Medizinische Formulare in Aktion: der Umgang mit einem Routinebruch im Arzt-Patientin-Gespräch
Titelübersetzung:Medical forms in action: dealing with a routine fracture during a discussion between a physician and a patient
Autor/in:
Kissmann, Ulrike Tikvah
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 3070-3081
Details
Inhalt: "Was passiert in Arzt-Patient- und Schwester-Patient-Gesprächen, wenn Patienten auf die standardisierten Fragen nicht erwartungsgemäß reagieren und wie gehen die verschiedenen Berufsgruppen im Krankenhaus mit dieser Situation um? Während die Spezialsprechstunden der Chef- und Oberärzte einen gewissen Gestaltungsraum in den Gesprächen bieten, verläuft die präoperative Aufnahme oder Indikationssprechstunde entlang festgelegter Routinen von Frage und Antwort. Die letztgenannten Interaktionsmuster sind leichter formalisierbar und werden deshalb zunehmend durch Informationssysteme unterstützt. Der Beitrag analysiert Brüche in den routinisierten Handlungsabläufen der präoperativen Aufnahme. Das aufgetretene Unverständnis in der jeweiligen Interaktion gibt Aufschluss darüber, welche Interpretationsleistungen von Ärzten und Ärztinnen sowie Ambulanzschwestern vollbracht werden müssen, damit Daten und Befunde erhoben, dokumentiert und für das gesamte Krankenhaus nutzbar gemacht werden können. Die Ergebnisse basieren auf Video-Interaktionsanalysen von Arzt-Patient- und Schwester-Patient-Gesprächen. Sie wurden im Rahmen einer innerbetrieblichen Weiterbildungsveranstaltung den bisher untersuchten Kliniken vorgestellt und dort unter dem Titel 'Was passiert, wenn Patienten nicht kooperieren? Gemeinsame Auswertung von Videos und die Folgen für Dokumentation und Datenpflege' diskutiert. Insgesamt ist es Ziel, neben der Analyse von computerisiertem Wissen auch die unterschiedlichen Formen von Handlungen zu beschreiben, in denen Wissen eingebunden, generiert und im Umgang mit dem Informationssystem angewandt wird. Die Untersuchung wird im Rahmen des DFG-Projekts 'Zum Wandel von Arbeit durch computerisiertes Wissen im Operationssaal aus der Geschlechterperspektive' durchgeführt." (Autorenreferat)
Schlagwörter:electronic data processing; Medizintechnik; Kommunikationstechnologie; flow-oriented planning; Handlung; Einsatz; deployment; EDV; surgery; Arzt; Krankenhaus; nurse; Interaktionsmuster; hospital; medical technology; medicine; Krankenschwester; Federal Republic of Germany; Ablauforganisation; Handlungsorientierung; interaction pattern; information system; action; physician-patient relationship; patient; knowledge; information technology; computer; physician; Arzt-Patient-Beziehung; Medizin; Informationssystem; communication technology; Informationstechnologie; Computer; Operation; action orientation; Wissen; Patient
SSOAR Kategorie:Technikfolgenabschätzung, Frauen- und Geschlechterforschung, Medizinsoziologie
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Von der schwarzen zur weißen Küche: zur Frage des Verschwindens häuslicher Kochkunst
Titelübersetzung:From black to white cuisine: the question of the disappearance of domestic cooking skills
Autor/in:
Meyer-Renschhausen, Elisabeth
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 5965-5975
Details
Inhalt: "Bereits um 1800 verbannte die Rumfordsche Kochmaschine das offene Herdfeuer. Ziel war ein sparsamer Umgang mit dem immer knapper werdenden Feuerholz. Das offene Herdfeuer verschwand unter Eisenringen, statt Funkenhut bekam der Herd einen Rauchabzug. Erst jetzt lohnte es sich, die ganze Küche weiß zu streichen und die weiße Farbe, die in die Küchen der nördlichen Hemisphäre einzog, wurde zum symbolischen Zeichen für den Einzug von Wissenschaft und Hygiene, die nun das 'traditional knowledge' samt Rauch- und Geruchswolken ersetzten. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts begannen wohlmeinende Ärzte, die Fehl- und Mangelernährung des gemeinen Volkes als ein Problem zu kommentieren. Frauenrechtlerinnen, die berühmt wurden für ihre Suppenküchen, die nicht nur jedermann offen standen, sondern auch volkstümliche Suppengerichte anboten, schrieben Kochbücher, in denen Fette, Eiweiße samt Kohlenhydrate und - nach dem Ersten Weltkrieg - auch Vitamine und Spurenelemente die Hauptrolle spielten. Die alte Kochkunst als ein Vermögen, nach Augenmaß und Gefühl die richtige Dosis zu bestimmen, verschwand. Sie wurde durch eine zu erlernende Küche ersetzt, deren Maßstäbe von den Experten aus Medizinalinstituten und Kliniken stammten. Nicht mehr das Haptische und die richtigen Proportionen bestimmten nun die Kochkunst, sondern die in Chemielaboren errechnete optimale Zusammensetzung eines Gerichts. Mit dem Verschwinden des alten Wissens und seiner sinnlichen Seiten schwand auch der Sinn für die soziale Bedeutung der Mahlzeit als Ritual und herkömmlicher Umgang mit dem Leiblichen." (Autorenreferat)
