Blockierter Kulturwandel: Geschlechterpolitik im Finanzmarktkapitalismus
Titelübersetzung:Blocked cultural change: gender politics in financial market capitalism
Autor/in:
Lill, Max; Heilmann, Andreas
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 9 (2017) 2, S 106-121
Inhalt: "Der Beitrag fragt auf der Basis einer empirischen Fallstudie in der Landesbank Berlin nach Ansatzpunkten und Barrieren für die Durchsetzung von mehr Geschlechtergerechtigkeit im Bankensektor. In einer integralen Perspektive auf Erwerbsarbeit und Leben werden sowohl strukturelle Bedingungen betrieblicher Gleichstellungspolitik und Organisationsentwicklung als auch Geschlechterarrangements und subjektive Handlungsorientierungen der von uns befragten Führungskräfte rekonstruiert. Unsere These lautet, dass insbesondere weibliche, zunehmend aber auch jüngere männliche Führungskräfte eine 'reflexive Karriereorientierung' ausbilden, innerhalb derer ein stärker egalitäres Geschlechterverhältnis sowie persönliche Gestaltungsspielräume in- und außerhalb der Erwerbsarbeit eingefordert werden. Daraus könnten neue Interessenkoalitionen für eine bessere betriebliche Anerkennung von Reproduktionsbedürfnissen erwachsen. Allerdings bleiben diese geschlechterpolitischen Potenziale angesichts des hohen Renditeund Kostendrucks im chronisch krisenhaften Finanzmarktkapitalismus bisher blockiert." (Autorenreferat)
Inhalt: "Based on an empirical case study conducted in the Landesbank Berlin, this article seeks to uncover starting points for and barriers to enforcing gender equality in the banking sector. Taking a holistic perspective of gainful work and life, the structural conditions of in-company gender-equality politics and organizational development are reconstructed, as are the gender arrangements and subjective orientations of polled executives. Our thesis is that female executives in particular, but increasingly also young male executives, are developing a 'reflexive career orientation' within which they are demanding more gender equality and personal scope to shape their life at work and outside of work. The result could be new coalitions within companies for gaining better recognition of reproductive needs. However, these potentialities for gender politics are still blocked in the face of strong pressure to cut costs and generate income in a financial market capitalism which is constantly in crisis." (author's abstract)
Ein- und Ausschlüsse durch Arbeits- und Sozialpolitik: das Normalarbeitsverhältnis als vergeschlechtlichtes Macht und Herrschaftsverhältnis
Titelübersetzung:In- and exclusion processes through labour market and social policy: theorizing power and dominance in the standard employment relationship
Autor/in:
Lepperhoff, Julia; Scheele, Alexandra
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 26 (2017) 1, S 88-102
Inhalt: "Ausgehend von der hohen Bedeutung von Erwerbsarbeit als Medium der Vergesellschaftung wird in dem Beitrag das sogenannte Normalarbeitsverhältnis, das Normalität und Norm von Erwerbsarbeit in Deutschland abbildet, problematisiert. Mit Bezug auf drei unterschiedliche feministische Machtkonzeptionen wird diese arbeits- und sozialpolitisch zentrale Institution als Macht- und Herrschaftsverhältnis theoretisiert und gezeigt, dass diese den Ausschluss von Frauen geradezu voraussetzt, Geschlechterungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt und in der sozialen Sicherung zementiert und damit in letzter Konsequenz ein Wandel in den Geschlechterverhältnissen und eine egalitäre gesellschaftliche Teilhabe von Frauen und Männern verhindert. Auf den Spuren eines neuen Normalarbeitsverhältnisses wird schließlich der Ansatz soziabler Arbeit, der Erwerbsarbeit in ihrem gesellschaftlichen Kontext begreift, als neues Leitbild konturiert." (Autorenreferat)
Inhalt: "Based on the great importance of gainful employment as a medium of socialization, this article analyses the so-called standard employment relationship, which represents the normality and norm of gainful employment in Germany. With regard to three different feminist power contexts, this core labour and social policy institution is theorized as a power and domination relationship that virtually requires the exclusion of women, makes gender inequalities within the labour market and in regards to social security permanent, and that ultimately prevents changes in gender relations. The article further argues that the institution thereby acts as a barrier for an egalitarian social participation of women and men. In order to develop a framework for a new standard employment relationship, the authors outline a new concept for conceptualizing employment. This concept comprehends employment in its social context and as a result provides a basis for gender equality." (author's abstract)
