Prekarität im Lebenszusammenhang – eine um Anerkennung erweiterte Perspektive auf prekäre Erwerbs- und Lebenslagen - Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, Vol 20, No 3 (2019): Qualitative Content Analysis I
Autor/in:
Motakef, Mona; Wimbauer, Christine
Quelle: (2019)
Inhalt: In der Prekarisierungsforschung spielt Anerkennung bisher keine systematische Rolle, obwohl Prekarität – eng auf Beschäftigung oder erweitert auf den Lebenszusammenhang bezogen – immer auch Anerkennungsverhältnisse herausfordert. Wir haben daher empirisch fundiert eine um Anerkennung (HONNETH, BUTLER) erweiterte Perspektive auf Prekarität im Lebenszusammenhang entwickelt. Empirische Grundlage sind teilleitfadengestützte, teilnarrative Einzel- und Paarinterviews mit 24 prekär Beschäftigten, die wir angelehnt an die hermeneutische Wissenssoziologie fallrekonstruktiv und fallvergleichend ausgewertet haben. Die Stärken und Erkenntnismöglichkeiten unserer achtdimensionalen Heuristik illustrieren wir ausschnitthaft am Beispiel einer prekär Beschäftigten und zweier prekär beschäftigter Paare. Sichtbar werden mit unserer um Anerkennung erweiterten Perspektive nicht nur die subjektorientiert-wissenssoziologisch zentralen Deutungen der prekär beschäftigten Individuen-in-Beziehungen sowie die für die Lebenszusammenhangsforschung wesentlichen Kumulationen verschiedener Belastungen. Nachvollziehbar werden auch die Konstitutionszusammenhänge und Relationierungen verschiedener Dimensionen von Prekarität. Unsere Forschungsheuristik kann daher auch weitere Forschungen inspirieren, die sich für die Mehrdimensionalität und Komplexität unsicherer Lebenslagen interessieren.
Geschlechterquoten im europäischen Vergleich : Harte Sanktionen bei Nichteinhaltung sind am wirkungsvollsten
Autor/in:
Arndt, Paula; Wrohlich, Katharina
Quelle: DIW Wochenbericht, (2019) 38, S 691–698
Inhalt: Frauen sind in Spitzengremien der Wirtschaft nach wie vor stark unterrepräsentiert – in Deutschland, in Europa und auch weltweit. In den Aufsichtsräten der 200 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland lag der Frauenanteil zuletzt bei knapp 27 Prozent, in den Vorständen sogar nur bei neun Prozent.info Auch in anderen Bereichen wie Politik, Wissenschaft und Medien sind Frauen nach wie vor seltener vertreten als Männer. So beträgt beispielsweise der Frauenanteil unter den Abgeordneten im Deutschen Bundestag aktuell 31,2 Prozent;info an den größten deutschen Hochschulen liegt der Anteil der Professorinnen bei 23 Prozent.info
In den vergangenen Jahren hat die Aufmerksamkeit für dieses Thema stark zugenommen. Beispiele dafür sind die Berichterstattungen zum „Thomas-Kreislauf“ oder zur „Hans-Bremse“.info Durch diese öffentliche Debatte steigt seit einigen Jahren der Druck auf die Politik, den Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern in Führungspositionen entgegen zu wirken. Viele Länder in Europa haben gesetzlich verbindliche Geschlechterquoten für Spitzengremien in der Wirtschaft eingeführt. Deutschland hat dazu im Jahr 2015 das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG) verabschiedet.info Auch für andere Bereiche werden ähnliche Quoten gefordert, beispielsweise für Führungspositionen in deutschen Medien,info in der Wissenschaftinfo oder in der Medizin.info Auch für die Politik werden Geschlechterquoten seit längerem diskutiert. Als erster deutscher Landtag hat Brandenburg im Januar 2019 das sogenannte Paritätsgesetz verabschiedet. Dieses sieht vor, dass alle Parteien, die an der Landtagswahl 2024 teilnehmen wollen, ihre Kandidatenlisten abwechselnd mit Männern und Frauen besetzen müssen.info Auch in Thüringen wurde im Juli 2019 ein solches Gesetz für den Landtag beschlossen.info In einigen europäischen Ländern (darunter Belgien, Frankreich, Portugal, Spanien und Slowenien) gelten Gesetze zu Geschlechterquoten für Kandidatenlisten auch auf nationaler Ebene.info
