PIAAC 2023: Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick
Über welche grundlegenden Kompetenzen verfügen Erwachsene heutzutage und wie gut sind sie damit auf berufliche und gesellschaftliche Herausforderungen vorbereitet? PIAAC bietet eine Grundlage für die Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen.
Grundlegende Kompetenzen Erwachsener im internationalen Vergleich
Wie sind die grundlegenden Kompetenzen in Deutschland im Vergleich zu den anderen teilnehmenden Ländern weltweit ausgeprägt?
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Über alle teilnehmenden OECD-Länder hinweg liegt – auf einer Skala von 0 bis 500 Punkten – die mittlere Lesekompetenz Erwachsener bei 260 Punkten, die mittlere alltagsmathematische Kompetenz bei 263 Punkten und die mittlere Kompetenz im adaptiven Problemlösen bei 251 Punkten.
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Von den 31 teilnehmenden Ländern erzielen in allen drei Domänen Finnland und Japan die höchsten und Chile die niedrigsten Werte.
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Die mittleren Kompetenzen der Erwachsenen in Deutschland liegen in allen drei Domänen signifikant über dem Durchschnitt der teilnehmenden OECD-Länder. In der Lesekompetenz liegt der Mittelwert in Deutschland mit 266 Punkten 6 Punkte über dem OECD-Durchschnitt, in der alltagsmathematischen Kompetenz mit 273 Punkten und im adaptiven Problemlösen mit 261 Punkten jeweils 10 Punkte über dem OECD-Durchschnitt.
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In allen drei Kompetenzdomänen spiegelt sich das im internationalen Vergleich hohe mittlere Leistungsniveau der Erwachsenen in Deutschland im unteren Kompetenzbereich nicht wider. So erreichen in Bezug auf die Lesekompetenz die leistungsschwächsten 10% der Erwachsenen in Deutschland maximal 180 Punkte und somit einen leicht geringeren Wert als der entsprechende OECD-Durchschnitt (185 Punkte). Auch in der alltagsmathematischen Kompetenz und im adaptiven Problemlösen verfügen die leistungsschwächsten 10% der Bevölkerung nur über Kompetenzen auf dem Niveau des OECD-Durchschnitts. Es zeigen sich also, ähnlich wie vor rund zehn Jahren im ersten Zyklus von PIAAC, wieder Schwächen im unteren Leistungsbereich.
Verteilung auf die Kompetenzstufen im internationalen Vergleich
Wie verteilt sich die 16- bis 65-jährige Bevölkerung in Deutschland auf die Kompetenzstufen und wie unterscheidet sich diese Verteilung im Vergleich zu den anderen Ländern?
- Betrachtet man die Verteilung nach Kompetenzstufen, so verfügen in allen drei Kompetenzdomänen in gut zwei Dritteln der beteiligten Länder – und auch in Deutschland – mindestens 60% der erwachsenen Bevölkerung über Kompetenzen eines mittleren Niveaus (Stufen II/III).
- Im Durchschnitt der beteiligten OECD-Länder hat ein gutes Viertel der Bevölkerung niedrige (d. h. Stufe I und darunter) Lese- und alltagsmathematische Kompetenzen sowie adaptive Problemlösefähigkeiten.
- In Deutschland ist der Anteil der Personen mit geringen grundlegenden Kompetenzen (Stufe I und darunter) niedriger als im Mittel der beteiligten OECD-Länder. Jeweils rund ein Fünftel (zwischen 20% und 22%) der in Deutschland lebenden Erwachsenen verfügt über geringe Lese- und alltagsmathematische Kompetenzen sowie adaptive Problemlösefähigkeiten.
- Vergleichsweise viele Personen verfügen in Deutschland über hohe grundlegende Kompetenzen: Die Anteile der Personen, die mindestens Stufe IV der jeweiligen Kompetenzdomäne erreichen, liegen in allen drei Domänen über dem entsprechenden OECD-Durchschnitt.
Vergleich der Lese- und alltagsmathematischen Kompetenz zwischen Zyklus 1 und Zyklus 2
Wie haben sich die mittlere Lese- und alltagsmathematische Kompetenz in Deutschland im Vergleich zu den anderen beteiligten Ländern seit Zyklus 1 verändert?
