Differenz und Dekonstruktion: Anmerkungen zum "Paradigmenwechsel" in der Frauenforschung
Titelübersetzung:Difference and deconstruction: comments on the "paradigm change" in research on women
Autor/in:
Knapp, Gudrun-Axeli
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Hradil, Stefan; Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Differenz und Integration; Frankfurt am Main, 1997. S 497-513
Inhalt: "In der jüngeren feministischen Theoriediskussion wird - unter dem Stichwort 'Dekonstruktion' - ein 'Paradigmenwechsel' proklamiert. Der Frauenforschung wird vorgehalten, bislang die Geschlechterdifferenz reifiziert oder substantialisiert zu haben, anstatt die konstruktiven Grundlagen des Systems der Zweigeschlechtlichkeit offenzulegen. In der Geschlechterforschung kultur- und geisteswissenschaftlicher Provenienz wird unter diesem Etikett vor allem auf Derrida's 'Philosophie der Differenz' und auf Varianten einer sprachtheoretisch revidierten Psychoanalyse rekurriert (Lacan, Kristeva). Dekonstruktion bezeichnet hier eine kritische Aktivität der Destabilisierung vermeintlich fixer Bedeutungen von Geschlecht, deren Fundamente durch ästhetische Praktiken des Denkens und Schreibens und der Politik subversiv unterspielt werden sollen. In den Sozialwissenschaften sammeln sich unter dem Anspruch der 'Dekonstruktion' vor allem Konzepte aus dem Umfeld des 'sozialen Konstruktivismus', insbesondere der Ethnomethodologie. Ihr antifundamentalistischer Impetus, der sich gegen die biologische Fundierung der binären Geschlechterklassifikation wendet ('Sex' ist immer schon 'Gender'), steht in einem gewissen Widerspruch zur tatsächlichen empirisch-theoretischen Praxis. 'Dekonstruktion' erschöpft sich im Nachvollzug der interaktiven Praxis von Konstruktionsprozessen. Dabei setzt sich unter der Hand sogar eine Variante von 'Reifizierung' der Geschlechterdifferenz durch - nun als Prozeßkategorie - wenn unter der Prämisse einer 'Omnirelevanz von Geschlecht' das fortlaufende 'doing gender' als kontinuierliche Hervorbringung von Differenz und Hierarchie nachgezeichnet wird. In einem Vergleich mit Positionen der Frauen- und Geschlechterforschung, die sich auf die Kritische Theorie beziehen, sollen Möglichkeiten und Grenzen des 'Gendering-Ansatzes' in Bezug auf die beanspruchte Subversion der Geschlechterdifferenz ausgelotet werden. Im Mittelpunkt werden dabei zwei für die jeweiligen Ansätze zentrale Begriffe stehen, die gegeneinander diskutiert werden sollen: das Konzept der Vermittlung und der Konstruktionsbegriff." (Autorenreferat)
Frauen und Globalisierung: aktuelle Entwicklungen und kritische Diskurse
Titelübersetzung:Women and globalization: current developments and critical discourses
Autor/in:
Lachenmann, Gudrun
Quelle: Universität Bielefeld, Fak. für Soziologie, Forschungsschwerpunkt Entwicklungssoziologie; Bielefeld (Working Paper / Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie, Forschungsschwerpunkt Entwicklungssoziologie, 284), 1997. 47 S
Inhalt: Die Autorin diskutiert aktuelle frauenpolitische Themen hinsichtlich der Integration und Gleichberechtigung von Frauen im Entwicklungsprozess und auf dem Hintergrund der Forderung von "Nachhaltigkeit durch eine geschlechtergerechte (gender-equitable) Entwicklung" der Weltfrauenkonferenzen. Sie beschreibt den geschlechtsbezogenen Index der menschlichen Entwicklung gemäß der UNPD, die zunehmende Feminisierung der Arbeit auf dem Weltmarkt und die geschlechtsspezifischen Aspekte der ökonomischen Globalisierung. Sie stellt ferner die Ansätze zur Strukturanpassung und Makroökonomie im Rahmen einer feministischen Ökonomie dar und geht abschliessend auf die Forderung ökonomischer Rechte von Frauen in einer globalen Zivilgesellschaft und auf die Perspektiven des transformativen Ansatzes in der Entwicklungspolitik ein. (ICI)
Schlagwörter:woman; Globalisierung; globalization; Entwicklungspolitik; development policy; Arbeit; labor; Entwicklungshilfe; development aid; Ökonomie; economy; Frauenpolitik; women's policy; Geschlechterverhältnis; gender relations; Feminismus; feminism; Weltmarkt; world market
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, internationale Beziehungen, Entwicklungspolitik
Die feministische Gewaltdiskussion: Besonderung und Integrationsaussichten
Titelübersetzung:The feminist discussion concerning violence: special situation and integration prospects
Autor/in:
Hagemann-White, Carol
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Differenz und Integration; Opladen, 1997. S 501-505
Inhalt: "Die feministische Gewaltdiskussion mit ihren Begriffsprägungen - Männergewalt, Gewalt gegen Frauen, sexualisierte Gewalt, Frauenmißhandlung, sexuelle Ausbeutung - und ihren Praxisprojekten - Frauenhäuser, Notrufe, Frauenberatungsstellen, Selbstverteidigungkurse, Wildwasser, Mädchenhäuser - hatte mehrere Funktionen, denen in diesem Vortrag nachgegangen werden soll. Die Diskussion stiftete Zusammenhalt und neue Identitätsbildung für eine atypische soziale Bewegung, und gerät inzwischen in den Strudel von deren Ausdifferenzierung. Sie war gesellschaftspolitisch ein Mittel zur Veränderung der Institutionen Ehe und Familie, mit überraschendem Erfolg. Sie gehörte sozialpolitisch zum Prozeß einer Neudefinition der sozialen Pflichten des Staates, und befindet sich mit diesem Prozeß gegenwärtig in der Krise. Empirisch und praktisch hat sie schließlich Phänomene und deren Verknüpfungen sichtbar gemacht - wobei moralische Sensibilität und empirisches Sehvermögen in Wechselwirkung stehen - und sie in ersten Ansätzen analysiert; hiervon hätte die Soziologie sehr viel mehr profitieren können, als bislang erkennbar. Diese Multifunktionalität der Aussagen mag ein Grund für die überwiegende Abwehr ihres Gehaltes in der Soziologie sein. In den letzten Jahren teilt sich die feministische Diskussion in eine 'konservative' Fraktion der Radikalen, die Strategien und Begriffe bewahren wollen, und eine Vielzahl von Versuchen, die feministischen Erkenntnisse über Gewalt in anderen Diskussionen einzubetten: Bildung, Gesundheit, Friedensförderung u.a.m. Letztere entsprechen der weltweit im Gespräch befindlichen Idee der 'mainstreaming'. Sie kontrastieren aber auch mit der spezifischen Leistung des feministischen Gewaltbegriffs, der gerade darauf angelegt war, die Grenzüberschreitung ins Licht zu setzen. Soziologisch interessant ist die Frage, ob und wie die Integration der Gewaltdiskussion in einem anders benannten Kontext gelingt und mit welchen Folgen." (Autorenreferat)
Feministischer Guerilla-Krieg oder materialistischer Konstruktivismus?
