Geschlechterunterschiede in islamischer Religiosität und Geschlechterrollenwerten: ein Vergleich der Zusammenhänge am Beispiel der türkischen und marokkanischen zweiten Generation in Belgien
Autor/in:
Scheible, Jana Anne; Fleischmann, Fenella
Quelle: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH; Berlin (Discussion Papers / Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Forschungsschwerpunkt Zivilgesellschaft, Konflikte und Demokratie, Abteilung Migration, Integration, Transnationalisierung, SP IV 2011-702), 2011.
Inhalt: In Anlehnung an die Debatte über den Einfluss von (islamischer) Religiosität auf Geschlechterrollenwerte, untersucht dieser Beitrag den Zusammenhang zwischen Religiosität und Geschlechterrollenwerten bei Männern und Frauen der türkischen und marokkanischen zweiten Generation in Belgien. Dazu wurde zunächst ein theoretisches Modell islamischer Religiosität entwickelt, welches aus den Elementen religiöse Identifikation, (teilweise geschlechtsspezifische) religiöse Praktiken und orthodoxer Glaube besteht. Anhand von Umfragedaten des belgischen TIES-Projekts (The Integration of the European Second generation) wurde dieses theoretische Modell auf die äquivalente Gültigkeit für Männer und Frauen sowie für zwei ethnische Gruppen, Belgier türkischer und marokkanischer Herkunft, getestet. Im nächsten Schritt wurde der Zusammenhang zwischen islamischer Religiosität und Geschlechterrollenwerten untersucht und im Hinblick auf Geschlechterunterschiede analysiert. Unter Berücksichtigung einer Anzahl von Kontrollvariablen (Alter, Bildung, Erwerbstätigkeit, Partnerschaft und religiöse Erziehung) ergaben die Analysen keine nennenswerten ethnischen Unterschiede. Interessanter jedoch, zeigte sich nur ein schwacher negativer Zusammenhang zwischen islamischer Religiosität und egalitären Geschlechterrollenwerten; dieser Zusammenhang war für Männer etwas stärker als für Frauen. Die Befunde widersprechen somit der These, dass stärker ausgeprägte islamische Religiosität unweigerlich mit traditionelleren und weniger egalitären Geschlechterrollenwerten einhergeht. Ebenso belegen die Ergebnisse, dass es für die Analyse islamischer Religiosität wichtig ist, Geschlechterunterschiede innerhalb muslimischer Minderheiten in Europa zu berücksichtigen.
Inhalt: Departing from the debate about the influence of religiosity in general, and Islamic religiosity in particular, on gender role values, this contribution examines the association between religiosity and gender role values among men and women of the Turkish and Moroccan second generation in Belgium. Firstly, a theoretical model of Islamic religiosity was derived, consisting of religious identification, (partly gender specific) religious practices and orthodox beliefs. Subsequently, equivalence of this theoretical model across genders and across two ethnic groups was tested drawing on survey data from the Belgian TIES-project (The Integration of the European Second generation). In a second step, the association between Islamic religiosity and gender role values was analysed and again it was examined whether there are gender and ethnic differences in this association. Taking a host of control variables into account (age, education, employment status, marital status and religious socialisation), the analysis revealed no significant ethnic differences. More importantly, only weak negative correlations between Islamic religiosity and more egalitarian gender values were found; moreover, this association was somewhat stronger for men than for women. These results contradict the hypothesis that higher levels of Islamic religiosity necessarily go together with more traditional and less egalitarian gender role values. Further, they highlight the importance of taking gender differences into account when analysing religiosity among Muslim minorities in Europe.
