Reproduktionsarbeit in der Krise und neue Momente der Geschlechterordnung : alle nach ihren Fähigkeiten, alle nach ihren Bedürfnissen!
Titelübersetzung:Reproduction work during the crisis and new moments of the gender system : everyone according to their needs!
Autor/in:
König, Tomke; Jäger, Ulle
Quelle: VielfachKrise: im finanzmarktdominierten Kapitalismus ; in Kooperation mit dem Wissenschaftlichen Beirat von Attac. Alex Demirovic (Hrsg.), Julia Dück (Hrsg.), Florian Becker (Hrsg.), Pauline Bader (Hrsg.). Hamburg: VSA-Verl., 2011, S. 147-164
Inhalt: Die Autorinnen zeigen in ihrem Beitrag auf, wie die Reproduktionsarbeit in die Krise geraten ist. Hierfür erinnern sie zunächst an den Stellenwert, den diese Form der unbezahlten Arbeit und deren Zuweisung an Frauen für die Aufrechterhaltung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung hat. Danach stellen sie dar, wie die Reproduktionskrise in der gegenwärtigen feministischen Debatte verstanden wird. Im Mittelpunkt stehen strukturelle Transformationen in der Sphäre der Erwerbsarbeit, die der geschlechtlichen Arbeitsteilung in der Familie wesentliche Bedingungen ihrer Möglichkeit entziehen. Es wird vorrangig analysiert, wie sich die Veränderungen der Ökonomie auf die Geschlechterverhältnisse auswirken und vor allem, welche Effekte sie für Frauen haben. Ergänzend zu diesen Wirkungsweisen des Ökonomischen auf Geschlecht und Geschlechterverhältnisse nehmen die Autorinnen umgekehrt die Wirkungsweisen der Geschlechterarrangements im Privaten auf ökonomische Verhältnisse in den Blick. Auf der Grundlage ihrer empirischen Arbeiten zu Geschlechterarrangements von Paaren und zur Verschränkung von privaten Geschlechterarrangements mit dem Beruflichen skizzieren sie abschließend, wie im Umgang mit den Anforderungen der täglich zu leistenden Reproduktionsarbeit Ansätze einer neuen Geschlechterordnung jenseits der binären Zuweisung von Lohnarbeit und Hausarbeit sichtbar werden. (ICI2)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Vereinbarkeit Familie-Beruf
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Das späte Auftreten und der frühe Niedergang des männlichen Ernährers
Titelübersetzung:The late appearance and early decline of the male breadwinner
Autor/in:
Coontz, Stephanie
Quelle: Familie, Bindungen und Fürsorge: familiärer Wandel in einer vielfältigen Moderne ; Freiberger Studie zum familiären Wandel im Weltvergleich. Hans Bertram (Hrsg.), Nancy Ehlert (Hrsg.). Opladen: B. Budrich, 2011, S. 33-49
Inhalt: Die Verfasserin zeigt, dass Geschlechtsrollen, Partnerbeziehung und Eltern-Kind-Beziehungen in bestimmten historischen Kontexten bestimmt sind von ökonomischer Struktur, kulturellen Entwicklungen und normativen Erwartungen. Sie hält die universelle Gültigkeit des Modells des zusammenlebenden Paares mit Kindern für historisch problematisch, weil diese Familienform selbst in den Industrieländern erst im 19. Jahrhundert entstand und vermutlich erst nach dem Zweiten Weltkrieg zum dominanten Interpretationsmuster von Familie wurde. Das Familienmodell mit männlichem Alleinverdiener kippte bereits in den 1960er Jahren wieder. (ICE2)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis, Vereinbarkeit Familie-Beruf
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Weiblichkeit und (Vor-)Sorge tragen: Wechselwirkungen zwischen Frauen- und Krankheitsbildern
Titelübersetzung:Femininity and taking precautions/care: interactions between images of women and images of illness
Autor/in:
Mauerer, Gerlinde
Quelle: Frauengesundheit in Theorie und Praxis: feministische Perspektiven in den Gesundheitswissenschaften. Gerlinde Mauerer (Hrsg.). Bielefeld: transcript Verl. (Gender Studies), 2010, S. 85-111
Inhalt: Im Bereich der Vorsorge zeigt sich, dass sowohl traditionelle als auch moderne geschlechtsspezifische Rollenbilder für das Angebot und die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen von Bedeutung sind. Im vorliegenden Beitrag wird auf der Basis internationaler Erkenntnisse gezeigt, dass diese Bedeutungen nicht immer evidenzbasierten Kriterien entsprechen, das sie jedoch dennoch "bedient" werden, was insbesondere häufige Routineuntersuchungen bei jungen Frauen verdeutlichen. Im Vordergrund stehen hierbei Frauen in ihrer Rolle als Lebenserhalterinnen. Genau diese Rolle ist es aber, die der Autorin zufolge in Frage steht. Diese Infragestellung kann nicht mit einem Mehr an Früherkennungsmaßnahmen und Vorsorgeuntersuchungen gelöst werden: Weder in Bezug auf die Erhaltung des eigenen Lebens noch bezogen auf das Leben von "Schutzbefohlenen", womit in der Vergangenheit die gesamte Familie gemeint war. Aktuelle Diskussionen rund um Kinderbetreuung und Pflege verweisen auf diesen Wandel und eine aktuelle Umbruchsituation mit unklarem Ausgang. Solange diese Fragestellungen, die vor allem im reproduktiven, unbezahlten Bereich von nachhaltiger Persistenz sind, sich als nicht gelöst erweisen und die Übergabe der Verantwortung individuell von Frauen geleistet werden muss, fordert dieses Prozedere nach Einschätzung der Autorin einen hohen Tribut von Frauen, der sich in der Einschränkung ihrer Lebensperspektiven zeigt und die Freude an der eigenen Kreativität trübt. Dieses sozial- und gesundheitspolitische Problem wird durch ein Mehr an (Vorsorge-)Untersuchungen nicht beseitigt. (ICI2)
Geschlechter organisieren - Organisationen gendern : zur Entwicklung feministischer und geschlechtssoziologischer Reflexion über Organisationen
Titelübersetzung:Organize genders - genderize organizations : development of feminist and gender sociology reflection on organizations
Autor/in:
Hofbauer, Johanna; Holtgrewe, Ursula
Quelle: Arbeit: Perspektiven und Diagnosen der Geschlechterforschung. Brigitte Aulenbacher (Hrsg.), Angelika Wetterer (Hrsg.). Münster: Verl. Westfäl. Dampfboot (Forum Frauen- und Geschlechterforschung), 2009, S. 64-81
Inhalt: Der Beitrag stellt zunächst aus der Perspektive der geschlechtersoziologisch orientierten Forschung über Organisationen das "Rationalitätsparadigma" und seine Begründung dar und systematisiert dann die feministischen Überlegungen entlang ihrer Nähe bzw. Distanz zur Annahme der konstitutiven Rationalität moderner Organisationen aus gesellschaftstheoretischer und organisationstheoretischer Sicht. Für die neuere Diskussion werden eine system- und handlungstheoretische Argumentationslinie rekonstruiert. Die These der Autorinnen ist, dass handlungstheoretische Paradigmen in Anlehnung an die Sozialtheorie von Pierre Bourdieu für die Weiterentwicklung feministischer Organisationsforschung am meisten versprechen. Dieser Ansatz ist jedoch bisher eher auf Professionen und Berufe angewandt worden. Die Ausarbeitung im Hinblick auf die Besonderheiten von Organisationen steht noch am Anfang. Die Frage ist hier, ob Rationalitätsansprüche von Organisationen strategisch beim Wort genommen werden können, um Gleichstellungs- und Anerkennungsansprüchen von Frauen Geltung zu verschaffen, da in den letzten Jahren ist empirisch deutlich geworden ist, in welchem Maße persistente und veränderliche Geschlechterbeziehungen und die Strategien der Akteurinnen von ihren jeweiligen institutionellen und kulturellen Kontexten geprägt sind. (ICA2)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Netzwerke und Organisationen, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Männer und Männlichkeiten im Spannungsfeld zwischen Erwerbs- und Familienarbeit
