Neu erschienen: Jessica Fortin-Rittberger & Christina Eder: Disentangling different types of sexist attitudes and vote choice in Germany


Kategorien: GESIS-News

Fortin-Rittberger, Jessica, and Christina Eder. 2025. "Disentangling different types of sexist attitudes and vote choice in Germany." Political Research Exchange (PRX) 7 (1): 1-20.
doi: https://doi.org/10.1080/2474736X.2025.2508382.

Wenn Wählen zur Geschlechterfrage wird

Eine neue Studie von Jessica Fortin-Rittberger (Universität Salzburg) und Christina Eder (GESIS) zeigt: Negative Einstellungen gegenüber Frauen beeinflussen nicht nur die Ablehnung weiblicher Kanzlerkandidatinnen, sondern auch die Wahl konservativer und liberaler Parteien. Dabei geht es nicht nur um rechte Rhetorik – sondern um tief verankerte Rollenvorstellungen.

Die Bundestagswahl 2021 bot ein besonderes Szenario: Zum ersten Mal seit 16 Jahren trat keine amtierende Kanzler:in an, und mit Annalena Baerbock war nur eine Frau unter den Kanzlerkandidat:innen. Vor diesem Hintergrund untersuchten die Autorinnen die Wirkung verschiedener Formen von Sexismus auf das Wahlverhalten.

Die Studie unterscheidet zwischen drei Formen: feindlichem (hostile), modernem und wohlwollendem (benevolent) Sexismus. Während feindlicher Sexismus Frauen direkt abwertet, leugnet moderner Sexismus bestehende Benachteiligungen. Wohlwollender Sexismus hingegen erscheint zunächst positiv – etwa wenn Frauen beschützt werden sollen –, reproduziert aber traditionelle Rollenbilder.

Die Ergebnisse sind alarmierend: Vor allem feindlicher Sexismus wirkte sich negativ auf die Zustimmung für Annalena Baerbock aus – sogar bei Wähler:innen der Grünen, ihrer eigenen Partei. Die männlichen Kandidaten Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU) waren davon nicht betroffen. Der Wunsch nach „starker Führung“ scheint unbewusst weiterhin männlich konnotiert.

Sexistische Einstellungen prägten nicht nur die Ablehnung weiblicher Kandidatinnen – sie beeinflussten auch die Wahlentscheidung für bestimmte Parteien. Besonders auffällig: Wähler:innen mit hohen Werten bei feindlichem oder modernem Sexismus bevorzugten nicht nur die AfD, sondern auch CDU/CSU und FDP. Selbst bei diesen etablierten Parteien wirken geschlechterpolitische Einstellungen als unterschätzte Triebkraft.

Die Forscherinnen zeigen: Sexistische Einstellungen treiben nicht zwangsläufig nur ins Lager der radikalen Rechten. Vielmehr wirken sie als stiller Schub gegen Parteien wie die Grünen, die offensiv für Gleichstellung eintreten. Dabei fungiert Sexismus nicht nur als Anziehungs-, sondern auch als Abstoßungsfaktor.