Männlichkeit in der Krise? Zur Bedeutung von männlicher Geschlechtsidentität und Weiblichkeitsabwehr in sich transformierenden Arbeitsverhältnissen
Titelübersetzung:Masculinity in crisis? On the importance of male gender identity and defence of femininity in changing working conditions
Autor/in:
Roock, Marco
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 36/37 (2013) 4/1, S 151-174
Inhalt: Die gegenwärtige Transformation der Arbeitsverhältnisse führt zu einer zunehmenden Verschärfung sozialer Konflikte. Dies hat sowohl Auswirkungen auf das Verhältnis von Arbeit und Subjektivität als auch auf die Geschlechterverhältnisse sowie auf die soziale Konstruktion von Männlichkeit. In diesem Aufsatz wird es darum gehen, diese Transformationsprozesse als auch deren Bedeutung für die Konstitution von Männlichkeit aus psychoanalytisch-sozialpsychologischer Perspektive in den Blick zu nehmen. Dabei wird es darum gehen, die weitverbreitete Annahme, dass diese Prozesse eine Beschädigung der männlichen Geschlechtsidentität zur Folge haben, einer kritischen Reflexion zu unterziehen. Demgegenüber soll die These dargelegt werden, dass die gegenwärtige ›Krise der Arbeitsgesellschaft‹ auf der Grundlage traditioneller männlicher Identitätskonstruktionen verarbeitet wird und damit androzentristische und misogyne Männlichkeitsentwürfe reproduzieren und stabilisieren.
Inhalt: The current transformation of labor relations leads to an increasing intensification of social conflict. This has an effect on both the relationship between work and subjectivity as well as on gender relations and the social construction of masculinity. In this paper it will be important to increase the transformation processes as well as its importance for the constitution of masculinity from psychoanalytic-social psychological perspective into view. It will be a question the popular assumption that these processes have led to damage to the male gender identity to the sequence to be subjected to critical reflection. In contrast to the thesis will be argued that the current ›crisis of work society‹ is processed on the basis of traditional male identity constructions and for his reason stabilizes and reproduces androcentric and misogynist masculinity concepts.
Die schöne neue Welt der scheinbar zwanglosen Geschlechtsidentitäten: Postfordistische Entwürfe der Geschlechterdifferenz zwischen Gender Trainings und Soziobiologie
Titelübersetzung:The brave new world of apparently unconstrained gender identities: Postfordistic patterns of gender differences between gender trainings and sociobiology
Autor/in:
Winter, Sebastian
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 36/37 (2013) 4/1, S 102-124
Inhalt: Die in der Geschlechterforschung verbreitete Annahme eines durchgängigen Wandels der Geschlechterentwürfe auf der diskursiven Ebene (aber nicht auf derjenigen des Alltagshandelns) in Richtung einer Angleichung der Geschlechter wird in Zweifel gezogen. Zwar finden sich in den öffentlichen Diskursen Forderungen, die Begrenzungen der eigenen "Geschlechtsidentität" zu flexibilisieren und sich neue Potentiale anzueignen, gleichzeitig aber existieren essentialisierende, biologisierende und antifeministische Positionen. Diese Zweiseitigkeit zeigt sich auch im sozialisationstheoretischen Paradigma der "Selbstorganisation" (Hurrelmann): "Geschlechtsidentität" wird hier als kulturelle und trainierbare Überformung eines natürlichen Potentials gefasst. Über eine psychoanalytisch ausgerichtete Kritik an diesem Ansatz wird verdeutlicht, wieso sich die Geschlechterordnung im habitualisierten Alltagshandeln tatsächlich hartnäckig hält und welche unbewussten psychischen Funktionen dieses Doing Gender erfüllt. Die essentialisierenden Denkmuster schließen als Rationalisierung die Kluft zwischen "rhetorischer Modernisierung" (Wetterer) und "Habitus" (Bourdieu).
