Inhalt: Die Frauen- und Geschlechterforschung hat sich eher für die Architektur der Bourdieuschen Soziologie als für den systemtheoretischen Ansatz der Luhmannschen Soziologie interessiert, weil viele ihrer Befunde mit der Bourdieuschen Semantik vereinbar sind. Dies führt nach Einschätzung der Autorin jedoch in die Verlegenheit, nicht nur den Primat funktionaler Differenzierung der modernen Gesellschaft auszuklammern, sondern auch die Luhmannsche Unterscheidung zwischen Funktions-, Organisations- und Interaktionsphänomenen außer Acht zu lassen. Auf diese Weise kommt dem herkömmlichen, auf Komplementarität und Asymmetrie beruhenden Arrangement der Geschlechter eine Bedeutung zu, die durch funktionale Differenzierung längst schon gebrochen ist. Demgegenüber hat Bourdieu mit unmissverständlicher Schärfe das ausgedrückt, was der Autorin zufolge zum "Common Sense" der Frauen- und Geschlechterforschung gehört: die Annahme einer strikten Asymmetrie des Geschlechterarrangements, die eine zeitstabile, hierarchische Ordnung entstehen lässt. Die Autorin diskutiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Theoretiker und kommt zu dem allerdings nur als Hypothese für die weitere Forschung relevanten Schluss, dass der von Luhmann vorgelegte Kategorienapparat für die adäquate Beschreibung jüngerer Tendenzen im Geschlechterverhältnis eine größere Offenheit und Eignung aufweist. (ICI2)
Schlagwörter:Luhmann, Niklas; Bourdieu, Pierre; Habitus; Individualisierung; Geschlechterverhältnis; Forschungsansatz; Gesellschaftsordnung; soziologische Theorie; funktionale Differenzierung; Frauenforschung; Systemtheorie
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag