PIAAC - Internationale Studie zur Untersuchung von Alltagsfähigkeiten Erwachsener

PIAAC Zyklus 1

Für die Laufzeit von Februar 2009 bis Juni 2014 hatte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften mit dem nationalen Projektmanagement in Deutschland beauftragt. Zudem war GESIS auch im ersten Zyklus Teil des internationalen Konsortiums von PIAAC und hier für die Validierung und für die Übersetzungsrichtlinien des Hintergrundfragebogens verantwortlich. Unter der Projektleitung von Prof. Dr. Beatrice Rammstedt führte ein Team von Wissenschaftler*innen die Studie in Deutschland durch.

Für PIAAC Zyklus 1 wurden pro Teilnehmerland etwa 5.000 zufällig ausgewählte Erwachsene im Alter von 16 bis 65 Jahren befragt. International fanden im ersten Zyklus drei Runden statt. Die Datenerhebung für Runde I der Hauptstudie begann im August 2011 und endete im März 2012. Die Erhebung in PIAAC Zyklus 1 beinhaltete eine Kompetenzmessung und einen Hintergrundfragebogen. Neben der Lesekompetenz (inklusive der grundlegenden Komponenten der Lesekompetenz) und der alltagsmathematischen Kompetenz wurde die Kompetenzdomäne des technologiebasierten Problemlösens erhoben. Insgesamt zeichnete sich der erste Zyklus von PIAAC im Vergleich zu seinen Vorgängerstudien zur Kompetenzmessung durch grundlegende Innovationen aus.

In PIAAC Zyklus 1 wurden drei Runden mit jeweils unterschiedlichen Ländern durchgeführt. An der ersten Runde (2011/12) nahmen 24 Länder teil, in Runde II (2014/15) sind neun weitere Länder hinzukommen. An Runde III nahmen weitere fünf Länder (Ecuador, Kasachstan, Mexiko, Peru, Ungarn) teil und in den USA fand eine weitere Befragung statt.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

Erste Ergebnisse wurden am 08. Oktober 2013 international sowie national veröffentlicht. An der zweiten Runde (2012-2016) nahmen weitere neun Länder teil. Die Ergebnisse der Runde I und II für insgesamt 33 Teilnehmerländer wurden im Juni 2016 veröffentlicht. Darüber hinaus nahmen im Rahmen des ersten Zyklus von 2016 bis 2019 noch weitere sechs Länder (Ecuador, Kasachstan, Mexiko, Peru, Ungarn, Vereinigte Staaten) an der dritten Runde teil. Die Ergebnisse des gesamten ersten Zyklus, einschließlich der dritten Runde, wurden im November 2019 veröffentlicht.Am ersten Zyklus von PIAAC nahmen zwischen 2011 und 2018 insgesamt 39 Länder teil. Die Datenerhebung fand in drei Runden statt.

Kernstück von PIAAC Zyklus 1 war Runde 1, an der insgesamt 24 Länder, inklusive Deutschland, teilnahmen. Diese Runde lieferte einen ersten Überblick über die grundlegenden Kompetenzen von Erwachsenen im internationalen Vergleich. Die Ergebnisse aus Runde 1 wurden im Jahr 2013 veröffentlicht. Eine detaillierte internationale Darstellung der Befunde befindet sich im Bericht der OECD (OECD, 2013); eine Ergebnisdarstellung mit Fokus auf Deutschland ist im deutschen PIAAC-Bericht (Rammstedt, 2013) und in der zusammenfassenden Ergebnisbroschüre abgebildet.

An Runde 2 von PIAAC Zyklus 1 nahmen neun weitere Länder teil; an Runde 3 beteiligten sich fünf weitere Länder. Die Ergebnisse dieser Runden in Kombination mit Runde 1 von PIAAC wurden ab 2016 (z.B. OECD, 2016; Rammstedt, Zabal & Gauly, 2019) bzw. ab 2019 (z.B. OECD, 2019; Rammstedt, Gauly & Zabal, 2021) veröffentlicht.

Wie schneidet Deutschland in PIAAC ab?

Die Lesekompetenz der Erwachsenen in Deutschland lag knapp über dem Durchschnitt der teilnehmenden OECD-Länder aus allen drei Runden von PIAAC Zyklus 1.