Inhalt: The common assumption within Gender Studies that gender patterns are undergoing a consistent process towards equalization on the discoursive level (but not on the level of everyday practice) is called into question. While there are demanding elements in the public discourses to flexibilize the limits of one's "gender identity" to acquire new potentials, there also persistently exist essentializing, biologizing and anti-feminist positions. This dualistic character is identifiable in the socialization-theoretical paradigm of "self organization" (Hurrelmann), too. Here gender identity is understood as a cultural and trainable reshaping of a natural potential. By means of a psychoanalytically oriented criticism of this particular approach it is shown why the gender relations of habitualized everyday practice are persistent and which unconscious mental functions this practice of Doing Gender has. The essentialistic patterns are as rationalizations closing the gap between "rhetorical modernization"! (Wetterer) and "habitus" (Bourdieu).
Titelübersetzung:Women and other alienated persons
Autor/in:
Tißberger, Martina
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 25 (2001) 2, S 95-124
Inhalt: In psychoanalytischen Auseinandersetzungen mit dem 'Fremden' interessiert dieses in aller Regel in seiner Bedeutung, als auch in seinem Nutzen für das 'Eigene'. In seinem eigenen Recht wird dem, was das 'Fremde' genannt wird, meist keine Existenz gewährt. Solch eine Perspektive läuft Gefahr, das Machtverhältnis, welches dieser Situation zugrunde liegt, auszublenden und das 'Fremde' als gesetztes zu sehen anstatt nach der Geschichte der Bemächtigung zu fragen - danach, wie und wer jeweils zum Fremden, zum Anderen gemacht wird und warum. Abendländische Weiblichkeitskonstruktionen, in denen Frauen als das 'andere Geschlecht' zum Referenzpunkt des 'Eigenen' - dem männlichen Subjekt - gemacht werden, weisen seltsame Übereinstimmungen mit dem rassistisch konstruierten Fremden/Anderen als 'Außerhalb' der Grenzen des weißen, Eigenen auf. In einer Betrachtung der Schnittstelle von Rassismen und weißen Feminismen kann schließlich der Prozess der (Selbst)Ent-fremdung als auch der (Selbst)Entmächtigung verdeutlicht werden.
Totalitäre Konstrukte und unheilbare Pluralität: Entwicklungen feministischer Kritik
Titelübersetzung:Totalitarian constructs and incurable plurality: trends in feminist criticism
Autor/in:
Thürmer-Rohr, Christina
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 25 (2001) 4, S 11-33
Inhalt: Die Geschichte der feministischen Kritik lässt sich als eine Geschichte der Veränderung des Unrechtsbewusstseins beschreiben. Die Selbstkritik, die Auflösung von Konsensen, die vielen ungleichzeitigen Versuche des Umdeutens und Weiterdenkens verweisen auf einen Prozess, der sich von der anfänglichen Patriarchatskritik zur Infragestellung aller 'totalen' Kategorisierungen bewegt, damit auch der Kategorie Geschlecht. Entscheidend für diese Veränderungen waren multikulturelle Öffnungen, Einflüsse postmodernen Denkens und die erneute Konfrontation mit der Geschichte des Totalitarismus im 20. Jahrhundert. 'Die Frau' und 'das Weibliche' werden als totalitäre Reflexe einer totalitären Geschlechterpolitik erkennbar und Pluralität für das zur Einheit gezwungene Geschlecht 'Frau' eingefordert. Dabei taucht das Problem auf, dass eine Position sich um so durchsetzungsfähiger zeigt, je eindimensionaler sie ist. Die Entwicklung soll exemplarisch an feministischen Diskursen zur Gewalt nachgezeichnet werden.
Ten Years After - oder: "Jetzt seien Sie doch einmal klug!" Erfahrungen von Feministinnen mit dem Psychologiestudium ; Interview mit fünf Studentinnen aus B.
Titelübersetzung:Ten years after - or: "Now be clever for once!" Experiences of feminists with psychological studies; interview with five female students from B.
