Altersdiskriminierung in der Pandemie ist nicht die Regel: jede zwanzigste Person in der zweiten Lebenshälfte berichtet erfahrene Benachteiligung wegen ihres Alters
Autor/in:
Wettstein, Markus; Nowossadeck, Sonja
Quelle: Deutsches Zentrum für Altersfragen; Berlin (dza-aktuell: Deutscher Alterssurvey, 06/2021), 2021. 24 S
Inhalt: Ältere Menschen wurden im Zuge der Pandemie teilweise sehr pauschal und einseitig als hochverletzliche "Risikogruppe" dargestellt. Sie könnten aufgrund ihrer Gefährdung bevormundet worden sein und für einige gar als die Schuldigen für Schutzmaßnahmen wie den Lockdown und Kontaktbeschränkungen gelten. Haben viele Ältere in der Pandemie Altersdiskriminierung erfahren? Die Ergebnisse einer im Sommer 2020 durchgeführten Befragung des Deutschen Alterssurveys zeigen, dass erlebte Altersdiskriminierung keineswegs die Regel ist. Die deutliche Mehrheit (94,6 Prozent) der Menschen zwischen 50 und 90 Jahren gibt im Sommer 2020 an, seit Mitte März nicht aufgrund ihres Alters benachteiligt worden zu sein. Nur 5,4 Prozent berichten über erfahrene Altersdiskriminierung. Zudem zeigen sich keine deutlichen Unterschiede nach Alter oder Geschlecht in erfahrener Altersdiskriminierung: In allen Altersgruppen innerhalb der zweiten Lebenshälfte sowie bei Frauen und Männern geben jeweils um die 5 Prozent an, Altersdiskriminierung erfahren zu haben. Allerdings gibt es einen deutlichen Unterschied, wenn man den Gesundheitszustand betrachtet: Von denjenigen, die ihre Gesundheit als gut einschätzen, geben nur 3,9 Prozent erfahrene Altersdiskriminierung an - bei denen, die ihre Gesundheit als beeinträchtigt einstufen, ist der Anteil dagegen mit 7,3 Prozent fast doppelt so hoch. Um Menschen in der zweiten Lebenshälfte vor Altersdiskriminierung zu schützen, besonders die davon häufig betroffenen Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen, ist es erforderlich, dass Politik, Medien und Wissenschaft ausgewogen sowohl über Risiken als auch über Stärken des Alters berichten. Die Öffentlichkeit sollte für negative Altersbilder sowie für Altersdiskriminierung und deren Konsequenzen sensibilisiert werden. Denn auch wenn der Anteil der Personen, die angeben Altersdiskriminierung erfahren zu haben, gering ist, darf nicht vergessen werden, dass derartige Diskriminierungserfahrungen für die betroffenen Personen erhebliche nachteilige Konsequenzen für Wohlbefinden, Gesundheit und sogar die eigene Lebenserwartung haben können.
