Zur Krise der Kategorien "Frauen" und "Geschlecht" : Judith Butler und der Abschied von feministischer Identitätspolitik
Titelübersetzung:Crisis in the categories of "women" and "gender" : Judith Butler and the farewell to feminist identity policy
Autor/in:
Niekant, Renate
Quelle: Gender and politics: "Geschlecht" in der feministischen Politikwissenschaft. Christine Bauhardt (Hrsg.), Angelika von Wahl (Hrsg.), Mary Armstrong, Ute Behning, Barbara Holland-Cunz, Ulrike Hänsch, Cilja Harders, Heike Kahlert, Brigitte Kerchner, Renate Niekant, Helga Ostendorf, Birgit Wartenpfuhl. Opladen: Leske u. Budrich (Politik und Geschlecht), 1999, S. 29-45
Inhalt: Dem radikalen (feministischen) Konstruktivismus a la Judith Butler hält die Autorin nach einem Durchgang durch die kritischen Gegenstimmen zu dieser Position eine Konzeption entgegen, Natur und Körper durch die historisierte und reflexive Kategorie "sex" zu erfassen. Diese Konzeptualisierung soll Ansatzpunkte für eine kritische feministische Gesellschaftstheorie bieten, die weder auf die Symbolisierung der Sinnlichkeit verzichtet noch hegemoniale Diskurse der Essentialisierung und der Naturalisierung von Identitäten fortschreibt. Diese Konzeption hat auch Konsequenzen für die feministische Politik: Wird (Geschlechts-)Identität als Ort der politischen Neuverhandlung aufgefaßt, dann eröffnet dies Räume für eine radikaldemokratische Bündnispolitik durch die kritische Dekonstruktion des traditionellen hierarchischen Geschlechterverhältnisses. (pre)
Das feministische Ich und das bewegte Wir : zur subjektiven Dimension in der Debatte um die Kategorie Geschlecht
Titelübersetzung:The feminist ego and the emotional we : the subjective dimension in the debate concerning the category of gender
Autor/in:
Hänsch, Ulrike
Quelle: Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis, Jg. 20 (1997) H. 46, S. 79-91
Inhalt: In den letzten Jahren sind innerhalb der feministischen Debatte zunehmend poststrukturalistische Ansätze wie die Dekonstruktion der Kategorie Geschlecht von Judith Butler diskutiert worden, die wie kaum ein anderes Thema die Frauenbewegung und Frauenforschung belebt und polarisiert haben. Ziel des Beitrags ist es, den Prozess der Rezeption dieser Ansätze und die Debatten, die darüber ausgelöst wurden, zu verfolgen. Dabei werden besonders zwei Thesen von Judith Butler ("Das feministische Wir ist stets nur eine phantasmatische Konstruktion" und "Die Geschlechtsidentität ist eine Imitation, zu der es kein Original gibt") beleuchtet. Diese unterschiedlichen Deutungen korrespondieren mit unterschiedlichen Erfahrungen in der Frauenbewegung, die idealtypisch als Befreiungs- oder Ausschlusserfahrungen bezeichnet werden. Anhand der zwei Thesen wird, insbesondere mit Blick auf die subjektive Dimension in der Debatte, herausgearbeitet, wie beide Positionen ineinander verwickelt sind. (ICH)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Zeitschriftenaufsatz
Wie werden Geschlechtsidentitäten konstruiert? : Überlegungen zum Verschwinden der Psychoanalyse aus der Geschlechterforschung
Titelübersetzung:How are gender identities constructed? : reflections on the disappearance of psychoanalysis from gender research
Autor/in:
Liebsch, Katharina
Quelle: Zeitschrift für Frauenforschung, Jg. 15 (1997) H. 1/2, S. 6-16