Autor/in:
Schmerl, Christiane
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 23 (1999) 4, S 9-43
Inhalt: 'Dieses Interview mit fünf Psychologiestudentinnen einer deutschen 'Reform'-Universität wurde auf ihren ausdrücklichen Wunsch genau 10 Jahre nach einem ähnlichen Interview (1989 in MG Heft 49/50),durchgeführt. Angesprochen wird die Kontinuität studentischer Erfahrungen im Kampf um die Qualität einer Psychologie-Ausbildung, die über 60% weiblicher Psychologie-Studenten erreichen soll, die aber das Geschlechterthema als psychologisch zentrale Erkenntnisgröße systematisch ausblendet. Deutlich werden der Anachronismus dieses Kampfes in den 90er Jahren, das Ungleichgewicht der Machtpositionen und des argumentativen Austauschs zwischen Lernenden und Lehrenden, die Stärken studentischer Selbstorganisation in der Lehre und das 'verborgene Curriculum' an Organisationstalent, Frustrationstoleranz und Metakommunikation, das hier neben und trotz der offiziellen Psychologie-Ausbildung stattfindet.' (Autorenreferat)
SSOAR Kategorie:Lehre und Studium, Professionalisierung und Ethik, Organisationen und Verbände der Psychologie, Bildungswesen tertiärer Bereich, Frauen- und Geschlechterforschung
Migrantinnen und Utopische Visionen: eine interdisziplinäre Annäherung
Titelübersetzung:Female migrants and utopian visions: an interdisciplinary approach
Autor/in:
Castro Varela, Maria do Mar
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 23 (1999) 3, S 77-89
Inhalt: 'Die Verknüpfung der Forschungsstränge von Migration, Geschlecht und Utopien ermöglicht es einen neuen, anderen Blick auf Migrantinnen zu werfen. Migrantinnen sind darin nicht bloße Opfer der Verhältnisse, sondern aktiv an gesellschaftlichen Transformationsprozessen beteiligt. Die Betrachtung von Utopiediskursen derselben macht Widerstands-Momente und Sozialkritik transparent. Gleichzeitig eröffnet sich ein Blick auf Heterotopien, alternative Räume, Widerlager, in denen die freimütige Rede einstudiert wird. Hier finden utopische Visionen einen Raum, in dem sie ausgesprochen und diskutiert werden können, ohne reglementiert zu werden.' (Autorenreferat)
Titelübersetzung:Act queer! Performance and change
Autor/in:
Müller, Birgit
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 22 (1998) 2/3, S 43-62
Inhalt: 'Der Text beschäftigt sich vor allen Dingen mit Judith Butler's Konzept der Performanz und der daraus folgenden Problematik der Handlungsfähigkeit. Das Spezifische an Butlers Konzept von Handlungsfähigkeit ist, daß Butler diese nicht als Eigenschaft an ein kritisches Subjekt bindet, sondern die im Prozeß der Konstitution als Möglichkeit erscheint und innerhalb dieses Prozesses wirkt. Voraussetzung ist die Unmöglichkeit der gedanklichen Trennung zwischen Mensch und Welt. Dieser Ansatz wird als ein Versuch verstanden, die Einsicht in die unauflösbare Verknüpfung von den Entwürfen des Selbst mit dem Entworfenwerden von Anderen ernst zu nehmen und sie auch hinsichtlich ihrer Konsequenzen im Feld politischer Auseinandersetzungen zu durchdenken. Das Postulat der Dekonstruktion wird von der Autorin als nicht-intentionale Strategie aufgenommen und diskutiert. Dies soll vor Augen führen, wie Butler Handlungsfähigkeit jenseits vom Subjekt versteht und was innerhalb dieser Konzeption möglich ist und was nicht. Die Identitätskritik, für die die queer theory steht, wird damit einmal mehr in einen politischen Kontext gerückt. Identitätspolitik bedeutet immer auch die Festlegung von anderen (in der Negation). Über diese anderen nicht verfügen erfordert eine Ethik des Anderen (Derrida).' (Autorenreferat)
