Systemtheorie: Perspektiven in der Genderforschung
Titelübersetzung:System theory: prospects in gender research
Autor/in:
Pasero, Ursula
Quelle: Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung: Theorie, Methoden, Empirie. Ruth Becker (Hrsg.), Beate Kortendiek (Hrsg.), Barbara Budrich (Mitarb.), Ilse Lenz (Mitarb.), Sigrid Metz-Göckel (Mitarb.), Ursula Müller (Mitarb.), Sabine Schäfer (Mitarb.). Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss. (Geschlecht und Gesellschaft), 2008, S. 245-249
Inhalt: Die Gesellschaftsstruktur legt, so die Verfassern, durch ihren primären Differenzierungstypus fest, wie Ordnung wahrgenommen wird. Hierarchische - d.h. stratifizierte - Gesellschaften verfügen noch über un-angefochtene Positionen der Repräsentation, sei es durch Könige, Kaiser oder männliche Haushaltsvorstände. Die alten Repräsentationsmuster werden durch den sukzessiven Umbau der Gesellschaft in Richtung auf primär funktionale Differenzierung prekär und legitimierungsbedürftig. Mit der funktionalen Differenzierung entsteht eine Gesellschaftsstruktur, in der Unterschiede zwischen den Individuen keine Ausschlusskriterien mehr sein können. Auch die Unterscheidung von Frauen und Männern kann damit nicht mehr in einem asymmetrischen Sinne benutzt werden, um den Männern die Funktion der Repräsentation des Systems im System zu geben. An die Stelle von Repräsentationsasymmetrien treten funktional gebaute Asymmetrien, die an Unterschieden in der Bildung, der Ausbildung und dem Einkommen, an auf- wie absteigenden individuellen "Karrieren" ablesbar werden. (ICF2)
Frauen und Männer im Fadenkreuz von Habitus und funktionaler Differenzierung
Titelübersetzung:Women and men in the cross-hairs of habits and functional differentiation
Autor/in:
Pasero, Ursula
Quelle: Bourdieu und Luhmann: ein Theorienvergleich. Armin Nassehi (Hrsg.), Gerd Nollmann (Hrsg.). Frankfurt am Main: Suhrkamp (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft), 2004, S. 191-207
Inhalt: Die Frauen- und Geschlechterforschung hat sich eher für die Architektur der Bourdieuschen Soziologie als für den systemtheoretischen Ansatz der Luhmannschen Soziologie interessiert, weil viele ihrer Befunde mit der Bourdieuschen Semantik vereinbar sind. Dies führt nach Einschätzung der Autorin jedoch in die Verlegenheit, nicht nur den Primat funktionaler Differenzierung der modernen Gesellschaft auszuklammern, sondern auch die Luhmannsche Unterscheidung zwischen Funktions-, Organisations- und Interaktionsphänomenen außer Acht zu lassen. Auf diese Weise kommt dem herkömmlichen, auf Komplementarität und Asymmetrie beruhenden Arrangement der Geschlechter eine Bedeutung zu, die durch funktionale Differenzierung längst schon gebrochen ist. Demgegenüber hat Bourdieu mit unmissverständlicher Schärfe das ausgedrückt, was der Autorin zufolge zum "Common Sense" der Frauen- und Geschlechterforschung gehört: die Annahme einer strikten Asymmetrie des Geschlechterarrangements, die eine zeitstabile, hierarchische Ordnung entstehen lässt. Die Autorin diskutiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Theoretiker und kommt zu dem allerdings nur als Hypothese für die weitere Forschung relevanten Schluss, dass der von Luhmann vorgelegte Kategorienapparat für die adäquate Beschreibung jüngerer Tendenzen im Geschlechterverhältnis eine größere Offenheit und Eignung aufweist. (ICI2)
Inhalt: Der Beitrag geht der Frage nach, ob sich hinter dem "gender trouble", also hinter asymmetrischen Anordnungen von Frauen und Männern, auch Symmetrie-Effekte zeigen, die durch die primäre Differenzierungsform der modernen Gesellschaft nach Funktionssystemen hervorgerufen werden. Damit schließt die Autorin an Positionen an, die davon ausgehen, dass die Ungleichheit der Geschlechter schwächer wird und dass die Aufteilung der sozialen Welt nach Frauen und Männern ein kontingentes Ordnungsmuster ist. Dieses stellt anstelle hierarchischer Arrangements ebenso auch heterarchische Modelle bereit. Um diesen Ansatz weiter zu verfolgen, wird der Fokus auf die funktionale Differenzierung selbst gelegt. Dabei werden die Phänomene Wahrnehmung, Kommunikation und Geschlechterstereotype aufgegriffen, um nach Symmetrie-Effekten im Arrangement der Geschlechter zu suchen. Während Individualität unterstellt wird, wird Geschlechtszugehörigkeit zugeordnet. Der Geschlechtsdimorphismus erzeugt strikte Eindeutigkeit: ein Unterschied, der einen Unterschied macht. Die These lautet, dass die wachsende Unzuverlässigkeit geschlechtstypischer Zuschreibungen eine Folge funktionaler Differenzierung und Ausdruck des Dilemmas von geschlechtstypischer Bestimmtheit und individueller Unbestimmtheit ist: eben gender trouble. (ICA2)
CEWS Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Geschlechterverhältnis
Dokumenttyp:Sammelwerksbeitrag
Wahrnehmung und Herstellung von Geschlecht
Titelübersetzung:Perceiving and performing gender
Herausgeber/in:
Pasero, Ursula; Braun, Friederike
Quelle: Symposion zur Geschlechterforschung "Wahrnehmung und Herstellung von Geschlecht"; Opladen: Westdt. Verl., 1999. 254 S.
