LGBTIQ-Wähler*innen in Berlin und Wien: politische Präferenzen, Parteienwettbewerb und elektorale Resonanz
Titelübersetzung:LGBTIQ voters in Berlin and Vienna: political preferences, competition between political parties and electoral resonance
Autor/in:
Nève, Dorothée de; Ferch, Niklas
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 10 (2018) 3, S 118-135
Inhalt: Die vorliegende explorative Studie widmet sich dem Wahlverhalten von LGBTIQ-Personen im Kontext der Abgeordnetenhauswahl in Berlin (2016) und der Gemeinderatswahl in Wien (2015). Untersucht wird erstens die queer-politische Agenda der Parteien und zweitens das Wahlverhalten von LGBTIQ, einer bislang in der Wahlforschung weitestgehend ignorierten Bevölkerungsgruppe. Der Vergleich der untersuchten Wahlprogramme zeigt, dass queer-politische Themen Marker für Differenz und Konkurrenz im Parteienwettbewerb darstellen. Die Ergebnisse der Onlinebefragung zeigen, dass die Methode eines selbstselektiven Samples geeignet ist, um die politischen Präferenzen von LGBTIQ-Personen zu untersuchen. Die Parteipräferenz für grüne Parteien ist sowohl in Berlin als auch in Wien ausgeprägt. Jenseits dessen gibt es indes in Berlin wie auch in Wien LGBTIQ-Personen, die rechtspopulistische Parteien und Positionen unterstützen.
Schlagwörter:Queer Studies; queer studies; Wahlforschung; election research; Österreich; Austria; Federal Republic of Germany; Geschlechterpolitik; gender policy; Parteipolitik; party politics; Wahlverhalten; voting behavior; Gender; gender; LGBTIQ
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
Zur Produktivität intersektionaler und queertheoretischer Ansätze in der Modeforschung
Titelübersetzung:Intersectionality and queer theory as critical approaches in fashion studies
Autor/in:
Weilandt, Maria
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 10 (2018) 3, S 12-23
Inhalt: Mode und Geschlecht sind innerhalb modischer Praktiken auf komplexe Art und Weise miteinander verbunden. In diesem Beitrag schlage ich vor, eine intersektionale und eine queertheoretische Perspektive in die Modeforschung zu integrieren, um der Ambivalenz und Hybridität modischer Praktiken methodisch zu begegnen. Dabei fasse ich zunächst Gender als interdependente Kategorie, die in sich bereits durch andere Kategorien konstruiert ist. Anhand zweier Beispiele, der modischen Stereotypisierungen dapper und DapperQ, skizziere ich beispielhaft, was eine solche Perspektive in der Modeforschung leisten kann. Dabei geht es exemplarisch darum, wie modische Gendernormen visuell und textuell konstruiert sind und wie sie, innerhalb queerer Praktiken, gestört bzw. dekonstruiert werden.
Gerechtigkeitsvorstellungen im Lebenszusammenhang - eine geschlechtersoziologische Perspektivenerweiterung am Beispiel von Für- und Selbstsorgearrangements prekär Beschäftigter
Titelübersetzung:Conceptions of justice in life arrangements - a broad gender-sociological perspective using the example of the (self-)care arrangementsof precarious workers
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 10 (2018) 3, S 101-117
Inhalt: Fragen der Un-/Gerechtigkeit v.a. in der Erwerbssphäre sind (wieder) auf die politische Agenda gerückt. Ausgehend von der geschlechtersoziologischen Kritik an einem engen Arbeitsbegriff plädieren wir dafür, Gerechtigkeitsvorstellungen im Lebenszusammenhang zu betrachten. Wir fragen, welche Missstände aus einer Perspektive des Lebenszusammenhangs als ungerecht erfahren werden, basierend auf narrativen Interviews mit prekär Beschäftigten, die wir in einem hermeneutischen Auswertungsprozess interpretierten. Wir rekonstruieren, welche Missstände die Befragten als nicht erfüllte Gerechtigkeitsansprüche erheben und welche nur als nicht erfüllte Wünsche, wobei wir Sorgearrangements ins Zentrum stellen. Anhand dreier Fallbeispiele zeigen wir, dass nur Fürsorge normative Kraft entfalten kann, während zur Einforderung angemessener Bedingungen zur Selbstsorge meist normative Rahmen fehlen. Fürsorge ist zudem vergeschlechtlicht und aus dem Anspruch, gute Pflege zu leisten, kann selbstdestruktives Potenzial erwachsen. Gesellschaftspolitisch ist zu fragen, wie normative Rahmen für angemessene Selbstsorge und gerechte Bedingungen für selbstsorgsame Pflege von Anderen etabliert werden können.
"Why all the fuss about practice theory?" Zum Verhältnis von Geschlechter- und Praxistheorie aus Sicht einer Historikerin
Titelübersetzung:"Why all the fuss about practice theory?" A historian's perspective on the relation between gender and practice theory
Autor/in:
Böth, Mareike
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 10 (2018) 1, S 13-28
Inhalt: Aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive beleuchtet der Aufsatz einerseits zentrale geschlechtertheoretische Konzepte ('doing gender', 'doing difference' bzw. Intersektionalität) als Beiträge zur Praxistheorie und arbeitet andererseits Impulse der aktuellen Praxeologie-Debatte für die Geschlechter- und Körpergeschichte heraus. Die wechselseitigen Potenziale von Geschlechter- und Praxistheorie werden anhand einer Analyse frühneuzeitlicher Körperpraktiken in den Briefen Liselottes von der Pfalz (1651-1722) aufgezeigt.
Inhalt: This article first revisits key concepts in gender studies ("doing gender", "doing difference" and "intersectionality") from a historical perspective, portraying them as crucial contributions to praxeology. Second, it draws on the impetus which practice theory can provide as regards the history of gender and the body. Based on an analysis of early modern bodily practices described in letters written by Elisabeth Charlotte, Princess Palatinate (1652-1722), the article demonstrates how gender theory and practice theory can enrich each other.
The American Crawl - Praktiken von Geschlecht und Moderne in US-amerikanischen Schwimmbecken, 1900-1940
Titelübersetzung:The American crawl - practices of gender and modernity in United States’ swimming pools 1900-1940
Autor/in:
Stieglitz, Olaf
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 10 (2018) 1, S 63-80
Inhalt: Schwimmen boomte in den USA während des frühen 20. Jahrhunderts. Es hatte seinen Platz in den Fitness- und Gesundheitsdebatten, war eine leicht auszuübende Freizeitaktivität und wurde von vielen als ein besonders demokratischer Sport beschrieben. Darüber hinaus kam dem Schwimmen in den USA zu dieser Zeit die Rolle zu, menschliche Körper als ausdrücklich ‚modern‘ zu kennzeichnen. Sie war besetzt mit Vorstellungen vom modernen Leben und seinen an bestimmte Normen und Ideale von physischem Aussehen, Handeln, Können und Leistungsfähigkeit gekoppelten Anforderungen. Hierbei waren sowohl geschlechtlich codierte Zuschreibungen als auch Auffassungen von Race zentral. Bei der Praktik des Schwimmens, so die These des Beitrags, sollten idealisierte wie normalisierte moderne amerikanische Frauen- und Männerkörper entstehen.
Inhalt: Swimming was all the rage in the United States in the early 20th century. It played an important part in health and fitness debates, it was a popular leisure-time activity and many considered it to be an especially democratic sport. Further - and this is the key argument of this article - at that time swimming marked human bodies out as explicitly "modern", swimming was regarded as a practice which made normative notions and ideals of ability, competence and beauty especially visible. These attributions were closely linked to both gendered and racialized codes. Swimming, this article argues, was supposed to create idealized male and female bodies.
