Geschlechterdifferenzierungen im Horizont der Gleichheit : exemplarische Analysen zu Berufskarrieren und zur beruflichen Praxis im Familienrecht
Titelübersetzung:Gender differentiations in the horizon of equality : exemplary analyses of professional careers and occupational practice in family law
Autor/in:
Gildemeister, Regine; Maiwald, Kai-Olaf; Scheid, Claudia; Seyfarth-Konau, Elisabeth
Quelle: Wiesbaden: Westdt. Verl., 2003. 222 S.
Inhalt: Mit dem Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit auch in hochqualifizierten Berufen findet ein Umbruch in den Geschlechterverhältnissen statt, der bereits von Georg Simmel 1902 problematisiert wurde und der auch von der neueren theoretischen und empirischen Frauen- und Geschlechterforschung kontrovers diskutiert wird. Aus einem diesbezüglichen Forschungsschwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Thematik "Professionalisierung, Organisation, Geschlecht - zur Reproduktion und Veränderung von Geschlechterverhältnissen in Prozessen sozialen Wandels" wird eine empirische und theoretische Untersuchung vorgelegt, die sich exemplarisch mit Juristinnen im Berufsfeld Familienrecht beschäftigt. Auf der Grundlage von Befragungsergebnissen, Protokollauswertungen u.ä. geht es um die Entwicklung des Frauenanteils im Familienrecht seit Anfang des 20. Jahrhunderts und um berufsbiografische Verläufe, um Generationenunterschiede in den beruflichen Werdegängen von Anwältinnen und Richterinnen, um familienrechtliche Spezialisierungen in Justiz und Anwaltschaft und um geschlechterdifferenzierende Muster im anwaltlichen und richterlichen Handeln. Die Ergebnisse dieser Teilanalysen werden unter der Fragestellung nach dem aktuellen Nutzen der sozialen Kategorie "Geschlecht" im Berufsfeld Familienrecht zusammengefasst und mit aktuellen Debatten in der sozialwissenschaftlichen Geschlechterforschung verglichen. Dabei zeigt sich, dass Geschlechterdifferenzierung zwar weiterhin wirksam ist, aber vor einem Hintergrund der Gleichheit, gerade auch in Rechtsberufen erfolgt. (IAB)
Quelle: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 32 (2003) H. 5, S. 396-417
Inhalt: "Die These, dass die soziale Kategorie Geschlecht ein grundlegendes Element sozialer Strukturierung sei, ist in der sozialwissenschaftlichen Geschlechterforschung weit verbreitet. In den letzten Jahren wurde sie unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Segregationsforschung vor allem über die Figur der 'Vergeschlechtlichung' ('gendering') von Arbeitsbereichen und Organisationen zu konkretisieren versucht. Gegen diese These wird eingewandt, dass die Kategorie Geschlecht in modernen Gesellschaften Funktionen eingebüßt habe und als Ordnungskategorie nur noch kontextuell von Bedeutung sei, dort, wo sie im sozialen Handeln relevant gemacht werde. Die damit aufgeworfenen Fragen werden im Aufsatz auf der Grundlage einer empirischen Untersuchung zum Berufsfeld Familienrecht näher beleuchtet. In den juristischen Berufsfeldern gilt das Familienrecht als deutlich segregierter ('feminisierter' ) Bereich. Der 'gendering' These zufolge müssten sich damit binäre Geschlechterstereotype so in den Beruf hinein verschoben haben, dass es zu einer Kanalisierung von Berufskarrieren von Frauen (Juristinnen) und zu einer Abwertung des Berufssegments kommt. Die empirischen Befunde der Untersuchung weisen daraufhin, dass diese Sichtweise einer Relativierung und Differenzierung bedarf. Sie zeigen zugleich, dass damit die strukturgenerative Kraft der Kategorie Geschlecht nicht ausgesetzt ist." (Autorenreferat)
Inhalt: "A prevalent thesis in sociological gender studies is that the social category 'gender' is a basic element in the structuring of society. Over the past years there have been attempts to substantiate this thesis by referring to the results of segregation research, especially on the idea of the 'gendering' of working areas and organizations. Objections to this thesis state that the category 'gender' has lost its major functions in modern societies and that as a category of social order it is only of contextual importance, i.e. when rendered relevant in social action. The questions which results from this will be examined in this essay, which uses as its basis empirical research on the occupational field of family law. In the legal profession family law is considered to be a significantly segregated ('feminized') area. According to the 'gendering' thesis, binary gender stereotypes have shifted into the profession to such an extent that women's careers are channeled in this direction and the occupational segment is devalued. The empirical findings indicate that this perspective needs to be relativized and differentiated. Furthermore, they reveal that the structure-generating force of the category gender has not vanished." (author's abstract)
Latente Differenzkonstruktionen : eine exemplarische Fallanalyse zu Geschlechterkonzeptionen in der professionellen Praxis
Titelübersetzung:Latent difference constructions : an exemplary case analysis of gender conceptions in professional practice
Autor/in:
Scheid, Claudia; Gildemeister, Regine; Maiwald, Kai-Olaf; Seyfarth-Konau, Elisabeth
Quelle: Feministische Studien, Jg. 19 (2001) Nr. 2, S. 23-38
Inhalt: Der folgende Beitrag geht den aktuell diskutierten Fragen nach, ob neuere gesellschaftliche Entwicklungen dazu führen, dass die Kategorie "Geschlecht" an Wirkmächtigkeit in der Strukturierung sozialer Realität verliert, und inwieweit die neue Rede von der "Geschlechtervielfalt" einem Bedeutungsverlust binärer Kategorisierung entspricht. In Anlehnung an das soziologisch-interaktionstheoretische Konzept des "doing gender" wird die Praxis der professionellen Berufe als Beispiel für die Bedeutung latenter Differenzkonstruktionen von Geschlecht untersucht. Die Analyse bezieht sich auf die konkreten Entscheidungen einer Familienrichterin in einem Sorgerechtsfall, um zu verdeutlichen, welche Familien- und Geschlechterkonzeptionen dem professionellen richterlichen Handeln zugrundeliegen. Die Datengrundlage bildet eine Transkriptsequenz aus einem offenen Interview, das mit der Richterin zu ihrer beruflichen Entwicklung, ihrer Berufspraxis sowie zum Verhältnis von Karriere und privater Lebenspraxis geführt wurde. Im Anschluss an die empirische Analyse wird nochmals auf die verwendete Methodik eingegangen und ihr Potenzial für die Rekonstruktion geschlechtsdifferenzierender Muster aufgezeigt. (ICI)