Schlagwörter:age role; discrimination; demographic factors; alter Mensch; Benachteiligung; Epidemie; epidemic; Diskriminierung; Federal Republic of Germany; Gesundheitszustand; elderly; Altersrolle; health status; soziale Faktoren; demographische Faktoren; gender-specific factors; deprivation; social factors; DEAS2020; DEAS; Deutscher Alterssurvey; German Ageing Survey; Corona-Krise; Altersbilder; Kontaktbeschränkungen; Lockdown; Subjektive Gesundheit; Altersvergleich; DZA; Deutsches Zentrum für Altersfragen; German Centre of Gerontology
Einsamkeit steigt in der Corona-Pandemie bei Menschen im mittleren und hohen Erwachsenenalter gleichermaßen deutlich
Autor/in:
Huxhold, Oliver; Tesch-Römer, Clemens
Quelle: Deutsches Zentrum für Altersfragen; Berlin (dza-aktuell: Deutscher Alterssurvey, 04/2021), 2021. 16 S
Inhalt: Deutlich mehr als vor der Corona-Pandemie: Jede siebte Person ab 46 Jahren fühlt sich einsam. Seit März 2020 haben die Ausbreitung der Corona-Pandemie sowie die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus das Leben vieler Menschen deutlich eingeschränkt. Davon betroffen sind auch die Möglichkeiten, sich sportlich zu betätigen, zum Beispiel weil Fitnessstudios geschlossen wurden oder weil die Verbindung von Job und Kinderbetreuung keine Zeit für weitere Aktivitäten lässt. Seit März 2020 haben die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus die sozialen Beziehungen vieler Menschen deutlich eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund wurde im Juni/Juli 2020 im Rahmen des Deutschen Alterssurveys erfasst, ob sich Personen zwischen 46 und 90 Jahren einsam fühlen. Befragt wurden Personen, die zuhause leben. Das Einsamkeitsempfinden war deutlich höher als in den Befragungsjahren 2014 und 2017. Im Sommer 2020 lag der Anteil sehr einsamer Menschen im Alter von 46 bis 90 Jahren bei knapp 14 Prozent und damit 1,5-mal höher als in den Vorjahren. Dieses höhere Einsamkeitsempfinden betrifft unterschiedliche Bevölkerungsgruppen etwa gleich stark: Egal ob Frauen oder Männer, Menschen mit hoher oder niedriger Bildung und egal ob mittleres oder hohes Erwachsenenalter, in der Pandemie sind die Einsamkeitsraten in allen diesen Gruppen in gleichem Maße erhöht. Die Unterschiede in den Einsamkeitsraten sind zwischen allen Altersgruppen zu jeder Erhebungswelle relativ gering. Ältere Menschen haben kein höheres Risiko, einsam zu sein, als jüngere Menschen. Der Anstieg der Einsamkeit während der Pandemie ist bedenklich, denn Einsamkeit kann schwerwiegende Folgen für die mentale und körperliche Gesundheit haben. Und je länger sich Menschen einsam fühlen, umso schwieriger fällt es ihnen, sich aus eigener Kraft aus diesem Zustand zu befreien. Dazu trägt auch bei, dass Einsamkeit als Bedrohung gesellschaftlich oft nicht ernst genommen wird und die Betroffenen sich schämen, darüber zu reden. Die Corona-Pandemie dauert zum jetzigen Zeitpunkt noch an, und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Einsamkeitsraten im Verlauf der zweiten Welle noch weiter steigen werden. Deshalb sind Programme, die Einsamkeit bekämpfen, durch die Corona-Krise noch wichtiger geworden. In einem gewissen Sinne bietet die Pandemie sogar eine Chance. Da viele Menschen Einsamkeit am eigenen Körper erfahren haben, hat sich vielleicht sogar die Stigmatisierung einsamer Menschen verringert. Es ist also zu hoffen, dass niedrigschwellige Angebote zur Einsamkeitsbekämpfung im Anschluss an die Pandemie besser verbreitet und dann angenommen werden. Paradoxerweise könnte so die Pandemie bessere Voraussetzungen schaffen, die schwer zugängliche Gruppe einsamer Menschen zu erreichen.
Schlagwörter:soziale Beziehungen; Einsamkeit; alter Mensch; Epidemie; epidemic; psychosoziale Faktoren; sozialer Status; Federal Republic of Germany; social isolation; psychosocial factors; social relations; soziale Isolation; elderly; gender-specific factors; solitude; social status; DEAS; Alterssurvey; Lebensmitte; Ältere Menschen; Corona; Sozioökonomischer Status; Altersvergleich; Deutsches Zentrum für Altersfragen; DZA
Wohnumfeld und Nachbarschaftsbeziehungen in der zweiten Lebenshälfte
Autor/in:
Nowossadeck, Sonja; Block, Jenny
Quelle: Deutsches Zentrum für Altersfragen; Berlin (Report Altersdaten, 1/2017), 2017. 27 S
Inhalt: Anteil der Einpersonenhaushalte bei den ab 70-Jährigen ist rückläufig. Ältere ab 70 Jahren sind mit Einkaufsmöglichkeiten zufriedener als Jüngere. Nur sechs Prozent sehen einen Mangel in der Versorgung mit Ärzten und Apotheken im Wohnumfeld. Ein Drittel sieht die eigene Wohngegend als gut an den Nahverkehr angeschlossen. Vor allem über 70-jährige Frauen fühlen sich im Dunkeln auf der Straße unsicher. Seniorenspezifische Dienstleistungen werden unterschiedlich gut angenommen. Enge Kontakte zu den Nachbarinnen und Nachbarn vor allem bei den 70- bis 85-Jährigen. Jeder Neunte hat keine oder nur eine Person in der Nachbarschaft, die er um einen Gefallen bitten könnte. 13 Prozent bringen sich aktiv in das Nachbarschaftsleben ein.
