Inhalt: Schule und Hochschule sehen in der proletarischen Erziehung fast ausschließlich Defizite, auch dort, wo Arbeiterkinder ihre Fähigkeiten als Können und Stärke empfinden. Besonders die Auffassung, daß Theorie nur insofern nützlich ist, als sie die Praxis wirklich verändern hilft, wird häufig verkürzt und in gefährliche Nähe zu faschistischen Denkstrukturen gebracht. Die Sozialisation an Schule und Hochschule führt nun dazu, daß Arbeiterkindern scheinbar wissenschaftliche Erkenntnisse über die Beschränktheit ihres Milieus vermittelt werden, so daß sie gezwungen sind, ihre durch Arbeiterkultur und -geschichte gestützte Denkweise abzulegen. Für Arbeiter entwickelt sich, im Gegensatz auch zu einer bürgerlich- fortschrittlichen Denkweise, Theorie direkt aus dem praktischen Leben, es gibt keine Abstraktion vom Leben. Die Erziehung der Arbeiterkinder geschieht durch Arbeit, wie auch durch die Arbeit der Eltern, was für die Kinder auch eine relative Freiheit von moralischen und pädagogischen Erziehungsprinzipien sowie eine früh erreichte Unabhängigkeit zur Folge hat. Mädchen werden, im Unterschied zu Jungen selbstverständlich zu allen möglichen Arbeiten herangezogen, auch wenn sie zur Schule gehen, da sie als für den Bereich der Reproduktion zuständig angesehen werden. Daher gehen sie später sorgsamer mit Theorie und Wissenschaft um, achten stärker auf deren Gebrauchswert und sind im Umgang damit existenziell betroffener. Die Verfasserin geht auf die Erziehung von Arbeitertöchtern und das so erlernte Arbeitsprinzip, das dem der Hochschule grundsätzlich widerspricht, ein. Aus diesem Widerspruch entwickelt sich ein Bewußtsein von brauchbarem Wissen und sinnloser Theorie. Es läßt sich feststellen, daß Arbeiterfrauen, wenn sie nicht schweigen und ihre Arbeit tun, radikaler und spontaner sind als ihre Männer. Spontaneität und Impulsivität sowie die einfachen Theoriebildungsprozesse sind also bestimmend für die Arbeit der Arbeitertöchter in der Hochschule. (SD)