Transformation von Geschlechterverhältnissen und Persistenz maskulinistischer Staatlichkeit: Staats- und Familienbilder im postsozialistischen Kroatien
Titelübersetzung:Transformation of Gender Relations and Persistence of Masculinist Statehood: Images of the State and the Family in Post-socialist Croatia
Autor/in:
Malenica, Brigita
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 24 (2015) 2, S 41-54
Inhalt: Der Beitrag fragt nach der Relevanz postsozialistischer und postjugoslawischer feministischer Staatskritik vor dem Hintergrund einer anhaltenden Transformation von Geschlechterverhältnissen und von Staatlichkeit. Wie ist die Diagnose einer Retraditionalisierung der Geschlechterverhältnisse nach dem Systemumbruch heute zu bewerten? Nach einer Auseinandersetzung mit der von Rada Ivekovic formulierten Kritik am postjugoslawischen Nationalstaat wird ein erweiterter theoretischer Zugang in Anlehnung an aktuelle feministische Staatstheorien entwickelt. Im Zentrum steht dabei das Konzept der maskulinistischen Staatlichkeit. Die Wahl von Kolinda Grabar-Kitarovic zur ersten kroatischen Staatspräsidentin im Januar 2015 und ihre Siegesrede dienen als Analysebeispiel, um am aktuellen politischen Diskurs in Kroatien die Neuformulierung "staatsbildender" maskulinistischer Vorstellungen von Staat und Familie durch eine Frau nachzuzeichnen.
Inhalt: The article seeks to examine the relevance of post-socialist and post-Yugoslavian feminist state criticism against the background of an ongoing transformation of gender relations and statehood. How can the re-traditionalization of gender relations, made after the breakdown of the socialist state system, be pin-pointed, and how should it be currently valued? Following the dispute concerning the post-Yugoslavian nation state as formulated by Rada Ivekovic, an advanced theoretical approach is developed. This approach is dependent upon current feminist state theories. In so doing, the concept of masculine-oriented statehood remains the crucial focal point. The victory of Kolinda Grabar-Kitarovic during the Croatian presidential elections in January of 2015 (as well as the succeeding victory speech) serves as a sample of analysis of the current political discourse in Croatia, by retracing the manner in which a highly ranking female politician utilizes state-building discourse to re-formulate masculinist concepts of state and family.
Schlagwörter:Staat; national state; Staatlichkeit; statehood; Kroatien; Croatia; politische Institution; political institution; gender; Männlichkeit; masculinity; Nationalstaat; nation state; Nationalbewusstsein; national consciousness; postsozialistisches Land; post-socialist country; Souveränität; sovereignty; Transformation; transformation; Geschlechterverhältnis; gender relations; Feminismus; feminism; Staatstheorie; theory of the state
SSOAR Kategorie:Staat, staatliche Organisationsformen, Frauen- und Geschlechterforschung
Are times of Europeanisation times of the gender experts? The window of opportunity in the EU accession process in Croatia
Titelübersetzung:Sind Zeiten der Europäisierung Zeiten von Genderexpert_innen? Das window of opportunity im EU-Beitrittsprozess in Kroatien
Autor/in:
Kersten-Pejanic, Roswitha
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 24 (2015) 2, S 28-40
Inhalt: Die EU setzt Standards in unterschiedlichen Fragen der Sozialpolitik, und damit auch auf dem Gebiet der Gleichstellungspolitik. In der Zeitspanne vor dem Beitritt eines Landes zur EU bedeutet die Übernahme der aktuellen EU Standards eines Politikfeldes zunächst einmal die Erfüllung der von der EU vorgegebenen Beitrittsbedingungen. Entsprechend ist diese Vor-Beitrittsphase eine wichtige Zeit der Anpassung und Transformation in Bezug auf politische Vorgaben und Gesetze, und darüber hinaus von politischen Standards und gesellschaftlichen Diskursen. Somit hat gerade diese Phase des EU-Beitritts das Potential, bedeutenden Wandel von Vorstellungen und Meinungsbildern zu begünstigen. Gerade die Gleichstellungspolitik kann als hochgradig umkämpftes Politikfeld gelten, da hier Veränderungen von Traditionen und Lebensentwürfen angeregt werden, die traditionell als persönliche Entscheidungen und private Überzeugungen gelten. In diesem Artikel geht es um einen Aspekt dieses Zusammenspiels von unterschiedlichen Dynamiken der Vor-Beitrittsphase, indem die Möglichkeiten einer aktiven Teilnahme an diesen Prozessen und der Beeinflussung des stattfindenden Wandels durch nationale Genderakteurinnen im Rahmen ihrer Arbeit zur Herstellung von Gleichstellung in Kroatien erörtert wird. Mit Hilfe von Expertinneninterviews mit kroatischen Genderexpertinnen aus Politik und Zivilgesellschaft wird zum einen der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die Europäisierung für die Expertinnen als günstiges Zeitfenster zur Stärkung ihrer Bemühungen hat und zum anderen, welchen Einfluss diese Expertinnen wiederum auf den Grad und die konkreten Realisierungen der Europäisierung der Gleichstellungspolitik hatten.
