Titelübersetzung:For a global concept of feminist criticism
Autor/in:
Knapp, Gudrun-Axeli
Quelle: Feministische Studien : Zeitschrift für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung, Jg. 31 (2013) Nr. 1, S. 105-112
Inhalt: In den Hochzeiten des Feminismus gelang häufig die Durchsetzung von Gegenöffentlichkeiten. Diese erstreckten sich quer über das "magische Viereck" von autonomer Frauenbewegung, Frauenforschung, Einrichtung der Frauenförderung bzw. Gleichstellung sowie der Frauennetzwerke in Gewerkschaften und Parteien. Die Zeitschrift "feministische Studien" wirft die Frage "Was ist und wozu heute noch feministische Theorie?" in einer Zeit auf, in der die Geschlechterverhältnisse reflektierende Vernunft sich in alle möglichen Bereiche hinein ausgebreitet hat. In pluridisziplinären Einrichtungen der Geschlechterforschung denken Frauen nun von Amts wegen und unter dem Druck institutioneller Redisziplinisierung über Gender und Geschlecht nach. Feministische Theorie hat eine Zukunft nur dann, wenn es gelingt, die durch einen Schulbegriff Gender und Geschlecht zu stark strukturierten Wahrnehmungsräume zu öffnen, wenn in allen Sektoren des "magischen Vierecks" wieder über die Mauern geschaut, wenn Dissense prägnant gefasst werden und zugleich um Übersetzung gerungen wird, anstatt sich in Arbeitsteilung einzurichten. (ICB)
"Trans-Begriffe", "Paradoxie" und "Intersektionalität" : Notizen zu Veränderungen im Vokabular der Gesellschaftsanalyse
Titelübersetzung:"Trans-concepts", "paradox" and "intersectionality" : comments on changes in the vocabulary of social analysis
Autor/in:
Knapp, Gudrun-Axeli
Quelle: Erkenntnis und Methode: Geschlechterforschung in Zeiten des Umbruchs. Brigitte Aulenbacher (Hrsg.), Birgit Riegraf (Hrsg.). Wiesbaden: Springer VS (Geschlecht und Gesellschaft), 2012, S. 309-323
Inhalt: Gesellschaftstheoretische und zeitdiagnostische Ansätze und Arbeiten der Frauen- und Geschlechterforschung sehen sich seit einiger Zeit zu neuen Begriffswahlen veranlasst. Die Verfasserin zeigt, in welcher Weise sich hier die gesellschaftlich komplexer gewordenen Formen von Herrschaft, Ungleichheit und Differenz niederschlagen beziehungsweise die kategoriale Neuorientierung darüber hinausweist. Sie geht aus von dem Phänomen einer Zunahme von "Trans"-Begriffen und einer zunehmenden Öffnung gegenüber Fragen komplexer und vermittelter Formen von Herrschaft, Ungleichheit und Differenz. Der Vorschlag, den strukturtheoretisch ausgerichteten Begriff des Widerspruchs durch den der Paradoxie zu ersetzen, wird zurückgewiesen. Bezogen auf das Geschlechterverhältnis haben wir es nach wie vor sowohl mit spezifischen Widerspruchskonstellationen zu tun als auch mit Paradoxien, die sich vor allem als gegenläufige Folgen gesellschaftsverändernder Handlungsabsichten manifestiert. Abschließend wird die grundlagenkritische Frage nach den räumlichen Implikationen von Gesellschaftstheorie auf die Diskussion um intersektionelle Formen von Herrschaft, Ungleichheit und Differenz bezogen, um die Herausforderung, vor der feministische Theorie steht, zu konturieren. (ICE2)
"Intersectionality" - ein neues Paradigma der Geschlechterforschung?
Titelübersetzung:"Intersectionality" - a new paradigm in gender studies?