Verwandtschaftsverhältnisse – Geschlechterverhältnisse im 21. Jahrhundert
Autor/in:
Goldan, Lea
Quelle: GENDER (GENDER – Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft), 11 (2019) 2-2019, S 102–120
Inhalt: Die bisherige Promoviertenforschung deutet darauf hin, dass Frauen monetär weniger vom Erwerb eines Doktortitels profitieren als Männer. Daher werden im vorliegenden Beitrag erstmals das Ausmaß und die Ursachen geschlechtsbezogener Lohnunterschiede unter Promovierten in Deutschland untersucht. Es wird erwartet, dass sich promovierte Frauen und Männer hinsichtlich ihrer Studienfachwahl und Beschäftigungsmerkmale unterscheiden. Auf der Grundlage des DZHW-Absolventenpanels 2001 werden die Brutto-Stundenlöhne zehn Jahre nach Studienabschluss mittels OLS-Regression und Oaxaca-Blinder-Dekomposition untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Stundenlöhne von promovierten Frauen um 16,3 Prozent geringer sind als diejenigen von promovierten Männern. Diese Lohnunterschiede sind zu zwei Dritteln darauf zurückzuführen, dass promovierte Frauen häufiger Fächer mit einem hohen Frauenanteil studiert haben, nach ihrem Studium weniger Berufserfahrung sammeln und seltener Leitungspositionen innehaben als promovierte Männer.
Ten Eleven Things Not to Say to Your Female Colleagues
Autor/in:
Borrero-Mejias, Clarimar; Starling, Amaal J.; Burch, Rebecca; Loder, Elizabeth
Quelle: Headache, (2019) , 9 S
Inhalt: Female physicians and healthcare professionals experience many sex-related adversities. According to a
recent report from the National Academies of Science, Engineering and Medicine (NASEM), the prevalence
of sexual harassment in academic medicine is almost double that in other engineering or science fields.1 An estimated 30–70% of female physicians report that they have experienced sexual harassment in the medical workplace.2 As explained in the NASEM report, sexual harassment can range from a single comment to direct sexual overtures. Other hurtful comments, many
of which are unintentional, also are common and are
referred to as “micro-aggressions” or “microinequities.”
Such behavior is exhibited primarily, although
not solely, by men and is predominantly directed at
women.1
Schlagwörter:bystander interventions; capacity building; gender equality; language; medical education; microaggressions; sexual bullying; sexual harassment; upstander
CEWS Kategorie:Arbeitswelt und Arbeitsmarkt, Geschlechterverhältnis, Sexuelle Belästigung und Gewalt
Quelle: American Journal of Sociology, 125 (2019) 2, S 534–576
Inhalt: This study advances understanding of gender pay gaps by examining organizational variation. The gender pay gap literature supplies mechanisms but does not attend to organizational variation; the gender and science literature provides insights on the role of masculinist culture in disciplines but misses pay gap mechanisms. A data set of federal workers allows comparison of men and women in the same jobs and workplaces. Agencies associated with traditionally masculine (engineering, physical sciences) and gender-neutral (biological, interdisciplinary sciences) fields differ. Pay-gap mechanisms vary: human capital differences explain a larger share in gender-neutral agencies, while at male-typed agencies men are frequently paid more than women within the same job. Although beyond the federal workers’ standardized pay scale, some interdisciplinary agencies more often pay men off grade, leading to higher earnings for men. Our theory of organizational variation helps explain local agency variation and how pay practices matter in specific organizational contexts.
