Geschlecht, Ethnie, Klasse im Kapitalismus : über die Verschränkung sozialer Verhältnisse und hegemonialer Deutungen im gesellschaftlichen Reproduktionsprozess
Titelübersetzung:Gender, ethnicity, class in capitalism : about the intersection of social relations and hegemonic constructions in processes of societal reproduction
Quelle: Berliner Journal für Soziologie, Bd. 22 (2012) H. 1, S. 5-27
Inhalt: "Der Beitrag geht der Frage nach, inwiefern Differenzierungen nach Geschlecht und Ethnie sowie daran geknüpfte Ungleichheiten nicht nur infolge kapitalistischen Wirtschaftens herausgebildet werden, sondern dem Kapitalismus strukturell inhärent sind. Ziel ist es, den Verschränkungen sozialer Verhältnisse und den damit verbundenen hegemonialen Deutungen auf die Spur zu kommen. Zu diesem Zweck werden Argumentationen und Erkenntnisse der Regulationstheorie, der feministischen Gesellschaftstheorie und der Men's Studies ausgelotet und weitergeführt. Es wird gezeigt, in welcher Weise sich andro- und eurozentrische Orientierungen bei der Entstehung des Kapitalismus geltend gemacht und seine historisch besonderen Sozialstrukturen, Sozialordnungen und Dynamiken geprägt haben und prägen. Diskutiert wird dies mit Blick auf die gesellschaftliche Funktions- und Arbeitsteilung, die inner- und zwischengesellschaftlichen Beziehungen sowie die hegemonialen Deutungen, die sich im Kontext der globalen Entwicklung und im Geschlechterverhältnis zeigen. Die kapitalistische Formation muss zwar in historisch unhintergehbarer Weise auch als Form geschlechts- und ethniebasierter Herrschaft verstanden werden; neben herrschaftsförmigen Vermittlungen zeigen sich aber auch Kontingenzen. Es können neue Herrschaftsarrangements entstehen, aber auch Gleichstellungstendenzen beobachtet werden. Ein epistemologischer Ausblick plädiert dafür, die Perspektive über die herrschaftskritische Reflexion auf den eigenen westlich-kapitalistischen Standort hinaus für weitere Betrachtungsweisen zu öffnen." (Autorenreferat)
Inhalt: "This article asks how far social differentiation referring to gender and ethnicity as well as related inequalities are not only a result of capitalist economy but a structural feature of capitalism. The intersection of social relations and hegemonic constructions are the subject of analysis. Arguments and insights of regulation theory, feminist theory and men's studies are discussed and continued. It is shown how andro- and eurocentric orientations were an essential feature of capitalism from its origin, and how they determined its historic specific societal structures, societal orders and dynamics. This is discussed focusing on the functional differentiation and the division of labor, inter- and intra-societal relations and hegemonic constructions, and referring to globalization and gender relations. It appears that historically capitalist formation inevitably must be seen as based on gendered and ethnic domination, but that there are also contingencies beside relations of subordination. New arrangements of domination as well as tendencies towards equity emerge. In conclusion, an epistemological outlook opens up for an analytical view in favor of perspectives which transcend the critical reflection on the western capitalist standpoint." (author's abstract)
Kapitalismus und Gender : eine Auseinandersetzung mit der kapitalismuskritischen Intersektionalitätsforschung
Titelübersetzung:Capitalism and gender : a review of capitalism-critizising theories of intersectionality
Autor/in:
Kraemer, Klaus; Korom, Philipp; Nessel, Sebastian
Quelle: Berliner Journal für Soziologie, Bd. 22 (2012) H. 1, S. 29-52
Inhalt: "Gesamtgesellschaftliche Analysen der feministischen Intersektionalitätsforschung verstehen den modernen Kapitalismus als ein Herrschaftssystem, das soziale Ungleichheiten produziert und dabei Frauen notwendigerweise diskriminiert. Der Aufsatz stellt diesem normativ-herrschaftskritischen einen streng analytischen Kapitalismusbegriff gegenüber und untersucht die Strukturen, die kulturellen Leitbilder und die Institutionen des modernen Kapitalismus im Hinblick auf Geschlechterungleichheit. Die zentrale These lautet, dass moderne kapitalistische Wirtschaftsordnungen prinzipiell blind für Geschlechtsunterschiede sind. Systematische Benachteiligungen von Frauen ergeben sich aus traditionellen Geschlechterbildern und konkreten institutionellen Arrangements. Diese können sich ändern, ohne dass dabei an den Grundfesten des Kapitalismus gerüttelt werden muss." (Autorenreferat)
Inhalt: "In intersectionality research capitalism is often analyzed as a social order that systematically produces social inequalities. Particularly the feminist literature describes capitalism as a set of gendered institutions that enforces patriarchal control structures. This paper does not engage in a critique of capitalism. Instead, it follows a strictly analytical perspective in order to discuss the basic structure, the culture and the institutions of modern capitalism with respect to gender equality. The paper argues that modern capitalism in general is neutral in respect of gender issues. Discriminations against women are caused by traditional gender stereotypes and concrete institutional settings that can be changed without tearing at the very fabric of modern capitalism." (author's abstract)
Geschlechtsspezifische Lohnungleichheit in Betrieben, Berufen und Jobzellen (1993-2006)
