Inhalt: 
"Im Jahr 1932 veröffentlichte die französische Feministin Adrienne Sahuqué ein heute weitgehend in Vergessenheit geratenes Buch mit dem Titel 'Les Dogmes sexuels'. Simone de Beauvoirs Buch 'Le Deuxieme sexe', das zu einem feministischen Klassiker werden sollte, erschien 1949. Beide Autorinnen begannen ihr Buch mit einer Rezeption zeitgenössischer naturwissenschaftlicher Literatur zum Unterschied zwischen den Geschlechtern. Auf diese Weise hofften sie unterscheiden zu können, was beim Geschlecht der Ordnung der Natur, bzw. der Biologie und was der Ordnung der Kultur, bzw. des Sozialen angehört. Mit anderen Worten: sie wollten eine Unterscheidung zwischen Sex und Gender treffen. Die Verfasserin möchte den Vergleich zwischen den beiden Arbeiten hier anhand von drei Fragestellungen verfolgen. Die erste Frage betrifft die Quellen: Welche einschlägigen Werke haben Sahuqué und Beauvoir gelesen? Die Auswahl der Quellen sagt etwas über die expliziten oder impliziten Vorannahmen aus, die die Autorinnen bei der Lektüre geleitet haben. Sie lässt aber auch Rückschlüsse auf das Allgemeinwissen über den Sexus zu, das die biologischen und medizinischen Wissenschaften der Zeit vermittelten und auf die Beziehungen dieser Wissenschaften zueinander und zum gesellschaftspolitischen Kontext. Die zweite Frage: Von dem Augenblick an, in dem Sahuqué und Beauvoir aufgrund der geschlechtlichen Fortpflanzung von einer Zweigeschlechtlichkeit ausgehen, gestehen sie Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern zu. Zwar wollen sie einige davon anfechten oder diskutieren, sie schreiben ihnen jedoch einen Wert zu. Genau darin besteht aber das Problem (oder die Falle?): Wenn einer Differenz oder mehreren Unterschieden ein positiver oder negativer Wert zugeschrieben wird, ist es dann noch möglich, einem dualistischen (hier heterosexuellen) System zu entgehen, das hierarchisch strukturiert ist? Oder anders gesagt, wie kommt man dann aus dem Gendersystem heraus? Die dritte Frage bezieht sich auf das Verhältnis der beiden Autorinnen zum Feminismus. Warum gaben sich Sahuqué und Beauvoir in ihren Werken nicht ein einziges Mal als Feministinnen zu erkennen, obwohl das, was sie schreiben, doch so deutlich feministisch ist?" (Textauszug)
Inhalt: 
"The beginning of the 20th century saw the emergence of new disciplines such as endocrinology, genetics and biochemistry, whose contribution along with those of zoology, anatomy and embryology created the conditions for the development of a science of reproduction. We can follow this evolution, in France, in its relationship to the socio-historical context, by the readings of scientific works by two feminist authors Adrienne Sahuqué ('Les Dogmes sexuels', 1932) and Simone de Beauvoir ('Le Deuxième sexe', 1949). Although they do not use the same sources and their study of scientific literature on sexual difference not always lead to the same analysis, they agree on the necessary distinction between sex and gender. Comparing their positions shows that they were precursors to the current debates on the content and relationships of these two notions." (author's abstract)
Schlagwörter:Geschlechterverhältnis; Biologie; Medizin; Männlichkeit; Weiblichkeit; Kultur; Natur; soziale Konstruktion; Beauvoir, Simone de
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Zeitschriftenaufsatz