Inhalt: Was an den Universitäten geschieht, wie und in welchem Maß sie wissenschaftliches Wissen erzeugen und weitergeben, hängt dem Autor zufolge nicht zuletzt davon ab, ob die Universität tatsächlich eine Institution ist, deren Wertorientierungen, normative Handlungsmuster und operative Strukturen der spezifischen Logik der Wissenschaft, ihren Produktionsbedingungen, Verfahrensweisen und Kontrollmechanismen entsprechen. Bei der Untersuchung dieser Frage stößt man auf einen Akteurstyp, dessen Existenz auf eine Dimension universitärer Wirklichkeit verweist, die ganz anderen Gesetzmäßigkeiten unterworfen ist, als es sich die Anhänger eines klassischen Wissenschaftsideals von "Einsamkeit und Freiheit" (Schelsky) haben träumen lassen. Man begegnet dem "Homo academicus", der einer universitären Welt entstammt, in der das Bekenntnis zu wissenschaftlicher Wahrheit, Objektivität, Rationalität und methodischem Zweifel nicht nur als obsolet, sondern geradezu als Hindernis erfolgreichen Handelns betrachtet wird. Was der Homo academicus tut, wird nicht von den Erfordernissen des wissenschaftlichen Diskurses bestimmt, sondern von den ubiquitären Zwängen sozialer Macht. Als Navigationssystem für sein Handeln und seine Entscheidungen dient ihm dabei ein Wissen darüber, wer auf dem akademischen Feld etwas zu sagen hat, welche Universität in einem guten oder schlechten Ruf steht, wer zu den Führungszirkeln der Disziplinen und Forschungsrichtungen gehört und wer Beziehungen zu außeruniversitären Akteuren und Institutionen unterhält. Nicht primär das spezifisch wissenschaftliche Kapital, sondern das Wissen darüber, wie die Machtverhältnisse der akademischen Welt funktionieren, ist die entscheidende Voraussetzung dafür, im Spiel um Pfründe, Positionen und symbolische Profite erfolgreich mit zu wirken. (ICI2)