Inhalt: "Im Zentrum der interdisziplinären Genderforschung steht die Frage, wie soziale Wahrnehmung zur Konstruktion von Geschlecht beiträgt. Die teils theoretisch, teils empirisch angelegten Beiträge diskutieren aus historischer, linguistischer, literaturwissenschaftlicher, soziologischer und sozialpsychologischer sowie naturwissenschaftlicher Sicht, wie Frauen und Männer wahrgenommen und bewertet werden und welche Eigenschaften und Verhaltensweisen den Geschlechtern zugeschrieben werden. Sind Geschlechterdifferenzen das Ergebnis geschlechtstypischen Verhaltens oder lassen sie sich eher auf geschlechtsstereotype Vorstellungen und Erwartungen zurückführen? Die Vielfalt der hier eingenommenen Perspektiven behandelt die Komplexität der sozialen Konstruktion von Geschlecht, in der die Wahrnehmung und Herstellung von Geschlecht unabdingbar wechselseitig miteinander verbunden sind." (Autorenreferat). Inhaltsverzeichnis: Ursula Pasero u. Friederike Braun: Einleitung (7-12); Ursula Pasero: Wahrnehmung - ein Forschungsprogramm für Gender Studies (13-20); Thomas W. Laqueur: Onanie und Geschlecht, 1712-1990 (21-36); David Prickett-Barnes: "The filthiest service in the world": Sodomy, emasculation, honor and shame in the Early Modern period (37-46); Heiko Stoff: Vermännlichung und Verweiblichung: Wissenschaftliche und utopische Experimente im frühen 20. Jahrhundert (47-62); Monique Biemans: Production and perception of gendered voice quality (63-72); Donald G. MacKay: Gender in English, German, and other languages: Problems with the old theory, opportunities for the new (73-87); Anthony Mulac: Perceptions of women and men based on their linguistic behavior: The Gender-Linked Language Effect (88-104); Yumiko Ohara: Performing gender through voice pitch: A cross-cultural analysis of Japanese and American English (105-116); Ingrid Piller: "Something tattooed on my forehead": Gendered performances and perceptions of linguistic and national identity (117-126); Elizabeth A. Strand: Gender perception influences speech processing (127-136); Elisabeth Bronfen: Sprache der Hysterie als Reartikulation des humanistischen Projekts im Zeichen der Geschelchterdifferenz (137-149); Sarah Colvin: Disturbing sight: Women staging women in European theatre (150-160); Annette Comte: Real and hyperreal: A politics of the other (161-168); Kelly Meyer: Thus spake the Medusa: Problems with gendered writing in Nietzsche and Cixous (169-176); Annette Pankratz: Perceiving and performing Caryl Churchill: The drama of gender construction (177-187); Jutta Allmendinger and J. Richard Hackmann: Mitigating the stress of gender recomposition: A cross-institutional, cross-national analysis (188-203); Christine Altstötter-Gleich: Persönliche Konstrukte zu Frauen und Männern in unterschiedlichen sozialen Rollen (204-214); Kristi Lemm und Mahzarin R. Banaji: Unconscious attitudes and beliefs about women and men (215-235); Kerrin Christiansen: Perceiving gender: Wahrnehmung der eigenen Geschlechtsrollenidentifikation und körperliche bzw. psychische Befindlichkeit (236-246); Inge Schröder: Interpretationen des Geschlechterverhältnisses in der modernen Verhaltensökologie (247-254).