Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 11 (2019) 1, S 125-139
Inhalt: Anlass unseres Beitrags ist die Beobachtung, dass sich in aktuellen feministischen Debatten - insbesondere im Kontext der Nachhaltigkeitswissenschaften - vermehrt auf 'Care' als Denk- und Handlungsprinzip bezogen wird. Damit wird 'Care' (auch) auf die Kategorie Natur erweitert. Wir gehen davon aus, dass eine solche Erweiterung die Komplexität und Wirkmächtigkeit gesellschaftlicher Natur- und Geschlechterverhältnisse vernachlässigt. Eine Folge könnte die Übertragung macht- und herrschaftsförmiger Momente von Sorgebeziehungen auf den Umgang mit nichtmenschlichen 'Natur/en' sein. Wir begeben uns auf eine Spurensuche, die über die Auseinandersetzung mit 'Natur' als immanenter Kategorie von (Care-)Debatten der Neuen Frauen- und Ökologiebewegung der 1970er-Jahre bis hin zu einer Untersuchung ausgewählter Arbeiten zu 'Natur' als expliziter Kategorie in 'Care'-Beziehungen zwischen Menschen und nichtmenschlichen 'Natur/en' führt. Der Beitrag richtet sich explizit gegen die Tendenz der Essentialisierung von 'Natur' und 'Geschlecht'. Stattdessen plädieren wir für eine nachhaltige Nutzung von 'Natur/en' in vorsorgender Perspektive.
Celibate women, the construction of identity, Karama (dignity), and the "Arab Spring"
Titelübersetzung:Zölibatär lebende Frauen, die Konstruktion von Identität, Karama (Würde) und der "Arabische Frühling"
Autor/in:
Labidi, Lilia
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 9 (2017) 1, S 11-29
Inhalt: "Untersuchungen über den 'Arabischen Frühling“ tendieren dazu, die wirtschaftlichen und politischen Bedürfnisse Jugendlicher zu fokussieren, adressieren jedoch nicht ihre sozialpsychologischen Bedürfnisse, wie etwa den unerfüllten Heiratswunsch und dessen soziale Konsequenzen. Der Beitrag diskutiert den Fall zölibatär lebender Frauen in Tunesien, für die es aufgrund der hohen Jugendarbeitslosigkeit und daraus folgender Probleme schwierig ist, Übergangsrituale zu durchlaufen, die sie von der Kindheit ins Erwachsenendasein geleiten und ihnen die vollständige Integration in die Gemeinschaft ermöglichen würden. Um in ihrer durch den diktatorischen Staat dominierten Lebenswelt dennoch Selbstkontrolle zu erlangen, haben sie für sich eine Form der asketischen Lebensführung gewählt, indem sie den hijab tragen, den Koran lesen, das tägliche Fasten praktizieren und die hudud neu verhandeln - also die moralischen und rechtlichen Grenzen, die schon lang Gegenstand breiter Debatten und sozialer Reformen sind; gleichzeitig unterstützen sie die Frauenrechte, so wie sie in Tunesiens Familienrecht verankert sind. Der Beitrag widmet sich besonders dem hierauf bezogenen politischen Diskurs im ‚Arabischen Frühling‘ seit 2011 und dem Bemühen, eine 'moralische Persönlichkeit' zu entwickeln." (Autorenreferat)
Inhalt: "Studies of the 'Arab Spring' have tended to focus on the economic and political needs of youth, but have not addressed socio-psychological needs such as an unfulfilled desire for marriage and its social consequences. This article discusses the case of celibate women in Tunisia who, because of the high rate of youth unemployment and its social consequences, find it difficult to accomplish the rites of passage that would take them from childhood to adulthood and allow full integration into the community. In order to gain control over the self in a social context that was dominated by a dictatorial state, they have chosen a form of asceticism, wearing the hijab, reading the Qur'an, practicing daily fasting, and re-negotiating hudud - that is moral boundaries and legal limits that have long been a subject of wide debate and of social reforms; at the same time, they support women's rights as expressed in Tunisia's Personal Status Code. Particular attention is paid in this article to the political discourse after 2011 and efforts to construct a 'moral personality.'" (author's abstract)
Schlagwörter:Tunesien; Tunisia; woman; Ritual; ritual; Askese; asceticism; Lebensstil; life style; Religiosität; religiousness; Menschenrechte; human rights; Feminismus; feminism; Gleichheit; equality; Identität; identity; Emanzipation; emancipation; Geschlechterverhältnis; gender relations; arabische Länder; Arab countries; Nordafrika; North Africa; Transformation; transformation; enthaltsame Frauen; Arabischer Frühling; Nahdha