Titelübersetzung:Gender wage inequality in firms, occupations, and job-cells (1993-2006)
Autor/in:
Gartner, Hermann; Hinz, Thomas
Quelle: Berliner Journal für Soziologie, Bd. 19 (2009) H. 4, S. 557-575
Inhalt: "Während die formalen Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern bei Bildungsabschlüssen und die Unterschiede im Erwerbsverhalten im Zeitverlauf in Deutschland zurückgehen, präsentiert sich der geschlechtsspezifische Lohnunterschied unverändert stabil. Dies ist insbesondere deshalb erstaunlich, weil der Lohnunterschied verstärkt in den Blick der Antidiskriminierungsdiskussion geraten ist. Unter Verwendung von Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) untersucht der Beitrag, ob die durchschnittlichen Lohnunterschiede zwischen vollzeitbeschäftigten Frauen und Männern mit der unterschiedlichen Verteilung der Geschlechter auf Wirtschaftsbereiche, Berufe und Betriebe erklärt werden können. Als kleinste Analyseebene werden gleiche Berufe innerhalb von Betrieben betrachtet (Jobzellen). Damit wird für den Analysezeitraum von 1993 bis 2006 eine bestmögliche Annäherung an den 'within-job wage gap' erzielt. Es zeigt sich: Bei gleicher Ausbildung und gleicher Berufserfahrung verdienen Frauen in solchen Jobzellen 12% weniger als Männer. In zeitlicher Hinsicht hat sich der Lohnabstand trotz Veränderungen in der Bildungsbeteiligung, der Zusammensetzung der Erwerbstätigen und des politischen Gleichstellungsdrucks nicht verändert. Am Ende des Beitrags diskutieren wir inhaltliche und methodische Gründe, die für dieses empirische Bild verantwortlich sein könnten." (Autorenreferat)
Inhalt: "Whereas educational inequalities between women and men and differences in labor market participation shrinked or even diminished during the last decades, the gender pay gap remained stable over time. This is remarkable because the pay gap has attracted much more attention as the main target of anti-discrimination policies. Using data from the IAB (Institute for Employment Research), we analyze whether the average pay gap between women and men working full-time can be explained by their employment in different industries, occupations, and firms. As the smallest level of analysis we focus on occupations within firms (job cells). This strategy of analysis yields the best possible approximation to the concept of 'within-job wage gap'. The results show that women with equivalent training and occupational experience earn wages that are 12 percent less than the wages of men in such job cells. Even though the educational participation of women rose to that of their male counterpart, the gender composition of labor market participation changed and the pressure of equal employment policies grew, the gender wage gap does not decrease within our observation period (1993-2006). In conclusion, we discuss theoretical and methodological reasons for this finding." (author's abstract)
Quelle: Berliner Journal für Soziologie, Bd. 18 (2008) H. 1, S. 99-128
Inhalt: "In dem Beitrag analysieren die Verfasser aus einer geschlechter- und ungleichheitssoziologischen Perspektive zwei aktuelle familienpolitische Reformvorhaben: das im Januar 2007 eingeführte einkommensabhängige Elterngeld und die Debatte um die Reform des Ehegattensplittings. Die durch diese Reformen hervorgerufenen Veränderungen lassen sich mit der These eines Leitbildwandels vom traditionellen Ernährermodell zum adult worker-Modell nur unzureichend fassen. Vielmehr, so die erste These der Verfasser, wandelt sich gegenwärtig das Zusammenspiel von (De-)Familialisierung und (De-)Kommodifizierung grundlegend, und zwar nicht nur durch eine stärkere Betonung von Arbeitsmarktaktivierung, sondern auch durch den Versuch, über finanzielle Anreize die Geburtenraten zu steigern. Die hier analysierten Reformvorhaben setzen zudem vor allem Anreize für eine verstärkte Arbeitsmarktaktivierung und Geburtensteigerung bei hochqualifizierten Frauen, während das familienpolitische Ziel der Umverteilung in den Hintergrund tritt. Dies hat, so die zweite These der Verfasser, tiefgreifende Folgen mit Blick auf soziale Ungleichheiten, indem es lediglich hochqualifizierten Frauen eine 'exklusive Emanzipation' verspricht." (Autorenreferat)
Inhalt: "Focusing on gender and social inequalities, the authors analyse two current reforms in German family policy: the 2007 parental leave reform and the discussion on a reform of the joint taxation of married couples. These reforms lead to changes in policy instruments and objectives that are not adequately described by the thesis of a change towards an adult worker model. Rather, so the first argument of the authors, the reforms lead to a thoroughgoing change of the interplay between (de-)familialization and (de-)commodification, as they not only put a stronger focus on labour market activation, but also try to increase birth rates via financial incentives. However, both reform projects mainly provide incentives for higher labour market participation and birth rates among highly qualified women, which means an important shift away from the objective of redistribution that has been an important impetus for German familiy policy so far. This development has severe consequences for social inequalities, as it promises an 'exclusive emancipation' for highly qualified women only." (author's abstract)
Schlagwörter:Geschlechterverhältnis; Ungleichheit; soziale Ungleichheit; Familienpolitik; politische Reform