Was denken Studierende der Psychologie über das Gehirn-Bewusstsein-Problem, über Willensfreiheit, Transzendenz, und den Einfluss philosophischer Vorentscheidungen auf die Berufspraxis?
Titelübersetzung:Psychology students' assumptions about human nature, mind-body problem, free will, transcendence, and implications of philosophical concepts on professional issues
Autor/in:
Fahrenberg, Jochen
Quelle: Journal für Psychologie, 14 (2006) 3-4, S 302-330
Inhalt: Die Antworten auf die Frage "Was ist der Mensch" gehören in die Philosophische Anthropologie und als empirisch zu untersuchende Überzeugungen in die Differentielle Psychologie. Solche Untersuchungen fehlen bisher. Der hier entwickelte Fragebogen enthält 64 Fragen, Skalen und Trilemmata unter anderem zu den Themen Gehirn und Bewusstsein, Willensfreiheit, Schöpfung und Evolution, Gottes-Glauben, Theodizee-Problem, Sinnfragen des Lebens. An sieben Universitäten in West- und Ost-Deutschland wurden 563 Studierende der Psychologie und - primär in Freiburg - 233 Studierende anderer Fächer erfasst. Das Menschenbild der Studierenden wurde nach ausgewählten theoretischen Konzepten beschrieben: die Grundüberzeugungen hinsichtlich Monismus-Dualismus-Komplementarität, Atheismus-Agnostizismus-Deismus-Theismus, Einstellung zu Transzendenz-Immanenz, Selbsteinstufungen der Religiosität und des Interesses an Sinnfragen. Die Ergebnisse ließen eine Vielfalt von Überzeugungen erkennen, jedoch nur wenige Unterschiede zwischen Männern und Frauen oder zwischen ersten und mittleren Semestern. Die Studierenden verschiedener Fächer (Psychologie, Philosophie, Naturwissenschaften) hatten ähnliche Überzeugungen. Die meisten Befragten waren überzeugt, dass solche philosophischen Auffassungen Konsequenzen für die Berufspraxis von Psychotherapeuten, Ärzten und Richtern haben.
Inhalt: Assumptions about human nature engage the domain of philosophy as a long established matter of discourse. In contrast, comparatively little is known about such assumptions from the view point of differential psychology. A 64-item questionnaire was developed, comprising items, rating scales, and trilemmata, including topics such as brain and consciousness (mind-body), free will, assumptions on evolution or creation of mankind, concepts of god, theodicy, meaning of life. Data were gathered from students at seven German (West and East) universities. The majority of participants (n = 563) were psychology students, and 233 (primarily at the University of Freiburg) were students from other faculties. Assumptions about human nature were evaluated according to concepts of monism-dualism-complementary, atheism-agnosticism-deism-theism, attitude toward transcendence-immanence, and the self-ratings of religiosity and interest in meaning of life. Findings depict a manifold of belief systems, however, there was little difference among psychology students relating to gender, first or second year. Students from psychology, philosophy, and natural sciences showed similar profiles. The majority of participants were convinced that philosophical preconceptions on mind-body and free will could have important practical implications for the way in which psychotherapists, physicians, or judges exercise their profession.
Titelübersetzung:Women's mental representations of technology
Autor/in:
Nölleke, Brigitte
Quelle: Journal für Psychologie, 6 (1998) 2, S 36-52
Inhalt: Bilder, Wünsche und Ängste, die Frauen mit der Technik verbinden, werden untersucht. Dazu wurden 21 überwiegend technisch interessierte Frauen befragt, und die Ergebnisse der Gespräche wurden mit Hilfe von psychoanalytischen Erklärungsansätzen interpretiert. Besonders auffallend war die Ambivalenz der Befragten gegenüber dem technischen Objekt. Ihre Bilder und Aussagen oszillierten zwischen Faszination und der Angst vor einer Vereinnahmung oder Grenzverletzung. Gleichzeitig bestand ein Wunsch nach klaren Trennungen, der seine besondere Dynamik aus der Abgrenzung vom gleichgeschlechtlichen primären Objekt (der Mutter) bezog. Die Faszination im Umgang mit dem männlich konnotierten technischen Objekt lag vor allem im Versprechen narzisstischer Integrität. Ein solches Versprechen wird von einer männerdominierten Technik für Frauen jedoch nicht eingelöst, woraus sich vielfache Brechungen ihrer Technikmotivation ergeben.