- In Bezug auf die Lesekompetenz sind die Mittelwerte im Vergleich von Zyklus 2 zu Zyklus 1 in 14 Ländern stabil geblieben, in 2 Ländern signifikant höher und in 11 signifikant niedriger.
- In Bezug auf die alltagsmathematische Kompetenz ist im Vergleich von Zyklus 2 zu Zyklus 1 in 12 Ländern der Mittelwert weitgehend stabil geblieben. Signifikant höhere Mittelwerte finden sich in etwa einem Drittel der Länder (8 Länder) und signifikant niedrigere Mittelwerte in rund einem Viertel der Länder (7 Länder).
- In Deutschland haben sich im Vergleich zu vor rund zehn Jahren die Lese-und alltagsmathematische Kompetenz der Erwachsenen im Mittel nicht verändert. Jedoch ist über die letzte Dekade die Heterogenität der Kompetenzen in der Bevölkerung gestiegen. Im Vergleich zu Zyklus 1 sind sowohl die Anteile von Personen mit sehr geringen Lesekompetenzen (Unter Stufe I) wie auch mit hohen Lesekompetenzen (Stufen IV/V) leicht höher. Im Bereich der alltagsmathematischen Kompetenz zeigt sich ebenfalls heute ein leicht höherer Anteil an Personen mit hohen Kompetenzen als vor rund zehn Jahren, nicht jedoch eine Zunahme des Anteils an Personen mit geringen Kompetenzen.
Grundlegende Kompetenzen und Alter
Die demografische Entwicklung in Deutschland wie auch weltweit und der damit einhergehende höhere Anteil von älteren Personen wirft die Frage auf, wie sich grundlegende Kompetenzen im Erwachsenenalter verändern. Der Vergleich der beiden Erhebungszyklen von PIAAC erlaubt neben dem Vergleich verschiedener Altersgruppen auch den Vergleich von Geburtskohorten, also von Personen desselben Jahrgangs, die in Zyklus 2 rund zehn Jahre älter sind als in Zyklus 1.
- In Deutschland, so wie im Mittel über alle an PIAAC teilnehmenden OECD-Länder, weisen jüngere Personen (16–34 Jahre) durchschnittlich eine um eine knappe halbe Kompetenzstufe höhere Lesekompetenz auf als Personen zwischen 55 und 65 Jahren. In der alltagsmathematischen Kompetenz fällt der Unterschied etwas geringer aus.
- Die Differenzen zwischen den Altersgruppen unterscheiden sich stark zwischen den Ländern. Die deutlichsten Unterschiede zeigen sich in Singapur und Chile, während sich in Schweden und Neuseeland jüngere und ältere Personen im Mittel in ihren Lesekompetenzen nicht unterscheiden. In Deutschland ist die Differenz in der mittleren Lesekompetenz zwischen der jüngsten (16–24 Jahre) und ältesten Altersgruppe mit 24 Punkten leicht niedriger als im OECD-Durchschnitt. Dies hängt mit den vergleichsweise hohen mittleren Lesekompetenzen der ältesten Altersgruppe zusammen. Die 55- bis 65-Jährigen weisen im Mittel in Deutschland eine Lesekompetenz auf, die 14 Punkte über dem entsprechenden OECD-Mittel liegt.
Wie unterscheidet sich die mittlere Lesekompetenz der verschiedenen Altersgruppen im Vergleich zum ersten Zyklus von PIAAC vor rund zehn Jahren?
- Die grundlegenden mittleren Lese- und alltagsmathematischen Kompetenzen sind in den einzelnen Altersgruppen in Deutschland weitgehend unverändert im Vergleich zu denjenigen vor rund zehn Jahren. Jedoch weisen 55- bis 65-Jährige heute eine um 9 Punkte signifikant höhere alltagsmathematische Kompetenz auf als im ersten Zyklus von PIAAC.