Die höchsten Werte in der durchschnittlichen Lesekompetenz erzielte die Bevölkerung in Japan, Finnland und den Niederlanden. Auffallend niedrige Lesekompetenzen hatten Mexiko, Peru und Ecuador.

Die vergleichsweise niedrigen Lesekompetenzen der OECD-Länder aus Runde 3 erklären, warum die Lesekompetenz der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland leicht überdurchschnittlich ist, wenn die Ergebnisse aus allen drei Runden gemeinsam betrachtet werden, obgleich sie nur bezogen auf die Länder der 1. Runde leicht unterdurchschnittlich ausfiel (vgl. Rammstedt et al., 2021).

In der alltagsmathematischen Kompetenz wies die erwachsene Bevölkerung in Deutschland einen Wert über dem OECD-Durchschnitt auf, und zwar sowohl in Runde 1 als auch bei der Betrachtung der Daten aller drei Runden. Dies lässt sich durch den vergleichsweise hohen Anteil an Personen mit sehr hohen Kompetenzen erklären. Ähnlich wie bei der Lesekompetenz war in Japan und Finnland die alltagsmathematische Kompetenz im Mittel am höchsten und wiederum in Mexiko, Chile, Ecuador und Peru am niedrigsten.

Technologiebasiertes Problemlösen wurde definitionsbedingt ausschließlich computerbasiert und daher nicht für alle Personen erhoben. Die Ergebnisse wurden in Form von Bevölkerungsanteilen in drei Kompetenzstufen (Stufen I, II und III) ausgewiesen. Betrachtet man die Bevölkerungsanteile der Kompetenzstufen II und III und somit der Bevölkerungsanteile mit hoher technologiebasierter Problemlösekompetenz, lag Deutschland über dem OECD-Durchschnitt. Von allen teilnehmenden Ländern hatten Neuseeland, Schweden, Finnland und die Niederlande die vergleichsweise höchsten Bevölkerungsanteile in den Kompetenzstufen II und III. Die niedrigsten Anteile hatten die Türkei, Peru und Ecuador.

Kompetenzen in verschiedenen Bevölkerungsgruppen

Im internationalen Vergleich waren auch deutliche Unterschiede in den grundlegenden Kompetenzen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu beobachten. So zeigten sich in allen Ländern Unterschiede z.B. in Abhängigkeit vom Bildungsniveau, Alter, Migrationshintergrund oder Geschlecht.

Erwachsene mit einem Hochschulabschluss hatten im Durchschnitt deutlich höhere Kompetenzen als Erwachsene ohne höheren sekundären Bildungsabschluss.

Die Daten zeigten auch, dass die Altersgruppe der 25- bis 35-Jährigen im OECD-Durchschnitt ein etwas höheres Kompetenzniveau in allen drei Kompetenzdomänen aufwies als ältere Personen. Dies ist nicht nur auf biologische Alterungsprozesse zurückzuführen, sondern auch darauf, dass jüngere Personen bzw. Geburtskohorten oft ein höheres Bildungsniveau haben.

In fast allen Ländern erzielten Erwachsene mit Migrationshintergrund im Durchschnitt geringere Kompetenzwerte als jene ohne Migrationshintergrund. Diese Disparität lässt sich damit erklären, dass der Migrationshintergrund über die Muttersprache bestimmt wurde und die Kompetenzen in PIAAC in den jeweiligen Landessprachen erhoben wurden.

Männer und Frauen unterschieden sich - über alle Länder hinweg - in den grundlegenden Kompetenzen nur marginal, wobei auffällig ist, dass die Geschlechterdisparitäten zugunsten der Männer in Deutschland vergleichsweise hoch sind.

Kompetenzen am Arbeitsmarkt

Grundlegende Kompetenzen sind auch für die Partizipation am Arbeitsmarkt relevant. Zum Beispiel hatten Erwerbstätige in allen teilnehmenden Ländern - und so auch in Deutschland - im Mittel höhere Kompetenzen als Erwerbslose und Nichterwerbspersonen. Höhere Kompetenzen gingen ebenfalls mit höheren Einkommen einher.