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Ethnologie, Kulturanthropologie, Ethnosoziologie
For what it's worth: an examination of the persistent devaluation of "women's work" in capitalism and considerations for feminist politics
Titelübersetzung:"For what it’s worth": eine Untersuchung zur anhaltenden Abwertung von "Frauenarbeit" im Kapitalismus und Folgerungen für feministische Politik
Autor/in:
Mulvaney, Kelly
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 5 (2013) 2, S 27–44
Inhalt: "Der Beitrag untersucht die Entwicklung der geschlechtlichen Arbeitsteilung im Kapitalismus und skizziert die Transformation von 'Frauenarbeit' von Fordismus zum Postfordismus und der gegenwärtigen Reproduktionskrise. Mit Rückgriff auf die Arbeit früher marxistischer Feministinnen, die die Produktivität von weiblicher Reproduktionsarbeit im Haushalt aufgezeigt haben, fragt er nach den Mechanismen, die zur anhaltenden Abwertung von Frauenarbeit und zur geschlechtlichen Arbeitsteilung beitragen, die dazu führt, dass Frauen weiterhin die Verantwortung für un- und unterbezahlte Pflege- und Reproduktionsarbeit übertragen wird. Die vorliegende Analyse kommt zu dem Schluss, dass der analytische Rahmen marxistischer Feministinnen, der die Beziehung zwischen Arbeit und Wert fokussiert, nicht als alleinige Erklärungsgrundlage für das Fortbestehen von geschlechtsspezifischer ökonomischer Ungleichheit herangezogen werden kann. Geschlecht muss auch als weiter gefasste soziale Institution über Arbeitsbeziehungen hinaus in den Blick genommen werden, in der Frauen als den Männern unterlegen definiert werden. Ansätze zur Aufwertung von Frauenarbeit sind nur dann erfolgsversprechend, wenn sie mit Bemühungen zur Emanzipation von Frauen verbunden werden." (Autorenreferat)
Inhalt: "This article examines the gender division of labour as it has developed under capitalism, sketching the transformation of 'women's work' from Fordism to post-Fordism and the pending crisis of social reproduction of the present. Drawing on the work of early Marxist feminists who revealed the productivity of women’s reproductive labour in the home, it investigates the mechanisms that contribute to the persistence of the devaluation of women's work and the gender division of labour which continues to hold women responsible for unpaid and underpaid care and reproductive labour. This analysis leads to the conclusion that the analytical framework of the Marxist feminists, which focuses on the relation between labour and value, cannot fully account for the persistence of gender economic equality. Attention must also be given to the broader social institution of gender beyond labour relations, which defines women as inferior to men. Thus, efforts to valorize women’s work will only succeed in combination with struggles to liberate women." (author's abstract)
(De-)Thematisierungen und neoliberale Verdeckungen am Beispiel feministischer Mädchen_arbeit - ein Zwischenruf
Titelübersetzung:Feminist (social) work with girls as an example of (de-)thematizing and neoliberal masking - an interjection
Autor/in:
Klinger, Sabine; Kagerbauer, Linda
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 5 (2013) 2, S 129–138
Inhalt: "In diesem Artikel wird am Beispiel der Praxis feministischer Mädchen_arbeit über Gender im Spannungsfeld zwischen Gleichstellung, Differenz und Vereinnahmung - auch im Hinblick auf die Mechanismen und Verdeckungen neoliberaler Aktivierungen - reflektiert. Die Überlegungen zeichnen sich durch einen parteilichen Praxisbezug sowie ein feministisches Wissenschaftsverständnis aus. Die Ausführungen sind als dialogische und politische Positionierung angelegt, um eine Thematisierung und Auseinandersetzung zu ermöglichen und anzuregen. Dieser Beitrag ist als Zwischenruf zu verstehen, der zur weiteren Diskussion einlädt." (Autorenreferat)