Titelübersetzung:Men and msculinities in the field of tension between gainful work and family work
Autor/in:
Scholz, Sylka
Quelle: Arbeit: Perspektiven und Diagnosen der Geschlechterforschung. Brigitte Aulenbacher (Hrsg.), Angelika Wetterer (Hrsg.). Münster: Verl. Westfäl. Dampfboot (Forum Frauen- und Geschlechterforschung), 2009, S. 82-99
Inhalt: Der Beitrag geht von der These aus, dass auch in der Frauen- und Geschlechterforschung die Frage, welche Herausforderungen die aktuellen gesellschaftlichen Transformationsprozesse, insbesondere der soziale Wandel von Erwerbsarbeit, an die männliche Genusgruppe und an gesellschaftliche Vorstellungen von Männlichkeit stellen, bisher ein Randthema ist. Die Autorin gibt zunächst einen Überblick über vorliegende Untersuchungen. Dabei wird jedoch nicht nur der Zusammenhang von Männern, Männlichkeit und Erwerbsarbeit (Teil 1), sondern auch die Beziehung zwischen Männern, Männlichkeit und Familienarbeit (Teil 2) in den Blick genommen. Dem Aufsatz liegt ein Konzept von Männlichkeit zugrunde, welches sich an den soziologischen Analysen von Raewyn Connell (1999), Pierre Bourdieu (1997) und Michael Meuser (1998) orientiert. Männlichkeit konstituiert sich hier in einer doppelten Relation: in Abgrenzung zu Weiblichkeit und zu anderen Männlichkeiten. Die soziale Konstruktion von Männlichkeit ist dabei immer mit anderen sozialen Kategorien verknüpft. Es wird hier nicht mehr vorausgesetzt, dass Geschlecht eine überall und immerzu wirkende Strukturkategorie ist, die die sozialen Chancen der Individuen wesentlich bestimmt. (ICA2)
CEWS Kategorie:Geschlechterverhältnis, Frauen- und Geschlechterforschung, Arbeitswelt und Arbeitsmarkt, Vereinbarkeit Familie-Beruf
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
"Und überhaupt: Warum muss die Frau überall dort sein, wo der Mann ist?" : Frauenbilder, Männerbilder und Wirkungen auf Arbeitsteilung und Arbeitsgestaltung
Titelübersetzung:"And anyway: why must women be in every place where men are?" : images of women, images of men and effects on the division of labor and job design
Autor/in:
Kutzner, Edelgard
Quelle: Aktiv - kompetent - mittendrin: Frauenbilder in der Welt der Arbeit. Helga Schwitzer (Hrsg.), Christiane Wilke (Hrsg.), Mechthild Kopel (Hrsg.). Hamburg: VSA-Verl., 2008, S. 242-261
Inhalt: Der Beitrag untersucht geschlechterbezogene Arbeitsteilungen im Betrieb und das Leitbild einer geschlechtergerechten Arbeitsorganisation. Im Zentrum der Überlegungen steht die Frage, wie sich Bilder und geschlechterstereotype Vorstellungen auf Arbeitsteilungen und Arbeitsgestaltung auswirken. Die Zusammenhänge werden weniger theoretisch, sondern vielmehr mit Hilfe einiger empirischer Beispiele aus dem Bereich der betrieblichen Gestaltung von Arbeit verdeutlicht. Die Autorin bezieht sich dabei auf zwei Untersuchungen der Sozialforschungsstelle Dortmund: "Arbeitsorganisation und Geschlechterpolitik. Die Beteiligung von Frauen an betrieblichen Umstrukturierungsprozessen" und "Arbeitsbeziehungen in Callcentern". In