Mutterschaft bleibt ein Karrierehindernis


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Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Yvonne Ziegler und Prof. Dr. Regine Graml legt 2. Frankfurter Karrierestudie vor - Weiterhin Nachteile bei Gehalt und Chancen für Frauen mit Kind

Die Karrierebedingungen für Frauen mit Kindern sind immer noch von Diskriminierung und Hindernissen geprägt. Im Vergleich lässt sich im letzten Jahrzehnt in einigen Bereichen eine leichte positive Veränderung erkennen.

Dies ist ein zentrales Ergebnis der 2. Frankfurter Karrierestudie, die ein Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Yvonne Ziegler und Prof. Dr. Regine Graml jetzt unter dem Titel „Karriereperspektiven berufstätiger Mütter“ veröffentlicht hat.¹ Die Wirtschaftswissenschaftlerinnen der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) knüpfen mit ihrer Online-Befragung von 2.000 berufstätigen Müttern an ihre 1. Frankfurter Karrierestudie an, die 2010 durchgeführt wurde. Während diese sich vor allem mit der grundsätzlichen Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschäftigte, hat sich die 2. Studie anhand konkreter Fragen umfassend mit dem Arbeits- und Lebensumfeld berufstätiger Mütter in Deutschland und ihrer subjektiven Wahrnehmung in Bezug auf ihre Karrieresituation in Unternehmen befasst.

Befragt wurden 2.000 berufstätige Mütter im Alter zwischen 31 und 40 Jahren (43 Prozent) bzw. 41 bis 50 Jahren (37 Prozent). Im Durchschnitt hatten die Befragten 1,8 Kinder, das Alter der Kinder war breit gestreut. Um Veränderungen im Zeitverlauf zu erkennen, wurden die Antworten in zwei Gruppen ausgewertet, je nachdem, ob die Geburt vor oder nach 2010 erfolgte. 81 Prozent der Befragten stammten aus Westdeutschland, 19 Prozent aus Ostdeutschland (inklusive Berlin). Die Mehrheit besaß eine überdurchschnittlich gute Berufsausbildung: Fast zwei Drittel wiesen ein abgeschlossenes (Fach-) Hochschulstudium auf, 8 Prozent waren promoviert, 22 Prozent hatten eine berufliche Ausbildung absolviert, 24 Prozent waren Frauen in Führungsfunktionen. „Insofern sind die Ergebnisse vor allem für das Segment der hoch qualifizierten, in größeren Unternehmen tätigen Mütter aussagekräftig“, erläutert Prof. Dr. Yvonne Ziegler.

Ergebnisse der Studie: Schon die 1. Studie entkräftete das Vorurteil, Beruf und Karriere würden für Frauen unwichtig, sobald sie Mütter werden. Daran hat sich nichts geändert: 35 Prozent und somit die größte Gruppe der Befragten der aktuellen Studie gaben an, dass für sie Beruf und Familie gleich wichtig sind und daher das berufliche Engagement einen hohen Stellenwert in ihrem Leben hat; bei Frauen in Führungsverantwortung war dieser Anteil mit 46 Prozent noch höher.
Fast die Hälfte (45 Prozent) der Studienteilnehmerinnen nahm pro Kind eine Auszeit zwischen sieben und zwölf Monaten in Anspruch; nur ein recht kleiner Anteil der Mütter (14 Prozent) unterbrach die berufliche Laufbahn länger als zwei Jahre; lediglich 5 Prozent nutzten die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit für eine dreijährige Elternzeit. Kürzer pausieren Frauen in Führungspositionen: 29 Prozent von ihnen blieben nur sechs Monate und weniger zu Hause. Insgesamt sind 62 Prozent aller Frauen nach zwölf Monaten wieder am Arbeitsplatz.

Wie erfolgt der Wiedereinstieg nach der Babypause? Die Mehrheit der Frauen (76 Prozent) kehrt nach der Auszeit zu ihrem „alten“ Arbeitgeber zurück: 32 Prozent übernahmen wieder ihre ursprüngliche Position unverändert, 24 Prozent übernahmen die ursprüngliche Position mit veränderten Rahmenbedingungen und 20 Prozent übernahmen eine neue Position innerhalb der Firma. Von den Frauen mit einer neuen Position waren weniger Frauen (68 Prozent) zufrieden als die, die auf ihre ursprüngliche Position zurückgekehrt waren (85 Prozent). Die Gründe für die Unzufriedenheit: veränderte Arbeitsbedingungen, uninteressantere Aufgaben, kaum Aufstiegschancen sowie eine schlechtere Bezahlung. 15 Prozent nannten zudem ein schlechtes Betriebsklima, fehlende Flexibilität Müttern gegenüber, keine Rücksichtnahme auf Urlaub oder Krankheit.

Viele Mütter treten im Beruf auf der Stelle: Die befragten Frauen erlebten bei ihrer Rückkehr Karrierenachteile. Bei 18 Prozent wurden anstehende Karriereschritte gestrichen und bei 33 Prozent wurden diese auf Eis gelegt. Weiterhin gab es nach der Rückkehr Nachteile bei der Gehaltsentwicklung: Bei 19 Prozent der Frauen mit anstehenden Gehaltserhöhungen wurden diese gestrichen, bei 13 Prozent wurden sie mit größeren Abständen umgesetzt und bei 8 Prozent in verminderter Höhe.

Die Befragten gaben häufiger an, stark im Rahmen einer Vollzeittätigkeit gefördert worden zu sein (49 Prozent). Von den Müttern in Teilzeit fühlten sich nur 17 Prozent stark gefördert. 38 Prozent gaben sogar an, in Teilzeitpositionen nicht gefördert worden zu sein. Als Karrierehindernis erwiesen sich nach Angaben der Mütter in Führungsverantwortung am häufigsten Männernetzwerke. Mütter ohne Führungsverantwortung nannten hauptsächlich fehlende Aufstiegsmöglichkeiten und Vorurteile gegenüber Müttern.
Diese gehen einher mit diskriminierenden Verhaltensweisen im Beruf. 41 Prozent der Frauen fühlten sich in ihrem Berufsleben zweimal und mehr „wohlwollend“ ausgebeutet, während ein Kollege die Anerkennung für ihre Arbeit einstrich, 60 Prozent der befragten Frauen wurden zweimal und mehr aufgrund ihres Geschlechts stigmatisiert.
Weiterhin gaben 41 Prozent der Frauen an, bei wichtigen Meetings mindestens zweimal oder mehr nicht berücksichtigt worden zu sein.

Quelle,  Empfehlungen sowie Verbesserungsvorschläge und weitere Informationen: PM - Frankfurt UAS, 27.03.2023