Schlagwörter:gender; Religion; religion; Islam; Islam; Geschlechtsrolle; gender role; gender-specific factors; Religiosität; religiousness; Marokkaner; Moroccan; Türke; Turk; zweite Generation; second generation; Migrationshintergrund; migration background; soziale Integration; social integration; Belgien; Belgium
SSOAR Kategorie:Religionssoziologie, Frauen- und Geschlechterforschung
Der vielstimmige Islam in Europa: muslimische Beiträge zu Integrationsdebatten
Titelübersetzung:Many-voiced Islam in Europe: Muslim contributions towards integration debates
Autor/in:
Riedel, Sabine
Quelle: Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit; Berlin (SWP-Studie, S 17), 2010. 44 S
Inhalt: 'Im aktuellen Diskurs um den Islam in Europa wird häufig übersehen, mit welcher Vielstimmigkeit sich die Muslime zu Integrationsfragen zu Wort melden. Sie agieren in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten und bieten ihren Glaubensangehörigen verschiedene Interpretationen ihrer religiösen Quellen an. Gerade diese Meinungsvielfalt enthält Integrationspotentiale und Ansatzpunkte zur Kooperation, auch bei kontroversen Themen wie dem Tragen von Kopftuch und Schleier. Zwar bezeichnen einige muslimische Dachverbände und ihre konservativen Imame diese Kleiderordnung als religiöse Pflicht. Dagegen stehen jedoch Stimmen anderer muslimischer Theologen oder Glaubensrichtungen wie die der Aleviten, die Frauen keine Bekleidungsvorschriften machen und das Neutralitätsgebot öffentlicher Einrichtungen akzeptieren. Beim Bau neuer Moscheen und islamischer Zentren erweist sich der Einfluss ausländischer Geldgeber als Ursache verschiedener Probleme. Es mangelt nicht nur an Transparenz, sondern auch an integrationspolitischen Zielen. Bei einigen Großprojekten stehen Geschäftszentren mit Banken, Reisebüros und Hotelbetrieben im Vordergrund, während Gebetsstätten eher ein zusätzliches Angebot darstellen. Die Selbstverwaltung der Muslime in Europa müsste vor fremder Einflussnahme besser geschützt werden. Hierzu gehört sowohl eine unabhängige Finanzierung ihrer Vereine als auch eine kritische Prüfung ihres Status als Religionsgemeinschaften. Zudem sollten mehr Bürger muslimischer Identität in den politischen Parteien mitwirken können. Hierbei haben Länder wie Großbritannien, Frankreich und Bulgarien wichtige Erfahrungen gesammelt.' (Autorenreferat)
Schlagwörter:integration concept; Europe; integration; religiöse Faktoren; Religionszugehörigkeit; Islam; integration strategy; religious affiliation; Integrationskonzept; Europa; Islam; Integrationsstrategie; religious factors; Religion; religion; religious community; Religionsgemeinschaft; Integration
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 2 (2010) 1, S 47-64
Inhalt: "Der Beitrag identifiziert verschiedene Diskurse innerhalb des islamischen Feminismus. Es wird gefragt, ob islamischer Feminismus dazu beiträgt, Frauenrechte zu stärken, und inwieweit er Frauen einen Zugang zur öffentlichen Sphäre und Autonomie in der privaten Sphäre ermöglicht. Es wird gezeigt, dass der islamische Feminismus einen positiven Einfluss auf die Förderung von Frauenrechten hat, und zwar nicht nur innerhalb islamischer Diskurse, sondern auch in nationalen und internationalen Institutionen. Dennoch trägt der islamisch-feministische Diskurs auch eine mögliche Gefahr für den Status von Frauen in muslimischen Gesellschaften in sich, da religiös motivierte Argumente gegen die UN-Konvention für Frauenrechte vorgebracht werden, sobald diese zum islamischen Recht der Scharia im Widerspruch steht." (Autorenreferat)
Inhalt: "This article identifies different discourses within Islamic Feminism. The question is whether it contributes to the improvement of women's rights, and in how far it enables women to attain access to public space and autonomy in the private sphere. It will be argued that Islamic Feminism has a positive influence on the promotion of women's rights, not only within Islamic discourses and movements, but also in national and international institutions. However, the Islamic-feminist discourse also carries a potential danger for the status of women in Muslim societies, since religious arguments are being directed against the UN Convention for Women's Rights insofar as it contradicts the Islamic Sharia." (author's abstract)
Quelle: Ethnic and Racial Studies, 32 (2009) 2, S 278-301
Inhalt: In European public debates, Islam is often described as an impediment to gender equality. By using data from surveys conducted in Germany, we analyze the role of high levels of individual religiosity in explaining Turks' and Germans' approval of gender equality and the way Turkish and German couples share household tasks. Results suggest that for both groups, individuals with strong religious commitments are less likely than secular ones to hold egalitarian gender role attitudes. At the behavioral level, this correlation between religiosity and gender egalitarianism only holds true for Turkish respondents. Furthermore, strong religious commitments contribute to generational stability in attitudinal and behavioral gender-traditionalism among Turks. However, when explaining Germans' more egalitarian gender-related attitudes and behaviors, religiosity turns out to be just one factor among others – and not a particularly important one. Further research is needed to disentangle the different cultural and religious aspects of Muslim migrants’ attitudes and behaviors.