Do Hiring Practices Penalize Women and Benefit Men for Having Children? : Experimental Evidence from Germany
Autor/in:
Hipp, Lena
Quelle: European Sociological Review, 79 (2019) , 993 S
Inhalt: Mütter werden in Bewerbungsverfahren benachteiligt und seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen als Frauen ohne Kinder. Väter werden hingegen ebenso häufig eingeladen wie Männer ohne Kinder. Das hat Lena Hipp vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) in einer gerade veröffentlichten Studie über die Jobchancen von Eltern und Menschen ohne Kinder herausgefunden. Um Diskriminierung zu verringern, fordert die Wissenschaftlerin eine gesetzliche Regelung, dass in Lebensläufen künftig private Informationen wie Elternschaft, Ehestand oder Religionszugehörigkeit nicht mehr erwähnt werden sollten.
Für die Studie wurden über 800 fiktive Bewerbungen auf reale Stellenangebote im Marketing- und Veranstaltungsbereich versandt. In diesem Berufsfeld arbeiten ungefähr gleich viele Frauen und Männer. Die Bewerberin bzw. der Bewerber unterschieden sich in ihrem Lebenslauf nur darin, dass die einen ein Kind im Alter von drei Jahren hatten und die anderen kinderlos waren.
Das Ergebnis der Studie zeigt die Diskriminierung von Frauen mit Kindern bei der Stellensuche: Mütter wurden deutlich seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen als kinderlose Frauen. Sie mussten rund ein Drittel mehr Bewerbungen schreiben, um eine Einladung zu erhalten. Väter haben dagegen die gleichen Chancen, einen Job zu finden, wie kinderlose Männer. „Damit wird das Prinzip der gleichen Jobchancen von Männern und Frauen konterkariert“, sagt Lena Hipp. Für die WZB-Wissenschaftlerin gehören private und für den Job nicht relevante Informationen wie Elternschaft, Ehestand oder Religionszugehörigkeit, die in deutschen Bewerbungen häufig angegeben werden, nicht in den Lebenslauf. Eine entsprechende gesetzliche Regelung, diese Informationen wegzulassen, könnte die Diskriminierung von Müttern und anderen benachteiligten Gruppen verringern.
Schlagwörter:Bewerbung; Diskriminierung; Elternschaft; Geschlechterdiskriminierung; Mutter; Personalrekrutierung; quantitative Analyse; Vater
CEWS Kategorie:Arbeitswelt und Arbeitsmarkt, Vereinbarkeit Familie-Beruf, Geschlechterverhältnis
The Role of Gender Regimes in Defining the Dimension, the Functioning and the Workforce Composition of Paid Domestic Work
Autor/in:
Giordano, Chiara
Quelle: Feminist Review, 122 (2019) 2, S 95–117
Inhalt: In light of recent developments that have occurred in the domestic sector in Europe and the debate on the externalisation of domestic and care activities, this article explores the impact of the gender regime on paid domestic work. The gender regime is defined here as the combination of two dimensions: gender equality outcomes and the ‘gender contract’. The aim is to investigate whether the gender regime can contribute to explaining cross-national similarities and differences, in terms of the size of the domestic sector, its workforce composition—with a focus on the proportion of women and migrants—and its working conditions. The article shows the results of quantitative analyses conducted at the European level, which include the construction of a typology of gender regimes, based on selected indicators, and a descriptive comparative analysis of the domestic sector at national level, based on data from the 2015 European Union Labour Force Survey (EU-LFS). The findings suggest that the use of this typology of gender regimes can be a useful tool to explain cross-European differences in the domestic sector, but only regarding the size of the sector and the feminisation of the workforce. Concerning the proportion of migrants and working conditions in the domestic sector, no clear pattern emerges that can explain cross-national differences based on this typology
The Multiple Dimensions of Gender Stereotypes: A Current Look at Men's and Women's Characterizations of Others and Themselves
Autor/in:
Hentschel, Tanja; Heilman, Madeline E.; Peus, Claudia V.