- Betrachtet man hingegen die Kompetenzwerte innerhalb von Geburtskohorten über die Zeit, weisen die beiden am frühesten geborenen Kohorten (Geburtsjahre 1957–1977) aktuell durchschnittlich niedrigere mittlere Lesekompetenzen auf, die am spätesten geborene Kohorte (Geburtsjahre 1988–1995) hingegen im Mittel deutlich höhere alltagsmathematische Kompetenzwerte als vor zehn Jahren.
Grundlegende Kompetenzen und Geschlecht
Wie unterscheiden sich Frauen und Männer in den grundlegenden Kompetenzen? Ergebnisse früherer Studien zeigen, dass Geschlechterdifferenzen sich je nach Kompetenzdomäne und Alter unterscheiden, jedoch im Erwachsenenalter in der Regel vergleichsweise gering sind.
- In allen an PIAAC teilnehmenden OECD-Ländern und so auch in Deutschland unterscheiden sich die Geschlechter nur geringfügig in ihren Grundkompetenzen.
- Frauen weisen im Mittel über alle OECD-Länder mit einem Unterschied von 3 Punkten eine numerisch geringe, jedoch signifikant höhere Lesekompetenz auf als Männer. Auch in Deutschland ist die mittlere Lesekompetenz von Frauen mit einer Differenz von 4 Punkten leicht, aber signifikant, höher als die von Männern.
- In der alltagsmathematischen Kompetenz fällt in nahezu sämtlichen Ländern, so auch in Deutschland, der Mittelwert der Männer höher aus als der von Frauen. Im Mittel über alle teilnehmenden OECD-Länder liegt diese Differenz bei 10 Punkten. In Deutschland verfügen Männer im Vergleich zu Frauen im Mittel über eine um 13 Punkte höhere alltagsmathematische Kompetenz.
Wie haben sich die mittleren Lese- und alltagsmathematischen Kompetenzen von Frauen und Männern in Deutschland im Vergleich zu vor rund zehn Jahren verändert?
- Die mittleren Lese- und alltagsmathematischen Kompetenzen von Frauen und Männern in PIAAC 2023 sind vergleichbar zu denen in PIAAC 2012.
- In der Tendenz weisen Frauen in PIAAC 2023 im Mittel eine leicht höhere Lesekompetenz auf als in PIAAC 2012, Männer hingegen eine leicht niedrigere. In der alltagsmathematischen Kompetenz sind die Mittelwerte sowohl von Frauen als auch von Männern heute leicht höher als vor rund zehn Jahren. Diese Unterschiede sind jedoch alle nicht signifikant.
Grundlegende Kompetenzen und Geburtsland
In Deutschland wie auch im Großteil der weiteren an PIAAC teilnehmenden Länder hat es im Laufe der letzten Dekade eine starke Zuwanderung gegeben. Der Anteil der zugewanderten Bevölkerung sowie deren Zusammensetzung variiert jedoch deutlich zwischen den beteiligten Ländern. Aktuell ist etwa jeder Fünfte in Deutschland (19% der Bevölkerung) im Ausland geboren und damit zugewandert (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2024). Von diesen verfügen 84% über eine andere Erstsprache als die Testsprache Deutsch; im OECD-Durchschnitt betrifft dies nur rund die Hälfte der im Ausland geborenen Bevölkerung. Um eine erfolgreiche Teilhabe der zugewanderten Bevölkerung am Arbeitsmarkt sowie generell an der Gesellschaft zu ermöglichen, sind grundlegende Lese- sowie alltagsmathematische Kompetenzen in der Sprache des Ziellandes, in Deutschland entsprechend in Deutsch, essenziell.
- In nahezu allen an PIAAC beteiligten Ländern weisen im Ausland geborene Personen durchschnittlich geringere Grundkompetenzen auf als im Inland geborene. Dieser Unterschied fällt in Deutschland besonders groß aus und ist beinahe doppelt so hoch wie im OECD-Durchschnitt. So verfügen in Deutschland im Ausland Geborene über Lesekompetenzen, die im Mittel 70 Punkte niedriger sind als die der im Inland Geborenen. Im OECD-Durchschnitt beträgt diese Differenz 40 Punkte.