Schlagwörter:Wohnen; residential behavior; Wohnumgebung; residential environment; Nachbarschaft; neighborhood; Nachbarschaftshilfe; neighborhood help; Versorgung; supply; alter Mensch; elderly; Dienstleistung; service; Mobilität; mobility; Zufriedenheit; satisfaction; Sicherheitsempfinden; sense of security; soziale Beziehungen; social relations; gender-specific factors; neue Bundesländer; New Federal States; alte Bundesländer; old federal states; Federal Republic of Germany
Lebenslagen, Partizipation und gesundheitlich-/pflegerische Versorgung älterer Lesben und Schwuler in Deutschland: Expertise zum Siebten Altenbericht der Bundesregierung
Autor/in:
Gerlach, Heiko; Schupp, Markus
Quelle: Deutsches Zentrum für Altersfragen; Berlin, 2016. 39 S
Inhalt: Ältere Lesben und Schwule wurden in ihrer Geschichte kriminalisiert und verfolgt. Homosexualität wurde medizinisch pathologisiert. Bis heute wirken sich das Stigma der Homosexualität und die gesellschaftliche Diskriminierung auf viele ältere Lesben und Schwule dahingehend aus, dass sie ihre lesbische oder schwule Lebensweise situativ oder ganz verstecken und sich sozial zurückziehen. In dieser Expertise wird anhand der marginal vorhandenen Forschungsarbeiten zu älteren Lesben und Schwulen gezeigt, wie traumatisierende Erfahrungen und daraus resultierende Ängste vor Ressentiments die subjektiven und objektiven Handlungsräume dieser Menschen einschränken. Anhand zahlreicher Good Practice-Beispiele wird aufgezeigt, wie der sozialen Isolation und deren gesundheitsschädigenden Auswirkungen begegnet werden kann. Es werden Projekte vorgestellt, die ein selbstbestimmtes Leben von älteren Lesben und Schwulen und deren (aktive) soziale Partizipation fördern. Aufgezeigt werden Ansätze einer flächendeckenden sozialen Teilhabe in Kooperation mit den herkömmlichen Strukturen der Seniorenarbeit und -hilfe sowie die explizite Förderung homosexualitäts- und geschlechtsspezifischer Selbsthilfestrukturen. Im Resümee kommen die Autoren zu dem Schluss: Damit Lesben und Schwule im Alter in ihrem jeweiligen unmittelbaren Lebensumfeld aktiv und selbstbestimmt partizipieren können, bedarf es zum einen einer Öffnung der herkömmlichen Seniorenarbeit sowie von Einrichtungen der Altenhilfe und -pflege. Zum anderen müssen Politikerinnen und Politiker sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Seniorenhilfe, der Gesundheitsversorgung und der Altenpflege für die Anliegen und Themen von Lesben und Schwulen im Alter sensibilisiert werden.