Inhalt: "In this article we reflect on gender issues caught between gender equality, difference and usurpation, using the example of feminist (social) work with girls and taking into account the mechanisms and masking effects of neoliberal activations. Our ideas are characterized by a partisan foundation in reality and a feminist understanding of science. The line of argument is based on a dialogical and political positioning, which is aimed at stimulating and facilitating a thematization and debate. We would like the article to be seen as an interjection which invites further discussion." (author's abstract)
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Allgemeines, spezielle Theorien und Schulen, Methoden, Entwicklung und Geschichte der Erziehungswissenschaft
Die Wiedergeburt der jüdischen Gemeinschaft in Polen aus der Perspektive von Frauen
Titelübersetzung:The renaissance of the Jewish community in Poland from women's perspective
Autor/in:
Czerwonogóra, Katarzyna
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 4 (2012) 3, S 77-91
Inhalt: "Seit der Wende 1989 erfahren die jüdischen Gemeinden in Polen eine Wiederbelebung und ein wachsendes Interesse, ihre Traditionen zu bewahren. Diese Revitalisierung ist aus der Geschlechterperspektive auch kritisch zu betrachten, sofern sich diese auf orthodoxe religiöse Traditionen bezieht. Eines der problematischen Symptome ist die Stärkung der Geschlechterhierarchie und die Unterprivilegierung der Frauen. Andererseits haben die weltlichen jüdischen Organisationen emanzipatorische Wirkungen für polnische Jüdinnen. Der Beitrag präsentiert Erfahrungen von Frauen in der Jüdischen Community in Polen. Er basiert auf Interviews mit Frauen der jüdischen Gemeinden in Krakau und Warschau, die zwischen 2006 und 2009 geführt wurden, und gibt einen kritischen Einblick in ein Phänomen, das im Allgemeinen sehr positiv gesehen wird." (Autorenreferat)
Inhalt: "The Jewish community in Poland has been experiencing a revival since the democratic transformation in 1989. Proof of that is the growing number of Jewish institutions, educational programmes and the increasing interest in preserving Jewish heritage. However, when analyzed from a gender perspective, this revival is problematical. One of its symptoms is the strengthening of gender biases and hierarchies that keep women in underprivileged positions. On the other hand, Jewish organizations serve as a vehicle of emancipation for Polish Jewish women. This article presents some aspects of women's experience in the contemporary Jewish community in Poland. It is based on qualitative research done between 2006 and 2009 in Krakow and Warsaw and gives a critical analysis of a phenomenon that is generally seen as very positive." (author's abstract)
Can women in Poland speak? Diskursive Strategien polnischer Feministinnen gegen Ausgrenzung und
Marginalisierung von Frauen in Polen
Titelübersetzung:Can women in Poland speak? Strategies of Polish feminists against exclusion and marginalization of women in Poland
Autor/in:
Walczewska, Sławomira
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 4 (2012) 3, S 122-129
Inhalt: "Der Essay beschäftigt sich mit den diskursiven Strategien von Feministinnen in Polen. Ausgehend von der Metapher des 'Nicht-Sprechen-Könnens/-Dürfens' als umfassendste Benennung von Diskriminierung und an einigen ausgewählten Beispielen wird gezeigt, welche Strategien die feministische polnische Bewegung anwendet, um sich Gehör zu verschaffen. Dazu gehören die Übernahme sprachlicher Elemente der patriarchalen Diskurse, das Ergänzen dieser Diskurse und Raum schaffen für den feministischen Diskurs selbst." (Autorenreferat)
Inhalt: "This article is an attempt to describe discursive strategies of Polish feminists. Using the metaphor of 'not being allowed/able to speak' as the most general label for discrimination and marginalization, I present which strategies are used to express oneself in the language of the patriarchal discourses, to complete patriarchal discourses and to create space for feminist discourse." (author's abstract)
Frauenpolitik in der Türkei im Spannungsfeld zwischen Lokalem und Transnationalem
Titelübersetzung:Women's politics in Turkey in the field of tension between the local and the transnational
Autor/in:
Al-Rebholz, Anil
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 3 (2011) 1, S 28-46
