Feminist thought(s) as dirty intellectuality: the case of Andrea Dworkin
Titelübersetzung:Feministische Gedanken als schmutzige Intellektualität: der Fall Andrea Dworkin
Autor/in:
Pivec, Natasa
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 7 (2015) 3, S 31-43
Inhalt: Das breite Spektrum feministischer Gedanken von der Kunst bis zur Erkenntnistheorie, die sich um Geschlecht und seine vielfältigen Arrangements in der Gesellschaft drehen, werden als "anders" oder "schmutzig" dargestellt, wenn diese sich nicht in vorherrschende erkenntnistheoretische Prämissen oder künstlerische Standards der hegemonialen Männlichkeit einordnen lassen. Das Konzept der Andersheit wird der Wissenden/ Produzentin aufgrund ihres Geschlechtes und ihres epistemischen Fokus zugeschrieben, der dichotome Rahmungen eines Körper-Geist-Dualismus, erkenntnistheoretische Traditionen, geschlechtsspezifische Berufseinteilungen, Geschlechtsbinarismus und Körpernormen konventioneller Weiblichkeit durchbricht. Das Leben und Werk der radikalen Feministin Andrea Dworkin wird in der Analyse herangezogen, um die folgende theoretische Prämisse des Artikels zu bestätigen: Eine Frau, die sich als Wissende positioniert, Wissen produziert und als Feministin (selbst)kategorisiert (wird), wird als eine Bedrohung für das System der Geschlechterordnung, seine Strukturen, Diskurse und Praktiken wahrgenommen.
Inhalt: The wide spectrum of feminist thoughts, from art to epistemology, which are centred around gender and its multi-leveled arrangements in society is, when not aligned with predominant epistemic premises or artistic standards of hegemonic masculinity, rendered as Other or dirty. The concept of Otherness is ascribed to the knower/ producer on behalf of her sex and her epistemic focus, which transgresses several dichotomous frameworks of the body-mind dualism, epistemological traditions, gendered categorization of professions, gender binarism and body norms of conventional femininity. The life and work of radical feminist Andrea Dworkin was analyzed in order to confi rm the theoretical premise of the article, namely that when a woman positions herself as a knower and produces knowledge, (self)categorized as a feminist, she is perceived as a threat to the system of structures, discourses and practices of the gender order.
Milena Jesenská und Alice Rühle-Gerstel: Konstruktionen gesellschaftlicher Nichtanerkennung
Titelübersetzung:Milena Jesenská and Alice Rühle-Gerstel: Reconstructing social non-recognition
Autor/in:
Darowska, Lucyna
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 7 (2015) 3, S 77-92
Inhalt: Den Ausgangspunkt des Artikels bildet die These, dass zwei bedeutende weibliche Intellektuelle des 20. Jahrhunderts, Milena Jesenská und Alice Rühle-Gerstel, bis heute im Verhältnis zu ihren Leistungen nur bescheidene Anerkennung erfahren haben. Nach der Darstellung der beachtlichen Leistungen der beiden Autorinnen und Aktivistinnen folgt eine Analyse der Rezeption. Insbesondere werden Momente identifiziert, die Fehlinterpretationen verursacht bzw. die Rezeption blockiert haben. Für diese Untersuchung werden theoretische Ansätze aus den Bereichen der politischen und Sprachphilosophie und der politischen Soziologie herangezogen. Neben den geschichtlichen und politischen Ursachen hat auch die asymmetrische Geschlechterordnung wesentlich zu einseitiger und zum Teil verfehlter Rezeption beigetragen. Die Mechanismen, durch die sich üblicherweise der Ruf einer Person bildet und stabilisiert, wie z.B. Präsenz in der Öffentlichkeit und Kontakt mit dem Publikum, waren nach dem frühen Tod beider Frauen nicht wirksam. Der Artikel zeigt die Notwendigkeit einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem OEuvre und den Biografien Milena Jesenskás und Alice Rühle-Gerstels - auch innerhalb der feministischen Forschung - und will diesen Diskurs anregen.
Inhalt: The starting point for this article is the supposition that two significant female 20th century intellectuals, Milena Jesenská and Alice Rühle-Gerstel, have so far received only modest recognition for their achievements. The article briefly outlines the remarkable achievements of these two authors and activists and then analyzes the reception of their work. A number of events and processes can be identified which resulted in the misinterpretation and less than satisfactory consideration of their contributions. Theoretical approaches in the fields of political philosophy and political sociology are applied in the course of this analysis. Both the political system and asymmetrical gender power relations contributed in various ways to the false interpretation of the achievements of the two intellectuals. On account of their untimely deaths, both women were unable to build up their academic reputations, for example by means of being visible to and in contact with the public. The article demonstrates the need for further research into the biographies and legacies of Milena Jesenská and Alice Rühle-Gerstel, including from the feminist perspective. It also aspires to stimulate this critical discourse.
Madeleine de Scudéry - Intellektuelle avant la lettre?