Schlagwörter:alter Mensch; elderly; Alter; old age; Homosexualität; homosexuality; Lebenssituation; life situation; Identitätsbildung; identity formation; Stigmatisierung; stigmatization; Diskriminierung; discrimination; Lebensweise; way of life; soziale Partizipation; social participation; Gesundheitsversorgung; health care; Pflege; caregiving; Altenhilfe; assistance for the elderly; Selbsthilfe; self-help; Selbstbestimmung; self-determination; Federal Republic of Germany
SSOAR Kategorie:Gerontologie, Alterssoziologie, Frauen- und Geschlechterforschung, Familienpolitik, Jugendpolitik, Altenpolitik
Health Resilience: Concept and Empirical Evidence to Reduce Health Inequalities among the Elderly
Autor/in:
Mergenthaler, Andreas
Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB); Wiesbaden (BiB Working Paper, 2-2012), 2012. 18 S
Inhalt: In the face of persistent health inequalities in later life, the objective of the study is to examine whether distinct forms of health lifestyles and individual or collective social capital predict the probability of health resilience among a cohort of men and women aged 65 and older from lower social classes. A longitudinal study design based on four waves of the German Socio-Economic Panel (2002 to 2008) was employed. The study cohort included 2,075 participants. Analyses were performed using hierarchical-linear models, cluster analyses and binary logistic regressions. The main outcome measures were health-related quality of life, based on a modified SF12, and a dichotomised measure for health resilience based on the SF12 scores. A social gradient was observed for the physical health of men and for the mental health of women, respectively, with participants from lower social classes reporting lesser scores of health-related quality of life compared to participants with higher socioeconomic status. Regarding the physical resilience of elderly men, a moderate health conscious lifestyle was the most pronounced predictor (OR=9.5, p<0.1%). Social capital did not elevate the probability of physical resilience among men. Mental resilience of women was strongly associated with a health conscious lifestyle as well as a moderate health risky lifestyle (OR=4.2, p<0.1% in each case). Quantitative aspects of social capital, like an above average number of friends and close relatives, were positively associated with mental resilience of elderly women (OR=1.9, p<0.1% and OR=1.3, p<5%, respectively). The data provides evidence that health conscious as well as moderate health risky lifestyles and quantitative aspects of individual social capital serve as protective factors for health resilience among older men and women with low socioeconomic status. The findings could be used as guidelines to promote health resilience among the elderly in lower social classes and thus to reduce health inequalities in later life.
Schlagwörter:Resilienz; resilience; Gesundheit; health; Gesundheitsversorgung; health care; soziale Ungleichheit; social inequality; alter Mensch; elderly; soziale Klasse; social class; Lebensstil; life style; Lebensqualität; quality of life; Belastbarkeit; endurance; woman; Mann; man; Federal Republic of Germany; SOEP; SOEP
Potenziale der Älteren in Kommunen nutzen: Ergebnisse des Bundesmodellprogramms "Erfahrungswissen für Initiativen (EFI)"
Titelübersetzung:Use the potential of elderly persons in communes: results of the Federal Model Program "Empirical knowledge for initiatives (EFI)"
Autor/in:
Brauers, Silke
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 3465-3476
Inhalt: "Der zweite Freiwilligensurvey 2004 hat eindrucksvoll gezeigt, dass sich viele ältere Menschen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen bereits freiwillig engagieren und die Bereitschaft zu freiwilligem Engagement in diesen Altersgruppen zunimmt. Innerhalb der Altengenerationen vollzieht sich jedoch ein sozialer Wandel: Neue Altengenerationen wachsen heran mit anderen demografischen Erfahrungen (z.B. soziale Bewegungen der 60er und 70er Jahre) und daraus resultierenden anderen Einstellungen und Erwartungen an die nachberufliche Lebensphase. Für diese Zielgruppe ist das Konzept zur Nutzung des Erfahrungswissens Älterer entwickelt worden, das im Rahmen