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Leave or remain - quo vadis Europa? Neue Studie zur aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung in der Europäischen Union


Kategorien: Pressemitteilung

In einer empirischen Studie untersucht Wolfgang Aschauer die Ursachen, Charakteristika und potentiellen Folgen des weitreichenden gesellschaftlichen Unbehagens in der EU. Auf Basis theoretischer Ansätze und empirischer Befunde liefert er Hintergrundinformationen, die die aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen greifbar und nachvollziehbar machen.

Als zentrale Faktoren des gegenwärtig stärker werdenden Ethnozentrismus und damit einhergehend der Radikalisierung in vielen Europäischen Staaten identifiziert Aschauer die soziale (Des-)Integration der EU-Bürgerinnen und –Bürger unter der Wirtschaftskrise, die unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise noch verstärkt wird und zu starken Beeinträchtigungen des gesellschaftlichen Wohlbefindens führt. Daraus resultiert in der Bevölkerung vieler EU-Staaten eine hohe Unzufriedenheit mit den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen, die gesellschaftlichen Abstiegsängsten und einem erhöhten sozialen Misstrauen Vorschub leisten. Wolfgang Aschauers zentrale These ist, dass die Folge dieses gesellschaftlichen Unbehagens eine Abkehr von der Solidarität zwischen den EU-Mitglieds-Staaten begünstigt und eine ethnozentrische Einstellung interhalb der Bevölkerung verstärkt.

In der neuen Ausgabe der Historical Social Research (HSR) des GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften stellt Aschauer seine ländervergleichende Analyse auf Basis der Daten des European Social Survey 2006 und 2012 vor. Dort schlüsselt er die Faktoren, die nach seiner Auffassung das gesellschaftliche Unbehagen erklären können, weiter auf und weist nach, dass sich die ökonomischen, politischen und kulturellen Unterschiede zwischen den europäischen Ländern zunehmend verfestigen: Die Kluft zwischen den europäischen Regionen wird größer. Präzise kann Aschauer auf seiner Datenbasis nachweisen, wie sich das gesellschaftliche Wohlbefinden im Zuge der Wirtschaftskrise gewandelt hat und sich die Unterschiede zwischen den 21 teilnehmenden EU-Staaten darstellen. 

Die Studie belegt, dass in der Bevölkerung vieler EU-Staaten sowohl die Zufriedenheit mit den gesellschaftlichen Entwicklungen als auch das Vertrauen in die Politik stark zurückgegangen sind. Außerdem macht die Auswertung der ESS-Daten deutlich, dass die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Krise innerhalb der einzelnen Länder in einen deutlichen Zusammenhang mit ethnischen Vorurteilen gebracht wird. Dies führt – insbesondere in den westeuropäischen Staaten – zu Wertepolarisierungen, die den europäischen Einigungsprozess deutlich erschweren, wie sich an dem Zuwachs vieler nationalistischer Bewegungen und Parteien unschwer erkennen lässt. Die fehlende Sozialintegration von EU-Bürgerinnen und –Bürgern entfacht eine Kraft, die im gegenwärtigen Diskurs häufig unterschätzt wird.  

Wolfgang Aschauer: Societal Malaise and Ethnocentrism in the European Union: Monitoring Societal Change by Focusing on EU Citizens’

Den vollen Artikel aus der aktuellen HSR 41 (2016) 2 finden Sie hier zum Download.

Ansprechpartner bei GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften:

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Dr. Sophie Zervos

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