Schlagwörter:nutrition; 19. Jahrhundert; food; knowledge; Ritual; science; Hygiene; hygiene; nutrition science; Nahrungsmittel; ritual; eating behavior; woman; Ernährung; Ernährungswissenschaft; body; Körper; Wissen; nineteenth century; Essverhalten
SSOAR Kategorie:Kultursoziologie, Kunstsoziologie, Literatursoziologie, Frauen- und Geschlechterforschung, Medizinsoziologie, Sozialgeschichte, historische Sozialforschung
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Körper und Geschlecht im medizinischen Kontext: das Beispiel Brustkrebs
Titelübersetzung:Body and gender from a medical context: the example of breast cancer
Autor/in:
Reuter, Julia
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 4158-4170
Details
Inhalt: "Aktuelle Arbeiten der gender und science studies attackieren die 'moderne' dualistische Unterscheidung zwischen Natur und Kultur. Ihr Hauptkritikpunkt richtet sich gegen die Konzipierung der Moderne als ein Projekt wissenschaftlich-technische Rationalität, das zwischen politischer und epistemologischer Repräsentation, zwischen Kultur und Natur strikt trennt, gemäß der Vorstellung von Kultur als Ergebnis immanenter zeitlich und räumlich gebundener Verhandlungen und Konstruktionsleistungen und Natur als transzendenter Bereich von Universalität, Fakten und Wahrheit. Stattdessen wird auf die 'Bruchstellen' und 'unbeabsichtigten Nebenfolgen' dieser Unterscheidung verwiesen, mit dem Ziel, die vielfältigen Phänomene und Verschränkungen zwischen Natur und Kultur aufzuzeigen und sie gleichzeitig theoretisch wie theoriewissenschaftlich neu zu rahmen. Ausgehend von Bruno Latours und Michel Callons Actor-Network Theory und Donna Haraways 'Cyborg-Mythos' fokussiert der Beitrag die (Neu-)Konzeption von Natur und Kultur im Kontext poststrukturalistischer Theorien. Während im ersten Teil theoretische Überlegungen im Vordergrund stehen, sollen daran anschließend auch Beispiele von Natur-Kultur-Konstruktionen aus der Forschungspraxis und daraus resultierende Probleme diskutiert werden. Als Grundlage dienen hierbei erste Ergebnisse eines Forschungsprojekts zu Körper- und Geschlechtsrollenerfahrungen brustkrebserkrankter Frauen, das die Problematik einer rigiden Natur-Kultur-Unterscheidung im Kontext der Medizin aus Sicht der Betroffenen thematisiert und Ansätze einer personalen wie gesellschaftspolitischen Neuordnung aufzeigt." (Autorenreferat)
Schlagwörter:Gesellschaftspolitik; social policy; gender; Natur; Medizin; cancer; gender role; Krankheit; medicine; culture; woman; Geschlechtsrolle; nature; Krebs; body; Kultur; Poststrukturalismus; Körper; post-structuralism; illness
SSOAR Kategorie:Medizinsoziologie, Allgemeines, spezielle Theorien und Schulen, Methoden, Entwicklung und Geschichte der Demographie
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Mensch-Maschine-Interaktion im Krankenhaus:: Anthropomorphisierung und Vergeschlechtlichung von Informationssystemen
Titelübersetzung:Man-machine interaction in hospitals: anthropomorphization and genderization of information systems
Autor/in:
Kissmann, Ulrike Tikvah
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Soziale Ungleichheit - kulturelle Unterschiede"; Frankfurt am Main, 2006. S 1611-1618
Details
Inhalt: "Das Bild des Menschen ist Ergebnis der historischen Entwicklung, in der der Mensch als zweigeschlechtlich, als entweder männlich oder weiblich, konstruiert wurde. Das universale Menschenbild der Moderne steht im Kontrast zu dem, was in deralltäglichen Praxis als 'menschlich' bezeichnet wird. 