Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 27 (2018) 1, S 47-61
Inhalt: Aktuell wird europaweit das gleichstellungspolitisch Erreichte - sei es die (relative) Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, der Anspruch von Frauen auf autonome Lebensentscheidungen, die Möglichkeit der Integration von Geschlecht und Sexualität in wissenschaftliche Paradigmen oder die Inklusion von Frauen in patriarchale Sprachmuster - in Frage gestellt. Der Beitrag zeigt am Beispiel Österreichs, dass sich der Hass auf Gleichberechtigung, der Wunsch nach Reetablierung traditioneller hierarchischer und naturalisierter Geschlechterverhältnisse sowie der Wille zur Diffamierung und Diskriminierung jeder Form von Sexualität jenseits heterosexueller Vorstellungen in breitere rechtspopulistische und rechtsextreme Strategien der Naturalisierung sozialer Ungleichheit einfügen. Damit verfügen sie über das Potenzial, diese zu plausibilisieren und zu popularisieren. Der Text macht deutlich, dass im Kampf gegen Geschlechtergleichstellung und gegen die Anerkennung sexueller Differenz ein Kampf um kulturelle Hegemonie sichtbar wird, der sich gegen die sozialen Errungenschaften, gegen Liberalisierungsprojekte und gegen demokratische Kompromisse der 1970er-Jahre wendet und der insbesondere die Idee der 'Gleichheit' als Basis von Demokratie ablehnt.
Inhalt: Equal opportunity policies have achieved a number of milestones in Europe, including the legalization of same-sex marriage, women's right to determine their own lives, the possibility to include gender and sexuality in academic paradigms or the visibility of women in patriarchal language. However, currently these accomplishments are under attack. Taking Austria as an example the article shows that the rejection of equal opportunities, the wish for the re-establishment of traditional, hierarchical and naturalized gender relations and the will to repudiate and discriminate against any form of sexuality other than heterosexuality are part of broader right-wing populist and right-wing extremist strategies, which aim to naturalize social inequality. We show that gender and sexuality related discourses have the potential to render these overarching strategies more plausible and popular. The fight against gender equality and against the acceptance of sexual diversity is analyzed as part of a fight for cultural hegemony. It is a fight that tries to dismantle social achievements, the liberalization of social relations and the democratic compromises of the 1970s, but which most of all objects to the idea of 'equality' as the basis of democracy.
Schlagwörter:Gender; gender; Geschlechterverhältnis; gender relations; Geschlechterpolitik; gender policy; Gleichstellungspolitik; equal opportunity policy; Gleichberechtigung; equality of rights; Populismus; populism; politische Rechte; political right; Rassismus; racism; Konservatismus; conservatism; Diskurs; discourse; Österreich; Austria
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
Das Thema Gender im Rechtspopulismus - empirische Befunde zur Anschlussfähigkeit bei Frauen und Männern
Titelübersetzung:The Topic Gender in Right-wing Populism - Empirical Findings About Support Among Women and Men
Autor/in:
Küpper, Beate
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 27 (2018) 1, S 61-75
Inhalt: Die Gleichstellung von Frauen und homosexuellen Personen ist ein guter Seismograph für die generelle Gleichwertigkeit und akzeptierte Vielfältigkeit einer Gesellschaft, eng verknüpft mit anderen Erscheinungsformen von Ungleichwertigkeit wie ethnischem Rassismus, Antisemitismus und der Abwertung von Muslimen. Es ist kein Zufall, dass sich derzeit gerade am Thema Gender die Gemüter erhitzen wie sonst an kaum einem anderen mit Ausnahme vielleicht des Themas Islam. Rechtspopulistische Akteur_innen wissen und nutzen dies zur Emotionalisierung von Debatten und zwar in beide Richtungen: Während einerseits Anstrengungen zur Gleichstellung verhöhnt und diskreditiert werden, wird andererseits der Verweis auf mangelnde Gleichwertigkeit von Frauen und homosexuellen Personen (und übrigens auch der Antisemitismus-Vorwurf) allein unter Muslim_innen genutzt, um Emotionen gegen Muslime weiter zu schüren, die als Feindbild derzeit besonders im Fokus stehen. Der Beitrag berichtet über Befunde aus der repräsentativen Mitte-Studie 2016 der Friedrich-Ebert-Stiftung zu rechtspopulistischen Einstellungen in der Bevölkerung mit einem besonderen Blick auf Frauen. Deutlich wird: Während offene Formen der Abwertung in den vergangenen Jahren kontinuierlich rückläufig sind, sind subtilere Formen nach wie vor virulent und es zeigt sich eine deutliche Polarisierung der Einstellungen. Wer rechtspopulistischen Einstellungen zustimmt, neigt auch eher zu traditionell sexistischen, homophoben, rassistischen und klassisch antisemitischen Einstellungen. Hierfür spielen vor allem Gefühle relativer Deprivation und kollektiver Bedrohung eine Rolle, die gezielt von rechtspopulistischen Akteur_innen angeheizt werden. Die Karte der Gleichwertigkeit wird, so die These, dann gespielt, wenn es nützlich erscheint, während gleichzeitig ein reaktionär-konservativer Backlash vorangetrieben wird und zwar keineswegs nur von Männern, sondern auch von Frauen. Dahinter steht der Versuch, 'hinter sich die Tür zu schließen', also die eigene Akzeptanz über die Abwertung anderer zu erhöhen. Den 'wütenden weißen Männern' und ihren Ehefrauen (und vielen anderen) scheint es dabei keineswegs um die Gleichwertigkeit aller zu gehen, sondern um die Absicherung des eigenen, gruppenbasierten Status.
