Menschen mit Behinderungen als GrenzgängerInnen im akademischen Raum: Chancen partizipatorischer Forschung
Titelübersetzung:People with disabilities as border crossers in the academic sector: chances for participatory research
Autor/in:
Goeke, Stephanie; Kubanski, Dagmar
Quelle: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 13 (2012) 1, 29 S
Inhalt: Menschen mit Behinderungen sind derzeit gar nicht oder nur vereinzelt am Forschungsgeschehen zum Themenkreis Behinderungen aktiv beteiligt. Demgegenüber steht die Tatsache einer langen sonderpädagogischen und medizinischen Forschungstradition, in der entweder über behinderte Menschen geforscht wird oder StellvertreterInnen Auskunft über das Befinden behinderter Menschen geben. In unserem Beitrag stellen wir zunächst zum Thema des Einbezugs behinderter Frauen und Männer als aktive ForscherInnen die unterschiedlichen Ansätze von partizipatorischer, emanzipatorischer, inklusiver und transdisziplinärer Forschung vor und verdeutlichen deren Herkunft und Charakteristika. Vor dem Hintergrund von Pierre BOURDIEUs Soziologie und mithilfe der Grundbegriffe "Feld", "Kapital" und "Habitus" kann praxisnah gezeigt werden, wie es zum Ausschluss behinderter Menschen aus dem akademischen Raum kommt und welche Zugangsbarrieren bestehen. Ergänzt wird dies durch Beispiele aus unserer Forschungspraxis. Die Ergebnisse aus der Forschung im deutschsprachigen Raum zeigen, dass Menschen mit Behinderung umfassender in die Konzipierung von Forschungsvorhaben, die Durchführung von Erhebungen und die Interpretation von Datenmaterial einbezogen werden sollten. Deshalb muss ein radikaler Umdenkprozess in Bezug auf Forschungsprozesse an Hochschulen und außeruniversitären Forschungsinstituten stattfinden. Sprachliche Barrieren und Machtverhältnisse müssen in den Blick genommen werden. Forschungsmittel sollten in den entsprechenden Zusammenhängen an den Nachweis einer Beteiligung behinderter Menschen gebunden werden.
Inhalt: Currently people with disabilities have a small or non-existent presence in research activities that explore the lives of people like them. However, there is a strong tradition of such research in special education and medical research. In this article we introduce various approaches to participatory, emancipatory, inclusive, and transdisciplinary research, and illustrate their origin and characteristics. Based on Pierre BOURDIEU’s theory and principles of field, capital and habitus, reasons are illustrated why people with disabilities are excluded from the academic world, as well as the barriers they have to face. We offer examples from our own research practice. The results of research in German-speaking countries confirm that people with disabilities should be included in the design of research projects, the process of evaluation, and the interpretation of data. Because of that we appeal for a radical change at institutions of higher education and a comprehensive inclusion of people with disabilities in the conception of research projects as well as in the operation of surveys and the evaluation and interpretation of data. Linguistic barriers as well as the balance of power ought to be reviewed. The granting of research funds ought to be contingent upon approved participation of people with disabilities.
Schlagwörter:Forschungsprozess; research; Bourdieu, P.; Behinderter; qualitative method; Partizipation; Methode; method; research approach; Forschungsansatz; qualitative Methode; participation; social research; research process; Bourdieu, P.; Sozialforschung; handicapped; partizipatorische Forschung; emanzipatorische Forschung; inklusive Forschung; transdisziplinäre Forschung; Frauen und Männer mit Behinderungen; participatory research; emancipatory research; inclusive research; transdisciplinary research; women and men with disabilities
SSOAR Kategorie:Forschungsarten der Sozialforschung, Erhebungstechniken und Analysetechniken der Sozialwissenschaften, soziale Probleme
Der Kampf um Anerkennung in Gewaltkarrieren von Mädchen
Titelübersetzung:Struggle for recognition in girls' careers of violence
Autor/in:
Equit, Claudia
Quelle: Soziale Probleme, 23 (2012) 2, S 216-250