Autor/in:
Knapp, Gudrun-Axeli
Quelle: Was kommt nach der Genderforschung?: zur Zukunft der feministischen Theoriebildung. Rita Casale (Hrsg.), Barbara Rendtorff (Hrsg.). Bielefeld: transcript Verl. (Gender Studies), 2008, S. 33-53
Inhalt: Auch in der deutschsprachigen Frauenforschung haben Unterschiede unter Frauen von Anfang an als interne Kritik- und Korrekturperspektive auf der Agenda gestanden. Die intersektionelle Perspektive wird als neu wahrgenommen, bringt aber nichts wirklich Neues. Ein Aspekt des Neuen am Intersektionalitätskonzept mag sein, dass es sich unter veränderten Übersetzungsverhältnissen zwischen Gesellschaft, Wissenschaft und Politik materialiter und rhetorisch als innovativ ausweisen lässt. Fragen der Vermittlung oder der Beziehungen zwischen unterschiedlichen Formen sozialer Ungleichheit und Differenz sind in der Geschlechterforschung in den vergangenen Jahren jedenfalls vom Rand ins Zentrum gerückt. Das Spektrum der Thematisierung von Ungleichheit und Verschiedenheit unter Frauen hat sich in der deutschsprachigen Geschlechterforschung im Vergleich zu den 1980er Jahren erweitert. (ICE2)
Achsen der Differenz - Aspekte und Perspektiven feministischer Grundlagenkritik
Titelübersetzung:Axes of difference - aspects and perspectives of basic feminist criticism
Autor/in:
Knapp, Gudrun-Axeli
Quelle: Geschlechterdifferenzen - Geschlechterdifferenzierungen: ein Überblick über gesellschaftliche Entwicklungen und theoretische Positionen. Sylvia Marlene Wilz (Hrsg.). Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss. (Hagener Studientexte zur Soziologie), 2008, S. 291-322
Inhalt: Nicht nur als Kritik "von außen", sondern auch innerhalb der feministischen Frauenforschung selbst wird über einen Bedeutungsverlust der Kategorie Geschlecht diskutiert. Die Verfasserin rekonstruiert die Argumentation der in der einschlägigen Debatte häufig zitierter Autorinnen Braidotti (Politik der Lokalisierung), Scott (Dezentrierung von Gender), Butler (Dekonstruktion von Sex als Gender) und Haraway (Erosion der Dualismen der Moderne) und filtert zentrale Aspekte der Kritik heraus. Sie setzt sich dann mit Paseros systemtheoretisch gestützter These von einer "Dethematisierung von Geschlecht" auseinander und gibt abschließend einen Ausblick auf neue Entwicklungen der Theoriebildung in Gestalt des "Intersectionality"-Paradigmas. Hier geht es darum, strukturierte soziale Ungleichheit und kulturelle Differenz zu erklären, indem Gesellschaft und Sexualität, Klasse und Ethnizität übergreifend analysiert werden. Von einem Bedeutungsverlust der Kategorie Geschlecht in der feministischen Frauenforschung kann nach Einschätzung der Verfasserin nur äußerst differenziert gesprochen werden. (ICE2)
Inhalt: Die Autorinnen mussten sich mit ihrer Einführung in das interdisziplinäre Feld der feministischen Theorienbildung drei grundlegenden Schwierigkeiten stellen: Es handelt sich in diesem Bereich nicht um eine Theorie, sondern um ein zum Teil kontrovers diskutiertes Set verschiedenster Ansätze, welche alle dem Spannungsbogen zwischen wissenschaftlichem Erkenntnisinteresse und einem praktischen, politischen Anspruch unterliegen und letztendlich muss eine solche Gesamtdarstellung einfach und übersichtlich gestaltet sein. In diesem Band werden diese Probleme gelöst, indem die Vielfalt der Theorien entlang einer Leitfrage aufgearbeitet wird: 'Die organisierende Perspektive