beiden Studien steht der Prozess der Strukturierung von Arbeit im Zentrum. In der einen geht es um die Einführung und Gestaltung von Gruppenarbeit in der industriellen Produktion, in der anderen um die Strukturbildung ganz neuer Arbeitsbereiche, der Callcenter. Die Ausführungen zeigen insgesamt, dass die Zuweisung von Personen auf Arbeitsplätze nicht (nur) ökonomisch zweckrationale Gründe hat, sondern Ergebnis komplexer Auseinandersetzungen zwischen den beteiligten Akteurinnen und Akteuren ist. In diese Auseinandersetzungen gehen sowohl bestehende Machtverhältnisse zwischen den Beteiligten als auch Bilder und stereotype Vorstellungen über Frauen und Männer ein. (ICA2)
CEWS Kategorie:Arbeitswelt und Arbeitsmarkt, Geschlechterverhältnis, Frauen- und Geschlechterforschung
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Familienorientierung und Arbeitsmarktbindung : Stabilität und Wandel von Geschlechterrollen zu Beginn des neuen Jahrhunderts
Titelübersetzung:Family orientation and labor market ties : stability and change in gender roles at the start of the new century
Autor/in:
Spellerberg, Annette
Quelle: Die Hälfte des Hörsaals: Frauen in Hochschule, Wissenschaft und Technik. Annette Spellerberg (Hrsg.). Berlin: Ed. Sigma, 2005, S. 21-47
Inhalt: "Annette Spellerberg lenkt in ihrem soziologischen Beitrag den Blick auf den Wandel von Geschlechterbildern in der Bevölkerung. Die tiefgehenden Vorstellungen über Geschlechterdifferenzen sind ein wesentlicher Faktor für die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern in den Wissenschaften. Vermehrte Gleichheitsorientierungen in der Gesellschaft kommen Frauen auch im Wissenschaftsbereich zugute, eine Festschreibung traditioneller Rollenarrangements wirkt sich negativ aus. Ausgehend von institutionellen Rahmenbedingungen, die kulturelle Leitbilder maßgeblich beeinflussen, arbeitet sie die unterschiedlichen Vereinbarkeitsmodelle von Beruf und Familie in West- und Ostdeutschland heraus. Vor dem Hintergrund hoher Qualifikationen von Frauen, einer unsichereren Arbeitsmarktlage und der Ausbreitung der Dienstleistungstätigkeiten zeigt sich auf empirischer Basis, dass sich vor allem in Westdeutschland ein bemerkenswerter Wandel vollzogen hat. Ein deutlich höherer Anteil der Frauen mit kleinen Kindern als noch vor zehn Jahren ist erwerbstätig und auch bei der Frage nach gewünschten Arbeitszeiten geht der Trend weg vom Hausfrauenmodell. Negative Auswirkungen einer Erwerbstätigkeit von Frauen auf Familie und Kindern werden seltener wahrgenommen. Zugleich hat sich der Abstand in den Einstellungen von Frauen und Männern vergrößert, Frauen befürworten weibliche Erwerbsarbeit häufiger als Männer. Auf die häusliche Arbeitsteilung haben die veränderten Einstellungen zudem noch keinen Effekt. In ungebrochener Weise sind Frauen zuständig für Hausarbeit, vor allem für die Beseitigung von Schmutz (putzen, Wäsche waschen) und die Zubereitung von Mahlzeiten. Die Kombination von Mutterschaft und Erwerbsarbeit, Arbeitsorientierung und Familienorientierung scheint in Westdeutschland im Zuge einer 'nachholenden Modernisierung' vor allem in der jüngeren und besser gebildeten Bevölkerung allgemein anerkannt zu werden. Für den beruflichen Einstieg und Aufstieg von Frauen ist diese Entwicklung sehr zu begrüßen und bietet einen Ansatz für institutionelle Veränderungen." (Autorenreferat)
Schlagwörter:Frauenerwerbstätigkeit; Familie; Beruf; Arbeitsmarkt; Erwerbsbeteiligung; Entwicklung; Hausarbeit; Arbeitsteilung; Geschlechtsrolle; Unvereinbarkeit; neue Bundesländer; alte Bundesländer; Gleichberechtigung