des Bundesmodellprogramms 'Erfahrungswissen für Initiativen' (EFI) (2002-2006) erfolgreich erprobt wurde und sowohl national als auch international auf großes Interesse stößt. Das Modellprogramm wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Kooperation mit zehn Bundesländern entwickelt und in 35 Kommunen erfolgreich umgesetzt. Das ISAB-Institut ist für die wissenschaftliche Begleitung und Projektsteuerung verantwortlich. Die Zielgruppe sind Ältere, die sich nicht (nur) im traditionellen Ehrenamt engagieren, sondern ihre Kompetenzen und Fähigkeiten flexibel einbringen, ihr Engagement selbst gestalten und als Multiplikatoren wirken wollen. Auf der Grundlage eines von der Hochschule Neubrandenburg entwickelten Weiterbildungskonzeptes wurden mittlerweile rund 1.000 'seniorTrainer' ausgebildet, die derzeit Initiativen und Organisationen beraten, neue Projekte entwickeln, Netzwerke stärken oder in örtlichen 'seniorKompetenzteams' - den örtlichen Zusammenschlüssen der seniorTrainer - organisatorische oder moderierende Aufgaben übernehmen. Die Erfahrungen im Bundesmodellprogramm haben gezeigt, dass selbstbestimmtes und selbstorganisiertes Engagement Älterer durch den Aufbau von Netzwerkstrukturen - bestehend aus Kommunen (d.h. Verantwortliche aus Politik und Verwaltung), Bildungseinrichtungen, Verbänden und Freiwilligenorganisationen - gefördert werden kann. Kontextuelle Faktoren wie z.B. die Vermittlung und Begleitung des Engagements durch lokale Agenturen für Bürgerengagement (z.B. Freiwilligenagenturen, Seniorenbüros, Selbsthilfekontaktstellen) oder die Unterstützung und Begleitung durch selbstorganisierte seniorKompetenzteams sind wichtige Eckpfeiler einer neuen Partizipationskultur." (Autorenreferat)
Schlagwörter:Verband; bürgerschaftliches Engagement; knowledge; alter Mensch; interest group; honorary office; Freiwilligkeit; Ehrenamt; Erfahrung; voluntariness; Federal Republic of Germany; Bildungseinrichtung; elderly; educational institution; citizens' involvement; Wissen; local politics; experience; Kommunalpolitik
Homosexuelle Männlichkeit und Körperlichkeit im Alter(n): eine Gender-theoretische Perspektive (work in process)
Titelübersetzung:Homosexual masculinity and corporeality in old age/during aging: a gender theoretical perspective (work in process)
Autor/in:
Reimann, Katja
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 1401-1408
Inhalt: "Viele der heute alten homosexuellen Männer haben aufgrund von Diskriminierungen und Kriminalisierungen über weite Teile ihres Lebenslaufes ihre Homosexualität versteckt gelebt. Erst langsam mit dem Altern der vermehrt offen lebenden Kohorten werden auch alte homosexuelle Männer sichtbarer. Lebenslagen, Problembereiche und Bedarfe alter homosexueller Männer werden inzwischen von Betroffenen thematisiert, sind jedoch im deutschsprachigen Raum noch weitgehend unerforscht. Homosexuelle Subkulturen sind geprägt von identitätsstiftenden Normen, wie z.B. dem in großen Teilen der Subkultur herrschenden Jugend- und Körperkult, der sich in einem an der Attraktivitätserwartung von Männern ausgerichteten Schönheitshandeln spiegelt. Mit Schönheitshandeln wird dabei einerseits die Abwertung homosexueller Männer als weiblich contrakariert und andererseits dieses 'weiblich' konnotierte Verhalten als identitätsstiftendes und sich von Heterosexuellen abgrenzendes Merkmal genutzt. Die körperlichen 'Attraktivitätsverluste' des Alterns stellen homosexuelle Männer vor die Herausforderung, ihren alternden Körper in ihr Selbstbild und ihre homosexuelle Identität zu integrieren. Zunehmend gewinnen Schönheitsnormen, Körperpflege und -styling jedoch auch für heterosexuelle Männer - zurzeit noch eher der jüngeren Generation - an Bedeutung. Wie sich unterschiedliche Männlichkeitskonstruktionen auf Einstellungen und Umgangsweisen mit dem Körper auswirken, ist bislang im deutschsprachigen Raum nicht untersucht worden. In dem Vortrag sollen erste Überlegungen zur Untersuchung von Auswirkungen unterschiedlicher Männlichkeiten (im Sinne Connell's Konzept der Hegemonialer Männlichkeit) auf Einstellungen und Umgangsweisen mit dem Körper anhand homosexueller Männer im Alter vorgestellt und diskutiert werden. Im Zentrum des Arbeitsberichtes soll daher der vielzitierte Jugend- und Körperkult homosexueller Subkulturen und seine Implikationen für altwerdende homosexuelle Männer stehen. Dazu wird die Verfasserin Falldarstellungen aus eigenen problemzentrierten Interviews mit älteren homosexuellen Männern aus Deutschland mit der angloamerikanische Diskussion um ein 'beschleunigtes' soziales Altern homosexueller Männer verbinden." (Autorenreferat)