unserer Einführung in die feministische Theorien ist die gegenwärtig heiß diskutierte Frage: In welchem Verhältnis stehen die Analysen der sozialen Differenzen zwischen Männern und Frauen zu Analysen, die sich auf die sozialen Differenzen unter Frauen konzentrieren? Auf welchen Argumenten basieren die beiden Richtungen?' (12) Dabei werden sowohl die Entwicklungsgeschichte als auch systematische Forschungsprobleme gleichermaßen berücksichtigt. Nach der Darstellung der Ausgangsprobleme feministischer Forschung und der Entwicklung der deutschsprachigen Debatte um das Geschlechterverhältnis beleuchten die Autorinnen zwei zentrale Kontroversen der Neunzigerjahre aus dem anglo-amerikanischen Raum: die Sex-Gender Debatte und den Diskurs über die soziale Heterogenität von Frauen. Dabei werden in besonderem Maße die Positionen von Judith Butler, Donna Haraway und Iris Young berücksichtigt. Im abschließenden Kapitel behandeln die Autorinnen die Frage der Subjekt Konstitution und den Einfluss der Arbeit Michel Foucaults auf feministische Theorienbildung. (ZPol, NOMOS)
Vom Rand zum mainstream und zurück? : Zerreißproben und Perspektiven in der Frauen- und Geschlechterforschung
Titelübersetzung:From the periphery to the mainstream and back? : crucial tests and perspectives in women's and gender studies
Autor/in:
Knapp, Gudrun-Axeli
Quelle: Das Jahrhundert des Feminismus: Streifzüge durch nationale und internationale Bewegungen und Theorien. Anja Weckwert (Hrsg.), Ulla Wischermann (Hrsg.). Frankfurt am Main: Helmer (Frankfurter Feministische Texte - Sozialwissenschaften), 2006, S. 193-207
Inhalt: Vor dem Hintergrund, dass sich die Frauen- und Geschlechterforschung in Deutschland angesichts von Stellenkürzungen und Hochschulreform mit besonderen Anforderungen konfrontiert sieht, diagnostiziert der Beitrag zwei systematische Spannungsverhältnisse, von denen das erste die Widersprüche im Verhältnis von institutionenpolitischer und inhaltlicher Entwicklung betrifft. Im Zuge von Hochschulreform und Bolognaprozess, die auf einen stärkeren Anwendungsbezug von Forschung und Lehre zielen, kann die Frauen- und Geschlechterforschung schon aus Selbsterhaltungsgründen nicht darauf verzichten, das institutionelle Terrain zu nutzen, das durch Anwendungsfelder wie Gender Mainstreaming eröffnet wird. Sie macht sich allerdings inhaltlich unglaubwürdig und uninteressant, wenn sie ihren gesellschaftsanalytischen und -kritischen Anspruch aufgibt, der angesichts der neoliberalen Imperative an die Wissenschaft gleichermaßen erschwert und besonders dringlich wird. Das kritische und selbstreflexive Potential der Frauen- undGeschlechterforschung kommt auch im zweiten Spannungsverhältnis zum Ausdruck: Die Autorin begreift die inner-feministischen Kontroversen um Differenzen, Ungleichheiten und Herrschaftsverhältnisse auch zwischen Frauen als Ausdruck der "aporetischen Grundstruktur" feministischer Wissensproduktion, die mit der Politisierung geschlechtlicher Ungleichheit zeitweise von anderen Ungleichheitslagen absieht, von denen aber analytisch und empirisch nicht abgesehen werden kann. In dieserAporie liegen jedoch nicht nur die Schwierigkeiten, sondern die genuin produktiven Potentiale einer feministischen Theorie und Diskurskultur. (ICH2)
Achsen der Differenz: was verbindet Frauen, was trennt sie?
Titelübersetzung:Axes of difference: what connects women, what separates them?
