Körper, Dinge und Macht: Wahlen und Geschlecht in den USA 1800-1914
Titelübersetzung:Body, objects and power: elections and gender in the USA 1800-1914
Autor/in:
Richter, Hedwig
Quelle: GENDER - Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 10 (2018) 2, S 97-111
Inhalt: Der praxeologische Ansatz einer Neuen Geschichte der Wahlen ermöglicht einen neuen Blick auf die alte Frage, warum das Wahlrecht im 19. Jahrhundert zwar immer mehr Gruppen wie Armen, Angehörigen anderer Ethnien oder Ungebildeten zugesprochen wurde, von wenigen Ausnahmen abgesehen jedoch Frauen ohne Stimmrecht blieben. Die Praxis des Wählens und die Materialität des Wahlaktes, so meine These, verdichteten den Wahlakt als Herrschaftsakt der "Männlichkeit" und determinierten die Exklusion der Frauen. Erst eine Welle von Reformbemühungen und damit einhergehend ein verändertes Körperregime konnten diese Konstellation aufbrechen und das Setting moderner Wahlen neu ordnen. Das geschah in den Jahren um 1900 im Zuge der internationalen Reformbewegungen - so meine zweite These.
Inhalt: The praxeological approach of a new history of elections allows us to take a fresh look at the old question of why suffrage was granted to ever more groups in society in the 19th century, such as the poor, those belonging to other ethnicities and the uneducated, while, with a few exceptions, women were still excluded. It is my thesis that the practice of voting and the materiality of the act of voting condensed that act into one of the power of "masculinity", which was determinative for the exclusion of women. Only a wave of reform efforts and, concomitantly, a new body regime were able to break up this constellation and to reorganize the setting for modern elections. It is my second thesis that this happened at the turn of the last century in the course of the international reform movements.
Schlagwörter:Wahl; election; Wahlrecht; suffrage; 19. Jahrhundert; nineteenth century; woman; Stimmrecht; right to vote; Macht; power; Männlichkeit; masculinity; Körper; body; Demokratie; democracy; USA; United States of America; Materialität
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Sozialgeschichte, historische Sozialforschung
Die Arbeit von Männern und Frauen: eine Entwicklungsgeschichte der geschlechtsspezifischen Rollenverteilung in Frankreich, Schweden und Österreich
Autor/in:
Dörfler, Sonja; Wernhart, Georg
Quelle: Österreichisches Institut für Familienforschung an der Universität Wien; Wien (Forschungsbericht / Österreichisches Institut für Familienforschung an der Universität Wien, 19), 2016. 81 S
Inhalt: Die zentrale Forschungsfrage dieser Arbeit zielt darauf ab, die Ursachen der länderspezifischen Unterschiede bei den vorherrschenden Geschlechterrollen in Österreich, Frankreich und Schweden darzustellen. Dabei wurde ein historischer Rückblick vorgenommen, der die Entwicklungen der Arbeitsteilung vom 19. Jahrhundert weg bis zu den 1970er Jahren beleuchtet. Als Grundlage dafür dienten deutsch- und englischsprachige Literatur aus den Sozial, Kultur- und Wirtschaftswissenschaften sowie Gesetzestexte. Weiters wurden die Entwicklungen ab den 1970er Jahren anhand einer Literaturanalyse, Sekundärdatenanalysen und eigenen Auswertungen aus unterschiedlichen internationalen Datenquellen dargelegt und analysiert. Zur Analyse der Entwicklung relevanter gesellschaftlicher Einstellungen und damit der Wertehaltungen in den drei Ländern wurden eigene Auswertungen aus dem ISSP (International Social Survey Programm) und EVS (European Value Studies) vorgenommen.
"At age 27, she gets furious": scripts on marriage and life course variation in The Netherlands, 1850-1970
Titelübersetzung:"Mit 27 Jahren wird sie unruhig": Skripte über Ehe und Lebenslauf-Variation in den Niederlanden, 1850-1970
Autor/in:
Kok, Jan
Quelle: Historical Social Research, 39 (2014) 1, S 113-132
Inhalt: "Marrying too old, too young, or not at all could elicit scorn from all sides: family, friends and neighbours. The same could occur when a partner was much younger or older. During modernization new societal norms on marriage are supposed to have emerged and to have become more pervasive, as individual access to and timing of marriage became less dependent on family fortunes and family strategies. In this article, life courses of more than 15.000 Dutch individuals are studied in order to answer the question: was their timing of marriage and choice of partner related to (changing) life scripts - and what social or cultural groups were the carriers of these scripts - or still predominantly determined by family dynamics?" (author's abstract)
Schlagwörter:20. Jahrhundert; Netherlands; 19. Jahrhundert; soziale Norm; Ehe; cultural factors; marriage; wedding; Heirat; kulturelle Faktoren; socioeconomic factors; social norm; sozioökonomische Faktoren; woman; Partnerwahl; choice of partner; gender-specific factors; age; twentieth century; Lebensalter; nineteenth century; Niederlande; celibacy; late marriage; early marriage; age homogamy; life scripts
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Familiensoziologie, Sexualsoziologie, Sozialgeschichte, historische Sozialforschung
Life scripts and life realities: women in nineteenth-century Nijmegen
Titelübersetzung:Lebensskript und Lebenswirklichkeit: Frauen im Nimwegen des 19. Jahrhunderts
Autor/in:
Engelen, Theo
Quelle: Historical Social Research, 39 (2014) 1, S 104-112
Inhalt: "On average, more than one fifth of the 19th century Nijmegen brides were pregnant at the date of marriage. In a society where extramarital sexuality was explicitly forbidden, and where the success of marriage restriction depended on following that rule, this finding is remarkable. Obviously, the cultural life script that allowed sexuality only within marriage was not a script all inhabitants lived up to. A remarkable secondary finding is that the protestant population had a much higher proportion of bridal pregnancies than the Roman Catholic population, although both the Protestant and the Roman Catholic clergy strongly opposed sexual activities, unless within marriage. Therefore, when bridal pregnancy among Protestant couples was twice as high as among Catholics, this points either at a stricter control by the Catholic clergy, or at more deviance among Protestant youngsters. In any case, when studying cultural life scripts on sexuality, it is always important to note that it can be countered by human agency." (author's abstract)
Schlagwörter:Netherlands; 19. Jahrhundert; Protestant; Ehe; cultural factors; marriage; Roman Catholic; Katholik; Schwangerschaft; kulturelle Faktoren; sexuality; pregnancy; Protestant; Sexualität; woman; Lebensbedingungen; living conditions; nineteenth century; Niederlande; cultural life script; bridal pregnancy; extramarital sexuality
SSOAR Kategorie:Frauen- und Geschlechterforschung, Sozialgeschichte, historische Sozialforschung, Bevölkerung
Laokoons Schmerz oder das Bild des Subjekts: Figuren hegemonialer Männlichkeit zwischen Physiologie, Ästhetik und Politik
Titelübersetzung:Laokoon’s pain or the image of the subject: figures of hegemonial masculinity between physiology, aesthetics and politics
Autor/in:
Brunotte, Ulrike
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 539-554
Inhalt: "Weniges hat in gleichem Maße die Geschichte der Lebenswissenschaften revolutioniert, so der Medizinhistoriker Volker Hess, 'wie die geselligen Selbstversuche des Galvanisierens' bei denen sich die Forscher um 1800 in 'elektrischen Vernetzungen' die Haut der Körper bis zu den Muskeln öffneten, um im Zucken unter Strom eine Repräsentation spezifischer Lebenskräfte zu erforschen. Gleichzeitig handelte es sich bei dem, in exklusiven Männerrunden im Zwischenreich 'häuslicher Öffentlichkeit' stattfindenden, freundschaftlichen 'Symexperimentieren' um eine durchaus ambivalente Habituseinübung: Denn die romantisch geforderte Schmerzsensibilität - die 'naturale' Männlichkeit - fungierte zugleich als Voraussetzung von Kontrolle und Lesbarkeit und diente so der Herstellung 'wissenschaftlicher Objektivität' sowie 'männlicher Selbstbeherrschung' und damit 'kultureller Männlichkeit'. Die galvanischen Selbstversuche partizipierten freilich um 1800 nicht allein an den frühromantischen Geselligkeitsexperimenten, sondern traten über ihre habituelle Repräsentation und die Betonung sensibler Schmerzwahrnehmung bei gleichwohl strenger Selbstbeherrschung mit dem anthropologischen Programm einer antiken Figurengruppe in Kontakt, die um 1800 nicht allein zur Inkunabel des Klassizismus - der erhabenen Schönheit - zählte, sondern auch zum Kernbild bürgerlich-hegemonialer Männlichkeit avancierte: Es handelt sich um die sogenannte Laokoongruppe, wie wir sie in den Vatikanischen Museen bewundern können. Was die Skulpturengruppe so berühmt und in der Folge, bis hinein in Biopolitik und Körperzucht, einflussreich werden ließ, war vor allem ihre epochemachende Deutung durch den Kunsthistoriker Johann Joachim Winckelmann. Kein geringerer als der Pionier der Männlichkeitsforschung George Mosse hat zuerst auf den komplexen Zusammenhang hingewiesen, in dem die Entwicklungsphase des okzidentalen bürgerlichen Männlichkeitsstereotyps in der Zeit der Aufklärung und der bürgerlichen Nationenbildung mit einer explizit politischen 'Ästhetik der Maskulinität' stand. Von hier aus kann eine Linie gezogen werden, sowohl zu den Habituseinübungen und Wissensbildungen in den Selbstversuchen, als auch zum Selbstbeherrschungsprogramm 'Edler Einfalt und stiller Größe' und somit zu dem 'Gesellschaft' als dynamisches ausdifferenziertes Gebilde hinfort repräsentierenden maskulinen Körper- und Schönheitsmodell. Zentral soll nach dem jeweiligen Zusammenhang von gendertem Körpermodell und dem damit verknüpften Modell von 'Habitus' und 'Geselligkeit' gefragt werden. Insbesondere wird die Paradoxie und das Gewaltpotential rekonstruiert, die dem Phantasma eines bürgerlich hegemonialen Männlichkeitsmodells von Anfang an innewohnten." (Autorenreferat)
Von der schwarzen zur weißen Küche: zur Frage des Verschwindens häuslicher Kochkunst
Titelübersetzung:From black to white cuisine: the question of the disappearance of domestic cooking skills
Autor/in:
Meyer-Renschhausen, Elisabeth
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS); Rehberg, Karl-Siegbert; Kongress "Die Natur der Gesellschaft"; Frankfurt am Main, 2008. S 5965-5975
Inhalt: "Bereits um 1800 verbannte die Rumfordsche Kochmaschine das offene Herdfeuer. Ziel war ein sparsamer Umgang mit dem immer knapper werdenden Feuerholz. Das offene Herdfeuer verschwand unter Eisenringen, statt Funkenhut bekam der Herd einen Rauchabzug. Erst jetzt lohnte es sich, die ganze Küche weiß zu streichen und die weiße Farbe, die in die Küchen der nördlichen Hemisphäre einzog, wurde zum symbolischen Zeichen für den Einzug von Wissenschaft und Hygiene, die nun das 'traditional knowledge' samt Rauch- und Geruchswolken ersetzten. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts begannen wohlmeinende Ärzte, die Fehl- und Mangelernährung des gemeinen Volkes als ein Problem zu kommentieren. Frauenrechtlerinnen, die berühmt wurden für ihre Suppenküchen, die nicht nur jedermann offen standen, sondern auch volkstümliche Suppengerichte anboten, schrieben Kochbücher, in denen Fette, Eiweiße samt Kohlenhydrate und - nach dem Ersten Weltkrieg - auch Vitamine und Spurenelemente die Hauptrolle spielten. Die alte Kochkunst als ein Vermögen, nach Augenmaß und Gefühl die richtige Dosis zu bestimmen, verschwand. Sie wurde durch eine zu erlernende Küche ersetzt, deren Maßstäbe von den Experten aus Medizinalinstituten und Kliniken stammten. Nicht mehr das Haptische und die richtigen Proportionen bestimmten nun die Kochkunst, sondern die in Chemielaboren errechnete optimale Zusammensetzung eines Gerichts. Mit dem Verschwinden des alten Wissens und seiner sinnlichen Seiten schwand auch der Sinn für die soziale Bedeutung der Mahlzeit als Ritual und herkömmlicher Umgang mit dem Leiblichen." (Autorenreferat)
Class, work and religion in the female life course: the case of a Dutch textile town: Enschede, 1880-1940
Titelübersetzung:Soziale Klasse, Arbeit und Religion im weiblichen Lebenslauf: der Fall einer niederländischen Textilarbeiterstadt: Enschede, 1880-1940
Autor/in:
Janssens, Angelique
Quelle: Historical Social Research, 23 (1998) 1/2, S 254-274
Inhalt: Zwischen Frauenerwerbsarbeit und Geburtenrate wird ein enger Zusammenhang angenommen. Dieser wird bei Frauen in den Niederlanden für den Zeitraum 1880 - 1940 untersucht. Am Beispiel der mittelgroßen Textilindustrie-Stadt Enschede mit einem überaus hohen Geburtenanstieg zwischen 1899 und 1930 wird gefragt, inwieweit Erfahrungen mit dem Arbeitsmarkt die Eheentscheidung bzw. Ehechancen junger Frauen beeinflussen. Dabei werden bei den Frauen die Beschäftigungsgruppen 'Lehrerin/Kleinhandel', 'Nähen/Hausangestellte', 'Weben' und 'beschäftigungslos' unterschieden. Es zeigt sich, daß das Eheschließungsverhalten und die Familiengröße nicht wesentlich von sozioökonomischen Faktoren wie dem beruflichen Status des Ehemannes abhingen. Zumindest im frühen 20. Jahrhundert wurde in Enschede die Triade 'Frau, Arbeit und Familie' durch die Triade 'Frau, Familie, Religion' ersetzt. Damit verlief in diesem Zeitraum die Teilung der Gesellschaft nicht horizontal nach sozioökonomischen Gruppen, sondern vertikal nach religiösen und kulturellen Zuordnungen. Der ziemlich späte Wandel demographischer Verhaltensweisen in den Niederlanden geht einher mit geringer Frauenerwerbstätigkeit bis in die 60er Jahre. (prf)
Inhalt: 'In recent years it has become an accepted wisdom to assume a close correlation between the productive and reproductive activities of women. This paper therefore examines the extent to which the labour force participation of women in the Netherlands and patterns of demographic behaviour of women are interrelated in the period between 1880 and 1940. The Netherlands hold a special position in that respect since it combines a rather late demographic transition with low levels of female labour force participation that continue well into the 1960s. This paper presents some preliminary results concerning the industrial textile town of Enschede. In the middle of the Dutch fertility decline socio-economic influences did not appear to have been much impact on either marriage or fertility behaviour. Rather, the evidence suggests that the famous triangle of 'women, work and family', at least for early twentieth-century Enschede, should be replaced by the triangle 'women, family and religion'.' (author's abstract)
Quelle: Geschichte und Gesellschaft : Zeitschrift für historische Sozialwissenschaft, 18 (1992) 2, S 137-142
Schlagwörter:gender; soziale Klasse; social class; 19. Jahrhundert; nineteenth century; historische Analyse; historical analysis; soziale Ungleichheit; social inequality; Identität; identity
SSOAR Kategorie:Sozialgeschichte, historische Sozialforschung, Allgemeine Soziologie, Makrosoziologie, spezielle Theorien und Schulen, Entwicklung und Geschichte der Soziologie, Frauen- und Geschlechterforschung
Quelle: Bürgerinnen und Bürger: Geschlechterverhältnisse im 19. Jahrhundert. Konferenz "Bürgerliche Gesellschaft, Bürgertum und Geschlechterverhältnis im 19. Jahrhundert"; Göttingen (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft), 1988, S 206-209