Titelübersetzung:Feminist guerilla war or materialistic constructivism?
Autor/in:
Villa, Paula-Irene
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Differenz und Integration; Opladen, 1997. S 131-136
Inhalt: "Im Zuge der gegenwärtigen feministischen Debatten um eine neue und nicht-essentialistische Formulierung weiblicher (als eine Form geschlechtlicher) Identität rücken andere strukturelle Dimensionen von Subjektivität zunehmend in den Blick. Wenn 'Frau' ein positionaler Begriff ist (Alcoff/ de Lauretis), müssen die jeweiligen Positionen, die uns zu dem machen, was wir sind, in ihrer gegenseitigen Wechselwirkung und Bedingtheit analysiert werden. Diese Positionen können als zumindest drei strukturelle Differenzen konzeptualisiert werden: Klasse, Geschlecht und Ethnizität. In diesem Vortrag sollen systematische Defizite der gegenwärtigen (De)Konstruktivistischen Debatte um Geschlecht ausgeleuchtet werden, wobei das Augenmerk auf die Vernachlässigung der gesellschaftstheoretischen Dimension im Sinne des ungleichen Zugangs zu Ressourcen) liegt. Die gegenwärtige Verengung auf den 'diskursiven Guerilla-Krieg' kann durch eine entsprechende Versöhnung zwischen der Analyse symbolischer Strukturen einerseits und soziostruktureller/materieller Kontexte andererseits überwunden werden. Zu diesem Zwecke wird der Leib als Knotenpunkt von Biologischem, Symbolischen und Sozialem (Braidotti) eingeführt und die These vertreten, daß sich soziale Differenzen als sichtbare Mobilisierung von Ressourcen denken lasssen. Hierfür wird auf das Habitus-Konzept von Bourdieu als "leiblich-affektiver praktischer Sinn' zurückgegriffen. Dadurch kann der feministische Konstruktivismus soziologisch-materialistisch gewendet werden." (Autorenreferat)
Quelle: Institut für Höhere Studien (IHS), Wien; Wien (Reihe Politikwissenschaft / Institut für Höhere Studien, Abt. Politikwissenschaft, 46), 1997. 28 S
Inhalt: "The women's movement and feminism tend to intimize, to destructure and therefore to depolitizise the public sphere. This accusation is quite popular in the german speaking feminist academic community. What happened to the politics of subjectivity, to the feminist political strategy of overcoming the split between public and privat as well as rationality and emotion? I argue that feminist political science as well as malestream political science is 'emotionblind'. This means that emotions are treated as forms of perception, of acting and evaluation that are different from political perceptions and political action. Emotions are outside of the political space – either making the field of politics chaotic (malestream political science) or conzeptualized as a means to feminize and humanize politics (some feminist approaches to female political partizipation). These contradicting appraisals of emotion, gender and politics is putting the connection of gender, emotion and politics on the agenda of feminist political theory. I suggest an approach which conceptualizes emotion as socially and politically constructed. The recent notion of emotion was constructed at the same point in history as gender, with the formation of the capitalist state and the bourgeois class. Gender and emotion build a historical dispositive (Foucault) which emotionalizes women and the private sphere and de-emotionalizes men and the public sphere. The separation of women and men as well as rationality and emotion is a means of control. The notion of an emotional dispositive says that political space is structurally gendered and emotionalized: The dominant mode of beaurocracy – rationality – is the organized hierarchy of male over female as well as rationality over emotion. The Weberian seperation of beaurocracy and (charismatic) politics constructs the public sphere as male and seperates 'good' emotions (Vaterlandsliebe/ love for the country) from 'bad' emotions (sexuality)." (author's abstract)
Schlagwörter:gender studies; Politik; gender; politische Kultur; political theory; Emotionalität; political culture; Geschlechterforschung; Feminismus; politics; politische Theorie; emotionality; feminism; political science; Politikwissenschaft
SSOAR Kategorie:Allgemeines, spezielle Theorien und Schulen, Methoden, Entwicklung und Geschichte der Politikwissenschaft, Frauen- und Geschlechterforschung