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis, Vereinbarkeit Familie-Beruf
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Symbolische Herrschaft und Geschlechterkulturen
Titelübersetzung:Symbolic domination and gender cultures
Autor/in:
Terlinden, Ulla
Quelle: Das räumliche Arrangement der Geschlechter: kulturelle Differenzen und Konflikte. Marianne Rodenstein. Berlin: Trafo Verl. Weist, 2005, S. 193-205
Inhalt: Der Beitrag greift die lebhafte Kontroverse zwischen den Befürwortern feministischer Forschung und Gender-Forschung am Ende der Tagung auf. Auf der Grundlage des Ansatzes von Pierre Bourdieu in Bezug auf die Universalität männlicher Herrschaft versucht die Autorin eine theoretische Einordnung der im Sammelband vereinten Beiträge. Der im Detail vorgestellte Bourdieu'sche Ansatz ist deshalb so wichtig, weil er betont, dass trotz der Unterschiedlichkeit der diversen Geschlechterkulturen überall die gleichen grundlegenden Strukturprinzipien am Werke sind. Diese sind dafür verantwortlich, dass es so schwer ist, der Maschinerie der Produktion und Reproduktion der männlichen Herrschaft zu entkommen. Räume sind für ihn Ausdruck und Instrument symbolischer Herrschaft, selbst wenn sie für Frauen subjektiv auch befreiend sein können. Jedoch nur durch Emanzipationsbewegungen und den damit verbundenen Erkenntnis fördernden Diskursen scheint eine Befreiung möglich. (ICH)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Geschlechtersegregation und Rational Choice
Titelübersetzung:Gender segregation and rational choice
Autor/in:
Hinz, Thomas
Quelle: Rational-Choice-Theorie in den Sozialwissenschaften: Anwendungen und Probleme. Andreas Diekmann (Hrsg.), Thomas Voss (Hrsg.). München: Oldenbourg (scientia nova : eine Bibliothek des modernen wissenschaftlichen Denkens), 2004, S. 231-246
Inhalt: Segregation nach Sprache, ethnischer Zugehörigkeit, Religion und Geschlecht ist ein in vielen gesellschaftlichen Bereichen beobachtetes Phänomen - etwa in Nachbarschaften, Vereinen, Schulen, in Berufen und Positionen unterschiedlicher Hierarchie. Auch die anhaltende Trennung der beruflichen Welten von Männern und Frauen ist besonders irritierend, weil in modernen Gesellschaften Normen der Gleichstellung und Gleichbehandlung fest verankert sind und in der Rechtsprechung zunehmende Beachtung finden. Der vorliegende Beitrag geht der folgenden Frage nach: Wie kann man mit Bezug auf interessengeleitete Akteure und "rationale Egoisten" die Segregation im Arbeitsmarkt erklären? Zur Beantwortung dieser Frage werden einige Argumentationsmodelle erläutert, die dem Muster von Rational-Choice-Erklärungen folgen und davon ausgehen, dass die berufliche Segregation von Frauen und Männern das aggregierte Ergebnis von unzähligen individuellen Entscheidungen über die Allokation von Ressourcen darstellt. Prinzipiell sind bei der Betrachtung des Arbeitsmarktes die Angebots- und Nachfrageseite zu unterscheiden. So werden zunächst im Überblick Entscheidungsmodelle auf der Seite der Anbieter von Arbeitskraft vorgestellt, im Anschluss geht es um die Arbeitgeber und ihren Einfluss auf die Entstehung und Reproduktion der Geschlechtersegregation. Zudem stellt der Beitrag Ergebnisse eines empirischen Projekts vor, das die Geschlechtersegregation in Organisationen thematisiert. Getestet werden einfache Hypothesen über die Ausprägung von Segregation in Organisationen. Die theoretische Diskussion und die empirische Analyse zeigen insgesamt, dass der Blick auf die sozialen Systeme der Arbeitsorganisationen besonders wichtig ist, um die andauernde Geschlechtersegregation zu erklären. (ICA2)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Vergeschlechtlichung - Entgrenzung - Revergeschlechtlichung : geschlechterdifferenzierende Arbeitsteilung zwischen Rationalisierung der Arbeitswelt und "postindustriellem Haushaltssektor"