Inhalt: "Ziel des Beitrags ist es, auf der Grundlage einer qualitativen Studie zentrale Aspekte der Gewaltkarriere von Mädchen darzulegen und den Einfluss der Institutionen wie Familie, Schule, Jugendhilfe zu diskutieren. Zunächst richtet sich der Fokus auf zentrale biografische Dynamiken: Der Zeitpunkt der Expansion der Gewaltkarriere lässt sich auf lebensgeschichtlich einschneidende Abwertungen und Negationen von Anerkennung im institutionellen Kontext zurückführen, die als so genannte 'biografische Abwärtsschübe' charakterisiert werden. Sie stehen im Zusammenhang mit situativen Aspekten, wie beispielsweise der grundlegenden leiblichen Kampfbereitschaft, spezifischen Handlungsmustern, gewaltaffinen Einstellungen sowie einem charakteristischen Selbstbild der gewaltaktiven Mädchen. Eine Zusammenführung biografischer und situativer Aspekte der Gewaltkarriere erfolgt über die Heuristik des Kampfes um Anerkennung und eröffnet so einen verstehenden Zugang zur Dynamik der Gewaltkarriere. Im Weiteren werden dann zwei wesentliche Aspekte bei Ausstiegsprozessen erörtert. Das Fazit greift abschließend zentrale Aspekte der Gewaltkarriere weiblicher Jugendlicher auf und eröffnet eine sozialkritische Perspektive auf die diskutierten Ergebnisse der Studie." (Autorenreferat)
Inhalt: "In this article, key aspects of girls' trajectories of physical violence will be identified. The discussion will focus on the influence of social institutions such as the family, school and youth welfare services on these dynamics. The biographical dynamics shows that the starting point of an expansion of trajectories of violence can be traced back to far-reaching degradations and denials in institutional contexts. These are also referred to as 'biographical drift', which are related to situational aspects such as the general physical readiness for battle, specific Patterns of action, violent attitudes and a distinctive self-image of girls. The integration of biographical and situational aspects of the trajectories of violence will follow the introduced heuristics of a struggle for recognition. It provides a comprehending access to the dynamic of trajectories of violence in the context of a defense of honor and doing gender based on a conception of the female corporeality." (author's abstract)
Intersektionale Perspektiven in der Sozialen Arbeit: ein produktiver Forschungsansatz in der Arbeit mit Drogengebrauchenden Sexarbeiterinnen
Titelübersetzung:Intersectional perspectives in social work: a productive research approach in work with drug using female sex workers
Autor/in:
Schrader, Kathrin
Quelle: Widersprüche : Zeitschrift für sozialistische Politik im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich, 32 (2012) 126, S 53-69
Inhalt: Die Verfasserin zeigt, welche Erkenntnisse sich subjektwissenschaftlich vor allem bezüglich intersektional vielfältig diskriminierter Frauen gewinnen lassen. Auf der Grundlage von Interviews mit fünfzehn Drogen konsumierenden Sexarbeiterinnen aus Hamburgs städtischem Aufwertungsgebiet St. Georg macht sie deutlich, wie in deren Missachtung des Betäubungsmittelgesetzes und der Sperrgebietsverordnung subversive Akte und Widersetzungen enthalten sind, die Handlungsfähigkeit einerseits eröffnen und andererseits beschränken können. Entgegen derer vielfältigen emotionalen Diskriminierung sowie massiven Vorurteile bei Ämtern und Behörden arbeitet sie auf diese Weise zugleich für jede einzelne Frau politische Handlungsmöglichkeiten und Empowermentansätze heraus, die zu deren Selbstermächtigung führen. Diese Handlungsmöglichkeiten werden abschließend zu drei verschiedenen Typen zusammengefasst. (ICE2)
Schlagwörter:Intersektionalität; intersectionality; Sozialarbeit; social work; Prostitution; prostitution; Drogenkonsum; drug use; Hamburg; Hamburg; Mehrebenenanalyse; multi-level analysis; Handlungsfähigkeit; capacity to act; Empowerment; empowerment; Diskriminierung; discrimination; woman; Typologie; typology; Federal Republic of Germany
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, soziale Probleme
Arbeit mit Partnerschaftsgewalttätern zur Prävention von erneuter Gewalt
Autor/in:
Liel, Christoph
Quelle: Forum Erwachsenenbildung: die evangelische Zeitschrift für Bildung im Lebenslauf, (2012) 3, S 33-36
Inhalt: Dieser Artikel befasst sich mit männlichen Partnerschaftsgewalttätern und den Erfolgsaussichten, mit ihnen an der Unterbrechung des gewalttätigen Verhaltens zu arbeiten. Er beschreibt Täterarbeitsprojekte, die in Kooperationsbündnissen mit der Justiz und Frauenunterstützung arbeiten. In der Praxis hat sich hier ein genderbezogener und kognitiv-verhaltensorientierter Arbeitsansatz durchgesetzt. Internationale Befunde belegen die Wirksamkeit von Täterprogrammen und bieten Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung deutscher Programme.