Schlagwörter:USA; United States of America; Wassersport; watersports; Moderne; modernity; Körper; body; gender; Rollenzuschreibung; role ascription; Idealtypus; ideal type; Kulturgeschichte; cultural history; Schwimmen; Körperpraktiken
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Sozialgeschichte, historische Sozialforschung
Modisches Handeln als Strategie der Veruneindeutigung? Eine kritische Diskursanalyse über 'islamische Mode'
Titelübersetzung:Fashion acts as strategies for creating ambiguities? A critical discourse analysis of "Islamic fashion"
Autor/in:
Amsler, Claudia
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 10 (2018) 3, S 39-53
Inhalt: Der Beitrag beschäftigt sich mit dem medialen Sprechen über vestimentäre Praktiken rund um 'die islamische Mode'. Mithilfe der Wiener Kritischen Diskursanalyse argumentiere ich dafür, dass eine postkoloniale Perspektive auf das Themenfeld von Mode und Geschlecht unabdingbar ist. So lässt sich durch die Analyse von deutschsprachigen Berichterstattungen, die durch Interviews mit Expertinnen und ethnografischen Beobachtungen flankiert wurden, die Janusköpfigkeit von modischen Handlungen aufzeigen: Einerseits besitzen modische Handlungen das Potenzial, fixierte Bedeutungen von vergeschlechtlichten und religiös konnotierten Kleidungsstücken zu veruneindeutigen, andererseits können sich in modischen Handlungen und im Sprechen über sie koloniale Blick- und Denkregime aktualisieren. Insbesondere das Stereotyp 'der unterdrückten muslimischen Frau' wird immer wieder aufgerufen und dient in den Berichterstattungen dazu, ein 'Gegenbild' zu konstruieren: die schöne, selbstbestimmte, kauffreudige Muslimin. Durch die referentielle Strategie der Synekdoche und Generalisierung wird dieses ‚Gegenbild‘ homogenisiert, exotisiert und gleichzeitig vereinnahmt.
Gestalt(ung) des Coming-out: lesbische und schwule Jugendliche und junge Erwachsene in der Ökonomie der Sichtbarkeit
Titelübersetzung:Shape/shaping of coming out: lesbian and gay adolescents and young adults in the economy of visibility
Autor/in:
Brodersen, Folke
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 10 (2018) 3, S 85-100
Inhalt: Coming-out stellt insbesondere für lesbische und schwule Jugendliche und junge Erwachsene eine relevante Aushandlung mit Umfeld und Welt dar. Der Beitrag untersucht das Erleben und Gestalten dieser Praxis. Die Sekundäranalyse 19 problemzentrierter Interviews zeigt, dass Coming-out als Problem des Spektakels hervorhebender Dramatisierung und des unausweichlichen Drucks gedeutet wird. Strategien der Heteronormalisierung, der Usurpation und der Aussetzung der Seinsrelation reagieren auf diese Problematisierungen und setzen sie teilweise außer Kraft. Die Fallstricke der Sichtbarkeit als Politikum, Authentizitätsanforderung und unhintergehbare Tatsache verweisen dabei auf eine gesellschaftliche Wandlung - eine Transformation der Ökonomie der Sichtbarkeit. Trotz - oder gerade wegen - der Vielzahl sich outender Stars und Aktivist_innen, Familien- und Freundschaftserzählungen sind nicht Lesbisch- und Schwul-Sein selbstverständlicher geworden, sondern die Praxis des Comingouts. Der Akt der Herstellung von Sichtbarkeit hat eine Eigenständigkeit entwickelt und ist nun selbst Zeichen der Homosexualität.