'Menschlich' ist darin nicht nur entweder weiblich oder männlich, sondern es wird entlang weiterer Differenzen wie gesund oder krank, rein oder unrein und authentisch oder künstlich klassifiziert. Der Vortrag des Bearbeiters wird anhand der Vermenschlichung von Informationssystemen darstellen, wie Ungleichheiten einerseits über Technik reproduziert werden und wie sie andererseits durch Technik auch veränderbar sind. Die Diskussion um die Vermenschlichung von Computeranwendungen entstand während der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz und wird gegenwärtig unter dem Geschichtspunkt der Handlungsfähigkeit von Maschinen wieder aufgegriffen. Mithilfe von biographischen Rekonstruktionen werden die zweigeschlechtlichen Deutungsmuster und andere klassifizierenden Zuschreibungen aufgedeckt, die den Anthropomorphismen in der Mensch-Maschine-Interaktion verhaftet sind. Das Projekt untersucht, wessen Tätigkeiten und welche Subjekte das Informationssystem unterstützt und eventuell ersetzt. Es wird gefragt, welche Bilder des Menschen in Arbeitsabläufen und Routinen wirksam sind und wie dadurch das Wissensobjekt Patient hergestellt wird. Mittels biographisch-narrativer Interviews und Videoaufnahmen werden die Deutungs- und Handlungsstrukturen des Krankenhauspersonals in der Mensch-Maschine-Interaktion rekonstruiert. Sein Vortrag wird die ersten Ergebnisse des Projekts vorstellen und sich auf die biographischen Rekonstruktionen beschränken. Auf Wunsch kann in der Diskussion das Konzept der Videoanalysen beschrieben werden." (Autorenreferat)
Schlagwörter:Personal; Einsatz; deployment; workflow; Auswirkung; computer; personnel; Krankenhaus; Arbeitsablauf; Technik; hospital; interaction; Menschenbild; Mensch-Maschine-System; image of man; Informationssystem; man-machine system; impact; Computer; information system; engineering; Interaktion; Patient; patient
SSOAR Kategorie:Wissenschaftssoziologie, Wissenschaftsforschung, Technikforschung, Techniksoziologie, Technikfolgenabschätzung, Medizinsoziologie
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Die Thematisierung sozialer Ungleichheit im Kontext von Professionsinteressen am Beispiel des medizinischen Diskurses über Epilepsie
Titelübersetzung:Thematization of social inequality in the context of professional interests, using the medical discourse on epilepsy as an example
Autor/in:
Möller, Torger
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Soziale Ungleichheit - kulturelle Unterschiede"; Frankfurt am Main, 2006. S 4383-4392
Details
Inhalt: "Im Zentrum des Vortrages steht das Problem, wie und in welcher Weise soziale Ungleichheit innerhalb der medizinischen Profession thematisiert wird. Der Frage wird am Beispiel des medizinischen Diskurses über Epilepsie empirisch nachgegangen. Ab den 1960er Jahren entwickelt sich vor dem Hintergrund einer zunehmenden Demokratisierung von Wissenschaft und Gesellschaft ein neues sozialorientiertes, medizinisches Anforderungsprofil. Das medizinische Handeln soll sich nicht mehr ausschließlich auf diagnostisch-kurative Zwecke richten, sondern ebenso der sozialen Diskriminierung von Kranken und Behinderten entgegenwirken. Im medizinischen Diskurs wird dabei nur eine bestimmte Form sozialer Ungleichheit thematisiert: Der legitimen, medizinwissenschaftlich begründeten Beschränkung der Lebens- und Handlungschancen steht eine illegitime Ungleichbehandlung gegenüber. Die Produktion und Reproduktion dieser illegitimen sozialen Ungleichheit wird nicht innerhalb des medizinischen Systems verortet, sondern irrationale Vorurteile der Bevölkerung gelten als ursächliches Problem bei der Herstellung der Chancengleichheit von Kranken und Behinderten. Die Analyse medizinischer Fachpublikationen und populärwissenschaftlicher Medien zeigt jedoch, dass medizinisches Wissen maßgeblich an der Herstellung jener vermeintlich externbedingten sozialen Ungleichheit beteiligt ist. Die Art und Weise der Thematisierung sozialer Ungleichheit im medizinischen Diskurs muss somit vor dem Hintergrund der Reproduktion des medizinische Systems als legitimen Ort der gesellschaftlichen Wissensproduktion gesehen werden. Weiterhin kann am Beispiel der Epilepsie gezeigt werden, dass die ab den 1960er Jahren expansive Thematisierung sozialer Ungleichheit eng mit medizinischen Professionsinteressen verknüpft ist, die im Zusammenhang mit der Etablierung und Institutionalisierung der Epileptologie als medizinischem Teilgebiet stehen." (Autorenreferat)
Schlagwörter:epilepsy; knowledge transfer; discrimination; knowledge; soziale Folgen; Behinderter; Medizin; Krankheit; medicine; Diskriminierung; Federal Republic of Germany; Epilepsie; Wissenstransfer; social inequality; handicapped; soziale Ungleichheit; social effects; illness; Wissen; Patient; patient
SSOAR Kategorie:Allgemeine Soziologie, Makrosoziologie, spezielle Theorien und Schulen, Entwicklung und Geschichte der Soziologie, Medizinsoziologie, Wissenssoziologie
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag