Titelübersetzung:Act queer! Performance and change
Autor/in:
Müller, Birgit
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 22 (1998) 2/3, S 43-62
Inhalt: 'Der Text beschäftigt sich vor allen Dingen mit Judith Butler's Konzept der Performanz und der daraus folgenden Problematik der Handlungsfähigkeit. Das Spezifische an Butlers Konzept von Handlungsfähigkeit ist, daß Butler diese nicht als Eigenschaft an ein kritisches Subjekt bindet, sondern die im Prozeß der Konstitution als Möglichkeit erscheint und innerhalb dieses Prozesses wirkt. Voraussetzung ist die Unmöglichkeit der gedanklichen Trennung zwischen Mensch und Welt. Dieser Ansatz wird als ein Versuch verstanden, die Einsicht in die unauflösbare Verknüpfung von den Entwürfen des Selbst mit dem Entworfenwerden von Anderen ernst zu nehmen und sie auch hinsichtlich ihrer Konsequenzen im Feld politischer Auseinandersetzungen zu durchdenken. Das Postulat der Dekonstruktion wird von der Autorin als nicht-intentionale Strategie aufgenommen und diskutiert. Dies soll vor Augen führen, wie Butler Handlungsfähigkeit jenseits vom Subjekt versteht und was innerhalb dieser Konzeption möglich ist und was nicht. Die Identitätskritik, für die die queer theory steht, wird damit einmal mehr in einen politischen Kontext gerückt. Identitätspolitik bedeutet immer auch die Festlegung von anderen (in der Negation). Über diese anderen nicht verfügen erfordert eine Ethik des Anderen (Derrida).' (Autorenreferat)
"Umgekehrte Welt"? Macht, Sexualität und Geschlechterhierarchie im Fastnachtsspiel des späten Mittelalters
Titelübersetzung:"Opposite world"? Power, sexuality and gender hierarchhy in Shrovetide plays during the late Middle Ages
Autor/in:
Roth, Margit
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 21 (1997) 3/4, S 99-117
Inhalt: Die literarische Gattung "Fastnachtsspiel" war im Mittelalter eine beliebte Spielform, die in den Wochen vor Beginn der Fastenzeit insbesondere in Handwerker-Kreisen zur Aufführung kam. Inhaltlich setzt man sich im Fastnachtsspiel mit dem Herrscher-Bürger Verhältnis, der Kirche und der Sexualität auseinander. Während die gängigen Herrschaftsstrukturen im Fastnachtsspiel kritisiert und pervertiert wurden, wurde das Geschlechterverhältnis bestätigt. Anhand eines Vergleichs der Lebensrealität von Frauen im Mittelalter, ihrem sozialen und rechtlichen Status und der Darstellung der Frau im Fastnachtsspiel wird aufgezeigt, wie sich das bestehende Geschlechterverhältnis durch sexuelle Metaphern, durch Spott und Hohn fortschreibt. Eine "umgekehrte Welt", wie sie im Fastnachtsspiel entworfen werden soll, spart den Aspekt der Geschlechterhierarchie folglich aus.
Schlagwörter:Literatur; gender relations; gender; Macht; Hierarchie; middle ages; domination; power; playing; life situation; sexuality; sozialer Status; Sexualität; woman; Geschlechterverhältnis; Lebenssituation; hierarchy; literature; Herrschaft; Spiel; Mittelalter; social status
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Sozialgeschichte, historische Sozialforschung
Ungewöhnliche Homosexuelle: Schwulsein ohne die community
Titelübersetzung:Unusual homosexuals: being gay without the community
Autor/in:
Biechele, Ulrich
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 21 (1997) 3/4, S 135-150
Inhalt: Aus fast dreißig Jahren Schwulenforschung ist das Bild des "gewöhnlichen Homosexuellen" überliefert. Das ist ein gut ausgebildeter, beruflich integrierter Mann im Alter von 20 bis 40, vielleicht 50 Jahren, der in einer Großstadt lebt, sich klar als homosexuell definiert und mehr oder weniger intensiv in der schwulen Subkultur bewegt. Dieser Blick aus der Perspektive der Mittelschicht trügt jedoch. Gerade schwule Männer aus der Unterschicht leben häufig im Windschatten dieser gay community und halten Distanz zu ihren Einrichtungen. Der entsprechende Lebensstil ist ihnen zu kostspielig, die Moden zu exzentrisch, die Kommunikationsrituale zu undurchsichtig. Wichtiger ist es, in der heterosexuellen Umwelt nicht aufzufallen und an Orten, die eindeutig der sexuellen Kontaktaufnahme dienen, sexuelle Befriedigung zu finden und personale Begegnungen zu erleben.