Inhalt: The EU has established dominant models regarding social matters, one of which is gender equality. In the phase prior to the accession of a given country to the EU, adapting the current dominant model of a political field often constitutes a matter of fulfilling the conditions for actually becoming a member state. Hence, the pre-accession period is a high point regarding a country’s transformation in matters of policies and polities as well as dominant models, discourses and standards, and can be a time of substantial change in belief systems. Gender equality makes up for a notably contested field of social politics, as it is often aimed at changing traditions and orders of social life traditionally perceived as personal choices and private convictions. This paper is concerned with one aspect of the interplay of these pre-accession features, namely, the possibility of agency for domestic gender experts pushing for changes in the gender equality order of Croatia. In search of such agency, expert interviews have been conducted with political gender actors and members of feminist organisations in the Croatian civil society. These interviews provide an insight into the experiences of experts on the Europeanisation of Croatian gender equality standards and show some aspects of their specific role in the realisation of the relevant provisions.
Schlagwörter:Europäisierung; Europeanization; EU-Beitritt; joining the European Union; Kroatien; Croatia; Gender; gender; europäische Sozialpolitik; European social policy; Geschlechterpolitik; gender policy; Gleichstellungspolitik; equal opportunity policy; Gleichstellung; affirmative action; Transformation; transformation; Frauenbewegung; women's movement; Feminismus; feminism; Empowerment; empowerment; postsozialistisches Land; post-socialist country
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Europapolitik
Geschlechterfragen an der Schnittstelle: Verortungen feministischer Polonistik im postsozialistischen Gesellschaftsdiskurs
Titelübersetzung:Gender issues at the interface: alignments of feminist Polish studies in post-socialist discourse
Autor/in:
Seiler, Nina
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 24 (2015) 2, S 54-67
Inhalt: Mit der politischen Transformation von 1989 verändert sich in Polen auch die wissenschaftliche Landschaft. Die verstärkte Integration westlicher Theorien und ein soziopolitischer Backlash in Geschlechterfragen bewirken ein steigendes Interesse an feministischen Ansätzen. Die polnische Literaturwissenschaft nimmt dabei eine führende Rolle in der Anwendung feministischer Theorien im lokalen Kontext ein. Im vorliegenden Artikel wird nach der Einbettung dieser Forschung in die polnischen postsozialistischen Diskursfelder gefragt. Dabei geht es insbesondere um die Auslotung des engen diskursiven Raums, der sich in der polnischen Gesellschaft zwischen konservativ-patriotischen Narrativen, dem Anspruch auf Fortschritt und der Verhandlung der Vergangenheit eröffnet. Hier sind in den polonistischen Beispielen Strategien sowohl der Assimilation wie auch der Subversion erkennbar.
Inhalt: With the political transformations of 1989 in Poland the academic landscape is also changing. The increased integration of Western theories and a sociopolitical backlash in gender issues are responsible for the growing interest in feminist approaches. Polish studies take a leading role in the application of feminist theories in local contexts. The paper asks about the embedding of this feminist research in Polish post-socialist discourse fields. A main focus is the discursive setting of the narrow space between conservative-patriotic narratives, progressivism and negotiations about the past. The study of polonist examples reveals both strategies of assimilation and subversion.
Bausteine einer queerfeministischen politischen Theorie: eine Einleitung
Autor/in:
Bargetz, Brigitte; Ludwig, Gundula
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 24 (2015) 1, S 9-24
Schlagwörter:gender relations; Geschlechterverhältnis; gender; Feminismus; political theory; Macht; politische Theorie; power; feminism; Gender
SSOAR Kategorie:Allgemeines, spezielle Theorien und Schulen, Methoden, Entwicklung und Geschichte der Politikwissenschaft, Frauen- und Geschlechterforschung
Lesbian Trouble(s): Queere Theorievergessenheit und die Bedeutung lesbisch-feministischer 'Klassikerinnen' für andere Versionen und Visionen von Queer/ing
Titelübersetzung:Lesbian Trouble(s): the marginalization of lesbian feminist approaches in the historiography of Queer Theory and their critical implications for other versions and visions of queer/ing
Autor/in:
Klapeer, Christine M.