- Für die alltagsmathematische Kompetenz fallen über alle Länder hinweg und so auch in Deutschland die Unterschiede zwischen der im Inland und im Ausland geborenen Bevölkerung etwas geringer aus. In Deutschland liegt die mittlere alltagsmathematische Kompetenz von im Ausland Geborenen 59 Punkte unter der von im Inland Geborenen. Diese Differenz ist damit wiederum deutlich höher als die entsprechende Differenz im Durchschnitt der OECD-Länder mit 35 Punkten.
- Eine Kontrolle allgemeiner soziodemografischer Merkmale (wie etwa formale Bildung) reduziert die Kompetenzunterschiede zwischen im In- und Ausland Geborenen in Deutschland kaum. Die zusätzliche Berücksichtigung migrationsbezogener Merkmale (z.B. ob Deutsch die erlernte Erstsprache ist) halbiert jedoch sowohl in der Lese- als auch in der alltagsmathematischen Kompetenz die entsprechenden Kompetenzdifferenzen.
- Über die Hälfte (56%) der im Ausland geborenen Personen in Deutschland verfügt nur über geringe Lesekompetenzen (Stufe I oder darunter). In der alltagsmathematischen Kompetenz sind es 48% .
Wie haben sich die mittleren Lese- und alltagsmathematischen Kompetenzen von in Deutschland und im Ausland Geborenen im Vergleich zu vor rund zehn Jahren verändert?
- Der Unterschied in der mittleren Lesekompetenz zwischen der in Deutschland und im Ausland geborenen Bevölkerung hat sich in der letzten Dekade fast verdoppelt. Während die mittlere Lesekompetenz der im Inland Geborenen im Vergleich zum ersten Zyklus von PIAAC weitgehend unverändert ist, weist die im Ausland geborene Bevölkerung heutzutage im Mittel deutlich niedrigere Kompetenzen auf als vor zehn Jahren (-19 Punkte), was vermutlich durch die veränderte Zusammensetzung dieser Gruppe erklärbar ist (z. B. geringere Aufenthaltsdauer und damit eine geringere Exposition zur deutschen Sprache).
Grundlegende Kompetenzen und Bildungsniveau
Eine zentrale Aufgabe des Bildungssystems ist es, Personen mit grundlegenden Kompetenzen auszustatten. Dies ist insbesondere eine Funktion des allgemeinbildenden Schulsystems, während die berufliche Bildung stärker auf die Vermittlung fachspezifischer Kompetenzen spezialisiert ist. Wie stark variieren grundlegende Kompetenzen von Personen mit unterschiedlichen höchsten Bildungsabschlüssen in Deutschland und im internationalen Vergleich?
- In Deutschland wie auch in allen anderen Ländern variieren die mittleren Grundkompetenzen stark mit dem höchsten erreichten Bildungsabschluss. Über alle Länder hinweg weisen Personen mit hochschulischer Bildung im Mittel eine Lesekompetenz auf, die rund 1.5 Kompetenzstufen (76 Punkte) über der der Personen mit niedriger Bildung liegt. In der alltagsmathematischen Kompetenz ist diese Differenz mit 82 Punkten sogar noch deutlicher.
- Der Abstand zwischen den mittleren Grundkompetenzen der niedrigsten und der höchsten Bildungskategorie ist in Deutschland im internationalen Vergleich besonders groß und beträgt mit Differenzen von 98 Punkten in der Lesekompetenz und 108 Punkten in der alltagsmathematischen Kompetenz jeweils rund zwei Kompetenzstufen. Die im internationalen Vergleich größere Differenz ist insbesondere dadurch bedingt, dass Personen mit Hochschulabschluss in Deutschland im Mittel substanziell höhere Lese- (+15 Punkte) und alltagsmathematische Kompetenzen (+20 Punkte) im Vergleich zum OECD-Durchschnitt aufweisen.
- In Deutschland variieren die mittleren Grundkompetenzen insbesondere in Abhängigkeit vom höchsten erreichten Schulabschluss. Mit einem Hauptschulabschluss gehen im Mittel deutlich niedrigere Grundkompetenzen einher als mit einem Realschulabschluss, unabhängig davon, ob zusätzlich ein Berufsabschluss erworben wurde oder nicht. So haben Personen mit Hauptschulabschluss im Mittel 39 Punkte niedrigere Lesekompetenzen als Personen mit einem Realschulabschluss (jeweils ohne Berufsabschluss). Personen mit Abitur/Fachhochschulreife als höchstem Bildungsabschluss verfügen im Durchschnitt über eine um 26 Punkte höhere Lesekompetenz als Personen mit lediglich einem Realschulabschluss.
- Ein sehr hoher Anteil der Personen mit niedrigem Bildungsabschluss verfügt nur über geringe Grundkompetenzen. So erreichen zwei Drittel (67%) der Personen mit lediglich einem Hauptschulabschluss maximal Stufe I der Lesekompetenz. Werden nur Personen betrachtet, die ihre Schulbildung in Deutschland erworben haben, sind es immer noch 55% .
Wie haben sich die mittleren Grundkompetenzen in den einzelnen Bildungskategorien in den letzten rund zehn Jahren verändert?
- In Deutschland sind die mittleren Lesekompetenzwerte bei niedrigen und mittleren Bildungsabschlüssen aktuell zum Teil deutlich niedriger als vor rund zehn Jahren. So weisen beispielsweise Personen mit Hauptschulabschluss ohne Berufsabschluss eine durchschnittliche Lesekompetenz auf, die fast eine halbe Kompetenzstufe (-23 Punkte) niedriger ist als im ersten Zyklus von PIAAC. Bei Personen mit Realschulabschluss (-18 Punkte) und mit Abitur/Fachhochschulreife (-20 Punkte) ohne Berufsabschluss zeigt sich ein ähnliches Bild. Werden nur Personen betrachtet, die ihre Schulbildung in Deutschland erworben haben, zeigen sich diese Kompetenzdifferenzen nicht, sondern stattdessen ein signifikanter Zuwachs der mittleren Kompetenzwerte bei Personen mit Abschluss auf Masterniveau (+12 Punkte).
- Im Unterschied zur Lesekompetenz zeigen sich bei der alltagsmathematischen Kompetenz deutlich geringere Unterschiede zwischen PIAAC Zyklus 2 und 1. Die mittleren alltagsmathematischen Kompetenzwerte sind heute nur bei Personen mit lediglich einem Hauptschulabschluss signifikant geringer (-13 Punkte) als vor rund zehn Jahren. Auch dieser Unterschied ist nicht mehr vorhanden, wenn nur Personen mit Schulbildung in Deutschland betrachtet werden; stattdessen zeigen sich ebenfalls die signifikant höheren Kompetenzen von Personen mit Abschluss auf Masterniveau (+10 Punkte).
Grundlegende Kompetenzen und Arbeitsmarkt
Individuelle Fähigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen bilden die Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg. Sie spielen eine wichtige Rolle für die erfolgreiche Teilhabe am Arbeitsmarkt und die berufliche Laufbahn. In den letzten Jahren war der Arbeitsmarkt von zahlreichen (technologischen) Veränderungen und zunehmendem Fachkräftemangel geprägt. In einer sich ständig verändernden Arbeitswelt verfügen Personen mit hohen grundlegenden Kompetenzen über die Grundlage, sich neue (jobspezifische) Kompetenzen anzueignen und somit erfolgreich mit den Veränderungen umzugehen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie grundlegende Kompetenzen mit der Teilhabe am Arbeitsmarkt sowie mit dem individuellen Erwerbseinkommen zusammenhängen.
- In Deutschland und in den meisten Ländern weisen erwerbstätige Personen im Durchschnitt signifikant höhere Grundkompetenzen auf als Personen, die nicht erwerbstätig sind (Erwerbslose oder Nichterwerbspersonen).
- Die mittleren Grundkompetenzen der Erwerbstätigen in Deutschland sind signifikant höher als die der Erwerbstätigen im Mittel aller teilnehmenden OECD-Länder. Bei der Lesekompetenz liegt der Unterschied zwischen Deutschland und dem OECD-Durchschnitt bei 10 Punkten, bei der alltagsmathematischen Kompetenz bei 14 Punkten.