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 21 (1997) 3/4, S 119-133
Inhalt: Obwohl lesbische Sexualität ohne Männer stattfindet, sind maskuline Stilisierungen und phallische Phantasien oftmals Bestandteile lesbischer Identität und Sexualität. In der theoretischen Auseinandersetzung werden maskuline Stilisierungen oder phallische Phantasien entweder verurteilt, in ihrer Wichtigkeit marginalisiert, gar nicht thematisiert oder vorsichtig und mißtrauisch diskutiert. Ganz im Gegensatz dazu zeigt lesbische Pornographie stolz und lustvoll den lesbischen Phallus. Um die Bedeutung des lesbischen Phallus zu verstehen und nicht in der Spaltungsdynamik zwischen den einander entgegenstehenden Entwürfen 'richtiger' lesbischer Sexualität zerrissen zu werden, ist es wichtig, das 'Phallische' oder das 'Maskuline' als Symbolisierung aktiven Begehrens zu begreifen. In einer durch patriarchale Definitionsmacht strukturierten Gesellschaft gibt es noch keine Begriffe, die das lesbische Begehren angemessen ausdrücken können. Jedoch will ich zeigen, daß auch das, was in der lesbischen, sexuellen Szene als 'maskulin' oder 'phallisch' bezeichnet wird, natürlich ein zutiefst weibliches Erleben ist.
Tod und Trauer: wenn Ehefrauen ihren Mann verlieren
Titelübersetzung:Death and mourning: when wives lose their husbands
Autor/in:
Dießenbacher, Hartmut
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 12 (1988) 1/2, S 87-98
Inhalt: In dem Beitrag wird die gewöhnliche Trauer der Arbeiterwitwe analysiert und dabei das moralisch synthetisierte Interpretationsschema des Witwendaseins umgekehrt: Es wird festgestellt, daß nach dem Abgang des Mannes eine neue Wunschproduktion und emanzipatorische Schübe möglich werden, die die Witwentrauer in eine neue Lebenslust verwandeln können. Zunächst wird dargestellt, wie sich die Ersatzversorgung für die hinterbliebene Ehefrau entwickelt hat. Es wird deutlich gemacht, daß es nicht nur um die Ernährung geht, sondern auch sexuelle Probleme eine Rolle spielen. Deshalb wird die Bedeutung der Wiederverheiratung analysiert. Es wird gezeigt, daß Witwen aus dem Bürgertum ungleich bessere Chancen hatten als Arbeiterwitwen. Im Mittelpunkt steht die These, daß bei Zweifeln an der Gleichsetzung von Liebe und Ehe, die in der bürgerlichen Ehe durchaus angebracht sind, logischerweise auch die Gleichsetzung von Witwe und Trauer abgelehnt werden muß. Es wird gezeigt, daß diese Erkenntnisse aus dem Bürgertum auch auf das Proletariat übertragen werden können. (RW)
Sexualität und Gewalt: der pornographische Körper als Waffe gegen Erotik und Nähe
Titelübersetzung:Sexuality and violence: the pornographic body as a weapon against eroticism and nearness
Autor/in:
Renchkovsky Ashley, Barbara; Ashley, David
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 10 (1986) 2, S 7-36
Inhalt: In den letzten Jahren hat sich eine neue, und zwar eine feministische Kritik an Pornographie entwickelt, die die Annahme, daß ungezügelte individualisierte Freiheit gesund, vital und in sich selbst gut sei, für schlichtweg falsch hält. Die feministische Kritik wird erläutert, der von Feministinnen betonte Unterschied zwischen Erotika und Pornographie sowie die Mängel der Sexualforschung, die sich mit der Wirkung sexueller Stimuli beschäftigt, werden aufgezeigt. Es wird eingegangen auf die Schwierigkeit der Definition von Pornographie, die bei der Herstellung und dem Vertrieb von Pornographie vorhandenen Marktmechanismen sowie die Rolle des Subjekts 'Kunde'. Es folgt eine Analyse von Hard-Core. Die Autoren legen dar, daß das naturalistische Modell von Sexualität (Sexualität als Teil unserer Natur und nicht als Teil unserer Kultur) die Maskierung von Feindseligkeit und Haß in der Pornographie fördert. Abschließend wird noch einmal kurz skizziert, wieso Pornographie nicht Befreiung, sondern das Gegenteil bedeutet. (LF)
Titelübersetzung:The liberation of research on Lesbians
Autor/in:
Faraday, Annabel
Quelle: Psychologie und Gesellschaftskritik, 10 (1986) 2, S 37-61
Inhalt: Die vorliegende Arbeit setzt sich kritisch mit der bisherigen Forschung zum 'Lesbianismus' auseinander. Es wird zunächst untersucht, wie 'Lesbierin' in der soziologischen, vom patriarchalischen Denken geprägten Forschung definiert wird. Dabei wird aufgezeigt, daß die soziologische Forschung sich bedeutend weniger mit der weiblichen Homosexualität beschäftigt als mit der männlichen. Die Gründe dafür werden diskutiert. Nach einer Analyse der sexualwissenschaftlichen Forschung und des darin aufscheinenden männlichen Heterosexismus wird auf den Gedanken des Devianzverhaltens in der jüngeren soziologischen Forschung über Lesbierinnen eingegangen. Abschließend werden einige lesbisch-feministische Erklärungen vorgestellt und denkbare Orientierungen für feministische Forschung vorgeschlagen, die von dem Bewußtsein und der Verantwortung für die Interessen der Frauen ausgehen, unabhängig davon, ob diese sich als lesbisch bezeichnen oder nicht. (LF)