Inhalt: In unserem Beitrag werden drei Studien beschrieben und unter dem Gesichtspunkt von Macht-Dynamiken beleuchtet, die durch die im Forschungsprozess wirksamen subjektiven Positionen von Forschenden und Forschungsteilnehmer(inne)n hervorgebracht werden. Der hierbei verwandte reflexive Ansatz ist durch poststrukturalistische Kritiken an einem Reflexivitätsbegriff inspiriert, der wahrheitsgemäße Repräsentationen des Forschungsprozesses und diesen gestaltende stabile und einzigartige Autor(inn)en unterstellt. Hier werden Subjektivität und Macht demgegenüber mit Hilfe der Verwendung unterschiedlicher narrativer Stile ausgelotet, um den widersprüchlichen und fragmentierten Charakter von Reflexivität als eine Neukonstruktion von (vergangener) Wirklichkeit darstellen zu können. In der ersten Studie, die sich mit der Erfahrung von Wut bei Frauen befasst, beschreibt eine Forscherin ihren Versuch, die Teilnehmerinnen der Studie in die Analyse einzubeziehen, um das eigene Verständnis der Daten zu verbessern. Ausgehend von einem Verständnis von Reflexivität als Introspektion und Kollaboration schildert eine einzelne Erzählerin die Geschichte ihre konflikthaften subjektiven Position als feministische Forscherin, d.h. als Feministin und Forscherin. In der zweiten Studie interviewte eine Forscherin berufstätige Männer zum Thema zwischengeschlechtlicher Beziehungen. Diese Forscherin entwickelt – ausgehend von einem Verständnis von Reflexivität als sozialer Kritik – eine dialogische Untersuchung in Form von "Mehrstimmigkeit". Ihre Aufmerksamkeit gilt im Besonderen eigenen subjektiven Positionen, die aus Identitätsaspekten folgen, die mit ihrer Geschlechtsrolle und ihrer Forscherinnenrolle verknüpft sind. In der dritten Studie schließlich wird Reflexivität als diskursive Dekonstruktion verstanden und ein Ansatz nicht-dialogischer "Mehrstimmigkeit" verwandt, um den multiplen und widersprüchlichen Charakter reflexiven Verstehens nachzuvollziehen, der mit aus Forschungserfahrung, Nationalität und Mutterschaft sich ergebenden subjektiven Positionen zusammenhängt. Bei der Untersuchung der Beziehungen zwischen Forscherinnen und Forschungsteilnehmer(inne)n, die dadurch ermöglicht oder verhindert wurden, dass die Forscherinnen ihre subjektive Rolle als "Forschende" einnahmen, entstanden durch die Verwendung von drei verschiedenen Auffassungsweisen von Reflexivität mit entsprechend unterschiedlichen Erzähl-Stilen neue Verstehensmöglichkeiten von Subjektivität und Macht.
Inhalt: Three studies are described and examined in terms of the power dynamics created through the subjective positions made salient for both researchers and the participants by the research process. The reflexive accounts of these studies are informed by the poststructuralist critique of reflexivity as both a truthful representation of the research process and one that can be produced by stable and unitary authors. In this paper subjectivity and power are explored through the use of different narrative styles that work to highlight the contradictory and fragmented nature of reflexivity as a new construction of (a past) reality. In the first investigation a female researcher exploring women's experiences of anger describes the process of taking analysis back to her participants to enhance the researcher's understanding of her data. Taking the approach to reflexivity as one of introspection and collaboration a single narrator tells the tale of conflict and resolution between her subjective positions of feminist-researcher, feminist and researcher. In the second study, a female researcher who interviewed men working in professional employment creates a dialogical inquiry through polyvocality to produce an account of reflexivity as social critique. In particular, she explores the subjective positions created through identities attached to her gender and her role as a researcher. The third study approaches reflexivity as discursive deconstruction and employs non-dialogical polyvocality to explore the multiple and contradictory nature of reflexive understandings created through subjective positions derived from the research experience, nationality and motherhood. In examining the participant-researcher relationships that were enabled or dis-enabled when the researchers inhabited the subjective position of "researcher", the use of three different approaches to reflexivity with correspondingly different narrative styles, produced new understandings of subjectivity and power.
Schlagwörter:scientist; constructivism; gender; Macht; research topic; reflexivity; power; Gender; Forschungsprojekt; subjectivity; Forschungsgegenstand; Subjektivität; Wissenschaftler; Feminismus; Konstruktivismus; Männlichkeit; research project; gender-specific factors; Poststrukturalismus; feminism; post-structuralism; Reflexivität; masculinity; sozialer Konstruktivismus; Wut; Kindererziehung; reflexivity; power; subjectivity; feminism; post structuralism; social constructionism; anger; childcare; masculinities
SSOAR Kategorie:Forschungsarten der Sozialforschung, Wissenschaftssoziologie, Wissenschaftsforschung, Technikforschung, Techniksoziologie
Dokumenttyp:Zeitschriftenaufsatz