Schlagwörter:discrimination; social construction; alter Mensch; Selbstbild; self-image; Diskriminierung; social attraction; Federal Republic of Germany; deutscher Sprachraum; Konstruktion; soziale Anziehung; soziale Konstruktion; body; subculture; Körperlichkeit; man; Subkultur; Körper; Homosexualität; masculinity; homosexuality; life career; Auswirkung; attitude; Norm; Weiblichkeit; identity; standard; femininity; Identität; Mann; impact; corporeality; elderly; Männlichkeit; Lebenslauf; German-speaking area; construction; Einstellung
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Gerontologie, Alterssoziologie
Ist Anti-Aging unnatürlich? Die soziale und biologische Ko-Konstruktion alternder Körper
Titelübersetzung:Is anti-aging unnatural? Social and biological co-construction of aging bodies
Autor/in:
Spindler, Mone
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 1409-1417
Inhalt: "Ein häufiger Einwand gegen das an Bedeutung gewinnende und kontrovers diskutierte Verjüngungsprogramm 'Anti-Ageing' ist, dass Anti-Ageing unnatürlich sei, da es gegen den natürlichen biologischen Alterungsprozess gerichtet ist. Welches Verständnis des Verhältnisses von 'Natur' und 'Kultur' in Bezug auf die Unterscheidung 'Alter' liegt diesem Argument zugrunde? Es erinnert an ein dichotomes Konzept von 'Alter', demzufolge altersbezogene körperliche Veränderungen die natürliche, außerdiskursive Basis von 'Alter' sind und soziale Diskurse und Praktiken lediglich die Bedeutung dieser natürlichen Basis verändern, nicht aber den materialen Körper selbst. Anti-Ageing ist ein Forschungsgegenstand, an dem sich anschaulich zeigen lässt, was in der postmodernen feministischen Theoriediskussion in Bezug auf die Unterscheidung 'Geschlecht' bereits ausgiebig erörtert (Butler; Haraway), und auch, vor allem in der englischsprachigen Sozialgerontologie im Hinblick auf 'Alter' thematisiert wird (Katz; Kondratowitz; Featherstone/ Wernick): Dass ein dichotomes Verständnis des Zusammenwirkens von Natur (dem materialen alternden Körper) und Kultur (gesellschaftliche Diskurse und Praktiken) nicht der Flexibilität der Grenze zwischen beiden Bereichen Rechnung trägt. Anhand erster Ergebnisse von teilnehmenden Beobachtungen von Anti-Ageing Konferenzen und Veranstaltungen für AnwenderInnen von Anti-Ageing soll gezeigt werden, wie durch die Anwendung von Anti-Ageing Methoden - seien es Diäten, Hormontherapien, plastische chirurgische Eingriffe oder zukünftige biotechnologische Verfahren - nicht nur die Bedeutung, sondern auch die Materialität alternder Körper sozial verändert wird und wie dies zu einer empirische Ausarbeitung des materiell dekonstruktivistischen Konzepts einer soziale und biologische Ko-Konstruktion von 'Natur' (Haraway) in Bezug auf 'Alter' beitragen könnte. Dieses sowohl gegen biologistische als auch entmaterialisierende Konzepte von 'Körper' gerichtete Verständnis von 'Natur' könnte insofern zu einer Differenzierung der Diskussion über Anti-Ageing beitragen, als dass daran deutlich wird, dass die zunehmenden Möglichkeiten biotechnologischer Körpermodifikationen nicht per se problematisch sind, sondern vielmehr die gesellschaftlichen Machtverhältnisse, innerhalb derer diese stattfinden." (Autorenreferat)
Schlagwörter:Gerontologie; Theorie; Dekonstruktivismus; social construction; alter Mensch; Gesellschaft; Diskurs; discourse; Biotechnik; society; medicine; gerontology; culture; Konstruktion; nature; soziale Konstruktion; body; remuneration for members of parliament; feminism; Körper; Diskussion; therapy; discussion; Natur; research topic; Medizin; Forschungsgegenstand; theory; Feminismus; biologische Faktoren; biotechnology; deconstructivism; elderly; Kultur; gender-specific factors; Diäten; Therapie; biological factors; construction
"Frauenbewegung" im Alter: Selbstdisziplinierung oder Weg zur Emanzipation?
