Nach wie vor Geschlechterungleichheit, auch an Kunst- und Musikhochschulen


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Die „Gläserne Decke“ ist an Kunst- und Musikhochschulen etwas durchlässiger als an Universitäten und Fachhochschulen. Dennoch bestehen strukturelle Diskriminierungen fort und es gibt große Unterschiede zwischen einzelnen Fachrichtungen und Hochschulen, wie eine Studie des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung CEWS für die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz zeigt.

Die 57 Kunst- und Musikhochschulen in Deutschland weisen spezifische Strukturen und Qualifikationswege auf, die die Geschlechterverhältnisse und die Gleichstellungspolitik beeinflussen. Für diese Hochschulen untersucht Dr. Andrea Löther vom CEWS am GESIS-Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften die Teilhabe der Geschlechter am Studium und am Personal sowie die strukturelle Verankerung der Geschlechterforschung. Empirische Grundlage der Studie sind statistische Daten, eine Befragung an den Hochschulen sowie die Auswertung von vorhandenen Studien zu Geschlechterverhältnissen im Kultur- und Medienbetrieb.

Mit fast 60 Prozent ist der Frauenanteil an Studierenden und Abschlüssen an Kunst- und Musikhochschulen höher als an Universitäten, allerdings mit deutlichen Unterschieden zwischen einzelnen Fächern. So führen Stereotype und kulturelle Codes zu einer geschlechterspezifischen Wahl der Instrumente oder die Zuschreibung von Kreativität und „Meisterschaft“ zu einer unterschiedlichen Geschlechterverteilung in den einzelnen Fächern (z.B. Jazz / Populärmusik, Komposition, Schlagwerk oder Harfe).

Diese fächerbezogenen Unterschiede setzen sich beim wissenschaftlich-künstlerischen Personal fort. Insgesamt liegt hier der Anteil an Professorinnen bei 32 Prozent (2018), jedoch an Musikhochschulen nur bei 25 Prozent. Auch die „Gläserne Decke“, gemessen am Verhältnis von Studentinnen zu Professorinnen, ist an Musikhochschulen undurchlässiger als an Hochschulen für Bildende Künste.

Da herausragende künstlerische Leistungen und Renommee außerhalb der Hochschule erworben werden, wirken sich auch strukturelle Diskriminierungen im Kunst- und Kulturbetrieb, wie beispielsweise eine Unterrepräsentanz von Frauen in Orchestern und insbesondere in Leitungsstellen und beim Dirigat, auf die Rekrutierung von Professorinnen aus. Zugleich bestehen für Kunst- und Musikhochschulen aber gerade durch ihre enge Verzahnung mit dem Kulturbetrieb Möglichkeiten, diese Strukturen und Exklusionsmechanismen zu reflektieren und auf sie einzuwirken, um so das Potenzial von Hochschulabsolventinnen bei der Besetzung von Professuren nutzen zu können.

Mindestens 15 (mehr als ein Viertel) aller Künstlerischen Hochschulen, engagieren sich mit personellen Ressourcen oder anderen Aktivitäten in der Geschlechterforschung. Dennoch beruht deren institutionelle Verankerung vorrangig auf befristeten Stellen sowie dem Engagement einzelner Professor*innen und Mitarbeiter*innen. Lebenszeitprofessuren mit einer (Teil-)Denomination in Geschlechterforschung gibt es derzeit lediglich an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.

Die Publikation finden Sie hier: https://www.gesis.org/cews/unser-angebot/publikationen/sonstige-veroeffentlichungen