Inhalt: "Transnationalisierung und NGOisierung konstituieren die beiden bestimmenden Aspekte frauenpolitischer Aktivitäten und feministischer Wissensproduktion in der Türkei. Mit Rückgriff auf den transnationalen Advokaten-Netzwerk-Ansatz und Ergebnisse von Analysen zu transnationalen feministischen Praktiken werden im vorliegenden Artikel die beiden Prozesse auf die Transformation des Zweite-Welle-Feminismus in der Türkei der 1990er Jahre bezogen. Dabei wird auf die widersprüchlichen und ambivalenten Konsequenzen dieser Prozesse für die heutigen feministischen Politiken aufmerksam gemacht. In diesem Rahmen werden zum einen das transnationale Networking und der Austausch der Frauenbewegungen in der Türkei generell und zum anderen der Wissensaustausch und die Rezeption feministischer Ideen durch kurdische Aktivistinnen im Besonderen fokussiert. Darüber hinaus wird die fragmentierte Landschaft des Frauenaktivismus entlang unterschiedlicher Frauen-NGOs (kurdische, islamische und türkische) in der Türkei vorgestellt und die Verknüpfung zum breiteren Kontext der zunehmenden Bedeutung transnationaler Politiken und der Governance der Geschlechterverhältnisse weltweit skizziert. Hier stellt sich für den türkischen Fall wie auch generell die kritische Frage, ob transnationale Politiken das emanzipatorische Potenzial der Frauenpolitiken befördern, und zu einer Demokratisierung von Geschlechterverhältnissen beitragen." (Autorenreferat)
Inhalt: "Transnationalization and NGOization constitute two determining aspects of women's politics and feminist knowledge production in Turkey. Drawing on the transnational advocacy networks approach and insights offered by analysis of feminist transnational practices, the article relates these two processes to the transformation of second wave feminism in the 90s, and discusses the contradictory and ambivalent consequences of these for feminist politics today. In this framework, it is focused on the transnational networking and exchange of women's movements in Turkey in general, and knowledge exchange and reception of feminist ideas by Kurdish activists in particular. Furthermore, the article deals with the fragmentation of the landscape of women's activism along different women's NGOs (Kurdish, Turkish, Islamic) in the Turkish context, and links these to the wider context of raising the importance of transnational politics and governance of gender relations worldwide. This raises in turn the critical question, which is crucial for both Turkish case but also in general, whether the transnational politics promotes the emancipative potential of women's politics, therefore leading to more democratization of gender relations." (author's abstract)
Titelübersetzung:Hindu traditions and women's emancipation
Autor/in:
Heller, Birgit
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 2 (2010) 1, S 28-46
Inhalt: "Im Lauf des 20. Jahrhunderts haben Frauen in verschiedenen Religionen ein feministisches Bewusstsein entwickelt und die normativen Geschlechterrollen ihrer jeweiligen Tradition infrage gestellt. Um herauszufinden, ob auch im modernen Hinduismus eine kritische Auseinandersetzung mit den traditionellen Vorstellungen von Weiblichkeit stattfindet und Möglichkeiten für eine Frauenemanzipation vorhanden sind, werden Status, Bilder, Rollen und Selbstverständnis von Frauen in zwei modernen hinduistischen Bewegungen exemplarisch erörtert. Als Referenzrahmen für die Interpretation dienen die vorherrschende traditionelle brahmanisch-hinduistische Weiblichkeitskonzeption sowie die Perspektiven der indischen Frauenbewegung." (Autorenreferat)
Inhalt: "In the course of the 20th century women of different religious affiliations have developed a feminist consciousness and have called into question the normative gender roles of their traditions. With the intention of discovering critical reflection approaches to traditional concepts of femininity, and the potential for women's emancipation in modern Hinduism, the status, images, roles, and self-understanding of women in two modern Hindu movements are analyzed. The dominant Brahmanical conception of femininity and the perspectives of the Indian women's movement serve an interpretative reference frame." (author's abstract)