Autor/in:
Knapp, Gudrun-Axeli
Quelle: Was ist weiblich - was ist männlich?: Aktuelles zur Geschlechterforschung in den Sozialwissenschaften. Ulrike Vogel (Hrsg.). Bielefeld: Kleine (Wissenschaftliche Reihe), 2005, S. 113-134
Inhalt: Der Beitrag befasst sich mit der Diskussion um Verhältnisse von Rasse, Ethnizität, soziale Klasse und Gender sowie deren intersektioneller Erforschung. In welchem Maße ist diese Analyseperspektive an Kultur und Gesellschaft ihres Entstehungskontextes, der USA, gebunden, wo PoC Forscherinnen als Reaktion auf die als ethnozentristisch empfundenen Forschungsansätze weißer Mittelklasse-Frauen mit der Diskussion über 'intersectionality' reagieren? Welche Bedeutung hat sie für die weitere Entwicklung feministischer Theorie auch in Deutschland? Worin liegen die Herausforderungen, die mit der Programmatik der 'intersectionality' für Kernbereiche der Sozialwissenschaften (Gesellschaftstheorie, Ungleichheitsforschung) verbunden sind? Die wesentlichen Aspekte der feministischen theoretischen Ansätze von PoC Forscherinnen, intersectionality, Rasse/Ethnizität, Klasse und Gender, weisen als relationale Begriffe auf weitere Zusammenhänge sozialer Ungleichheit hin. So ist es von besonderem Interesse, diese Achsen der Differenz in einer inter-kategorialen Zugangsweise in ihren Wechselwirkungen zu betrachten. Hierbei sind die Ebenen individueller oder gruppenspezifischer Erfahrung sowie gesellschaftsstrukturelle Zusammenhänge einzubeziehen. Diese multiplen Ungleichheitsstrukturen weisen über den feministischen Zusammenhang hinaus auf eine Analyse gesellschaftlicher Ungleichheit hin, der die Benachteiligungen von Frauen jeweils zuzuordnen sind. (ICG2)
Grundlagenkritik und stille Post: Zur Debatte um einen Bedeutungsverlust der Kategorie Geschlecht
Titelübersetzung:Basic criticism and "Stille Post": the debate concerning a loss of meaning in the category of gender
Autor/in:
Knapp, Gudrun-Axeli
Quelle: Strukturierung von Wissen und die symbolische Ordnung der Geschlechter: Gender-Tagung Bamberg 2003. Marianne Heimbach-Steins (Hrsg.), Bärbel Kerkhoff-Hader (Hrsg.), Eleonore Ploil (Hrsg.), Ines Weinrich (Hrsg.). Münster: Lit Verl. (Gender-Diskussion), 2004, S. 29-58
Inhalt: Der Beitrag zeichnet Linien einer Grundlagendebatte in der Frauen- und Geschlechterforschung nach mit dem Ziel, zur begrifflichen Klärung des Feldes beizutragen. Vor dem Hintergrund einer kurzen Skizze der epistemischen Konstellation feministischer Forschung und Theoriebildung werden wissenschaftlich-politische Kontexte und Positionen beleuchtet, aus denen heraus die aktuelle Diskussion ihre Anstöße erhält. Ausgangsthese der Verfasserin ist, dass ein in seinen Dimensionierungen unterbestimmter Begriff von "Gender" oder "Geschlecht" sowie das Ausblenden der Kontexte und rhetorischen Positionierung von Argumenten impressionistischen Behauptungen eines Geltungsverlustes der Kategorie "Geschlecht" Vorschub leistet. Ausführlich geht die Verfasserin auf ausgewählte Positionen im Feld der Sex/Gender-Debatte ein: Rosi Braidottis Zurückweisung der überdehnten Geltungsansprüche der englischen Gender-Kategorie, Joan Scotts diskurspolitisch motiviertes Plädoyer für eine Neukonfiguration von Sex und Gender, Judith Butlers sexualpolitisch inspirierte Kritik der Sex/Gender-Unterscheidung, Donna Haraways epistemologisch und zeitdiagnostisch angelegte Thesen einer Implosion fundamentaler kultureller Dualismen - die auch die Geschlechterdifferenz tangieren - sowie Ursula Paseros modernisierungstheoretisch ausgerichtete These eines Geltungsverlustes der Geschlechtskategorie. (ICE2)
Kein Abschied von Geschlecht : Thesen zur Grundlagendiskussion in der Frauen- und Geschlechterforschung
Titelübersetzung:No farewell to gender : theses on the basic discussion in women's studies and gender studies
Autor/in:
Knapp, Gudrun-Axeli
Quelle: Zwischen Emanzipationsvision und Gesellschaftskritik: (Re)Konstruktion der Geschlechterordnung in Frauenforschung - Frauenbewegung - Frauenpolitik. Ursula Hornung (Hrsg.), Sedef Gümen (Hrsg.), Sabine Weilandt (Hrsg.). Münster: Verl. Westfäl. Dampfboot (Forum Frauenforschung : Schriftenreihe der Sektion Frauenforschung in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie), 2001, S. 78-86