Inhalt: The equality of women and LSBTQ-persons is a good seismograph for the general equality and the acceptance of diversity within a society, as it is strongly connected with other forms of inequalities like ethnic racism, antisemitism and the devaluation of Muslims. It is no surprise that currently the topic gender is particular able to heat up minds like hardly any other topic except for maybe the topic Islam. Right-wing-populist players know and use this to emotionalize debates in both directions: While on the one hand they mock and discredit efforts to reach more equality, on the other hand the reference to deficits of equality of women and homosexual persons (and also to anti-Semitism) pointing solely towards Muslims is used to heat up emotions against Muslims who are currently particulary targeted as enemy image. The paper reports about findings from the "Mitte-Studie 2016" by the Friedrich-Ebert-Foundation on right-wing-populist attitudes in Germany’s population with a particular perspective on women. Results show: While blatant forms of devaluation have decreased continuously during the last years, subtle forms are still virulent as well as there is a clear polarization of attitudes in the population. Those who agree on right-wing attitudes, also tend to traditional sexist, homophobic, racist and classic anti-Semitic attitudes. Here, feelings of relative deprivation and collective threat play an important role that right-wing-populist players heat up strategically. The card of equality is played, when it seems to be useful, while at the same time an unprogressive-conservative backlash is pushed further, not only from men but also from women. This assists the purpose to 'close the door' behind themselves, which means to increase one’s own acceptance through the devaluation of others. The 'angry white men' and their wives (any many others) do not seem to be interested in general equality, but in manifesting their own group-based status position.
Schlagwörter:Gender; gender; Geschlechterverhältnis; gender relations; gender-specific factors; Rollenbild; role image; Populismus; populism; politische Rechte; political right; Ungleichheit; inequality; Diskriminierung; discrimination; Exklusion; exclusion; Sexualität; sexuality; öffentliche Meinung; public opinion; Polarisierung; polarization; Federal Republic of Germany
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
Rechtspopulismus und Geschlecht: Paradox und Leitmotiv
Titelübersetzung:Right-Wing Populism and Gender: Paradox and Leitmotiv
Autor/in:
Dietze, Gabriele
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 27 (2018) 1, S 34-46
Inhalt: Der Artikel beschäftigt sich mit deutschen und europäischen rechtspopulistischen Vorstellungen von Geschlechterregimen. Aufgefunden wird dabei ein paradoxes Ineinandergreifen von traditionellen und modernen Elementen. Modernität entsteht durch eine auffällige Häufung weiblicher Führungspersönlichkeiten und durch einen abendländischen 'Sexuellen Exzeptionalismus' gegenüber angenommener Rückständigkeit muslimischer Migrant_innen. Traditionalität wird verpackt in Sprachpolitiken wie eingeforderter Wertschätzung von 'Vollzeitmutterschaft' oder Erzählungen von 'freier Wahl'. Eine demokratische Gleichheit der Geschlechter wird gefährdet durch ein Konzept 'natürlicher' Unterschiede, das weiterhin auf geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung basiert.
Inhalt: The article deals with ideas of gender regimes in German and European right-wing populist concepts. What will be seen is a paradoxical entanglement of traditional and modern elements. An interestingly great number of female leaders is one of the modern elements as well as a kind of occidental 'sexual exceptionalism' produced by the comparison with allegedly sexually 'backward' Muslim migrants. Traditional elements are concealed via language politics such as calling stay at home moms ‘full time mothers’ and narratives of free choice. In this respect, any true equality of the sexes in right-wing populisms is endangered by concepts of 'separate but equal' still founded on gender-based division of labor.