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 24 (2015) 1, S 25-38
Inhalt: "Die Rezeption 'klassischer' lesbisch-feministischer Theoretikerinnen, wie u.a. Audre Lorde, Gloria Anzaldúa, Monique Wittig und Adrienne Rich bleibt innerhalb queerer Theoriebildung häufig selektiv und oberflächlich: Brüche und Ambivalenzen werden marginalisiert oder in eine lineare, fortschrittsoptimistische queere Genealogie überführt. Damit geht zum einen die Komplexität und das analytische Potenzial dieser Ansätze verloren, zum anderen geraten aber auch deren (queere) Strategien und Visionen für eine Dekonstruktion von (rassisierter) Zweigeschlechtlichkeit und institutionalisierter Heterosexualität aus dem Blick. Dieser Beitrag interveniert in diese selektiven Rezeptionstraditionen und versucht anhand ausgewählter Theorieelemente, jene lesbisch-feministische Versionen und Visionen von Queer/ness, wie sie von diesen Autorinnen entworfen wurden, erneut zur Diskussion stellen. Im Fokus der Beitrages stehen dabei einerseits die dekonstruktivistischen, gendertransgressiven und spirituellen Implikationen der körper- und erfahrungsbezogenen feministisch-lesbischen/patlache Epistemologien von Anzaldúa, andererseits werden die gesellschafstheoretischen und subversiven Potenziale von Wittigs Plädoyer für eine (sprachliche) Universalisierung einer (anti-essentialistischen) Form des 'Lesbischen'/ 'Weiblichen' sowie ihre materialistisch-klassentheoretische Konzeptualisierung der 'Lesbe' als Intervention in dominante queertheoretische Annahmen kritisch diskutiert." (Autorenreferat)
Inhalt: "Within Queer Theory 'classical' lesbian-feminist contributions, such as those by Audre Lorde, Gloria Anzaldúa, Monique Wittig and Adrienne Rich, have been adopted very selectively and sometimes in a highly superficial way. Ambivalences and inconsistencies have been either marginalised or interpreted within a linear historiography of queer progress. Hence, not only the complexity and analytical potential of these works tend to get lost, furthermore, also their 'alternative' (queer) strategies and visions for a deconstruction of (racialized) gender binaries and institutionalized heterosexuality are marginalised. This article sheds a critical light on these selective reading practices and highlights the transgressive implications of their versions of queer/ness. One focus of the article lies on the gender subversive and spiritual implications of Anzaldúa’s feminist-lesbian/patlache standpoint epistemologies. Furthermore, the articles discusses Wittigs idea of a (linguistic) universalization of an (anti-essentialist) idea of the 'feminine'/'the lesbian' as well as her materialist and class-theoretical conceptualization of the 'lesbian'. The paper asks how these ideas can be read and interpreted as an intervention into dominant notions of Queer Theory." (author's abstract)
Titelübersetzung:Thinking queerfeminist politics as affectively structured paradoxes
Autor/in:
Nay, Yv E.
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 24 (2015) 1, S 52-64
Inhalt: "Der Beitrag geht von der These aus, dass Heteronormativitätskritik als Entgegensetzung von Normalisierung und Entnormalisierung für ein Denken queerfeministischer Politiken zu eng ist, um deren Gleichzeitigkeit und Ambivalenz adäquat fassen zu können. Am Beispiel der Verquickung von normalisierenden und entnormalisierenden Implikationen von Politiken sogenannter Regenbogenfamilien schlägt der_die Autor_in ein affekttheoretisch gewendetes Verständnis von Heteronormativität vor. Dieses dient im Beitrag als Ausgangspunkt für ein dreifaches Spannungsgefüge queerfeministischer Politiken: als affektiv durch Paradoxien strukturiert, als temporal nicht fortschrittsbezogen linear und als Raum scheinbar unpolitischer Sozialität." (Autorenreferat)
Inhalt: "The article argues that a critique of heternormativity as the contrasting juxtaposition of normalization and subversion processes does not grasp the simultaneity and ambivalences of these processes, and thus proofs to be an inadequate tool to theorize queerfeminist politics. The author draws on examples of the politics of queer families and the entanglement of normalizing and subverting impacts therein to reconsider the concept of heteronormativity through an affect theory lens. This reconsideration of heteronormativity is the starting point for a threefold reformulation of queerfeminist politics: as affectively structured by paradoxes, as a non-linear temporality devoid of a narrative of progress, and as a locus for apparently apolitical socialities." (author's abstract)