Gerechtigkeitsvorstellungen im Lebenszusammenhang - eine geschlechtersoziologische Perspektivenerweiterung am Beispiel von Für- und Selbstsorgearrangements prekär Beschäftigter
Titelübersetzung:Conceptions of justice in life arrangements - a broad gender-sociological perspective using the example of the (self-)care arrangementsof precarious workers
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 10 (2018) 3, S 101-117
Inhalt: Fragen der Un-/Gerechtigkeit v.a. in der Erwerbssphäre sind (wieder) auf die politische Agenda gerückt. Ausgehend von der geschlechtersoziologischen Kritik an einem engen Arbeitsbegriff plädieren wir dafür, Gerechtigkeitsvorstellungen im Lebenszusammenhang zu betrachten. Wir fragen, welche Missstände aus einer Perspektive des Lebenszusammenhangs als ungerecht erfahren werden, basierend auf narrativen Interviews mit prekär Beschäftigten, die wir in einem hermeneutischen Auswertungsprozess interpretierten. Wir rekonstruieren, welche Missstände die Befragten als nicht erfüllte Gerechtigkeitsansprüche erheben und welche nur als nicht erfüllte Wünsche, wobei wir Sorgearrangements ins Zentrum stellen. Anhand dreier Fallbeispiele zeigen wir, dass nur Fürsorge normative Kraft entfalten kann, während zur Einforderung angemessener Bedingungen zur Selbstsorge meist normative Rahmen fehlen. Fürsorge ist zudem vergeschlechtlicht und aus dem Anspruch, gute Pflege zu leisten, kann selbstdestruktives Potenzial erwachsen. Gesellschaftspolitisch ist zu fragen, wie normative Rahmen für angemessene Selbstsorge und gerechte Bedingungen für selbstsorgsame Pflege von Anderen etabliert werden können.
Inhalt: Die zunehmende Prekarisierung von Erwerbsarbeit ist in modernen Gesellschaften oftmals Gegenstand wissenschaftlicher Debatten. Häufig bleiben dabei die Prekarität von Reproduktionsarbeit und die Prekarisierung von ganzen Lebenszusammenhängen bei Frauen wenig berücksichtigt, obwohl der gesellschaftliche Bedarf an Care-Work kontinuierlich wächst und Frauen für Prekarität besonders anfällig sind. Anhand einer Fallstudie, in der die subjektiven Deutungen sowie latente Sinnstrukturen mit Hilfe der objektiven Hermeneutik einer in mehreren Pflegetätigkeiten eingebundenen Frau herausgestellt werden, wird in diesem Artikel dargelegt, welche Konsequenzen sich aus prekärer (Care-)Arbeit für den gesamten Lebenszusammenhang ergeben können, wie dieser subjektiv wahrgenommen wird und unter welchen Bedingungen die Vereinbarkeit von Pflege im Beruf und in der Familie mit Privatleben gelingen kann.
Digitalisierung von Arbeit als "Baustelle" einer geschlechterbezogenen Arbeitsforschung: Transformationsprozesse in der Büroarbeit
Titelübersetzung:Digitization of Work as a "Construction Site" of a Gender-related Labour Research: Transformation Processes in Office Work
Autor/in:
Kutzner, Edelgard
Quelle: AIS-Studien, 11 (2018) 2, S 211-228
Inhalt: In kritischer Auseinandersetzung mit bisherigen Prognosen zum Verhältnis von Digitalisierung, Arbeit und Geschlecht sowie anknüpfend an ausgewählte theoretische und empirische Forschungsarbeiten wird im vorliegenden Beitrag ein möglicher Rahmen für weitere Debatten und Forschungen skizziert. Am Beispiel der Arbeit im Büro werden bisherige Entwicklungsprozesse der Digitalisierung von Arbeit aufgezeigt, um daran anschließend einige konzeptionelle und methodische Überlegungen zur Erforschung von Veränderungs- und Gestaltungsprozessen aus einer Geschlechterperspektive vorzustellen. Im Ergebnis zeigt sich, technisch-organisatorische Veränderungen können zu einer veränderten Geschlechterordnung und damit zu mehr Geschlechtergerechtigkeit beitragen, wenn durch aktive Gestaltung die sog. Pfadabhängigkeit der Geschlechterverhältnisse in Frage gestellt und verlassen wird.
Schlagwörter:Arbeit; labor; Digitalisierung; digitalization; gender-specific factors; Arbeitsforschung; work research; Büroarbeit; office work; gender; Gerechtigkeit; justice; Gleichberechtigung; equality of rights
SSOAR Kategorie:Industrie- und Betriebssoziologie, Arbeitssoziologie, industrielle Beziehungen, Frauen- und Geschlechterforschung