(Un)modelling Gender: Models zwischen Mode und Gesellschaft
Titelübersetzung:(Un)modelling gender: Models between fashion and society
Autor/in:
Giannone, Antonella
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 10 (2018) 3, S 54-69
Inhalt: Als Technology of Gender im Sinne von Teresa de Lauretis (1988) steht Modeln im Zeichen des kulturell konstruierten und gesellschaftlich ausgetragenen Weiblichen. Gerade im Kontext dieses geschlechtlich so deutlich markierten Handlungsraums werden gegenwärtig Genderstereotype dekonstruiert und Identitäten infrage gestellt. Dieser Beitrag fokussiert aus modetheoretischer Perspektive auf die kulturelle Rolle des Models. Er setzt sich mit der These auseinander, dass es zu einer prägenden "Sozialfigur der Gegenwart" im Sinne von Stephan Moebius und Markus Schroer (2010) geworden ist. Als solche adressiert das Model durch seine breit aufgefächerte, intertextuelle bzw. intermediale Präsenz grundlegende Fragen bezüglich der gegenwärtigen Relation zwischen Mode und Identitätskonstruktionen.
Schlagwörter:Mode; fashion; Vorbild; role model; Körper; body; Weiblichkeit; femininity; Stereotyp; stereotype; Identität; identity; Geschlechtsrolle; gender role; Model
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Kultursoziologie, Kunstsoziologie, Literatursoziologie
What matters? - Natur, Technologie und Geschlecht im Diskurs der Präimplantationsdiagnostik
Titelübersetzung:What matters? - Nature, technology and gender in the discourse on preimplantation genetic diagnosis
Autor/in:
Rödel, Malaika
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 10 (2018) 1, S 47-62
Inhalt: Seit der Einführung der In-vitro-Fertilisation in den 1970er-Jahren sind im Feld der modernen Reproduktionsmedizin eine Reihe weiterer Verfahren entstanden, die die Vorstellungen von Zeugung und Elternschaft verändern. Leihmutterschaft, Präimplantationsdiagnostik, Eizell- und Samenspende lösen die Verbindung von Sexualität und Reproduktion und bieten ein Beispiel für die These der zunehmenden Auflösung von Körper- und Geschlechtergrenzen. Der vorliegende Beitrag leuchtet am Beispiel der Präimplantationsdiagnostik (PID) aus, wie Geschlecht und die Grenze von Natur und Technologie im Zuge dieser Entwicklung neu verhandelt werden. Anhand der Ergebnisse einer Analyse des Diskurses um die PID in Deutschland wird aufgezeigt, wie sich die PID von einer selektiven und mehrheitlich abgelehnten Diagnostik zu einer helfenden Hand für Paare mit Kinderwunsch wandelt und wie diese diskursiven Verschiebungen mit Rückgriff auf die Science and Technology Studies als eine "strategische Naturalisierung" (Thompson) und "Reinigungsarbeit" (Latour) im Diskurs verstanden werden können.
Inhalt: New reproductive technologies have changed our understanding of pregnancy and reproduction. In vitro fertilization, preimplantation genetic diagnosis (PGD) and surrogate motherhood have created new forms of family and parenthood. As a result, reproduction is no longer solely regarded as a natural process, and the dualism of nature and technology is becoming fragile. But what kind of nature do we have instead, and what does it mean for gender boundaries? The article outlines the results of a discourse analysis of the debate around PGD in Germany. It shows how PGD is changing from a selective technology into an almost therapeutic procedure and how this change is intertwined with women’s and couples’ desire to have a healthy child. It also raises the issue of how the debate can be described from a hybrid perspective of nature and society. It is argued that the discursive shifts can be understood as a result of a “strategic naturalization” (Thompson) and "the work of purification" (Latour).
Schlagwörter:Präimplantationsdiagnostik; pre-implantation diagnostics; Reproduktionsmedizin; reproductive medicine; neue Technologie; new technology; gesetzliche Regelung; statuary regulation; gender; Diskurs; discourse; Federal Republic of Germany; Science and Technology Studies; Rekonfiguration von Geschlechtergrenzen
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Wissenschaftssoziologie, Wissenschaftsforschung, Technikforschung, Techniksoziologie