Ambivalenzen der Sichtbarkeit : Einleitung zur deutschen Ausgabe
Titelübersetzung:Ambivalences of visibility : introduction to the German issue
Autor/in:
Hark, Sabine; Villa, Paula-Irene
Quelle: Top Girls: Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. Angela McRobbie, Sabine Hark (Hrsg.), Paula-Irene Villa (Hrsg.). Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss. (Geschlecht und Gesellschaft), 2010, S. 7-16
Inhalt: Damit dem Feminismus Rechnung getragen werden kann, muss er als bereits verstorben betrachtet werden. Es ist gerade diese Form der Inanspruchnahme, die eine Demontage feministischer Politik ermöglicht. Das undoing von Feminismus, wie McRobbie es nennt, geschieht insbesondere dadurch, dass bestimmte feministische Elemente aufgegriffen und - spürbar und nachhaltig - in das politische Leben und in eine Reihe gesellschaftlicher Institutionen integriert werden. Unter Verwendung von Vokabeln wie 'Ermächtigung', empowerment, und 'Wahlfreiheit', choice, werden jene Elemente gegenwärtig in einen wesentlich individualistischeren Diskurs umgeformt und in neuem Gewande vor allem in den Medien und in der Populärkultur, aber auch von staatlichen Einrichtungen als eine Art Feminismus-Ersatz verwendet. Die damit verbundenen neuen und vorgeblich 'moderneren' Vorstellungen über Frauen, insbesondere über junge Frauen, würden ihrerseits auf aggressive Weise mit dem Ziel verbreitet, das Entstehen einer neuen Frauenbewegung zu unterbinden. Statt Frauenbewegungen, women's movement, hat man es heute eher mit Bewegungen von Frauen, movements of women zu tun. In Deutschland kann man dies an mehreren jüngst geführten Debatten nachvollziehen, vor allem vielleicht an den medial inszenierten Diskussionen um den sogenannten "neuen Feminismus". (ICF2)
Top Girls : Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes
Titelübersetzung:Top Girls : feminism and the rise of the neo-liberal gender regime
Autor/in:
McRobbie, Angela
Quelle: Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss. (Geschlecht und Gesellschaft, Bd. 44), 2010. 227 S.
Inhalt: Die Verfasserin vertritt die These, dass wir gegenwärtig Zeugen einer Neudefinition von Geschlechterhierarchien werden, die auch Auswirkungen auf die Kategorien soziale Klasse/Schicht sowie race und Ethnizität hat. Das In-Erscheinung-Treten junger schwarzer und asiatischer Frauen im Rahmen dieser Individualisierungsstrategien führt dazu, dass ihnen ein ungewöhnlicher, wenn nicht einzigartiger Status gewährt wird, während sich an anderen Stellen dieser 'Zone der Luminositäten' (innerhalb derer im Übrigen auch der Antirassismus zurückgedrängt wird) zugleich eine Art nostalgischer Re-Privilegierung des Weißseins offenbart und sogar ein Prozess der kulturellen Rekolonialisierung zu beobachten ist. In diesem Kontext werden eine Reihe von Konzepten vorgestellt, mit denen die Autorin das Phänomen der postfeministischen Weiblichkeit zu fassen versucht, also jene Technologien, die jungen Frauen im Rahmen eines Prozesses der Ersetzung und Verdrängung zur Verfügung gestellt werden und die ihnen gleichzeitig mehr Freiheiten und eine Veränderung ihres Status und ihrer Identität zu versprechen scheinen. Dies sind erstens die 'postfeministische Maskerade', zweitens die Figur der 'berufstätigen Frau', drittens die 'phallische Frau' und viertens die 'globale Frau'. Es wird argumentiert, dass in diesen Technologien die Macht der Geschlechterdiskurse genau dadurch hervortritt, dass sie jungen Frauen bestimmte Fähigkeiten zusprechen. Anschließend wird untersucht, im Rückgriff auf Bourdieus Begriff der symbolischen Gewalt, die veränderten Klassen-, race- und Geschlechterdynamiken, die sich beispielsweise in den mittlerweile zu einem eigenen Genre gewordenen make-over-Fernsehsendungen manifestieren. Es wird gezeigt, dass auch hier mit Blick auf soziale Anerkennung und kulturelle Zugehörigkeit eine 'Mobilisierung von Frauen' erzwungen wird. Junge Frauen aus der ganzen Welt strömen in Städte wie London und an akademische Bildungseinrichtungen, um ihre Bildungsqualifikationen zu verbessern. Die Vielfalt dieser globalen Biographien ist derart groß, dass sie sich einem unmittelbaren soziologischen Verständnis verschließt. Gleichzeitig stellt sich hier eine Reihe von neuen Fragen über weibliche Individualisierung, die neue internationale Arbeitsteilung, die gesellschaftlichen Rollen gut ausgebildeter junger Frauen und die ökonomischen Motive, die dieser Form weiblicher Migration zugrunde liegen. (ICF2)
Transformationen von Wissen, Mensch und Geschlecht : Geschlechterforschung als kritische Ontologie der Gegenwart
Titelübersetzung:Transformations of knowledge, people and gender : gender studies as critical ontology of the modern day
Autor/in:
Hark, Sabine