Titelübersetzung:Genderization - demarcation - regenderization : gender-differentiating division of labor between rationalization of the world of work and the "post-industrial household sector"
Autor/in:
Gildemeister, Regine; Robert, Günther
Quelle: Grenzenlose Gesellschaft?: Verhandlungen des 29. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, des 16. Kongresses der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie, des 11. Kongresses der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie in Freiburg i. Br. 1998 ; Teil 2. Claudia Honegger (Hrsg.), Stefan Hradil (Hrsg.), Franz Traxler (Hrsg.). Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Grenzenlose Gesellschaft?"; Opladen: Leske u. Budrich, 1999, S. 110-126
Inhalt: "Die Trennung und Gegenüberstellung der Sphären von Erwerbs- und (privater) Hausarbeit in modernen Industriegesellschaften ist immer wieder ein Ausgangspunkt von Erklärungen und Analysen zur Arbeitsteilung der Geschlechter geworden. Viele der dort eingewobenen naturalisierenden Deutungen haben in den letzten Jahrzehnten einen Legitimationsverlust erlitten: Trennlinien der tradierten Arbeitsteilung sind im Umbruch. Die vor diesem Hintergrund entwickelte These ist, daß in der Dynamik der Rationalisierung der Arbeitswelt eine Entwicklung angelegt ist, in der sich das Verhältnis von Arbeit und Person um- und neukonstituiert. Diese Um- und Neukonstitution hat ihrerseits Folgen für die geschlechterdifferenzierende Arbeitsteilung in diesem Bereich. Ein wachsender Anteil vor allem qualifizierter Berufsarbeit wird von geschlechtsbezogenen Kodierungen frei oder zumindest: freier. Parallel dazu wird im Zusammenhang des aktuellen Rückgangs der gesellschaftlich verfügbaren Menge bezahlter Arbeit in der sozialpolitischen Debatte die Forderung laut, ehrenamtliches Engagement im 'postindustriellen Haushaltssektor' zu entwickeln. Diese Forderungen sind auf den ersten Blick geschlechtsneutral - nicht berücksichtigt wird dabei, daß bislang für diesen 'postindustriellen Haushaltssektor' weder Sozialformen noch Sinnangebote bestehen. Woher sollen kompensatorische Angebote und Wertigkeiten kommen? Unsere These dazu ist, daß in bestimmten Bereichen der sich ausdifferenzierenden Felder von Ehrenamtlichkeit überkommene Konstruktionsmerkmale von Geschlechtlichkeit reaktiviert und traditionelle 'Weiblichkeit' zur Sinnquelle wird. Die Forderung noch 'ehrenamtlichen Engagement' trifft immer noch auf eine empirische Realität des privaten Haushaltens und dessen dominant geschlechtshierachischer Zuordnung, Aus diese Weise kann ein historisch ausgebildetes und nach wie vor orientierungswirksames spezifisch tätigkeitsbezogenes Konstrukt von Geschlechtlichkeit als Ressource re-aktualisiert werden und es kommt zu einer Re-vergeschlechtlichung und Rückverweisung vieler Frauen auf den 'postindustriellen Haushaltssektor'. Dies schließt auch die Möglichkeit der Entberuflichung vieler von Frauen dominierten ('semiprofessionellen') Tätigkeitsfeldern ein." (Autorenreferat)