"Umgekehrte Welt"? Macht, Sexualität und Geschlechterhierarchie im Fastnachtsspiel des späten Mittelalters
Titelübersetzung:"Opposite world"? Power, sexuality and gender hierarchhy in Shrovetide plays during the late Middle Ages
Autor/in:
Roth, Margit
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 21 (1997) 3/4, S 99-117
Inhalt: Die literarische Gattung "Fastnachtsspiel" war im Mittelalter eine beliebte Spielform, die in den Wochen vor Beginn der Fastenzeit insbesondere in Handwerker-Kreisen zur Aufführung kam. Inhaltlich setzt man sich im Fastnachtsspiel mit dem Herrscher-Bürger Verhältnis, der Kirche und der Sexualität auseinander. Während die gängigen Herrschaftsstrukturen im Fastnachtsspiel kritisiert und pervertiert wurden, wurde das Geschlechterverhältnis bestätigt. Anhand eines Vergleichs der Lebensrealität von Frauen im Mittelalter, ihrem sozialen und rechtlichen Status und der Darstellung der Frau im Fastnachtsspiel wird aufgezeigt, wie sich das bestehende Geschlechterverhältnis durch sexuelle Metaphern, durch Spott und Hohn fortschreibt. Eine "umgekehrte Welt", wie sie im Fastnachtsspiel entworfen werden soll, spart den Aspekt der Geschlechterhierarchie folglich aus.
Schlagwörter:Literatur; gender relations; gender; Macht; Hierarchie; middle ages; domination; power; playing; life situation; sexuality; sozialer Status; Sexualität; woman; Geschlechterverhältnis; Lebenssituation; hierarchy; literature; Herrschaft; Spiel; Mittelalter; social status
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Sozialgeschichte, historische Sozialforschung
Psychologie - zwischen sex und gender oder geschlechtslos?
Titelübersetzung:Psychology - between sex and gender or asexual?
Autor/in:
Moré, Angela
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 21 (1997) 3/4, S 7-30
Inhalt: Die Autorin stellt die verschiedenen traditionellen Ansätze zur Sichtweise der Geschlechter in der Psychologie vor und thematisiert anhand von Beispielen die Konsequenzen, die die vermuteten Unterschiede und deren Bewertungen einerseits, die Nichtbeachtung soziokultureller Einflüsse andererseits haben. Mit Bezug auf neuere psychoanalytische und neurobiologische Forschungen wird die Hypothese entwickelt, daß aufgrund der integrativen Wechselbeziehungen zwischen Körperwahrnehmungen, Affekten und kognitiven Prozessen die kulturell verbreiteten Feststellungen und Werturteile über die Geschlechter (ebenso wie die unterschiedlichen realen Lebensbedingungen) auf das affektive Erleben und Selbsterleben der Individuen Einfluß nehmen und so tatsächlich auch zur Konstituierung manifester Geschlechterdifferenzen beitragen.
Die Verwilderung des Patriarchats in der Postmoderne
Titelübersetzung:The decadence of the patriarchy in the post-modern age
Autor/in:
Scholz, Roswitha
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 21 (1997) 3/4, S 31-51
Inhalt: In dem Text wird behauptet, daß es in der fortgeschrittenen Postmoderne vor dem Hintergrund ökonomischer und globaler Entwicklungen zur Ausbildung von Flexi-Zwangsidentitäten kommt, die sich unter Aufrechterhaltung der Geschlechterhierarchie für Männer und Frauen jeweils anders darstellen. Mehr noch: Es werden Tendenzen einer Verwilderung des Patriarchats im Weltmaßstab deutlich. Eine weitere These ist, daß prominente Theoriekonzepte im Feminismus diese neuen postmodern-patriarchalen Geschlechterverhältnisse affirmieren.