Schlagwörter:anxiety; psychodynamics; Psychodynamik; Ambivalenz; ambivalence; Technologie; Angst; technology; Sex Roles & Women's Issues; ; Geschlechtsrollen und Frauenfragen; ; Objektbeziehungen; ; Emotionale Reaktionen; ; Bildhafte Vorstellung; ; Geschlechtsunterschiede beim Menschen; ; Object Relations; ; Psychodynamics; ; Ambivalence; ; Emotional Responses; ; Anxiety; ; Imagery; ; Human Sex Differences; ; Technology; ; Human Females; ; Frauen; ; qualitative empirical study; ; psychoanalytic approach to women's attitudes toward technology & technical objects, ambivalence & emotions & psychodynamics & fascination vs anxiety, interviews with 21 women interested in technology
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Sozialpsychologie
Autor/in:
Leithäuser, Thomas; Carvalho Lins, Cynthia de; Brasil, Anna Flavia
Quelle: Journal für Psychologie, 3 (1995) 1, S 15-27
Inhalt: Die Situation von Müttern in den Slums, die sich in den Großstädten Brasiliens entwickelt haben (Favelas), wird am Beispiel der Favela Lemos Torre in Recife erörtert. Sie hat etwa 900 Einwohner und gehört zu den kleineren der 420 Favelas, die es in Recife inzwischen gibt. Es werden die Realitätserfahrung und die Bewältigungsformen von Müttern untersucht, mit denen sie das Elend des Lebens in einer Favela zu meistern suchen. Wie kommen sie mit ihren vielen Kindern und ihren Männern zurecht, auf die wenig Verlass ist, wenn es um den Unterhalt und die Unterstützung der Familie geht? Das Beziehungsnetz der Familie, in dem die Mütter den dominanten Fokus bilden und das das ökonomische wie das psychologische Überleben mehr oder weniger sicherstellt, wird von brasilianischen Anthropologen und Familiensoziologen "Matrifokalität" genannt. Die sozialpsychologische Dimension des Konzepts der Matrifokalität wird herausgearbeitet. Dazu werden zwei qualitative Interviews, die mit Müttern in der Favela Lemos Torre geführt wurden, analysiert.
Schlagwörter:Armut; poverty; Brazil; ; Social Processes & Social Issues; ; Gesellschaftliche Fragen; ; Armenviertel; ; Geschlechterbeziehungen; ; Familienbeziehungen; ; Bewältigungsverhalten; ; Benachteiligte; ; Poverty Areas; ; Male Female Relations; ; Family Relations; ; Coping Behavior; ; Disadvantaged; ; Poverty; ; Mothers; ; Mütter; ; qualitative empirical study; ; situation of mothers in Brazilian slums, concept of matrifocality & coping with poverty & life situation in poverty areas, 2 mothers, qualitative empirical study
SSOAR Kategorie:Entwicklungsländersoziologie, Entwicklungssoziologie, Frauen- und Geschlechterforschung, Sozialpsychologie, Familiensoziologie, Sexualsoziologie, soziale Probleme
Körperpolitik: Zur Rolle der Körpersprache in der symbolischen und interaktiven Konstruktion von Geschlecht
Autor/in:
Mühlen Achs, Gitta
Quelle: Journal für Psychologie, 2 (1994) 3, S 5-16
Inhalt: Die kulturell motivierte machtsymbolische Codierung der Körper und die Verinnerlichung ritualisierter Dominanz- bzw. Unterwerfungsmuster als angemessener Ausdruck der Geschlechtsidentität verdeutlichen nicht nur den Geschlechterunterschied, sondern begründen zugleich eine vertikale Geschlechterordnung. Eine auf diese Weise vergeschlechtlichte Körpersprache verankert auf dem Hintergrund ihrer elementaren Besonderheiten diese Herrschaftsstruktur im Kern des individuellen Selbst. Auf der Strecke bleibt die gemeinsame Kommunikationsbasis. Unter der Maxime männ1icher Überlegenheit entwickeln beide Geschlechter paradoxe Strategien, mit denen sie in je spezifischer Weise "erfolgreich" aneinander scheitern: Frauen, indem sie sich unterwerfen, um ihre Ziele zu erreichen, und Männer, indem sie dominieren müssen, um "schwach" werden zu können.