Titelübersetzung:"Women’s movement" during old age: self-disciplining or path to emancipation?
Autor/in:
Uhlmann, Angelika
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 1418-1423
Inhalt: "Bis zur Jahrtausendwende waren sportliche alte Frauen unsichtbar in der Forschung zum sportlichen Engagement im Lebenslauf. Dies betraf alle relevanten Fachdisziplinen wie Sportwissenschaft, Gender Studies, Gerontologie, Medizin, Medizingeschichte und -soziologie. Sportliche alte Frauen unterlagen einer dreifachen Diskriminierung: im Bezug auf ihr Geschlecht, ihr Alter und ihre sportliche Betätigung. Alte Frauen nehmen heute selbstverständlich an der Bewegungs- und Sportkultur teil - anders als früher und anders als Männer. Die ersten Studien, die alten Frauen eine stärkere sportliche Betätigung als ihren männlichen Altersgenossen attestierten, berücksichtigten Fragestellungen, die vorher vernachlässigt worden waren (z.B. nicht nur nach der Zugehörigkeit zu einem Sportverein, Berücksichtigung von Alltagsbewegungen). Mit der Überschrift 'Frauen: Längeres Leben durch körperliche Fitness' berichtete das Deutsche Ärzteblatt im August 2005 von amerikanischen Studien, die eine alters- und geschlechtsabhängige Erhöhung der Lebenserwartung durch körperliche Betätigung festgestellt haben. Seit die Hormonersatztherapie zur Bekämpfung von Wechseljahresbeschwerden und -folgen (wie z.B. Osteoporose) nicht mehr propagiert wird, wurde Bewegung zum zentralen Präventionsprogramm für Frauen. Alte Frauen bevorzugen den informellen, nichtorganisierten Sport mit niedrigschwelligem Zugang - Nordic Walking ist dafür ideal und wird zu 80% von Seniorinnen ausgeführt. Veränderte Modevorstellungen erleichterten den Einstieg in sportliche Betätigung. Das gesellschaftlich geforderte 'erfolgreiche Altern' setzt körperliche Fitness unbedingt voraus. Aktivität und Sportlichkeit wird heute auch von alten Frauen erwartet ('Puma statt Oma'). Erstaunlich ist, dass weder kommerzielle und nicht-kommerzielle Sportanbieter noch gesundheitspolitische Entscheidungsträger auf die Nachfrage nach 'Frauenbewegung' im Alter reagiert haben - in Australien gibt es z.B. 'Older Women Wellness Centres'. Dabei wird dieser Art der Gesundheitsförderung in Zukunft von großer sozialpolitischer Bedeutung sein - wie schon die oben erwähnten amerikanischen Studien gezeigt haben. Ist die 'Frauenbewegung' im Alter eine Selbstdisziplinierung, eine Folge der verminderten Leistungen der Krankenkassen, eine Reaktion auf die Orientierung an Jugendlichkeit ('never-ager') oder ein emanzipatorischer Akt zur Gestaltung eines angenehmen, gesunden und ausgefüllten Lebens?" (Autorenreferat)
Schlagwörter:Frauenbewegung; health insurance fund; alter Mensch; Leistung; North America; Prävention; prevention; Gesundheitspolitik; Pazifischer Raum; Pacific Rim; Federal Republic of Germany; everyday life; Nordamerika; body; Australien; health policy; Körper; Fitness; United States of America; women's movement; Lebenserwartung; sports; Disziplin; Emanzipation; Sport; life expectancy; USA; woman; emancipation; Australia; Krankenkasse; elderly; achievement; Alltag; discipline; fitness
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Gesundheitspolitik, Gerontologie, Alterssoziologie