Inhalt: Der vorliegende Beitrag vertritt die These, daß die Psychoanalyse für Fragen der Geschlechtlichkeit nach wie vor von grundsätzlicher Bedeutung ist und daß psychoanalytiche Argumentationen den Diskurs einer konstruktivistischen Geschlechterforschung mitgestalten und beeinflussen sollten. Grundsätzlich haben aus der Sicht der Autorin konstruktivistische und diskurstheoretische Ansätze den Vorteil, daß sie kulturelle Selbstverständlichkeiten radikal in Frage stellen und die Aufforderung beinhalten, andere Vorstellungen von Geschlecht zu entwickeln, die nicht unter dem Primat von Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit stehen. In Kontext dieser Ansätze wird der Frage nachgegangen, "wie mit psychoanalytischen Theorien ein Spielen mit Geschlechtspositionen sinnvoll konzipiert werden kann." Dazu werden Anknüpfungspunkte und Möglichkeiten der Bezugnahme von ethnomethodologischen, diskurstheoretischen und dekonstruktivistischen Ansätzen mit dem psychoanalytischen Denken herausgearbeitet. (pre)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Zeitschriftenaufsatz
Verborgene Macht und sichtbare Einflußnahme : Geschlechterarrangements und ihr Preis
Titelübersetzung:Hidden power and visible influence : gender arrangements and their price
Autor/in:
Flaake, Karin
Quelle: Geschlechterbegegnungen: viele Orte - wenig Raum. Elisabeth Rohr (Hrsg.), Ludger van Gisteren (Hrsg.). Basel: Stroemfeld (Nexus), 1995, S. 35-46
Inhalt: In diesem Beitrag wird die subjektive Seite der Reproduktion tradierter Geschlechterbeziehungen beleuchtet. Es werden psychische Prozesse und unbewußte Phantasien, Wünsche und Ängste aufgezeigt, die das bestehende Geschlechterverhältnis auch in Bereichen tradieren helfen, in denen Spielräume für Veränderungen gegeben sind. Die Verfasserin konzentriert sich hierbei auf einen Aspekt geschlechtsspezifischer Ungleichheiten, und zwar auf das Geschlechterarrangement, in dem Frauen zugunsten der Männer im Hintergrund bleiben, in dem die Männer als die nach außen hin Dominierenden, Überlegenen, Kompetenten erscheinen und die Frauen sich - sowohl im Privaten wie Beruflichen - auf unterstützende und emotional versorgende Funktionen konzentrieren. Mit diesen Leistungen erfahren sie aber kaum die offizielle Wertschätzung und Anerkennung, wie sie für die Tätigkeit der Männer gilt. Bei der Analyse geht es der Verfasserin vorwiegend um die Frage, inwieweit Frauen solche Arrangements mittragen. (ICE)
Geschlecht als hegemonialer Diskurs : Ansätze zu einer kritischen Theorie des "Geschlechts"
Titelübersetzung:Gender as hegemonial discourse : approaches to a critical theory of "gender"
Autor/in:
Maihofer, Andrea
Quelle: Denkachsen: zur theoretischen und institutionellen Rede vom Geschlecht. Theresa Wobbe (Hrsg.), Gesa Lindemann (Hrsg.). Frankfurt am Main: Suhrkamp (Edition Suhrkamp , Neue Folge), 1994, S. 236-263
Inhalt: Der vorliegende Beitrag resümiert und diskutiert die aktuellen Versuche zu einem neuen Verständnis der Kategorie "Geschlecht". Zentral für die meisten Arbeiten ist die Kritik an der spätestens seit den 70er Jahren im Feminismus üblichen Kritik zwischen biologischem und sozialem Geschlecht bzw. zwischen sex und gender. Gegenwärtig dominieren die Versuche Geschlecht als "soziale Konstruktion" zu begreifen. Die Autorin zeigt, daß mit dem Begriff der sozialen Konstruktion nicht nur die körperlich-leibliche "Ebene" des Geschlechts aus dem Blick gerät, sondern daß darüber hinaus die Realität des Geschlechts als einer historisch konkreten "Existenzweise" der Individuen nicht faßbar wird. So liegt die theoretische Priorität in diesen Ansätzen fast ausschließlich in der Konstruktion/Konstitution des Geschlechts und seinen "Inszenierungen", also darauf wie Geschlechter "gemacht" werden (doing gender) und nicht wie Geschlechter als gewordenen/werdende "sind" bzw. wie sie "gelebt" werden. (pmb)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Monographie
Geschlechtsidentität und Rationalitätskonzeptionen : eine Problemübersicht
Titelübersetzung:Sexual identity and rationality conceptions : a problem overview
Autor/in:
Harding, Sandra
Quelle: Denkverhältnisse: Feminismus und Kritik. Elisabeth List (Hrsg.), Herlinde Studer (Hrsg.). Frankfurt am Main: Suhrkamp (Edition Suhrkamp , Neue Folge), 1989, S. 425-453