Quelle: Front. Psychol. (Frontiers in Psychology), 10 (2019) , 11 S
Inhalt: We used a multi-dimensional framework to assess current stereotypes of men and women. Specifically, we sought to determine (1) how men and women are characterized by male and female raters, (2) how men and women characterize themselves, and (3) the degree of convergence between self-characterizations and charcterizations of one's gender group. In an experimental study, 628 U.S. male and female raters described men, women, or themselves on scales representing multiple dimensions of the two defining features of gender stereotypes, agency and communality: assertiveness, independence, instrumental competence, leadership competence (agency dimensions), and concern for others, sociability and emotional sensitivity (communality dimensions). Results indicated that stereotypes about communality persist and were equally prevalent for male and female raters, but agency characterizations were more complex. Male raters generally descibed women as being less agentic than men and as less agentic than female raters described them. However, female raters differentiated among agency dimensions and described women as less assertive than men but as equally independent and leadership competent. Both male and female raters rated men and women equally high on instrumental competence. Gender stereotypes were also evident in self-characterizations, with female raters rating themselves as less agentic than male raters and male raters rating themselves as less communal than female raters, although there were exceptions (no differences in instrumental competence, independence, and sociability self-ratings for men and women). Comparisons of self-ratings and ratings of men and women in general indicated that women tended to characterize themselves in more stereotypic terms - as less assertive and less competent in leadership - than they characterized others in their gender group. Men, in contrast, characterized themselves in less stereotypic terms - as more communal. Overall, our results show that a focus on facets of agency and communality can provide deeper insights about stereotype content than a focus on overall agency and communality.
Autor/in:
Li, Anita; Gravina, Nicole; Pritchard, Joshua K.; Poling, Alan
Quelle: Behavior analysis in practice, 12 (2019) 4, S 743–746
Inhalt: We examined publicly available faculty salaries for men and women faculty members at 16 university programs accredited by the Association for Behavior Analysis International (ABAI). Overall, 52.4% of the 103 faculty members were women, although there were twice as many men as women at the full-professor level. Our data suggest that ABAI-accredited training programs pay women less than men at all academic levels. Both in absolute terms and relative to the wage gap reported in other areas of psychology, the difference in mean wages for women and men in our sample was substantial. The mean salaries of men were 13%, 6%, and 15% greater than those of women at the assistant-, associate-, and full-professor levels, respectively. At all levels, the highest salary reported was earned by a man, and the lowest salary was earned by a woman. This is an embarrassment for our discipline. It is time for a change, and we behavior analysts have the tools to make change happen. Let us put those tools to good use.
Schlagwörter:academia; faculty member; full professor; gender pay gap; Universität; university; wage gap
CEWS Kategorie:Arbeitswelt und Arbeitsmarkt, Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Inhalt: We use data from six cohorts of university graduates in Germany to assess the extent of gender gaps in college and labor market performance twelve to eighteen months after graduation. Men and women enter college in roughly equal numbers, but more women than men complete their degrees. Women enter college with slightly better high school grades, but women leave university with slightly lower marks. Immediately following uni-versity completion, male and female full-timers work a very similar number of hours per week, but men earn more than women across the pay distribution, with an unadjusted gender gap in full-time monthly earnings of about 20 log points on average. Including a large set of controls reduces the gap to 5–10 log points. The single most important proxi-mate factor that explains the gap is field of study at university
Schlagwörter:Absolventen; Deutschland; Einkommensunterschied; Field of study; Gehalt; Gender Wage Gap; Germany; Teilzeitarbeit; University graduates
CEWS Kategorie:Arbeitswelt und Arbeitsmarkt, Studium und Studierende, Statistik und statistische Daten, Geschlechterverhältnis