu entwickeln. Der Beitrag zeigt durch einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Frauen- und Geschlechterforschung sowie der Feministischen Theorie deren gemeinsame Wurzeln auf. Darüber hinaus werden zentrale Fragestellungen der Feministischen Theorie und der Frauen- und Geschlechterforschung erörtert und gezeigt, welche Forschungsfelder daraus entstanden sind. Abschließend werden universitäre wie außeruniversitäre Forschungsfelder sowie soziale, politische und administrative Handlungsfelder, in denen feministische Theorien und empirische Wissensbestände zur Anwendung kommen, mit einem Fokus auf Wien skizziert. (ICB2)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Geschlecht und Sozialisation : eine Problemskizze
Titelübersetzung:Gender and socialization : an outline of the problems
Autor/in:
Maihofer, Andrea
Quelle: Erwägen Wissen Ethik : Forum für Erwägungskultur, Jg. 13 (2002) H. 1, S. 13-26
Inhalt: "In diesem Artikel wird zunächst der Frage nachgegangen, weshalb inzwischen in der Frauenforschung in der Bundesrepublik nur noch vereinzelt Arbeiten zur geschlechtsspezifischen Sozialisation zu finden sind. Es zeigt sich, daß insbesondere im Rahmen (de)konstruktivistischer Geschlechtertheorien eine breite Tabuisierung sozialisationstheoretischer Fragestellungen stattgefunden hat. Zweifellos war die Kritik an herkömmlichen Sozialisationstheorien in vielen Punkten berechtigt. Andererseits hat diese Tabuisierung, wie ich zeigen werde, aber auch zu einer Reihe problematischer Forschungssperren geführt, die sich gerade für die Analyse des aktuellen gesellschaftlichen Wandels für die Frauen- und Geschlechterforschung zunehmend als unproduktiv erweisen. Abschließend werde ich einige zentrale Punkte angeben, in welche Richtung eine 'Reformulierung geschlechtsspezifischer Sozialisationstheorien' gehen müßte." (Autorenreferat)
Inhalt: "The article addresses the question, why within women's studies in Germany lately can one only find scattered studies devoted to gender specific socialization? It shows that, within the framework of (de-)constructionist gender theory, there is a wide spread taboo an discussion of issues related to socialization theory. While many criticisms of socialization theory are no doubt justified, the taboo an the latter has led, I will show, to a series of problematical restrictions an research. These have proven to be increasingly unproductive, particularly with respect to the analysis of current social changes affecting women and gender research. Finally, I will provide a few points indicating the direction in which a reformulated gender specific socialization theory must move." (author's abstract)
CEWS Kategorie:Bildung und Erziehung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Zeitschriftenaufsatz
Medienwissenschaft
Titelübersetzung:Media science
Autor/in:
Braun, Christina von
Quelle: Gender-Studien: eine Einführung. Christina von Braun (Hrsg.), Inge Stephan (Hrsg.). Stuttgart: Metzler, 2000, S. 300-312
Inhalt: Der Beitrag untersucht den Zusammenhang zwischen Medien und Gender, wobei der Begriff Medium im weitesten Sinne benutzt wird. Er bezieht sich auf die Schrift und den Buchdruck ebenso wie auf Bild- und Tonträger, Zahlen- und Notationssysteme und digitale Techniken. Einen besonderen Schwerpunkt der Betrachtung bildet die Filmtheorie, die den feministischen Medientheorien die wichtigsten Anstöße gab. Am Beispiel der empirisch orientierten Medienforschung und der materialistisch orientierten Medientheorie wird untersucht, wie die Analysekategorie Gender in die bisherige Medienwissenschaft eingegangen ist, bis hin zur Entwicklung einer feministischen Filmtheorie, die untersucht, wie Medien ihrerseits Geschlechterbilder produzieren. Den Abschluß bilden Gedanken zum weiblichen Körper als Medium und zu Körper und Geschlecht im Zusammenhang mit den elektronischen Medien. (ICH)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Sexualwissenschaft
Titelübersetzung:Sexology
Autor/in:
Schmidt, Gunter
Quelle: Gender-Studien: eine Einführung. Christina von Braun (Hrsg.), Inge Stephan (Hrsg.). Stuttgart: Metzler, 2000, S. 180-192
Inhalt: Der Beitrag zeigt an vier prominenten Themen der Sexualwissenschaft - Homosexualität, Intersexualität, Transsexualität und Heterosexualität - auf, dass Sexualwissenschaft immer auch Geschlechterforschung gewesen ist. Dies wird ganz offensichtlich dort, wo in der Sexualität nur ein Geschlecht vorkommt, in der Homosexualität. Eine historische Betrachtung von Schriften zur männlichen Homosexualität verdeutlicht, wie sehr Theorien über Homosexualität in eine allgemeine Geschlechtertheorie über Männlichkeit und Weiblichkeit eingebettet waren. Die Verschränkung von Sexual- und Geschlechterforschung lässt sich auch anhand der Themen Intersexualität und Transsexualität demonstrieren, denn Sexualforscher schufen lange vor den Sozialwissenschaftlern konstruktivistische Theorien des Geschlechts. Anders als bei diesen Sexual- und Geschlechterformen führt das Thema Heterosexualität unausweichlich zu der Frage des gesellschaftlichen Status der Geschlechter und zur Auswirkung dieses Status auf die Sexualität von und zwischen Mann und Frau. Im Gegensatz zu kulturwissenschaftlichen und soziologischen Ansätzen hat sich die Sexualwissenschaft dem Thema eher konkret-empirisch und theoretisch eher robust zugewandt. Sie kann daher als ältester Zweig der modernen Geschlechterforschung angesehen werden. (ICH)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Geschichtswissenschaft
Titelübersetzung:Science of history
Autor/in:
Kessel, Martina; Signori, Gabriela
Quelle: Gender-Studien: eine Einführung. Christina von Braun (Hrsg.), Inge Stephan (Hrsg.). Stuttgart: Metzler, 2000, S. 119-129
Inhalt: In einem Versuch, eine Einführung in die Vielzahl unterschiedlicher Methoden, Forschungstraditionen und Forschungsgegenstände der Geschlechtergeschichte bzw. Frauengeschichte zu geben, konzentriert sich der Beitrag auf die zwei bis heute vorherrschenden Grundmodelle der Vormoderne, die sich unter dem Oberbegriff heroische und tragische Geschichtsschreibung zusammenfassen lassen. Auf der einen Seite steht das ungebrochene Interesse für die Geschichte starker Frauen, auf der anderen das an der Geschichte ihrer Unterdrückung. Thematisiert werden außerdem die Ambivalenzen und Widersprüche, in welche eine Geschlechtergeschichte gerät, die Männer und Frauen räumlich getrennt voneinander betrachtet. So kann Geschlechtergeschichte sich in der gegenwärtigen Methodenpluralität nur behaupten, wenn sie sich von den starren, sozialgeschichtlichen Geschlechterdichotomien und -determinismen loslöst und den Widersprüchen, dem cross gendering mehr Rechnung trägt. Abschließend diskutiert der Beitrag besonders unter dem Gesichtspunkt der Pluralisierung die Entwicklung und Forschungsfelder der Geschlechtergeschichte in der Moderne. (ICH)