Schlagwörter:Erwerbsarbeit; gainful work; Normalarbeitsverhältnis; standard employment relationship; prekäre Beschäftigung; precarious employment; woman; soziale Ungleichheit; social inequality; Geschlechterverhältnis; gender relations; Macht; power; Gleichstellung; affirmative action; gender-specific factors; Frauenerwerbstätigkeit; women's employment; soziale Sicherung; social security; Emanzipation; emancipation; Federal Republic of Germany
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Industrie- und Betriebssoziologie, Arbeitssoziologie, industrielle Beziehungen
Blockierter Kulturwandel: Geschlechterpolitik im Finanzmarktkapitalismus
Titelübersetzung:Blocked cultural change: gender politics in financial market capitalism
Autor/in:
Lill, Max; Heilmann, Andreas
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 9 (2017) 2, S 106-121
Inhalt: "Der Beitrag fragt auf der Basis einer empirischen Fallstudie in der Landesbank Berlin nach Ansatzpunkten und Barrieren für die Durchsetzung von mehr Geschlechtergerechtigkeit im Bankensektor. In einer integralen Perspektive auf Erwerbsarbeit und Leben werden sowohl strukturelle Bedingungen betrieblicher Gleichstellungspolitik und Organisationsentwicklung als auch Geschlechterarrangements und subjektive Handlungsorientierungen der von uns befragten Führungskräfte rekonstruiert. Unsere These lautet, dass insbesondere weibliche, zunehmend aber auch jüngere männliche Führungskräfte eine 'reflexive Karriereorientierung' ausbilden, innerhalb derer ein stärker egalitäres Geschlechterverhältnis sowie persönliche Gestaltungsspielräume in- und außerhalb der Erwerbsarbeit eingefordert werden. Daraus könnten neue Interessenkoalitionen für eine bessere betriebliche Anerkennung von Reproduktionsbedürfnissen erwachsen. Allerdings bleiben diese geschlechterpolitischen Potenziale angesichts des hohen Renditeund Kostendrucks im chronisch krisenhaften Finanzmarktkapitalismus bisher blockiert." (Autorenreferat)
Inhalt: "Based on an empirical case study conducted in the Landesbank Berlin, this article seeks to uncover starting points for and barriers to enforcing gender equality in the banking sector. Taking a holistic perspective of gainful work and life, the structural conditions of in-company gender-equality politics and organizational development are reconstructed, as are the gender arrangements and subjective orientations of polled executives. Our thesis is that female executives in particular, but increasingly also young male executives, are developing a 'reflexive career orientation' within which they are demanding more gender equality and personal scope to shape their life at work and outside of work. The result could be new coalitions within companies for gaining better recognition of reproductive needs. However, these potentialities for gender politics are still blocked in the face of strong pressure to cut costs and generate income in a financial market capitalism which is constantly in crisis." (author's abstract)
Freiheitsfeten oder Prekaritätspartys? Tupperware als Erwerbsform von Frauen
Titelübersetzung:Freedom festivals or precarious parties? Tupperware as occupational form for women
Autor/in:
Becker, Karina
Quelle: AIS-Studien, 9 (2016) 1, S 102-117
Inhalt: Mit Tupperware untersucht der Beitrag ein von Frauen dominiertes Tätigkeitsfeld, dessen Bedeutung sich erst in der Rückschau erschließt: Hier finden sich in der Hochzeit des Fordismus gehäuft Merkmale, die heute als typisch postfordistisch gelten. Dazu gehören dezentrale Organisationsformen und eine subjektivierte Steuerung von Arbeit ebenso wie atypische Beschäftigungsverhältnisse. Während diese Erwerbsform zu den Strukturen der "Fordist Family" gut passte - auch deshalb, weil sie in materieller Hinsicht keine Existenz sichern sein musste -, verändert sich aktuell deren Funktion. Unter den Erwerbsarbeitsbedingungen des Marktkapitalismus wird die Arbeit bei Tupperware für die Frauen zunehmend zu einem "Brotjob" und geht mit höheren arbeitsbezogenen Belastungen einher, die etwa aus der Anforderung resultieren, Emotionsarbeit zu leisten.