Titelübersetzung:Madeleine de Scudéry - an intellectual woman in early modern France
Autor/in:
Hergenhan, Jutta
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 7 (2015) 3, S 61-76
Inhalt: Intellektuelles Engagement wird in Frankreich häufig mit männlichen Akteuren und einem couragierten Eintreten für die universellen Werte der Aufklärung assoziiert. Schon im frühmodernen Frankreich des 17. Jahrhunderts waren jedoch auch Frauen - entgegen bestehender Standes- und Geschlechterkonventionen - intellektuell tätig. Als Schriftstellerinnen und Salonbetreiberinnen thematisierten einige von ihnen die Ungleichheit von Frauen und Männern und entwarfen Modelle für respektvollere Geschlechterbeziehungen. Eine dieser - sowohl in anerkennendem wie auch in spöttischem Sinne - als "Preziöse" bezeichneten Frauen war die Schriftstellerin Madeleine de Scudéry. Da sie sich in ihrem literarischen Werk und auch in ihren persönlichen Lebensentscheidungen in unkonventioneller und reflektierter Weise mit für Frauen sehr problematischen Themen wie "Bildung", "Ehe" oder "Schreiben und Publizieren" auseinandersetzte, stellt sie gleichzeitig eine Ausnahmefigur ihrer Zeit und den Prototyp einer frühen Intellektuellen dar.
Inhalt: Madeleine de Scudéry - an intellectual woman in early modern France In France, the idea of intellectual endeavour is closely associated with male actors defending the universal values of the Enlightenment. However, women already led an intellectual life back in 17th century France, notwithstanding contemporary social and gender-related conventions. As writers and salon hostesses, several of these women pleaded for more respectful gender relations and criticized existing inequalities between women and men. Madeleine de Scudéry was one of these women, who were called précieuses by their contemporaries. In both her literary writing and the choices she made in her personal life she confronted difficult topics for women, such as "education and knowledge", "marriage" and "female authorship". Madeleine de Scudéry adopted unconventional positions and took unorthodox personal decisions, and engaged in a profound refl ection of women's living conditions, which made her both an exceptional fi gure in her time and the prototype of an early intellectual.
Formierung von Vaterschaft - ethnografische Befunde aus Institutionen der Natalität
Titelübersetzung:The making of fatherhood - ethnographic results from antenatal institutions
Autor/in:
Seehaus, Rhea; Rose, Lotte
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 7 (2015) 3, S 93-108
Inhalt: Zwar zeichnen sich in den familialen Geschlechterverhältnissen derzeit Transformationsprozesse ab, bei denen sich das Modell egalitärer Elternschaft allmählich durchsetzt. Dennoch verweisen aktuelle Forschungen darauf, dass es jungen Familien vielfach nicht gelingt, diesen Wunsch langfristig umzusetzen: Die Geschlechterverhältnisse in den Familien retraditionalisieren sich mit der Geburt des ersten Kindes. Vor diesem Hintergrund fragt der Beitrag aus praxeologischer Perspektive danach, wie sich diese ungleichen Arbeitsteilungen trotz der egalitären Ansprüche herstellen. Ausgehend von der These, dass bereits vor der Geburt des Kindes transitorische Prozesse der Herstellung von Elternschaft stattfinden, an denen die werdenden Eltern und die sie umgebenden natalen Spezialinstitutionen beteiligt sind, werden Informationsabende in Entbindungseinrichtungen, Geburtsvorbereitungs- und Säuglingspflegekurse untersucht. Anhand ethnografischer Protokolle wird nachgezeichnet, wie bereits in den institutionellen Praxen dieser Institutionen Geschlechterungleichheiten zwischen den Eltern hergestellt werden.
Inhalt: Although there is an emerging trend towards a transformation within familial gender relations in the course of which the model of egalitarian parenting is gradually prevailing, current research shows that young families often do not succeed in realizing this ideal in the long term. Gender relationships tend to retraditionalize when a couple's first child is born. Taking this scenario into account, this article shows from a praxeological perspective how these non-egalitarian divisions of labour persist despite egalitarian ideals. The thesis is that even before birth there are processes of parenting which the prospective parents and specialist antenatal and postnatal institutions take part in. Information evenings in hospitals and antenatal courses were analyzed. Based on ethnographic records the article demonstrates how these institutional practices create gender inequalities between parents.
Das Spiel mit der Geschlechterdifferenz - aufs Spiel gesetzte Grenzen? Geschlechterkonstruktionen beim Pausenspiel von Grundschulkindern und ihren Peers aus praxistheoretischer Perspektive
Titelübersetzung:Playing with gender differences - playing with gender boundaries? The social construction of gender among children and their peers on elementary school playgrounds from a practice-theoretical perspective
Autor/in:
Eckermann, Torsten
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 7 (2015) 1, S 49-63
Inhalt: "Der Beitrag fokussiert vor dem Hintergrund einer praxistheoretischen Perspektive den lokal situierten Vollzug der Geschlechter(in)differenz im Spiel unter Schulkindern und ihren Peers. Anhand kurzer ethnographischer Beobachtungsprotokolle wird illustriert, wie Geschlecht in den Interaktionen unter den Kindern 'ins Spiel kommt', wie dabei Grenzen einerseits markiert, andererseits im und durch das Spiel überschritten und 'heruntergespielt' werden." (Autorenreferat)
Inhalt: "Drawing on the practice-theoretical approach, this article focuses on the situated practices of gender differences among school children and their peers at play on elementary school playgrounds. Based on ethnographical field notes, the article illustrates how gender construction 'comes into play' in interaction among children and thus children activate gender boundaries on the one hand and cross gender boundaries on the other hand." (author's abstract)