Schlagwörter:Populismus; populism; politische Rechte; political right; Geschlechterpolitik; gender policy; Geschlechterverhältnis; gender relations
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
Titelübersetzung:Substantive representation of women and power
Autor/in:
Blome, Agnes; Fuchs, Gesine
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 26 (2017) 1, S 55-69
Inhalt: "Politische Repräsentation bezweckt im Allgemeinen, politisch verbindliche Entscheidungen herbeizuführen und umzusetzen. Dabei berücksichtigen die gewählten Abgeordneten die Interessen ihrer Bürger*innen. Frauen sind jedoch in den meisten Parlamenten unterrepräsentiert. Dies wirft die Frage auf, inwieweit die Interessen von Frauen im politischen Prozess durchgesetzt werden. Unser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit sich substantielle Repräsentation von Frauen - also die Tätigkeit und den Einsatz von Frauen für Frauen - in Macht i.S. der Durchsetzung von policies, die Fraueninteressen widerspiegeln, verwandelt. Wir halten den Fokus auf policy-outputs für notwendig, da dadurch Aussagen über die tatsächliche Durchsetzungskraft von Frauen und damit über die Auswirkungen und Reichweite substantieller Repräsentation getroffen werden können. Dazu diskutieren wir in einem ersten Schritt die Literatur zu Fraueninteressen und beschäftigen uns anschließend mit der Forschung zu substantieller Repräsentation von Frauen in zwei politischen Arenen, der Legislative und der Exekutive. Insbesondere im Bereich substantieller Repräsentation von Frauen in der Exekutive besteht noch Forschungsbedarf." (Autorenreferat)
Inhalt: "Political representation aims at bringing about and implementing politically binding decisions. In doing so, elected parliamentarians consider the electorate's interests. In most parliaments, however, women are underrepresented. Thus, the question is whether and how women's interests are taken into account in politics. In our article, we ask how women's substantive representation - i.e. when women act for women - translate into power in the sense of the adoption of policies that reflect women's interests. We argue that it is necessary to focus on policy outputs in order to make claims about the scope and impact of women's substantive representation. First, we discuss the literature on women's interests. Then, we engage in the scholarship on women’s substantive representation in two political arenas: the legislative and the executive. We conclude by proposing several avenues for future research, pointing in particular to the need to advance the scholarship on women's substantive representation in the executive." (author's abstract)
Schlagwörter:politische Entscheidung; political decision; Entscheidungsprozess; decision making process; Repräsentation; representation; Frauenanteil; proportion of women; Legislative; legislative; Exekutive; executive power; Gleichstellung; affirmative action; Interessenvertretung; representation of interests; Geschlechterverhältnis; gender relations; Macht; power; Federal Republic of Germany
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
So wie bisher kann es nicht weitergehen! Eine persönlich-feministische Perspektive auf die linke Initiative Aufbruch
Autor/in:
Luksik, Sonja
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 25 (2016) 2, S 156-160
Schlagwörter:gender relations; politische Linke; Gender Mainstreaming; soziale Bewegung; social movement; Austria; politische Einstellung; Österreich; Geschlechterverhältnis; Feminismus; political attitude; gender mainstreaming; feminism; political left
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
So wie bisher kann es nicht weitergehen! Eine persönlich-feministische Perspektive auf die linke Initiative Aufbruch
Autor/in:
Luksik, Sonja
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 25 (2016) 2, S 156-160
Schlagwörter:gender relations; politische Linke; Gender Mainstreaming; soziale Bewegung; social movement; Austria; politische Einstellung; Österreich; Geschlechterverhältnis; Feminismus; political attitude; gender mainstreaming; feminism; political left
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
From women's quota to "women's politics": the impact of gender quotas on political representations and practices in the Pakistani National Parliament
Titelübersetzung:Die Bedeutung der Geschlechtsquoten im Hinblick auf politische Repräsentation und Praxis im pakistanischen Nationalparlament
Autor/in:
Dutoya, Virginie
Quelle: Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, 22 (2013) 2, S 17-34
Inhalt: "Im Jahr 2002 verkündete der damalige pakistanische Präsident Pervez Musharraf, dass 17% der Sitze in Nationalversammlung und Senat künftig für Frauen reserviert seien. Wenngleich eine Quotenregelung kein Novum für das Land darstellte, war ihr Wert noch nie so hoch ausgefallen. Seit der Abschaffung der Quote im Jahr 1988 war die Repräsentation von Frauen im Parlament auf unter 3% gesunken. Als mit den Wahlen von 2002 dann 80 Frauen in die Nationalversammlung einzogen und ca. 20% aller Abgeordneten stellten, wurde die neue Regelung als bahnbrechend aufgefasst. Musharrafs Entscheidung erhielt viel Lob von Aktivistinnen der Frauenbewegung. Der Beitrag versucht zu beurteilen, wie Frauen sich in Diskurs und Praxis neue Wege geschaffen haben, um Politik zu machen. Während die Agency von Frauen durch Quotenregeln durchaus anerkannt wird, lautet die Argumentation aber auch, dass eine gesonderte Demarkation von 'Frauenpolitik' Einschränkungen mit sich bringen, zur Marginalisierung von Frauen beitragen und Genderstereotype verstärken kann." (Autorenreferat)
Inhalt: "In 2002, the Pakistani President Pervez Musharraf announced that 17% of the seats in the National Assembly and Senate would be reserved to women. Though quotas for women were not a new phenomenon in Pakistan, they had never reached this level. Moreover, after they had been dropped in 1988, the representation of women in the Pakistani parliament fell under 3%. Thus the entry of more than 80 women in Parliament (about 20% of all MPs) in 2002 was considered as a game changer in Pakistani politics, and Musharraf's decision was generally praised by activists of the women's movement. The article tries to evaluate how women construct new ways to do politics in their discourses and practices, and what place gender norms and representations occupy in this process. While recognizing women's agency though quota regulations, it is also argued that a distinctive demarcation of 'women's politics' can bring about constraints, contribute to women's marginalization in the political field, and strengthen gender stereotypes." (author's abstract)