Schlagwörter:Körpersprache; Dominanz; gender; social construction; Macht; domination; power; identity; Identität; corporeality; soziale Konstruktion; body; body language; Herrschaft; Körperlichkeit; Körper; dominance; Konstruktion von Geschlecht
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Sozialpsychologie
Unter Männern: Möglichkeiten und Perspektiven analytischer Männergruppen
Autor/in:
Brandes, Holger
Quelle: Journal für Psychologie, 2 (1994) 3, S 24-31
Inhalt: Analytische Männergruppen liegen quer zu den Beziehungserfahrungen von Männern und zu den gängigen Mustern der Geschlechterzuordnung. Gerade deshalb bieten sie besondere Möglichkeiten, an den problematischen Seiten männlicher Identität und Beziehungsgestaltung zu arbeiten. Es werden Erfahrungen aus dieser Männergruppenarbeit dargestellt, wobei sowohl auf die spezifischen Widerstände und Schwierigkeiten von Männergruppen eingegangen wird, als auch auf die Perspektiven, die dieses therapeutische Setting eröffnet.
Verborgene Macht und sichtbare Einflußnahme: Geschlechterarrangements und ihr Preis
Titelübersetzung:Hidden power and visible influence: gender arrangements and their price
Autor/in:
Flaake, Karin
Quelle: Journal für Psychologie, 2 (1994) 3, S 17-23
Inhalt: Thema sind die inneren Bindungen von Frauen und Männern an Geschlechterverhältnisse, in denen Männer als die nach außen hin Dominierenden, Überlegenen, Kompetenten erscheinen und Frauen sich auf unterstützende und emotional versorgende Funktionen im Hintergrund konzentrieren.
Zur Bedeutung der Geschlechtlichkeit für die Psychologie
Titelübersetzung:The importance of sexuality for psychology
Autor/in:
Vinnai, Gerhard
Quelle: Journal für Psychologie, 2 (1994) 3, S 48-50
Inhalt: Der Beitrag kritisiert eine geschlechtslos und affektarm agierende akademische Psychologie, die Affektvermeidung und Verleugnung von Geschlechtlichkeit als "wissenschaftlich" deklariert. Die Frauenbewegung kritisiert die Wissenschaft als "männlich", aber sie ist noch nicht einmal das. Der Artikel hebt hervor, dass gelungene Bildungsprozesse in der Psychologie auf eine Verknüpfung subjektiver Erfahrungen mit Theoriekonstruktionen angewiesen sind. Eine Auseinandersetzung mit der eigenen Subjektivität ist für Studierende der Psychologie unabdingbar, was das verschulte Psychologiestudium aber geradezu verhindert. Die Hemmungen sind aber keineswegs nur intellektuell, vielmehr werden sie bestimmt von bewussten und unbewussten Ängsten und dagegen gerichteten Abwehrmechanismen. Im Gegensatz aber zur "naturwissenschaftlich" agierenden akademischen Psychologie bezieht sich die Psychoanalyse stets auf das Subjektive. Aber auch die Psychoanalyse wich teilweise vor dem Geschlechtlichen aus, etwa durch die - durchaus notwendige - Beschäftigung mit den "frühen" Störungen. Die Psychoanalyse dachte aber kaum jemals darüber nach, inwieweit nicht analysierte (männliche) Geschlechtlichkeit vielleicht Einfluss auf die psychoanalytische Methode als solche genommen haben könnte. Der Beitrag fordert abschließend, dass eine kritische Psychologie die Bedeutung der Geschlechtlichkeit auch für psychologische Theorien reflektieren muss. Eng damit verbunden ist auch eine Auseinandersetzung mit Affekten. Das würde auch ein besseres Verständnis des Verhältnisses von Allgemeinem und Besonderem ermöglichen: Ein Mensch ist ein Individuum, und doch auch Vertreter einer größeren Gruppe (etwa der Männer). Andere Beziehungen zwischen den Geschlechtern könnten eventuell auch veränderte, freiere Formen des intellektuellen Begehrens hervorbringen. (ICB)
SSOAR Kategorie:Lehre und Studium, Professionalisierung und Ethik, Organisationen und Verbände der Psychologie, Allgemeines, spezielle Theorien und Schulen, Methoden, Entwicklung und Geschichte der Psychologie, Persönlichkeitspsychologie, Forschungsarten der Sozialforschung, Frauen- und Geschlechterforschung, Sozialpsychologie, Wissenssoziologie, interpersonelle Kommunikation