Inhalt: Die Autorin kommentiert die gegenwärtige, "postmodern" geführte Debatte über eine Grundlagenkrise der Frauen- und Geschlechterforschung, in welcher von einem "Wirksamkeitsverlust" der Kategorie Geschlecht oder sogar von einer "Auflösung der Geschlechterdifferenz" die Rede ist. Sie skizziert die theoretischen Hintergründe dieser Diskussion, die im wesentlichen von zwei Bereichen ausgehen: Zum einen von der Auseinandersetzung mit den Fundierungen feministischer Kritik, die sich auf die Unterstellung kollektiver Soziallagen und strukturell geteilter Probleme beziehen; zum anderen von der Sex/Gender-Debatte und ihrer Infragestellung einer naturgegebenen Zweigeschlechtlichkeit. In Bezug auf den Diskurs über "Geschlecht" ist nun die Frage zu klären, ob im einzelnen Geschlechterdifferenz als Eigenschafts- und Identitätskategorie, Geschlechterordnungen als symbolisch-kulturelle Klassifikations- und Regulationssysteme oder Geschlechterverhältnisse als sozialstrukturelle Organisationsform zwischen den Genus-Gruppen gemeint sind. Für die Zukunft der feministischen Forschung und die Arbeit der Sektion "Frauenforschung" in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie ist nach Meinung der Autorin folgendes wichtig: erstens eine stärkere Ausprägung der vergleichenden Perspektive und mehr Offenheit in der Diskussion der gesellschaftstheoretischen Grundlagen der eigenen Position; zweitens eine stärkere Kontextbezogenheit auf die veränderten sozialen und politischen Entwicklungen in Europa und der Welt; drittens mehr kritische Distanz zu identitätspolitischen Begründungen feministischer Theorie. (ICI2)
Differenz und Dekonstruktion: Anmerkungen zum "Paradigmenwechsel" in der Frauenforschung
Titelübersetzung:Difference and deconstruction: comments on the "paradigm change" in research on women
Autor/in:
Knapp, Gudrun-Axeli
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Hradil, Stefan; Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Differenz und Integration; Frankfurt am Main, 1997. S 497-513
Inhalt: "In der jüngeren feministischen Theoriediskussion wird - unter dem Stichwort 'Dekonstruktion' - ein 'Paradigmenwechsel' proklamiert. Der Frauenforschung wird vorgehalten, bislang die Geschlechterdifferenz reifiziert oder substantialisiert zu haben, anstatt die konstruktiven Grundlagen des Systems der Zweigeschlechtlichkeit offenzulegen. In der Geschlechterforschung kultur- und geisteswissenschaftlicher Provenienz wird unter diesem Etikett vor allem auf Derrida's 'Philosophie der Differenz' und auf Varianten einer sprachtheoretisch revidierten Psychoanalyse rekurriert (Lacan, Kristeva). Dekonstruktion bezeichnet hier eine kritische Aktivität der Destabilisierung vermeintlich fixer Bedeutungen von Geschlecht, deren Fundamente durch ästhetische Praktiken des Denkens und Schreibens und der Politik subversiv unterspielt werden sollen. In den Sozialwissenschaften sammeln sich unter dem Anspruch der 'Dekonstruktion' vor allem Konzepte aus dem Umfeld des 'sozialen Konstruktivismus', insbesondere der Ethnomethodologie. Ihr antifundamentalistischer Impetus, der sich gegen die biologische Fundierung der binären Geschlechterklassifikation wendet ('Sex' ist immer schon 'Gender'), steht in einem gewissen Widerspruch zur tatsächlichen empirisch-theoretischen Praxis. 'Dekonstruktion' erschöpft sich im Nachvollzug der interaktiven Praxis von Konstruktionsprozessen. Dabei setzt sich unter der Hand sogar eine Variante von 'Reifizierung' der Geschlechterdifferenz durch - nun als Prozeßkategorie - wenn unter der Prämisse einer 'Omnirelevanz von Geschlecht' das fortlaufende 'doing gender' als kontinuierliche Hervorbringung von Differenz und Hierarchie nachgezeichnet wird. In einem Vergleich mit Positionen der Frauen- und Geschlechterforschung, die sich auf die Kritische Theorie beziehen, sollen Möglichkeiten und Grenzen des 'Gendering-Ansatzes' in Bezug auf die beanspruchte Subversion der Geschlechterdifferenz ausgelotet werden. Im Mittelpunkt werden dabei zwei für die jeweiligen Ansätze zentrale Begriffe stehen, die gegeneinander diskutiert werden sollen: das Konzept der Vermittlung und der Konstruktionsbegriff." (Autorenreferat)