Quelle: Transformationen von Wissen, Mensch und Geschlecht: transdisziplinäre Interventionen. Irene Dölling (Hrsg.), Dorothea Dornhof (Hrsg.), Karin Esders (Hrsg.), Corinna Genschel (Hrsg.), Sabine Hark (Hrsg.). Königstein: Helmer, 2007, S. 9-24
Inhalt: Die Verfasserin präsentiert das Konzept des Projekts "Transformationen von Wissen, Mensch und Geschlecht". Sie zeigt, dass das Projekt auf Fragen zielt, die sich aus aktuellen gesellschaftlichen und diskursiven Spannungen, Konfliktlagen und Transformationen ergeben und rückt insbesondere die Frage in den Mittelpunkt, wie Begriffe die von ihnen beschriebenen Praktiken zugleich prägen und definieren. Die Autorin geht den Fragen nach, ob durch Wissenschaften, neue Technologien und neue Medien gegenwärtig in vergleichbar epochaler Weise wie "um 1800" neu 'erfunden' klassifiziert und normiert wird, was der Mensch ist? Werden im Prozess dieses diskursiven Entwerfens jene Denkmuster obsolet, die im Dreieck von 'Natur - Kultur - Geschlecht' der sozialen Ordnung der Moderne bis heute Stabilität und Bedeutung vermittelt haben? Werden neue Grenzen und Hierarchisierungen generiert, bilden sich neue Wissensformen heraus, die die bisherigen Weisen der Wissensproduktion, die Bestimmung von Gegenständen, die Grenzziehungen zwischen Wissenschaftsdisziplinen verändern? Welche wissenschaftlichen Disziplinen sind an der Neuerfindung des Menschen beteiligt? Welche Relationen und Konflikte können zwischen Wissenschaft, Politik, Kultur und Medien ausgemacht werden? Wie ist das jeweilige Diskursfeld strukturiert, wer sind die beteiligten Akteure, wer formuliert welche Geltungsansprüche, wer beansprucht die Diskursführerschaft, was gilt als sinnvolle Aussage, wie werden aktuelle und akute Probleme und Krisen artikuliert, was gilt überhaupt als Problem bzw. Krisenphänomen? Welche Rolle spielen neue Medien für die Wissensproduktion und die Konstituierung des Menschseins? In welchen Weisen dringt wissenschaftliches Wissen durch mediale Vermittlung ins Alltagswissen ein? Wie beeinflusst Alltagswissen umgekehrt die wissenschaftliche Wissensproduktion? Welche Rolle spielen die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bei der Generierung von Vorstellungen über Körper und Bewusstsein? (ICG2)
Inhalt: "Zentrale Ordnungsmuster der Moderne scheinen sich aufzulösen. Es eröffnet sich ein Terrain vollkommener Gestaltbarkeit, das jedoch verengt wird durch neoliberale Reformulierungen. Die Betrachtungen dieses Sammelbandes bewegen sich entlang der Schnittstellen von Wissenschaft, Medien, Politik und Kultur. Dort erhellen sie wirkungsmächtige Wahrnehmungs- und Deutungsmuster von Wissen, Mensch und Geschlecht, erschließen Neudeutungen und Interventionen. Einflussreiche Wissensdisziplinen, populäre Diskurse und neue Medientechnologien werden dabei auf ihre normalisierenden und hierarchisierenden Konfigurationen, aber auch auf ihr widerständiges Potenzial befragt. Hierbei wird nicht zuletzt auf unterschiedliche geopolitische Kontexte und Vorschläge für eine Didaktik der transdisziplinären Frauen- und Geschlechterforschung reflektiert." (Autorenreferat). Inhaltsverzeichnis: Sabine Hark: Transformationen von Wissen, Mensch und Geschlecht. Geschlechterforschung als kritische Ontologie der Gegenwart (9-24); Karin Esders, Corinna Genschel: Widerspenstige Lehre: Ergebnisse transdisziplinärer Lehrpraxis an der Universität Potsdam (25-41); Dorothea Dornhof: Mittelosteuropa und Gender - Konstruktionen mittlerer Reichweite (42-60); Stephan Trinkaus, Susanne Völker: Unbestimmtheitszonen. Ein soziologisch-kulturwissenschaftlicher Annäherungsversuch (61-77); Susanne Lettow: Neobiologismen. Normalisierung und Geschlecht am Beginn des 21. Jahrhunderts (78-93); Petra Schaper-Rinkel: Die neurowissenschaftliche Gouvernementalität. Re-Konfiguration von Geschlecht zwischen Formbarkeit, Abschaffung und Re-Essentialisierung (94-108); Bettina Bock v. Wülfingen: Liebe und Gesundheit in der Genetisierung der Zeugung - Diskursanalyse als Untersuchung der Transformation von Denkräumen (109-125); Heike Jensen: Die 'Informationsgesellschaft' als globales Terrain hegemonialer Maskulinität und feministischer Interventionen (126-141); Tanja Paulitz: Technologien des vernetzten Selbst. Implizite/explizite Allianzen zwischen Technik und Geschlecht (142-158); Karin Bruns: Disgruntled Housewives und Cyber B.I.T.C.H.E.S. - Verfahren geschlechterdifferenter In- und Exklusionen im World Wide Web (159-175); Anke Langner: Geschlecht und geistige Behinderung. Transdisziplinarität in der Untersuchung zweier sozialer Konstruktionen (176-190); Heike Kahlert: Stabilität und Wandel der Geschlechterdifferenz im Zuge des Geburtenrückgangs (191-206); Stanislawa Paulus: Riskante Positionierungen. Mediale Bilder von Musliminnen im Zusammenspiel orientalistischer Projektionen und neoliberaler Subjektanrufungen (207-223); Susanne Lummerding: Sex revisited. Geschlecht versus Bedeutung (224-235).