Feminismen in der postkolonialen Republik: Debatten um das Kopftuchverbot in Frankreich
Titelübersetzung:Feminisms in the postcolonial republic: debates on the law banning the veil in France
Autor/in:
Bauhardt, Christine
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 1 (2009) 2, S 9-27
Inhalt: "Die französische Debatte um das Kopftuchverbot im öffentlichen Raum verweist auf den Bezug feministischer Aktivistinnen auf die Prinzipien des republikanischen Universalismus trotz ihrer konträren politischen Positionen. Dieser Bezug wird von postkolonialen Kritikerinnen radikal in Frage gestellt, die das gesetzliche Kopftuchverbot in der Tradition kolonialer Herrschaftsmuster sehen. Überlegenswert erscheint die Anregung, den republikanischen Laizismus als tatsächlich neutralen Raum zu verstehen, in dem Religionen als Stimmen der Zivilgesellschaft zum Ausdruck kommen, aber auch das Recht auf Nicht-Religiosität anerkannt wird." (Autorenreferat)
Inhalt: "The French debate on the law banning the Muslim veil in public space shows that, feminist activists refer to the principles of republican universalism despite their controversial political attitudes. Republician laicism offers the challenge of being understood as a really neutral space, where religions can express themselves as voices of civil society, and where nonetheless the right to not be religious is also recognized." (author's abstract)
Titelübersetzung:Öffentliche Bereiche, öffentlicher Islam und Modernitäten
Autor/in:
Spiegel, Anna
Quelle: Universität Bielefeld, Fak. für Soziologie, Forschungsschwerpunkt Entwicklungssoziologie; Bielefeld (Working Paper / Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie, Forschungsschwerpunkt Entwicklungssoziologie, 347), 2005. 31 S
Inhalt: Der Bericht beinhaltet die Diskussionen und Ergebnisse des Workshops 'Öffentliche Bereiche, öffentlicher Islam und Modernitäten', der im Oktober 2002 an der Universität Bielefeld stattfindet. Das Ziel des Austausches ist die Auflösung der klassischen Dichotomie von Tradition und Modernität im Kontext der Religion und hier insbesondere des Islams, der regelmäßig mit Tradition und prä-modernem Leben in Verbindung gebracht wird. Statt dessen gilt es, die wachsende Bedeutung religiöser Organisationen als Akteure im öffentlichen Bereich in Bezug zu den inneren Dynamiken der Globalisierung und somit der Modernität anzusehen. Die Präsentationen der Teilnehmer basieren auf empirischen Feldforschungen in muslimischen Gesellschaften und werfen Fragen über die spezifische Konstitution des öffentlichen Bereiches im Rahmen der Bedeutung politischer Religion in einer globalisierten Welt auf. Methodologische Aspekte wie die vergleichende Soziologie und theoretische Fragen nach den klassischen Konzepten des öffentlichen Bereichs bzw. des sozialen Raums werden hierbei aus einem kritischen post-kolonialen Blickwinkel diskutiert. Auf diese Weise finden auch die historischen Bedingungen des Prozesses der Wissensproduktion, die diesen Konzepten zugrunde liegen, Berücksichtigung. Dem gemäß gliedern sich die Ausführungen in die folgenden Themen: (1) die gegenwärtigen Debatten in der Entwicklungssoziologie zu den Untersuchungsgegenständen öffentlicher Bereich, Zivilgesellschaft und Gender, (2) die Konstruktion des sozialen Raumes seitens der Frauen im Sudan, (3) öffentliche Bereiche in muslimischen Gesellschaften, (4) der Islam und transnationale Migration sowie (5) die islamische Translokalität in Eurasien. (ICG2)
Schlagwörter:Islam; Islam; islamische Gesellschaft; Islamic society; Öffentlichkeit; the public; Modernisierung; modernization; Sudan; Sudan; Religion; religion; Tradition; tradition; sozialer Raum; social space; Globalisierung; globalization; sozialer Wandel; social change; Wissen; knowledge; Wissenstransfer; knowledge transfer; Zivilgesellschaft; civil society; Entwicklungssoziologie; developmental sociology; Forschungsstand; research status; Geschlechterforschung; gender studies; woman; Migration; migration; Europa; Europe; Asien; Asia; Ostafrika; East Africa; arabische Länder; Arab countries; Entwicklungsland; developing country; Afrika südlich der Sahara; Africa South of the Sahara; Afrika; Africa
SSOAR Kategorie:Ethnologie, Kulturanthropologie, Ethnosoziologie, Religionssoziologie, Entwicklungsländersoziologie, Entwicklungssoziologie, Frauen- und Geschlechterforschung