Inhalt: In dem Beitrag wird der geschlechtsspezifischen Verteilung von Rationalistätskonzeptionen nachgegangen. Dabei dienen die Ausführungen dazu, einige Bausteine zur Untermauerung der sich aus einigen feministischen erkenntnistheoretischen Ansätzen ergebenden Hypothese zu liefern, daß die spezifisch männliche Perspektive, die bislang den Begriff der "menschlichen Rationalität" definiert hat, nicht nur einseitig, sondern in gewisser Weise "pervers" ist. Es wird darauf eingegangen, daß die mit der bürgerlichen Gesellschaft, mit liberalen politischen Theorien und mit Wissenschaft assoziierten Rationalitätsmodelle spezifisch moderne Formen der Rationalität sind. Warum diese modernen Formen deutlich maskulinere Züge aufweisen als die Rationalitätsmodelle vormoderner Gesellschaften, ist der Gegenstand der Forschung. Es wird dargestellt, wie die philosophischen Fragen über die Angemessenheit der Rationalitätskonzeptionen aus der wachsenden Einsicht entstanden sind, daß man Frauen als Erkenntnisobjekte nicht einfach dem existierenden Korpus des Wissens über soziale und natürliche Prozesse hinzufügen kann. Ein Überblick über die Ergebnisse zweier Bereiche empirischer Forschung zeigt den geschlechtsspezifischen Charakter der herrschenden Konzeptionen rationaler Überzeugung und rationalen Handelns. Einige Implikationen, die diese neuen Forschungen für die traditionelle und zeitgenössische Rationalitätsdebatte in der Philosophie haben, werden abschließend diskutiert. (ICA)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
"Diskriminierung, ich erlebe sie nicht - ich interessiere mich auch nur für meine Bakterien" : Untersuchung zum Selbstverständnis der Wissenschaftlerin
Titelübersetzung:"Discriminiation, I don't experience it - I'm only interested in my bacteria" : investigations on the self-concept of female scientists
Autor/in:
Schuchardt, Marion
Quelle: Töchter der Alma Mater: Frauen in der Berufs- und Hochschulforschung. Bärbel Clemens (Hrsg.), Sigrid Metz-Göckel (Hrsg.), Ayla Neusel (Hrsg.), Barbara Port (Hrsg.). Symposium "Angleichungs- und Differenzierungsprozesse durch Hochschulausbildung - Frauen in der Berufs- und Hochschulforschung"; Frankfurt am Main: Campus Verl. (Campus Forschung), 1986, S. 125-134
Inhalt: Die Verfasserin stellt, bezugnehmend auf eine Befragung von 69 Wissenschaftlerinnen aller Fachrichtungen der Universität Freiburg zum Thema "Das Selbstverständnis der Wissenschaftlerinnen unter besonderer Berücksichtigung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie" (Sommer 1983), unterschiedliche Ausprägungen von Selbstverständnisformen der Wissenschaftlerinnen dar. Thematisiert werden (1) "Lüste" und "Früste" im Wissenschaftsbetrieb bzw. die (Not-)Lösungen in den formellen und informellen Strukturen des Uniapparates, (2) Formen des Umgangs mit der Doppelarbeit, (3) Anpassung versus Widerstand. Es wird festgestellt, daß sich anhand der subjektiven Begründungen der Wissenschaftlerinnen nicht nur verschiedene Formationen des Selbstverständnisses darstellen lassen, sondern auch der Übergang von der konventionellen Rollenidentität zur postkonventionellen Ich-Identität. Gerade Frauen, die sich in die männlich dominierte Institution Universität begeben, begegnen von Herrschaft bestimmten Interaktionssituationen. Es besteht nur ein geringer Raum für die Formulierung eigener Bedürfnisse; die Frauen müssen genau beachten, ob sie diesen Raum zu weit überschreiten, da dieses immer auch eine Identitätskrise für sie bedeuten kann. Anpassung erscheint in diesem Zusammenhang als eine Strategie, den in der Umgebung herrschenden Kräfteverhältnissen und den eigenen Energien eine angemessene Bedeutung zuzugestehen. (TR)