- Erwerbstätige verfügen in Deutschland im Mittel über Lese- und alltagsmathematische Kompetenzen, die 35 beziehungsweise 37 Punkte höher liegen als die von Erwerbslosen. Diese Differenz ist in Deutschland größer als in allen anderen teilnehmenden Ländern und somit auch größer als im Durchschnitt über alle teilnehmenden OECD-Länder (14 bzw. 17 Punkte).
- Die Lese- und alltagsmathematischen Kompetenzen von Erwerbstätigen liegen in Deutschland durchschnittlich 28 beziehungsweise 31 Punkte über denen von Nichterwerbspersonen, also Personen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und auch keine suchen. Auch diese Differenz ist im internationalen Vergleich groß (19 bzw. 23 Punkte im OECD-Durchschnitt).
Um der Heterogenität in der Erwerbsbeteiligung in verschiedenen Altersgruppen Rechnung zu tragen, wird bei der Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Grundkompetenzen und Erwerbsstatus in Deutschland auch ein Fokus auf Personen im sogenannten „Haupterwerbsalter“ zwischen 25 und 54 Jahren gelegt. In dieser Altersgruppe liegt die Erwerbstätigenquote höher als in der gesamten Erwachsenenbevölkerung (86 % im Vergleich zu 76 % ), weil die Berufseintrittsphase meist abgeschlossen ist und sich nur wenige Personen bereits im Ruhestand befinden.
Rund 40% der Erwerbslosen und rund 30% der Nichterwerbspersonen der Erwachsenen in Deutschland (16–65 Jahre) verfügen nur über geringe Lesekompetenzen (Stufe I und darunter). Im Haupterwerbsalter liegt der Anteil der Personen mit geringen Lesekompetenzen bei den Nichterwerbspersonen sogar bei 47% . Es verfügt also jede zweite Nichterwerbsperson im Alter zwischen 25 und 54 Jahren nur über geringe Lesekompetenzen.
- Die Kompetenzdifferenzen zwischen Erwerbstätigen und Erwerbslosen beziehungsweise Nichterwerbspersonen sind heute deutlich größer als vor rund zehn Jahren. Am deutlichsten wird dies in der Lesekompetenz beim Vergleich der Erwerbstätigen und der Nichterwerbspersonen im Haupterwerbsalter: Die Differenz steigt von 25 auf 48 Punkte und damit auf das Doppelte. Dies hängt mit den deutlich niedrigeren Kompetenzmittelwerten der Nichterwerbspersonen im Vergleich zu vor zehn Jahren zusammen.
- In allen untersuchten Ländern gehen höhere Grundkompetenzen mit höherem Erwerbseinkommen einher. So verdienen im Durchschnitt aller teilnehmenden OECD-Länder Erwerbstätige auf Kompetenzstufe IV/V im Mittel über ein Drittel mehr als Erwerbstätige auf Stufe II. Erwerbstätige auf Stufe I und darunter hingegen verdienen im OECD-Durchschnitt 14% weniger als Erwerbstätige auf Stufe II. In Deutschland sind die Einkommensunterschiede ungefähr mit dem OECD-Durchschnitt vergleichbar.
- In Deutschland gibt es auch unter Berücksichtigung von Bildungsjahren einen positiven Zusammenhang zwischen grundlegenden Kompetenzen und dem Einkommen, wobei dieser etwas geringer ist als vor rund zehn Jahren: Unter Berücksichtigung von Geschlecht, Bildung und Erwerbserfahrung geht ein Zuwachs der Lesekompetenz um 10 Punkte im Durchschnitt mit einem 1.7% höheren Erwerbseinkommen pro Stunde einher.
Inhalte und Abbildungen aus: Beatrice Rammstedt, Britta Gauly, Sanja Kapidzic, Débora B. Maehler, Silke Martin, Natascha Massing, Silke L. Schneider, Anouk Zabal. (2024). PIAAC 2023: Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick (7,08 MB). Waxmann Verlag, Münster.