Schlagwörter:woman; Gender; gender; Partnerschaft; partnership; Prävention; prevention; Täter; offender; Federal Republic of Germany; häusliche Gewalt; domestic violence; Programm; program
SSOAR Kategorie:Kriminalsoziologie, Rechtssoziologie, Kriminologie, soziale Probleme, Frauen- und Geschlechterforschung
"Der Mann, der immer kann?": kritische Anmerkungen zum Begriff der sexualisierten Gewalt aus politisch-psychologischer Perspektive
Titelübersetzung:"The omnipotent Man?": critical remarks on the concept of sexualised violence from a political/ psychological perspective
Autor/in:
Roock, Marco
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 4 (2012) 2, S 116-128
Inhalt: "In den Diskursen um sexuelle Gewalt von Männern gegen Frauen findet sich die weitverbreitete Annahme, dass diese nichts mit Sexualität zu tun habe. Im Gegensatz zum Begriff der sexuellen Gewalt bevorzugen die AutorInnen den der 'sexualisierten Gewalt'. Dieser soll zum Ausdruck bringen, dass Sexualität nur insofern eine Rolle spiele, als sie als 'Mittel' zur Gewaltausübung instrumentell eingesetzt werde. Einziges Ziel sexueller Gewalt sei die Demonstration und Ausübung von Macht durch die sexuelle Erniedrigung des Opfers. Die 'Verflüchtigung des Sexuellen' (Parin) aus dieser Diskussion hat schwerwiegende Folgen für die Täterpsychologie. Die Reduzierung der Motive der Täter auf reine Machtausübung unter instrumenteller Zuhilfenahme von Sexualität stellt ein entscheidendes Problem dar, weil durch diese Argumentation letztlich narzisstisch-phallozentrische Männerphantasien - wenn auch ungewollt - gestützt werden. Darüber hinaus führt die strikte Trennung von Sexualität und Gewalt zu einer harmonischen Verklärung von Sexualität, was eine gesellschaftskritische und -politische Auseinandersetzung mit Sexualität verhindert und die spezifische Grausamkeit sexueller Gewalttaten verdeckt." (Autorenreferat)
Inhalt: "In the discourses of sexual violence by men against women one widespread assumption is that this has nothing to do with sexuality. Contrary to the concept of sexual violence, the authors prefer that of 'sexualized violence'. This is intended to express the fact that sexuality only plays a role insofar as it is exploited as a 'means' of exerting violence. The only purpose of sexual violence is to demonstrate and exercise power by sexually humiliating the victim. The 'volatilization of sexuality' (Parin) from this discussion has serious consequences for the psychology of the offender. Reducing the offenders' motives to the mere exercise of power under the exploitative use of sexuality is a crucial problem, because ultimately, this argument supports - albeit unintentionally - narcissistic-phallocentric male fantasies. The strict separation of sexuality and violence leads to a harmonious glorification of sexuality, which prevents the social criticism and political analysis of sexuality and obscures the specific cruelty of sexual violence." (author's abstract)
Schlagwörter:gender; Geschlechterforschung; gender studies; Mann; man; Sexualdelikt; sexual offense; Sexualität; sexuality; Gewalt; violence; Herrschaft; domination; politische Psychologie; political psychology; Kritische Theorie; critical theory; Subjekt; subject; Macht; power; sexueller Missbrauch; sexual abuse; Kritik; criticism
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Familiensoziologie, Sexualsoziologie, soziale Probleme, angewandte Psychologie
Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen: Studie und Tagung zu Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland - eine kritische Würdigung
Titelübersetzung:Violence against women with disabilities: research project and conference on the life situation and pressures on women with impairments and disabilities in Germany - a critical appraisal
Autor/in:
Bretländer, Bettina; Schildmann, Ulrike
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 4 (2012) 3, S 146-151
Inhalt: "Die hier vorgestellte Studie, die auf einer Tagung
im Frühjahr 2012 in Bielefeld der Öffentlichkeit
präsentiert wurde, liefert erstmalig
repräsentative Daten zur Gewaltbetroffenheit
von Frauen mit Behinderung. Untersucht
wurden Frauen mit körperlichen, geistigen,
psychischen, sinnes- und sprachbezogenen
Beeinträchtigungen, Schwerstkörper- und
Mehr fachbehinderungen sowie chronischen
Erkrankungen. Durchweg zeigt sich eine erhöhte
und potenzierte Gewaltbetroffenheit
und Belastung bei Frauen mit Behinderung
im Vergleich zu Frauen der Durchschnittsbevölkerung.
Die Ergebnisse machen die Notwendigkeit
einer verbesserten Struktur von
Präventions- und Interventionsangeboten
deutlich." (Autorenreferat)
Inhalt: "This study, which was presented at a conference
held in Bielefeld in spring 2012, is
the fi rst of its kind to provide representative
data on women with disabilities affected by
violence. It surveyed women with physical,
mental, psychological, sensorial and linguistic
impairments, severe physical and multiple
disabilities, and chronic diseases. The study
found that all women with disabilities face an
elevated and exponentiated risk of experiencing
violence and pressures compared to women
in the average population. The results
highlight the need to improve preventive and
intervention support services." (author's abstract)