Schlagwörter:Erwerbsarbeit; gainful work; woman; Fordismus; fordism; Postfordismus; post-Fordism; Organisationsform; type of organization; Dezentralisation; decentralization; Steuerung; steering; Beschäftigungsform; type of employment; Frauenberuf; female profession
SSOAR Kategorie:Industrie- und Betriebssoziologie, Arbeitssoziologie, industrielle Beziehungen, Frauen- und Geschlechterforschung
Die "große Transformation" als Krise des Arbeits- und Geschlechterregimes
Autor/in:
Nickel, Hildegard Maria
Quelle: AIS-Studien, 5 (2012) 1, S 5-16
Inhalt: Die derzeitige "Vielfachkrise" (Demirovic) ist nicht allein ökonomisch zu erklären. Der Beitrag folgt einer Kriseninterpretation, die die Ereignisse der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/09 als ein spezifisches Stadium in einem schon seit Anfang der 1970er Jahre andauernden Transformationsprozesses von der Industrie- zur Dienstleistungsökonomie einordnet. War Erwerbsarbeit in der Phase des fordistischen Industrialismus wesentlich durch das männliche Normalarbeitsverhältnis gekennzeichnet, so gilt für das Geschlechterverhältnis dieser Phase das Rollenmodell des männlichen Familienernährers und der weiblichen Hausfrau und Mutter, die das Familieneinkommen allenfalls durch Teilzeitarbeit ergänzt. Dieses Arbeits- und Genderregime ist im Zuge des gesellschaftlichen Transformationsprozesses selbst in die Krise geraten. Der Ausgang des Krisenverlaufs ist relativ offen. Beides ist denkbar: Sowohl das Retardieren demokratischer (Arbeits-)Strukturen und damit zusammenhängend die Retraditionalisierung des Geschlechterverhältnisses wie auch eine demokratische Erneuerung der (Arbeits-)Strukturen, verbunden mit einer weiteren Demokratisierung der Geschlechterbeziehungen.
Inhalt: Arbeits- und Industriesoziologie und Geschlechter- und Intersektionalitätsforschung legen verschiedene Perspektiven auf die Analyse von Arbeit und der postfordistischen Arbeitsgesellschaft an. Die Arbeits- und Industriesoziologie fokussiert den Wandel von Erwerbsarbeit und seine Folgen. Die Geschlechter- und Intersektionalitätsforschung rückt den Konnex von Arbeit, Geschlecht und Ungleichheit in den Mittelpunkt. Der Beitrag arbeitet heraus, in welcher Weise beide Perspektiven aufeinander treffen und Erkenntnisse der Geschlechter- und Intersektionalitätsforschung die soziologische Reflexion des Wandels von Arbeit bereichern. Dies wird für die Analyse der gesellschaftlichen Reproduktionskrise gezeigt, welche mit der forcierten Rationalisierung der Daseinsfürsorge einhergeht. Und es wird für die Analyse des Wandels von Herrschaft herausgearbeitet, wie er mit der für den Postfordismus spezifischen ökonomischen Unbeständigkeit und existenziellen Verunsicherung einhergeht. Deutlich wird, dass der gegenwärtige Wandel von Arbeit soziale Ungleichheiten nicht nur zur Folge hat, sondern auf Differenzen und Ungleichheiten nach Geschlecht, Ethnie, Schicht gründet. Dieser Konnex von Arbeit, Geschlecht und Ungleichheit beeinflusst, so die Schlussfolgerung, das Ausmaß und die Ausrichtung des gesellschaftlichen Wandels. Deshalb ist er in der soziologischen Forschung systematisch zu veranschlagen.